Psychotherapie / Zweifel und Ängste

mime
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von mime »

Hallo Meridian,

das freut mich sehr, dass du bei deinem Therapeuten weitermachen kannst. Es hätte mich ehrlich gesagt auch sehr gewundert, nachdem was du so von ihm geschildert hast, wenn er deine Therapie so mir nichts dir nichts hätte auslaufen lassen - das wäre zwar möglich, aber so ist es natürlich umso besser.

Manchmal führt uns unser Gedankenkarussell in gewisse Schleifen, aus denen wir uns schwerlich befreien können. Wenn du schon mittels der Therapie herausgefunden hast, warum du solche Denkmuster hast, ist das doch schon mal ein Fortschritt. Das Umdenken-Lernen könnte allerdings noch dauern. Ich glaube, dass wir unser (halbes) Leben lang schon so gedacht haben, und dass es da längere Zeit und viele, viele Erfahrungen (positiver Art) dauert, bis wir das mit dem Umdenken besser hinbekommen.

Wie lange ist dein Therapeut noch in Urlaub, wie wirst du die Zeit verbringen?

Ich wünsche dir ein erholsames Wochenende.
LG Mime
Wir müssen lernen,
die Menschen weniger auf das, was sie tun und unterlassen,
als auf das, was sie erleiden, anzusehen.

(Dietrich Bonhoeffer)
Meridian
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von Meridian »

Hallo Sonnenschein und Mime,

danke euch beiden, hier zu schreiben und auch immer Antworten und Zuspruch zu erhalten, wenn mal wieder Ängste und Zweifel aufkommen, das hat mit geholfen, die Therapiepause ganz gut zu überstehen.
Heute war die erste Therapiestunde, der Antrag auf Verlängerung ist gestellt und ich habe das
auch nochmal angesprochen mit meiner Angst, dass die Therapie beendet werden könnte.
Der Therapeut sagte u.a. dass er normalerweise keine E-Mails beantwortet während des Urlaubs,
dass er in diesem Fall aber dachte, dass es wichtig sein könnte, das gleich zu beantworten.
Während der 4 Wochen ist mir vieles nochmal klarer geworden, ich habe gemerkt, dass sich einiges verändert.
Bei Verhaltens-und Denkweisen, die mir früher immer so zwangsläufig erschienen, denke ich heute eher, dass ich eine Wahl habe, ich kann mich auch anders verhalten (was nicht heißt, dass
ich nicht manchmal doch noch in die alte, sehr vertraute Verhaltensweise zurückfalle).
Selbst bei den Erinnerungen gibt es eine Wahl, zunehmend kann ich mich wieder auch an schöne
Dinge erinnern.
Aber, und das schränkt es jetzt ein, es hat mich heute in der Stunde das eingeholt, was schmerzlich ist, mich gleichzeitig traurig und wütend macht.
Es ist gut, wieder einen geschützten Raum zu haben, in dem ich mit dieser Erinnerung nicht alleine bin, jemanden zu haben, der das auffangen kann, der mir Sicherheit gibt.

LG, Meridian
Meridian
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von Meridian »

Hallo an alle, die evtl. noch mitlesen,

kennt ihr das auch von eurer Therapie, dass es irgendwie stockt?
Ich meine damit, dass nach einer Zeit, in der sich etwas bewegt, etwas verändert, ihr dann plötzlich das Gefühl habt, festzuhängen, nicht mehr zu wissen, in welche Richtung es geht mit der Therapie.
Ich frage mich jetzt, ob es so sein wird, dass mich manches immer wieder einholt, ich gehe also einen Schritt vorwärts und dann wieder einen zurück, so dass ich letzten Endes immer an derselben Stelle bleibe.
Zudem habe ich den Eindruck, dass sich Vergangenheit und Gegenwart mischen, ich kann das nicht klar trennen und sagen, das ist Vergangenheit, damit schließe ich jetzt ab.
Ich fühle mich sogar zunehmend unter Druck gesetzt, mit dem Vergangenen abzuschließen, um weiterzukommen, aber ich habe keine Ahnung, wie das gehen soll.

LG, Meridian
Sonnenschein34
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von Sonnenschein34 »

Hallo Meridian,

ja, das kenn ich auch gut. Manchmal ist es tatsächlich so, aber teilweise ist es auch so, dass ich es einfach nicht sehe, dass ich doch schon weiter bin. Meine Therapeutin hilft mir dabei, dass dann zu erkennen.

Mit der Vergangenheit bzw. den damaligen Verhaltensweisen abschließen fällt mir auch sehr schwer. Da warte ich auch noch auf den Aha-Effekt irgendwie.

Vielleicht meldet sich noch jemand, der diesen Punkt schon hinter sich hat, wie man das am besten angeht. Das würde mich nämlich auch interessieren.

LG
Sonnenschein
Zuletzt geändert von Sonnenschein34 am 4. Aug 2020, 15:25, insgesamt 1-mal geändert.
mime
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von mime »

Hallo Meridian,

ich denke, dass das Gefühl, dass man auf der Stelle tritt, durchaus normal ist. Man kann nicht immer nur vorwärts gehen, mal ist es ein Umweg über die seitliche Richtung (um dann wieder zum Hauptweg zurückzukehren) oder auch mal ein Rückschritt.

Ja, manchmal müssen wir Vergangenes hinter uns lassen, aber das ist a) nicht so einfach und b) geschieht das nicht von heute auf morgen. Wichtig wäre ja hauptsächlich: hat das Alte noch so viel Einfluss auf mich, dass es mich am Neuen hindert? Oder kann ich das Neue angehen und das Alte taucht halt ab und an mal wieder auf (und verschwindet auch wieder)?

Vielleicht gehört das Alte auch einfach zur eigenen Persönlichkeit dazu und kann gar nicht 100 %ig verschwinden, ich glaube, es kommt eher darauf an, wie ich mit dem Alten umgehe.

Hast du das Gefühl unter Druck zu stehen, schon mal in der Therapie besprochen?

LG Mime

@Sonnenschein: du hast wohl versehentlich mit Schneeflocke unterschrieben ;)?
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(Dietrich Bonhoeffer)
Sonnenschein34
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von Sonnenschein34 »

@Mime:

Danke, hab es geändert. Bin nicht so ganz auf der Höhe.
Meridian
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von Meridian »

@ Sonnenschein und @ Mime

Ich hatte mich auch gewundert über die Schneeflocke, habe dann aber gedacht, vielleicht war das Absicht und bildet das ab, wie du dich gerade fühlst.
Anscheinend habe ich den tiefenpsychologischen Grundsatz: Nichts ist Zufall, alles hat einen Grund
(man muss nur lange genug danach suchen) - schon zu sehr verinnerlicht :)
Sonnenschein34
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von Sonnenschein34 »

Hallo Meridian,

:lol: Ja, wer weiß, vielleicht war das unbewusst auch so. Aber dann hätte vermutlich Regenschauer noch besser gepasst. :oops:

Liebe Grüße und einen schönen Tag.

Sonnenschein
Meridian
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von Meridian »

Hallo Mime,

wahrscheinlich setze ich mich ja selbst unter Druck, mit dem Vergangenen abzuschließen, aber es holt mich eben immer wieder ein und ich denke dann, ich müsste schon weiter sein.
Ein Problem wäre es ja nur dann, wenn es, wie du schreibst, mich daran hindern würde, etwas zu verändern, neue Wege zu gehen und das Gefühl habe ich eher nicht.
Es braucht aber Zeit und offenbar ist es notwendig, immer noch mal zurückzugehen oder auch manchmal stehenzubleiben.
Außerdem ist das Vergangene ja irgendwie vertraut und das Neue ist ungewiss, vielleicht halte ich deshalb oft noch daran fest.
Nicht zuletzt ist es auch ein Teil der Persönlichkeit, das, was einen ausmacht, da hast du recht.
Ich werde das wohl morgen mal ansprechen.

LG, Meridian
Zuletzt geändert von Meridian am 5. Aug 2020, 18:23, insgesamt 1-mal geändert.
Meridian
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von Meridian »

Hallo Unscheinbar,

das Bild mit der Bergbesteigung und den Basislagern finde ich sehr gut und passend.
Ja, ich denke auch, dass die eigene Wahrnehmung und die des Therapeuten sich unterscheiden, was die
Fortschritte in der Therapie angeht.
Es ist oft so, wie Sonnenschein auch schrieb, dass ich die Fortschritte nicht gleich erkennen kann, der Therapeut sie aber sehr wohl wahrnimmt.
Wie gesagt, es ist der Druck, den ich mir selbst mache, dass es nicht schnell genug voran geht, aber es gibt wahrscheinlich in jeder Therapie Phasen, in denen (scheinbar) nicht so viel passiert, wo man eben noch etwas länger im Basislager bleibt.

LG, Meridian
mime
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von mime »

Hallo Meridian,

danke für deine Antwort. Hast du das mit dem Sich-selbst-evtl.-unter-Druck-Setzen und das loslasen Müssen noch mal in der Therapie thematisiert? Was meint dein Therapeut dazu (er weiß ja im einzelnen, worum es bei dir geht)?

Das Bergbeispiel von Unscheinbar finde ich auch klasse.

Es kann nicht immer nur steil bergauf gehen, wir müssen auch mal rasten dürfen, uns an die "dünnere Luft" gewöhnen / dort akklimatisieren, wo wir uns gerade befinden usw. Und dann kann es irgendwann wieder weitergehen.

Liebe Grüße
Mime
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(Dietrich Bonhoeffer)
Meridian
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von Meridian »

Hallo Mime,

ja, wir haben es thematisiert und er ist wohl der Ansicht, dass es das Ziel der Therapie ist, das Vergangenheit werden zu lassen, was mich immer wieder mal einholt, was ich (noch) nicht loslassen kann.
Indem ich es (nachträglich) in der Therapie bearbeiten / verarbeiten kann, wird es irgendwann bewältigte Vergangenheit sein.
Es ist mir bewusst, dass ich mir den Druck selbst mache , das möglichst schnell hinter mir zu lassen, damit abschließen zu können, aber ich denke, es ist der Prozess an sich, um den es dabei geht, der wichtig ist und das braucht eben Zeit.
Es gibt ja auch keine Vorgaben von seiner Seite, wie schnell ich vorankommen muss, eher im Gegenteil, er hat mich aufgefordert, da nochmal genauer hinzuschauen, woher diese Denkweise kommt, jetzt mit der Vergangenheit abschließen zu müssen.
Es war ein gutes Gespräch heute.

LG, Meridian
Sonnenschein34
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von Sonnenschein34 »

Hallo Merdian,

das hört sich nach einem guten Gespräch an. Auch, dass er Dir Zeit lässt, genauer hin zuschauen.

Ich denke, dass es bei vielen so ist, so schnell wie möglich mit der Vergangenheit abzuschliessen. Aber das braucht halt Zeit. Und es ist auch wichtig, dass wir uns diese Zeit nehmen können.

LG
Sonnenschein
mime
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von mime »

Hallo Meridian,

es freut mich, dass du ein gutes Gespräch hattest und dass es vom Therapeuten her keinen Druck gibt. Das mit der Verangenheit Abschließen-Wollen kann mitunter auch damit zu tun haben, dass wir endlich Ruhe haben wollen vor den Gedanken daran.

Mehr fällt mir momentan leider nicht zu antworten ein.
Ich wünsche dir ein schönes Wochenende.
LG Mime
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(Dietrich Bonhoeffer)
Edith_Ruth
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von Edith_Ruth »

Sonnenschein34 hat geschrieben:Hallo Meridian,

ja, das kenn ich auch gut. Manchmal ist es tatsächlich so, aber teilweise ist es auch so, dass ich es einfach nicht sehe, dass ich doch schon weiter bin. Meine Therapeutin hilft mir dabei, dass dann zu erkennen.

Mit der Vergangenheit bzw. den damaligen Verhaltensweisen abschließen fällt mir auch sehr schwer. Da warte ich auch noch auf den Aha-Effekt irgendwie.

Vielleicht meldet sich noch jemand, der diesen Punkt schon hinter sich hat, wie man das am besten angeht. Das würde mich nämlich auch interessieren.

LG
Sonnenschein
Bei mir herrschte in meiner 7-jährigen Therapie auch lange Zeit der Gesamteindruck, als würde ich immer auf gleiche Weise um dieselben Probleme kreisen und käme nie da raus. Ich schrieb schon damals fleißig ein Therapie-Tagebuch und verglich die Jahre und sah, dass ich tatsächlich immer wieder die gleichen Gedanken- und Gefühlskurven durchlebte und der Fortschritt relativ bescheiden wirkte.

Aber irgendwann änderte es sich und ich konnte vieles loslassen und zusammenbringen, was vorher noch lose herumlag. Es brauchte dieses wiederholte Kreisen um die Problempunkte, weil ich dabei immer wieder eine etwas andere Perspektive dazugewann und es verarbeiten konnte.

Gegen Ende der Therapie entschloss ich mich zu einer selbstgeschriebenen Anleitung. Da musste ich zuerst hineinwachsen, das dauerte auch noch ziemlich lange, aber so konnte ich eigenständig werden und als mein Therapeut die Stelle wechselte, war es der richtige Zeitpunkt, alleine weiterzugehen.
Meridian
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von Meridian »

Hallo an alle Mitlesenden und Therapieerfahrenen,

meine Therapie gleicht emotional gerade einer Berg-und Talbahnfahrt.
Ich versuche das mal in Worte zu fassen:
Ich hätte evtl. die Möglichkeit in Berlin eine Wohnung zu bekommen.
Da mein Sohn in Berlin wohnt und die Miete günstig ist, habe ich mir überlegt, dass ich sie nehmen könnte, aber noch hier bleiben würde, bis die Therapie beendet ist.
Das habe ich heute so meinem Therapeuten mitgeteilt und dann hatte ich den Eindruck, dass sich etwas für mich Positives innerhalb von einer Stunde in etwas Negatives verwandelt hat.
Ich verstehe, dass eine Therapie nicht bedeutet, dass der Therapeut genauso begeistert ist von meiner Idee wie ich es bin und es ist auch völlig ok, das zu hinterfragen, zu schauen, aus welchen Gründen will ich nach Berlin ziehen usw.
Womit ich nicht gerechnet habe, war, dass ich zunehmend den Eindruck hatte, ich muss das rechtfertigen, wir haben gerade eine Langzeittherapie beantragt und jetzt komme ich mit Umzugsplänen.
Er hat bei allem, was ich gesagt habe, dagegengehalten, widersprochen, ständig nachgehakt und überhaupt nicht mehr lockergelassen.
Dass das in einer Therapie seine Aufgabe ist, ist mir schon klar, aber es hat mir dabei definitiv etwas gefehlt in dieser Stunde.
Ich habe keine Empathie mehr gespürt, kein Verständnis für das, was ich mir wünsche und warum ich das möchte.
Das hat mich sehr an den Anfang der Therapie erinnert, wo ich mir nicht sicher war, ob er den
Weg wirklich mitgeht, heute kamen mir wieder Zweifel, ob das so funktionieren kann.
Keine Ahnung, wie es jetzt weitergeht.
Gehören solche schwierigen Phasen in einer Therapie dazu, muss es vielleicht so sein, um zu einer Veränderung zu kommen?
Hattet ihr solche Phasen in der Therapie auch und wie seid ihr damit umgegangen?

LG, Meridian
mime
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von mime »

Hallo Meridian,

um es kurz vorweg zu nehmen: es gibt immer auch mal angespanntere Gespräche während einer Therapiephase, auch wenn eine Therapie gut läuft usw.

Kann es sein, dass dein Therapeut erst mal nur überrascht war, als du ihm von einem (möglichen! noch ist ja nichts entschieden, oder?) Umzug berichtet hast? Also, dass das Nachhaken usw. auch abklopfen wollte, wie es mit dir weitergeht, inwiefern das Ganze schon gut durchdacht ist (mit Arbeit usw.)?

Bei manchen Patienten könnte es ja auch sein, dass sie einen Umzug als Anlass nehmen, sich sang- und klanglos vom Therapeuten loszueisen, unterzutauchen usw. Dass da etwas mehr nachgebohrt wird, kann ich mir schon vorstellen.

Vielleicht kannst du, wenn du möchtest mal ein paar konkrete Sätze nennen, inwiefern du dich rechtfertigen musstest. War das Thema Langzeittherapie eins von ihm oder dir? So unter dem Motto: Erst machst du mir Arbeit wegen der Therapieverlängerung und dann willst du umziehen? Das wäre möglich, dass man da genauer hinterfragt, inwieweit die Umzugspläne schon vorgelegen haben, als die Langzeittherapie beantragt wurde usw.

Also, Auseinandersetzungen mit meinen Behandlern hatte ich auch schon (allerdings ging es da nicht um einen Umzug), meine damalige Therapeutin hatte z. B. mit Unverständnis reagiert - das kommt vor. Wichtig finde ich, da im Gespräch zu bleiben. Meine Therapeutin hatte sich z. B. mal über meine Haltung (Medikamenten gegenüber) geärgert und wir haben darüber auch offen und länger diskutiert.

Was ich damit sagen möchte: Es kann Themen geben, die eine gewisse Angespanntheit ins Gespräch bringen - und da sehe ich es schon immer so: da muss man durch. Wenn man den Eindruck hat, dass das Thema immer und immer wieder (therapeutenseits) angesprochen wird, kann man auch dem Therapeuten da mal eine Grenze setzen (also, freundlich und bestimmt).

Wenn man sich schon länger und gut kennt, im Gespräch bleibt usw. kann man Dinge, auch wenn sie schwierig zu fassen sind, auch wieder klären.

Ich könnte mir vorstellen, dass dein Therapeut seinen ihm noch zeitlich zur Verfügung stehenden Rahmen überdenkt und deswegen heute nicht so empathisch war, weil es u. a. auch um anderes ging (weiteres Vorgehen in der Therapie, wenn euch nur noch xyz Stunden zur Verfügung stehen usw.).

Ich würde erst einmal abwarten, wie die das folgende Gespräch läuft. Bei der nächsten Stunde könntest du z. B. deinen Eindruck erwähnen (insbesondere, wenn er sich verfestigen sollte).
Vielleicht könnt ihr beim nächsten Mal entspannter an das Umzugsthema ran gehen, weil ihr beide jetzt auf dem gleichen Informationsstand seid usw.

Leider muss ich Schluss machen, vielleicht schreibe ich später noch mal kurz.

LG Mime
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(Dietrich Bonhoeffer)
Sonnenschein34
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von Sonnenschein34 »

Hallo Meridian,

oh je, das ist ja nicht so schön, dass Dich das Gespräch verunsichert hat.

Klar ist es schön, in die Nähe der Familie ziehen zu wollen. Und Du schreibst ja auch, dass Du erst die Therapie fertig machen möchtest.

Wie Mime schon geschrieben hat, vielleicht war er da einfach nur total überrascht von, weil ja erst vor kurzem die Anfrage wegen Langzeittherapie kam. Es sind ja auch nur Menschen.

Ich habe auch schön öfters gelesen, dass Therapeuten wirklich sehr genau abklären möchten, warum eine große Veränderung bei ihrem Patienten gewünscht ist. Manch einer hat vielleicht schon Kurzschlußreaktionen gemacht (nicht im Sinne von Suiz*), und deshalb hat er so intensiv gefragt.

Ich würde auch das nächste Gespräch mal abwarten.

Ich hoffe, es geht Dir gut und Du kannst den Abend genießen.

LG
Sonnenschein
Meridian
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von Meridian »

Hallo Mime,

also konkrete Umzugspläne sind es ja noch nicht, ich habe evtl. die Möglichkeit im Haus, in dem mein Sohn wohnt, eine Wohnung zu bekommen und das wusste ich eben bis vor ein paar Tagen noch nicht (und auch jetzt ist es noch nicht sicher).
Dass ich aber schon länger darüber nachdenke, irgendwann nach Berlin zu ziehen, das weiß mein Therapeut und das war wohl auch mit ein Grund, warum er erst nur eine Kurzzeittherapie beantragt hat .
Die Langzeittherapie war meine Idee.
Insofern hast du natürlich recht, das muss ihn heute ziemlich überrascht haben und genau so hat er auch reagiert.
Ich hatte tatsächlich den Eindruck, er reagiert so, als ob ich mich schon verabschiedet hätte.
Seine Reaktion konnte ich dann wiederum nicht nachvollziehen, weil ich ja gesagt hatte, dass es die Möglichkeit gibt, die Wohnung (oder ein Zimmer) unterzuvermieten, bis die Therapie hier beendet ist.
In der Folge ging es dann um die Gründe, warum ich überhaupt hier weg will und quasi bei meinem Sohn einziehen (hat er tatsächlich so ähnlich gesagt) und dann kam ich eben immer mehr in so einen Rechtfertigungsmodus.
Puh, das ist alles ein bisschen viel gerade, aber ich kann seine Reaktion jetzt schon besser verstehen.
Ist schwierig, nach so einem Gespräch abzuschalten.

LG, Meridian
Zuletzt geändert von Meridian am 13. Aug 2020, 22:05, insgesamt 2-mal geändert.
Meridian
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von Meridian »

Hallo Sonnenschein,

ja, die Stunde heute war heftig und hat mich sehr verunsichert.
Vor allem seine Aussagen waren schon ziemlich provokant, aber es ist wohl so, wie du schreibst:
Er wollte abklären, warum ich denn unbedingt hier weg und in die Nähe meines Sohnes ziehen will.
Es ist ja auch ok, das zu hinterfragen, aber dass das mit dieser Heftigkeit passiert und so eine Dynamik entwickelt hat, damit muss ich jetzt erstmal klarkommen.

LG, Meridian
mime
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von mime »

Hallo Meridian,

ich sehe es auch ähnlich wie Sonnenschein: manche Therapeuten wollen/müssen auch abwägen, ob hinter dem Wunsch des Patienten ggf. etwas anderes steckt bzw. müssen Kurzschlussreaktionen ausschließen.

Naja, das mit dem Sohn hatte ich mir sofort gedacht, als du es schriebst: Manchmal spielt das Thema "Famlienmitglieder" ja auch eine Rolle in der Therapie und Grund, in ihre Nähe ziehen zu wollen (oder in anderen Fällen eben nicht von ihnen wegziehen zu wollen), kann auch Fragen (therapeutenseits) hervorrufen.

Wie dem auch sei, ich denke, dass das nächste Gespräch besser verlaufen wird. Ich kann verstehen, dass du dich über die Reaktion des Thrapeuten gewundert hast (das würde ich auch nächste Woche nochmal ansprechen) und dass dich das ggf. auch verunsichert.

Wie gesagt: auch Therapeuten haben gute und schlechtere Tage, mal war ein Gespräch vorher sehr anstrengend oder der Tag verlief insgesamt nicht gut etc. Da kann es auch mal sein, dass ein Therapeut anders reagiert als sonst.

Frag ihn doch beim nächsten mal konkret, wie er das mit dem "Einziehen beim Sohn" tatsächlich gemeint hat. Vielleicht hat er sich auch gewundert, dass du die Wohnung bis zum Ende der Therapie untervermieten möchtest, und du quasie während der Therapie den Umzug verschieben willst usw.

Noch ist ja auch nichts entschieden mit der Wohnung in spé.

Es kann viele Gründe geben, warum es zu Nachfragen (und ggf. auch etwas provokanteren Fragen) kam; es war wohl insgesamt ein für beide Seiten wohl ungewohntes/ggf. anstrengendes Gespräch.

Du kannst ihm ja sagen, welchen Eindruck du hattest (dass du das Gefühl hast, er wolle dich jetzt schon verabschieden usw.).

Wie gesagt: wenn die Therapiesituation sonst gut war, kann ich mir gut vorstellen, dass ihr auch wieder tiefer ins Gespräch einsteigt. Es kann ja auch durchaus sein, dass dein Therapeut verunsichert war, wie er auf deine Pläne reagieren soll/kann.

Ich wünsche dir, dass es dir im Laufe der nächsten Tage wieder etwas besser geht und dass ihr alles Unklare im nächsten Gespräch klären könnt.

Alles Gute für dich und ein schönes Wochenende wünsche ich dir.
LG Mime
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(Dietrich Bonhoeffer)
Meridian
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von Meridian »

@ Mime und @ Sonnenschein

Eine Frage noch an euch beide:
Ich hatte überlegt (und es dann wieder verworfen), ihm eine E-Mail zu schreiben und nochmal
klarzustellen, dass ich die Therapie auf jeden Fall bei ihm weiterführen will, unabhängig von der Wohnungsgeschichte.
Oder haltet ihr das für überflüssig, weil ich das ja schon gesagt habe und es ihm wahrscheinlich auch nicht darum ging, sondern um die Gründe für einen evtl. Umzug?
Meine Güte, das hat mich gestern echt verunsichert.....

LG, Meridian
Sonnenschein34
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von Sonnenschein34 »

Hallo Meridian,

ja, warum nicht? Wenn Deine Gedanken jetzt darum kreisen. Vielleicht hilft die Mail schon, dass Du Dich etwas beruhigen kannst, selbst wenn jetzt durch das Wochenende bedingt, keine Antwort mehr kommt.

Mir hat das jedenfalls geholfen.

LG
Sonnenschein
mime
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von mime »

Hallo Meridian,

ich sehe es auch so wie Sonnenschein. Mehr, als dass er evtl. nicht darauf antwortet, kann ja nicht passieren. Es ist ein Punkt, der dir wichtig ist, und den du im Nachgang des (für dich schwierigen/verunsicherenden) Gesprächs noch einmal klarstellen möchtest.

Ich habe das bei meinem Behandler auch schon gemacht (im Nachgang eine E-Mail geschrieben, nicht sooo oft, aber ab und zu, wenn ich das Gefühl hatte, dass es notwendig war - für mich, um zur Ruhe zu kommen). Ich habe nicht immer eine Antwort bekommen, aber es war dann für das nächste Gespräch nach einigen Wochen (es waren immer längerfristige Termine) der "Aufhänger"/das Einstiegsthema.

Ich würde es probieren mit der E-Mail, schaden kann es nicht und vielleicht bekommst du auch eine Antwort (wenn nicht per E-Mail, dann im nächsten Gespräch).

LG Mime
Wir müssen lernen,
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(Dietrich Bonhoeffer)
Meridian
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Re: Psychotherapie / Zweifel und Ängste

Beitrag von Meridian »

Danke euch beiden für eure Einschätzung.
Die E-Mail habe ich jetzt geschickt, ich hoffe, das trägt dazu bei, dass ich mich gedanklich
etwas davon lösen kann.
Ich wünsche euch ein schönes Wochenende.

LG, Meridian
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