Tiefe Phasen über Monate

saneu1955
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von saneu1955 »

Liebe Kolibri, schreibe dir morgen eine private Nachricht, muss jetzt erst mal zur Ruhe kommen.

Lg Saneu1955
momadome
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von momadome »

Liebe Kolibri,

Nein , du bist nicht das Problem.

Aber es geht dir gerade sehr schlecht und du bist deswegen sehr leicht zu verletzen. Und genau das ist jetzt passiert. Du fühlst dich angegriffen, kannst nicht ei mal den Austausch darüber suchen ( d.h. du könntest den Doc ja per Mail anschreiben, damit du es für dich klären kannst), du bist enttäuscht und verletzt. Und das hat auch alles seine Berechtigung.

Nur , wenn du das Handtuch wirfst, dann bringst du dich um die Möglichkeit, weiter zu schreiben, den Konflikt auszuhalten und evtl. Klarstellen zu können, dich mitteilen zu können und auch zu sehen, dass du Zuspruch erlebst hier.

Grüße, jojoma
Camille
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von Camille »

Liebe Kolibri,

Ich habe deinen Beitrag, auf den sich Dr. Niedermeyer bezieht, auch in Ruhe gelesen. Ich möchte, dass du weißt, dass ich zur selben Einschätzung wie jojoma gekommen bin. Alles, was sie in ihrem Beitrag vom 18. Juni geschrieben hat, sehe ich genauso.

Auch ihrem Beitrag heute schließe ich mich an.

Du bist verzweifelt
du kämpfst
- wirst missverstanden.

Keiner ist perfekt. Ich nicht - Du auch nicht.

Das wollte ich Dir schreiben

Camille
Sul
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von Sul »

Liebe Kolibri,
ich mag deine erfrischend ehrliche Art zu schreiben. Ich fände es sehr schade, wenn du dich zurückziehen würdest. Und ich möchte mich Camille anschließen: Keiner ist perfekt. Und muss es auch nicht sein.
Viele Grüße, Sul
bastienne
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von bastienne »

Liebe Kolibri,

Nur so ein Gedanke von mir...
Vielleicht ist es gar nicht wichtig ob es Depression ist oder nicht. Manchmal hilft einfach nur tun. Auch wenn es schwer fällt, auch wenn einen alles nach unten zieht, auch wenn man sich besch... fühlt, auch wenn man keinen Antrieb hat, auch wenn man denkt, dass alles egal ist und sowieso nicht hilft...

Ich habe irgendwann aufgehört darüber nachzudenken, ob ich will oder nicht. Ich mache einfach, wenn mir der Verstand sagt, dass es notwendig ist (für mich).

Angewöhnt habe ich es mir vor vielen Jahren bei meinem Weg aus der Sucht, aber ich denke manchmal, dass das mit der Depression ganz ähnlich ist. Als ich letzten Herbst eine Depressive Episode hatte, habe ich automatisch die Dinge gemacht, die mir damals Stück für Stück aus der Sucht geholfen haben. Ich habe weiter gearbeitet, obwohl ich total erschöpft war und es es war wirklich hart, ich habe weiter versucht mich mit Leuten zu treffen, obwohl ich mich am liebsten irgendwo verkrochen hätte (ich vermute ich war nicht sehr unterhaltsam). Haushalt hab ich einfach gemacht. Es gab da keine Diskussion mit mir. Ich habe es halt immer soweit gemacht, wie kräftemäßig möglich war. Nur mehr Pausen dazwischen habe ich mir zugestanden. Eigentlich hätte ich den ganzen Tag schlafen können. Und irgendwann ist es wieder leichter geworden...

Vielleicht hilft dir ja der Gedanke. Ansonsten einfach ignorieren :) Vielleicht schätze ich auch deine Situation ganz falsch ein.

Ich wollte dir übrigens noch ein Kompliment aussprechen. Ich habe die Sache mit der Moderation mitbekommen und ich habe wirklich Hochachtung davor, wie du mit der Kritik umgegangen bist und sie angenommen hast. Für mich ist das ein Zeichen von großer Stärke.

LG, bastienne
Camille
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von Camille »

Liebe Kolibri,
Ich frage mich, ob ich unter Depressionen leide. Jedes Tief geht vorüber, mit Medikamenten, Therapie. Wieso hilft es mir nicht? Ich nutze das Minimum an Kraft, meinen Tag zu verbringen.
Ich keine Antwort darauf - weil diese Frage sich mir selbst auch immer wieder stellt.

Ich kenne "keine Episoden".

Auch mein "Tief" geht nicht vorüber - obwohl ich med. und therapeutische Hilfe habe. Obwohl ich "mir einbilde" alles zu tun, um "raus zu kommen" -

Gefühlt war "alles" schon immer so -
jetzt mit zunehmenden Alter wird meine Kraft nur immer weniger
eigentlich ein ganz normaler Vorgang

Ich "versuche" mich dafür nicht auch noch zu "schämen".
Im tiefsten Inneren passiert es dann aber doch.
Ich schäme mich dafür, dass ich nur noch "so wenig geschafft" bekomme
Ein Teufelskreis

Der Umgang mit Menschen wird immer schwieriger,
weil es mich so sehr erschöpft.
Und von Jahr zu Jahr mehr.

Ich verstehe dich -
ich habe keine Lösung für dich-

Mir hilft es etwas mit meinem Empfinden und Erleben nicht ganz "allein" zu sein.
Ich fühle mich weniger als der letzte "Versager", wenn ich von anderen lese, die auch so verzweifelt kämpfen.
Meine Trigger sind eher "Erfolgsgeschichten" - sie lassen mich verzweifeln.

Vielleicht hilft es Dir auch etwas, zu hören, dass es mir ähnlich geht.

Ich versuche gerade "anzunehmen"
Ich bin gerade sehr "abhängig" von meinem Therapeuten.
Er schafft es sehr gut, mich immer wieder "zu stabilisieren".
Ich kann es gerade zu lassen.
annehmen -
die Angst der "Abhängigkeit" übergehen

Ob das langfristig gut ist - ich weiß es nicht
Ein Versuch

Es klingt, als ob deine Therapeutin, dich gut erkannt hätte.
Eine Chance
Was meinst du?

Liebe GRüße
Camille
bastienne
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von bastienne »

Kolibri2 hat geschrieben: Es ist genau das, was du beschreibst, woran ich scheitere, und das macht mich verrückt.

Einfach nur TUN. Das hat mich über fast 2 Jahrzehnte am Leben gehalten. Bis zu dem Punkt, wo ich keine Kraft mehr hatte.

Falls du bisher mitgelesen hast, kennst du grob meinen Werdegang.

Wie schätzt du meine Situation denn ein?
Liebe Kolibri,

Ich kann deine Situation nicht wirklich einschätzen. Ich kenne dich ja nicht. Und ich habe auch noch nie eine schwere Depression gehabt (bei mir wurde mittelschwer diagnostiziert), so dass es durchaus sein mag, dass ich eine ganz falsche Vorstellung habe.

Ich kenne dich nur von deinen Beiträgen hier im Forum und vor allem in diesem Thread und beim Lesen ist mir immer wieder aufgefallen, dass du zwar viel tust (um beim Wort zu bleiben) aber sehr oft das Ergebnis schon vorwegnimmst. Dass es also nicht helfen wird, dass sich nichts ändern wird, dass es schlecht ausgeht, etc.

Ich habe mal gelesen, dass solche vorgefassten Gedanken sich in unserem Hirn mit der Zeit zu Datenautobahnen verfestigen können. Dass es also eine Art self fulfilling prophecy werden kann.

So, aber jetzt halte ich mich wieder zurück :) Ich hoffe du bist nicht zu ärgerlich, dass ich hier geschrieben habe.

LG, bastienne
Marlene57
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von Marlene57 »

Guten Morgen Kolibri,
ich wünsche dir von Herzen, dass das richtige Medikament für dich gefunden wird.
Schön dass du die Tage am Meer mit einem Freund genießen konntest. Du vermisst seine Gesellschaft. Das wäre ein Argument, evtl. doch in eine, die richtige, Klinik zu gehen. Dort bist du nicht allein, und gewinnst evtl. die eine oder andere Freundschaft dazu.
Mein Klinikaufenthalt ist jetzt 2 Jahre her. Wir haben immer noch unsere WhatsApp Gruppe, in der wir täglich schreiben und wir treffen uns mit ca. 6 bis 8 Leuten ca. alle 2 Monate.
LG Marlene
Marlene57
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von Marlene57 »

Liebe Kolibri,
ich verstehe dich. In der Depression hatte ich auch größte Schwierigkeiten für mich was positives zu tun. Deine Bekannte als nicht Betroffene versteht das natürlich nicht und denkt, sie muss dir mal ein bisserl in den Hintern treten, dann geht das schon. Schön wenn es so einfach wäre.
Ich denke du solltest halt für dich versuchen, dir jeden Tag eine Kleinigkeit/etwas Schönes für dich zu tun.
Oder eben doch überlegen ob Klinik oder Reha dich besser für dich wären.
LG Marlene
Linn
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von Linn »

Liebe Kolibri,

ich bin schon seit Jahren sporadisch lesend hier im Forum unterwegs und seit letztem Jahr ziemlich regelmäßig. Es gibt einige Parallelen zwischen uns: ich bin w, 55, auch „Bauernkind“, verh., 1 Tochter im Teenageralter, aktuell nicht erwerbstätig. Allerdings ist meine Form der Depression chronisch und begleitet mich schon mein ganzes erwachsenes Leben. Eigentlich kann ich mich nicht an Zeiten erinnern, in denen ich frei davon war. Dafür habe ich nur selten „stockdepressive“ Zeiten erlebt.

Ich wollte dir zu deinen Überlegungen schreiben, ob du weiterhin ADs einnehmen sollst. Mit dieser Frage beschäftige ich mich seit etwa einem Jahr sehr intensiv. Ich habe ADs über 20 Jahre lang genommen, mit wenigen Unterbrechungen. Heute fange ich meinen letzten „Ausschleichstreifen“ an, d.h. in 4 Wochen bin ich auf Null. Ich habe mich für dieses sehr langsame Ausschleichen entschieden, nachdem ich letztes Jahr zweimal wie üblich innerhalb weniger Wochen ausgeschlichen habe und dann jeweils 3 Monate später sehr krank wurde.

Ob dies Absetzsymptome, ein Rückfall, der berufliche Stress oder das Hormonwirrwarr der Wechseljahre waren, darauf kann mir keiner eine valide Antwort geben. Ich weiß es auch nicht. Ich weiß auch nicht, welcher Lehrmeinung ich vertrauen soll – den Befürwortern von Psychopharmaka oder den Verfechtern der „Serotoninlüge“. Ich habe mich für letzteres entschieden. Der plausibelste Grund dafür ist meine eigene Erfahrung – ich nehme ADs seit Jahrzehnten und bin trotzdem depressiv. Warum nehme ich sie dann?

Ich glaube allerdings auch, dass die Umstellung nicht ganz reibungslos verlaufen wird. Das ist auch mein aktuelles Empfinden – ich fühle mich schon sehr „wacklig“. Ich bin aber entschlossen, dies nicht mehr als Rückfall zu deuten und meinem Organismus Zeit zu geben.

Ich will hier keine pauschale Psychopharmaka-Kritik lostreten, jeder darf tun, was er will.

Soweit für’s Erste ... wünsche dir liebe Kolibri und allen Leser/innen einen ruhigen, sonnigen Tag.

Linn
LukaRo
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von LukaRo »

Kolibri2 hat geschrieben:Hallo in die Runde

Falls hier Jemand mitliest, der wie ich lange durchgehend depressive Phasen und kurzen, wo es ihr/ihm gut, würde ich mich über Austausch freuen.

Auch wer momentan in einem Tief steckt, und ein wenig "rumjammern" will, darf gerne diesen thread mit nutzen...

Öffentlich oder über PN.

LG
Kolibri
Ich kenn eigentlich mein Leben lang nur einen Dauerzustand im Minus (emotionale Erinnerungen gibts erst seit der Pubertät). Meine Stimmung schwankt natürlich nach oben und unten, je nachdem, wie meine Lebenssituation sich entwickelt. Es geht also auch ins 3fache Minus runter oder ins halbe Minus hoch. So richtig im Plus war bei mir eigentlich noch nie was.

Therapeutisch ist zwar einiges gelaufen, nur keine präzise Diagnostik. Aber im Verlauf der letzten Jahre kam dann da doch nach und nach was nach. Wenns kein erinnerliches "Davor" gab, also längere Phasen, Jahre, wo alles deutlich besser war, auch die Stimmung, dann sinds ja mehr lebenslange Störungen, die eher Teil der Persönlichkeit sind (Stichwort Persönlichkeitsstörung - passende, einfachere sind ggf. die depressive PST, die selbstunsichere PST bzw. die ängstlich vermeidende PST. Gibt natürlich auch noch andere und es gibt auch Mischformen). Basierend darauf hat man lebenslang Schwierigkeiten und kann natürlich zusätzlich schwer depressive Phasen basierend auf der PST und ihrerer Folgen haben.

Sogesehen versteh ich mein Leben rückblickend besser. Primär ne PST, dann ne ADHS, dann chronifierte Angsstörungen, dann ne mittlerweile chronifizierte Depression. Seit ich das einordnen kann, fühl ich mich dem weniger ausgeliefert, auch wenns absurd klingt. Die eigene Biografie zu verstehen und etwas Ordnung in meiner Selbstwahrnehmung haben mir geholfen.

Trotzdem macht einen das schon ziemlich müde, um so mehr, je älter man wird. Zieht an der Kraft, jedes Jahr mehr. Nächstes Jahr werd ich 49. Immerhin.

LG, Lukas.
LukaRo
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von LukaRo »

Hi Kolibri,

nein, ich hab nur allgemein geantwortet, auch weil hier im Thread manche davon schrieben, dass sie sich ihr Leben lang schon so fühlen.

Zu deiner Biografie: Du schreibst ja selbst, es kam vor 3 Jahren. Vielleicht hast Du zu dem Zeitpunkt schon zu lang in unveränderlichen Routinen festgesteckt.

Mir fallen dazu zwei Sätze ein: Routine tötet den Geist. Und: Depression im Sinne gelernter Hilflosigkeit.

Übersetzt: Neues und Veränderung sind wichtig. Und das Gefühl, dementsprechend handlungsfähig zu sein.

Was das praktisch heißen kann, ist bei jedem verschieden.

LG, Lukas
Linn
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von Linn »

Hallo Kolibri,

ich schleiche Venlafaxin aus, von 150 mg im Januar auf 0 im August. Ich weiß nicht, ob ein bestimmtes AD auch bestimmte Absetzsymptome verursacht. Mein Eindruck ist eher, dass jeder Mensch individuell reagiert. Bei mir überwiegen die psychischen Symptome - die ganze Palette der -losigkeiten sowie eine schon lange nicht mehr dagewesene Angst. Angst, es nicht zu schaffen. Angst, am Ende angekommen zu sein. Das ist seit etwa 5 Wochen so. Körperliche Beschwerden habe ich beim Absetzen kaum. Das macht es so schwierig zu unterscheiden, ob es nun Absetz- oder Krankheitssymptome sind.

Wie ist deine Erfahrung mit dem Ausschleichen?

Liebe Grüße, Linn
Marlene57
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von Marlene57 »

a) Hallo Kolibri,
hast du in den 3 Jahren schon alle Antidepressiva ausprobiert die für dich in Frage kommen?
@) hallo Linn,
ich frage mich das oft auch. Ich nehme seit 2008 AD, erst Citaroplam, zur Zeit Venlafaxin 150mg und seit 2018 zusätzlich Lithium. Trotzdem hatte ich immer wieder depressive Phasen.
Im Februar 2015 habe ich meine Velafaxin 2x 150 mg vergessen mit auf eine Gruppenreisr nach Mallorca zu nehmen. Erst überlegt, ob ich das in Mallirca bekomme. Ds ich aber als Begleiting der Gruppe keine Zeit hatte, zum Arzt zu gehen , habe ich es eben 1 Woche nicht eingenommen.
Daheim hab ich meine Pyschiaterin angerufen, ob ich das überhaupt noch nehmen soll. Ich hatte zu der Zeit eine gute Phase, aber auch keinerlei Absetzsymtome. Die Ärztin meinte ich hätte riesiges Glück gehabt, dass es mich nicht umgehauen hat. Und ich wahrscheinlich von dem im Blut noch vorhandenen Venlafaxinspiegel profitiert habe. Ich habe es dann unverändert weiter genommen. Wurde dann aber auf 150 KG reduziert, weil es mir gut ging.
LG Marlene
LukaRo
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von LukaRo »

Hallo Kolibri.

Du fragst, ob ich die Abgründe, die Verzweiflung, den Wunsch nach Erlösung kenne. Ja. Ich bin seitdem ich 13 wurde durchgehend depressiv. Das weiß ich natürlich nur rückblickend. Seit 2014 latentente Suizidgedanken, natürlich nicht täglich. 6 Jahre mit jeweils 2-3 monatelangen schweren Verschlechterungen. Jeden Tag mit dem Gedanken zu beginnen, das Leben nicht mehr auszuhalten. Das alles nicht mehr zu wollen, auch aus Erschöpfung heraus, da sich vieles im Kreis dreht. Ist derzeit etwas besser geworden, seit ich nicht mehr arbeiten gehe. Erstmalig kommt etwas Ruhe rein. Dafür muss ich nun zwangsläufig lernen, mit Leere umzugehen, mich selbst auszuhalten. Ich lebe allein, hab nicht viel RL-Kontakte. Insofern ja, ich kenne diese Gefühle seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten.

Mein derzeitiger Stand ist der, dass ich mit 4 psychiatrischen Diagnosen die Feststellung der Schwerbehinderung beantragt habe und damit rechne, dass mich irgendwann die Krankenkasse auffordert, einen Rentenantrag zu stellen.

Lukas.
LukaRo
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von LukaRo »

@Kolibri:Plan?

So richtig nicht. Ich hänge grad in der Schwebe. Ein Zurück an meinen alten Arbeitsplatz gibts nicht mehr, da sich meine Diagnosen und die Arbeitsinhalte wechselseitig praktisch ausschließen. Jedenfalls mein Fazit, nachdem ich 6 Jahre lang versucht hab weiter zu funktionieren.

Praktisch versuch ich einfache Alltagsroutinen zu entwickeln, entlang derer ich mich durch den Tag hangele. Zumal ich überlege, was Du mit "gehen lassen" meinst. Ich kann grad nichts weiter machen, als aushalten. Meine früheren sozialen Kontakte (Gruppenwanderungen, Gruppenradtouren, Tagesausflüge im Raum Brandenburg, Chöre, Selbsthilfegruppen) ruhen komplett seit Corona und existieren faktisch bis auf weiteres nicht mehr.

Keine Ahnung, wohin die Reise geht. Möglich ist vieles, Rente, Umschulung, keine Ahnung. Auf ne andere Stelle mich jetzt zu bewerben macht auch wenig Sinn, da ich mich mittlerweile recht inkompetent fühle.

Ich hab in den letzten Monaten gelernt, nicht über den Tages- und Wochenablauf oder die Zukunft nachzudenken und auch nicht mehr über die Vergangenheit. Da sonst massive Ängste auftauchen, Gedankenspiralen, Suizidgedanken. Momentan kann ich nicht mehr machen, als einfach nur im Moment sein.

Zusätzlich versuch ich grad, mir ne Soziotherapie zu suchen, die Plätze frei hat. Die Verordnung ist mir vom Psychiater schon sicher. Falls sich mein Zustand deutlich verschlechtern sollte im Jahresverlauf bzw. nach Ablauf des Krankengeldes wär mein nächster Schritt Betreutes Einzelwohnen.

LG, Lukas
LukaRo
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von LukaRo »

Naja, Nahrungsaufnahme, Körperpflege, Haushalt sind meine einzigen aktiven Beschäftigungen. Ist reine Notwehr geworden, diese zu erledigen. Ich tu die Dinge, weils alternativlos ist und Sinn macht. Ich zwing mich auch jeden Tag aufs Rad und für 3-4 Stunden nach draußen. Wenn ich das alles nicht tun würde, müsst ich ins Krankenhaus gehen. Ich übe quasi aktiv tägliche Routinen ein. Ohne diese wär ich echt verloren.

Was auch ein Ergebnis meiner Krankschrift ist. Früher hab ich fast nichts geschafft, außer zu arbeiten. Erst seit ich nicht mehr arbeite, fang ich an, mich zwangsläufig um mich zu kümmern, um überhaupt was zu tun zu haben und nicht durchzudrehen.

:)
LukaRo
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von LukaRo »

Hi Kolibri,

Ja, 6 Wochen, liegt lang zurück. Ende 2014. Zitat des dortigen Oberarztes in der Morgenrunde: "Wir machen hier niemanden gesund. Wir erklären Ihnen nur, wie es geht".

Zitat meines damaligen Therapeuten (VT) nach Entlassung: "Und, wie wars?"

Mein Fazit: War ne gute Zeit, drinnen zu sein, eine Atempause. Im Anschluss stand ich wieder auf der Straße und alles war noch genauso wie vorher. Ich musste anfangen, mich selbst zu kümmern. Die folgenden 5 Jahre waren ne recht bewegte Zeit, ich hab ne Menge probiert und erlebt. Möchte ich nicht missen, jedenfalls den Erfahrungszuwachs.

Was leider nichts am derzeitigen Endzustand ändert. Aber gegenwärtig gibts keinen Grund für mich, wieder in die Klinik zu gehen. Ich bin nicht akut und derzeit vergleichsweise stabil. Ratlos zwar, wie es weitergeht, aber ich arbeite derzeit einfach einen Tag nach dem anderen ab.

Abgesehen davon hat mich natürlich auch die Coronadebatte ziemlich irre gemacht. Da ich medizinische Sachinformationen recht gut verstehe und seit Anfang März ziemlich konsequent in der Umsetzung der offiziellen Empfehlungen bin, kriegt mich bis auf weiteres niemand für eine längere Zeitdauer in gemeinsame Innenräume mit anderen Personen. Würde ich nur im Notfall tun, der liegt nicht vor. Ich fahr seitdem nur noch Rad, mein Nahverkehrs-Ticket hab ich gekündigt. Abgesehen vom Lebensmittelkauf, dem Hausarzt und dem Psychiater betrete ich keine Innenräume mehr. Kontakte pfleg ich darüber hinaus nur noch im Freien.

Das mag etwas radikal wirken, aber damit kommt mein Kopf derzeit am besten klar, ohne dass ich mich in Abwägungsprozesse verstricke.

Hat natürlich zur Folge, dass mein Leben derzeit faktisch in einen Ruhezustand gerutscht ist, die AU seit 3 Monaten rundet das ab.

Vor einem Jahr hätt ich über meine jetzige Situation noch gesagt, das ist der Supergau. Nix mehr da, dann sitz ich in der geschlossenen Abteilung mit akuter Suizidalität inkl. massiven Panikanfällen. Und die Sorge war Anfang März groß, dass es so kommt. Der Verlauf der letzten 12 Wochen hat mir das Gegenteil bewiesen, ich komm besser mit dem Status Quo klar, als ich je gedacht hätte.

Momentan lern ich halt was anderes. Einfach den Moment aushalten, sich nicht zu sehr in Ängste reinsteigern, nicht zusehr die Zukunft zu denken und im Moment zu bleiben. Die Gegenwart anzunehmen. Das ist nicht immer einfach, aber es geht ja auch darum, zu lernen, schlechte Gefühle auszuhalten, sich nicht reinzusteigern, etwas für sich selbst zu tun.

Fähigkeit zur emotionalen Selbstregulation sollt ich steigern, war ein Satz im Krankenhaus-Entlassungsbericht. Dass krieg ich derzeit wesentlich besser hin, als noch vor 3 Monaten oder im Vergleich zu den letzten 6 Jahren.

LG, Lukas.
LukaRo
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von LukaRo »

Heut z.b. hab ich faktisch eigentlich nix geschafft. Gut, war blödes Wetter hier, meine tägliche Fahrradrunde fiel aus. Es gibt zu Haus viel zu tun, allerdings grad auch keinen Zeitdruck. Am 20.08. kommt ne Firma, alle Wasser- und Heizungszähler auf digital umrüsten, Rauchmelder anbringen. Hab also ne Frist, bis dahin muss alles tip-top sein. Wird noch genug Regentage geben, an denen ich mich drinnen beschäftigen muss. Mehr als Körperpflege und Nahrung beschaffen fand heut nicht statt. Und gemischte Informationsaufnahme, schauen, lesen, Unterhaltung, überwiegend am PC. Aber das alles ist schon recht eintönig, zumal ich mich mit meiner ADHS schon auch schnell langweile. Nach 8 Wochen täglicher Radrunde wurde es schon zunehmend anstrengender, trotzdem immer wieder meiner selbstgewählten Routine nach zu gehen.

Daher war der Regentag heut nicht unwillkommen. Wenns Wetter wieder besser wird, nehm ich meine Radroutine wieder auf. Ist ja bei den meisten Sachen so - wenn man sie dann trotzdem tut, ohne den Sinn zu hinterfragen, gehts einem hinterher / während dessen trotzdem besser.

Auch so ein Spruch meines ersten Therapeuten (VT): "Was tun, egal was. Hauptsache was tun." Klingt ein bisschen flach, ist aber wahr. Zumal vermeiden wesentlich mehr Kraft kostet als Handeln. Jedenfalls bei mir.

Lieben Gruß und noch einen guten Abend.
Lukas
Allegretto
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von Allegretto »

.
Aurelia Belinda
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von Aurelia Belinda »

Liebe Kolibri,

Liest du noch mit.??
Ich denke öfter an dich u. Frage mich wie es dir geht....
Liebe Grüße von Aurelia
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Aurelia Belinda
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von Aurelia Belinda »

Liebe Allegretto,

Ich finde es schade dass du viele deiner Beiträge gelöscht hast. Für mich sind deine Postings oft ansprechend.
An dich auch herzliche Grüße....Aurelia
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Wandervogel
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Re: Tiefe Phasen über Monate

Beitrag von Wandervogel »

:hello: Hallo Kolibri,
Hallo alle anderen,

ich habe hier mal quer gelesen. Also die erste und die letzte Seite. 38 Seiten zu lesen ist doch etwas fülle. :oops:

Aber ich glaube mir geht es ganz ähnlich.

Vor 20 Jahren wurde zum erste Mal bei mir die Diagnose Depression gestellt. Da habe ich mich nach einem Suizidversuch selbst in die Klinik eingewiesen. Da bekam ich dann zum ersten Mal Medikamente.

Ich denke aber, dass ich schon in meiner Jugend an Depressionen litt, die aber nicht diagnostiziert wurde, weil die Ärzte damals zu wenig über die Krankheit wussten.

In den 20 Jahren gab es durchaus gute ausgegelichene Phasen, aber immer wieder schwere Abstürze. Mein letzter Klinikaufenthalt war 2013.

Mein letzter Absturz, ohne Klinik, war vor ca. 8 Wochen und da habe ich immer noch mit zu tun.

Ich bin jetzt an einem Punkt angelangt, wo ich mich total zermürrbt fühle. In den 20 Jahren habe ich so viele verschiedene Medikamente ausprobiert und immer wieder Psychotherapien gemacht. Alle möglichen verhaltenstherapeutischen Verfahren habe ich durch. Immer war ich diszipliniert und motiviert. Ich wollte ja, dass es mir besser geht. Doch ich habe das Gefühl, dass ich nicht wirklich weitergekommen bin.
Ich kann nicht mehr und ich mag nicht mehr.
Ich habe keine Kraft mehr, an meiner Depression zu arbeiten. Ich habe die vergangenen 20 Jahre immer wieder versucht aus der Depression rauszukommen. :cry: :cry: :cry:

Wollte den anderen Beweisen, dass ich kein Sozialschmarotzer bin, der nur zu Hause rumhängt und "unberechtigt" EM-Rente kassiert. Ich habe immer wieder Arbeitsversuche unternommen und bin jedes Mal kläglich gescheitert. :x :(

Ich werde morgen zu meinen Psychater gehen und ihm genau diese Befindlichkeiten schildern.
Ich glaube nach 20 Jahren, ist das Versuchen mich aus der Depression mit allen Mitteln "herauszuzerren" auch mal vorbei. :? :(

Vielleicht muss ich mich nach 20 Jahren endlich damit abfinden, und mein Umfeld vor allen Dingen auch, dass meine Depressionen chronisch sind und ich mit dem jetztigen Zustand einfach leben muss. Wenn ich auch noch nicht genau weiß wie. :( :(

So, jetzt habe ich auch mich auch mal voll ausgejammert. Ist bis vor 8 Wochen noch nie meine Art gewesen. :oops: :(

Aber, liebe/r Kolibri, Du hast ja in Deinem Eingangspost geschrieben, dass das hier völlig o.k. ist. :oops: :oops:

Liebe Grüße
Antworten