Fremd in meinem Leben

Antworten
Lost68
Beiträge: 5
Registriert: 29. Jun 2020, 10:42

Fremd in meinem Leben

Beitrag von Lost68 »

Hallo,
vielleicht sollte ich kurz die letzten zwei Jahre beschreiben, also:
Meine Ex-Frau hat mich 2018 (für mich völlig überraschend) wegen einem anderen Mann verlassen. Mein ganzes Leben ging mit 50 von heut auf morgen den Bach runter. Ich musste unser Haus verkaufen und nebenbei noch einen Rosenkrieg führen, der seines Gleichen sucht. Ich kann es bis heute noch nicht fassen, wie sich ein Mensch den man über zwanzig Jahre an seiner Seite hatte, so wandeln kann. Durch diese Trennung habe ich alles verloren. Mein Zuhause, mein Umfeld und mein Kind. Ich bin dort weggezogen, weil ich es einfach nicht ertragen konnte, wie meine Exfrau ihr neues und glückliches Leben quasi vor meiner Haustür präsentiert hat. Es verletzt mich unendlich, wie ein Mensch ein Leben oder Menschen einfach so austauschen kann. Natürlich suche ich ständig die Fehler bei mir und bin auch nach so langer Zeit noch nicht über die Trennung hinweg. Auch therapeutisch Hilfe hat mich kein Stück weitergebracht! All die Ratschläge kann ich einfach nicht umsetzen. Ich vermisse mein altes Leben und wünsche mir nichts mehr, als endlich wieder glücklich zu sein. Das Ganze war für mich so schlimm, dass ich sogar versucht habe mir das Leben zu nehmen. Ich habe meinen Arbeitsplatz gewechselt, da mich auch hier vieles an meine Vergangenheit erinnert hat. Aber ich bekomme einfach keinen Boden mehr unter meine Füße. Ich hätte natürlich gerne auch wieder jemanden an meiner Seite, mit der ich mir eine neue Zukunft aufbauen kann und neue Träume entwickeln kann. Das ist mit 50 aber nicht so einfach. Früher war ich ein glücklicher und heiterer Mann. Heute bin ich nur noch ein Schatten meiner selbst und habe jeden Lebensmut verloren. Nichts macht mir noch Freude und ich kann die Einsamkeit kaum ertragen. Ich habe keine Ahnung was ich noch machen soll. Zu sehr brennt in mir noch der Wunsch, mein altes Leben wieder haben zu wollen. Im Moment fühle ich mich wie in einem Albtraum der nicht enden will. Wie komme ich da bloß raus ?
Katerle
Beiträge: 11384
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Fremd in meinem Leben

Beitrag von Katerle »

Hallo Lost,

das ist sicher alles sehr einschneidend für dich und auch das du keinen Lebensmut mehr spürst. Aber so sehr du dir dein altes Leben wieder zurückwünschst, du wirst um einen Neuanfang nicht herumkommen, wenn du glücklich werden möchtest. Und such die Fehler nicht nur bei dir, zu ner Beziehung gehören immer Zwei. Löse dich von deinem alten Leben/Vergangenheit und fange an, unter Leute zu gehen, um deine Einsamkeit zu überwinden. Gehe in eine Gruppe oder in ein Cafe´, wo du auch Menschen triffst. Dort können sich neue Kontakte entwickeln und es besteht auch die Möglichkeit, eine Frau zu finden, mit der du glücklich werden kannst.
Und vielleicht fängst du auch nochmal eine therapeutische Behandlung an (eine reicht oftmals nicht aus), um neuen Lebensmut zu finden.

Für deinen Weg alles Gute,
Katerle
Unwissend
Beiträge: 92
Registriert: 20. Apr 2020, 13:28

Re: Fremd in meinem Leben

Beitrag von Unwissend »

Lieber Lost68

Das klingt wie eine Horrorstory und genau so muss es sich für dich anfühlen. Ich kann mir gut vorstellen wie es sich anfühlt, wenn man sich einfach nur aus reinem Herzen das alte Leben zurückwünscht. Ich habe dies auch erlebt aber in einer anderen Situation.

Da wir einem plötzlich das Ufer unter den Füssen weggezogen und man schwimmt umher ohne ein Ufer finden zu können.

Ich denke, einen solchen Schicksalsschlag darf man nicht einfach so auf die leichte Schulter nehmen. Da sind plötzlich 20 Jahr einfach weg, Frau, Kind und Haus, alles weg. Die gewohnte Umgebung, der sichere Ort, den man seit 20 Jahren aufsucht, er ist weg.

Gut, du hast bereits einiges getan, um dich in deinem neuen Leben zurecht zu finden. Du bist umgezogen und hast dir eine neue Stelle gesucht. Du darfst jetzt einfach nicht ungeduldig sein und du musst, auch wenn es überhaupt nicht schön ist, diesen jetzigen Zustand der Trauer und Einsamkeit, der Trostlosigkeit ertragen. So schnell geht es nicht aufwärts aber ich spüre, dass du es willst, dass es wieder aufwärtsgeht. Du musst jeden Tag nehmen, Schritt für Schritt. Ich würde dich am liebsten einfach umarmen und dir sagen, dass das Leben weitergeht, du hast doch erst die Hälfte deines Lebens gelebt. Ich bin mir sicher, dass das Leben trotz dieses Schicksalsschlages noch einiges Schönes für dich bereithält, aber du musst geduldig sein.

Du darfst jetzt traurig sein, du darfst jetzt dein Schatten deiner selbst sein, nimm dir jetzt Zeit dafür, damit du später wieder gestärkt bist.

Verliere nicht den Mut, du hast noch so viele schöne Jahre vor dir, nicht gerade jetzt, aber sie werden kommen. Es wäre unlogisch, den zweiten Lebensabschnitt gefrustet zu leben. Mach eine Reise irgendwo hin, gehe raus, gehe unter Leute, mache irgendwas, was du bislang nicht gemacht hast, erweitere dein Horizont. Mache eine geführt Biketour oder sonst was, aber fange langsam an wieder etwas Freude in dein Leben zu lassen und stelle dich darauf ein, dass es besser wird.

Ich drücke dich.
Lost68
Beiträge: 5
Registriert: 29. Jun 2020, 10:42

Re: Fremd in meinem Leben

Beitrag von Lost68 »

Lieben Dank für euer Mitgefühl und Trost.

Ich versuche natürlich alle Ratschläge anzunehmen und auch umzusetzen. Mir ist natürlich auf der einen Seite auch völlig klar, dass mein altes Leben nie ... nie wieder zurück kommen wird! Auf der anderen Seite hält es mich in 1000 Sachen gefangen. Orte, Lieder und Blitzmomente im Kopf: Alles errinnert noch an mein glückliches Leben. Mir fehlt natürlich auch noch das Verständnis dafür, dass "sie" einfach alles so hinschmeisen konnte. Wir hatten wirklich (zumindest aus meiner Sicht) ein glückliches und erfülltes Leben. Aber ich stimme Euch zu: Es macht keinen Sinn in der Vergangenheit zu leben.

Aber die ganze Sache hat mich natürlich in eine schwere Depression geführt. Egal was ich auch mache: Eigentlich würde ich viel lieber in meinem Bett liegen und einfach nur die Decke über den Kopf ziehen. Dinge die ich füher unheimlich möchte, sind mir im Moment total zu wider. Es ist so, als würde man alles nur noch ohne Emotionen wahrnehmen, ja: ... einfach nur noch zu existieren ohne wirklich da zu sein! Nachdem man sich in den vergangenen Jahren hauptsächlich um die Familie, Job und das Haus gekümmert hat, sind natürlich die Kontakte auf meiner Seite nahezu verschwunden. Meine Bekannten und Freunde die mich die letzten Jahre begleitet haben, sind alle auf ihrer Seite verblieben. Auch das enttäuscht zusätzlich! Allerdings muss man dazu sagen, dass ihr Neuer natürlich aus dem Kreis kommt und wohl jeder (außer mir) schon davon wusste, das sie bereits seit Monaten ein Verhältnis hatte.

Ich kämpfe aber im Moment wirklich damit, endlich wieder Freude und Zuversicht zu empfinden. Ich quäle mich regelrecht zu allem. Aber es erschöpft unendlich, sich der Sache zu stellen und durchzuhalten. Nach zwei Jahren und den vielen Ereignissen zwischendrinn, ist bei mir einfach die Luft raus!

Neue Leute kennen zu lernen ist nicht so einfach wie man denkt - und das Angebot an Gruppen, ist im übrigen auch sehr bescheiden wenn man kein "Vereinsmensch" ist. Auch der Versuch über Tinder und Co. einen neuen Menschen an der Seite zu finden, ist (so meine Erfahrung) nicht so einfach. Die meisten Frauen in meinem Alter kommen mit einem Paket an Vorstellungen oder Ansprüchen, die einfach aus meiner Sicht eher nach Hollywood gehören. Sorry, dass soll jetzt kein Pauschalurteil werden!

Ich hoffe wirklich, dass das Schicksal endlich mal wieder meinen Namen auf der "to Do-Liste" stehen hat.
Empathie58
Beiträge: 273
Registriert: 23. Okt 2017, 21:48

Re: Fremd in meinem Leben

Beitrag von Empathie58 »

Hallo Lost68,

ich hatte mit meiner ersten Ehefrau ähnliche Erlebnisse wie Du und kann Deine Verzweiflung nachempfinden.

Zunächst war ich fassungslos, dann enttäuscht. Ich begab mich in die "Opferrolle" und wies die Schuld am Scheitern unserer Ehe meiner Frau zu. Schließlich war sie es, die sich von mir getrennt hatte. So "tickte" ich damals.

Erst einige Zeit später habe ich mir erlaubt, meine Wut zu spüren und sie anzunehmen. Bis dahin hatte ich sie mir verboten, vermutlich unbewusst, um mir meine Verletzlichkeit nicht eingestehen zu müssen. Irgendwann, als die Zeit dafür reif war, verwandelte sich meine Wut in Trauer. Endlich konnte ich mir die "Schwäche" erlauben, traurig zu sein und um das Verlorene zu weinen. So wurde es allmählich nicht nur besser, sondern sogar richtig gut. Mit 55 habe ich eine neue Partnerin kennengelernt, mit der ich inzwischen sehr glücklich verheiratet bin.

Ich kann mir vorstellen, dass solche Schilderungen Dir auf den ersten Blick nicht helfen. Vom Glück anderer Menschen zu lesen, wenn Du selbst im Tief steckst, führt vielleicht dazu, dass Du Deine Trauer und Deinen Schmerz als noch größer empfindest.

Andererseits tut es Dir vielleicht gut zu erfahren, dass auch andere Menschen schon in ähnlichen Situationen waren und dort wieder herausgekommen sind. Wenn es Dir gelingt, Dich dahingehend "umzuprogrammieren", dass Du Dein eigenes Lebensglück als ein erstrebenswertes und erreichbares Ziel vor Augen hast, bist Du schon ein gutes Stück weiter. Mach Dir bewusst, dass Du es - wie jeder Mensch - "verdient" hast, glücklich zu sein.

Was Du dafür brauchst, ist erst einmal - Geduld. Es mag Dir schwerfallen, die im Moment aufzubringen, wo doch alles wieder so werden soll wie früher. Moment, soll es wirklich wieder so werden wie früher? Willst Du wirklich Dein "altes" Leben zurück? Du bist jünger als ich und gewiss jung genug, Dein "neues" Leben in die Hand zu nehmen. Ja, es ist traurig, dass die schönen 20 Jahre vorbei sind. Sie dürfen gewesen sein. Jetzt kommt etwas Neues. Du hast es Dir nicht ausgesucht, es ist einfach passiert.

Wenn Du Deine Trauer zulässt, ohne zu resignieren, und Dir dafür alle Zeit nimmst, die Du brauchst - dann steht Dir Dein "neues" Leben offen, wie immer das konkret aussehen mag. Dann wirst Du auch wieder authentischen Optimismus ausstrahlen, was die Kontaktaufnahme zu anderen Menschen "automatisch" erleichtert.

Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute für den Weg, der jetzt vor Dir liegt.

Liebe Grüße
Empathie58
Lana2
Beiträge: 11
Registriert: 25. Jun 2020, 18:14

Re: Fremd in meinem Leben

Beitrag von Lana2 »

Lieber Lost68,

ich befürchte, dass ich dir nicht wirklich dabei helfen kann, dass du dich signifikant besser fühlst, aber vielleicht hilft dir der Gedanke, dass du damit nicht allein bist. Klar du kannst die Leute, die dir hier schreiben weder sehen, noch weißt du was für Personen dahinterstecken, aber ich denke, dass dir jeder einzelne hier empathievoll begegnet. Ich weiß es ist so einfach gesagt und es wurde auch schon oben geschrieben, aber nochmal: gib nicht auf, auch wenn gerade alles unglaublich ausweglos und verzweifelt erscheint. Hinzufallen und wiederaufzustehen ist sehr schwer und gelingt vielleicht auch nicht beim ersten oder zweiten Anlauf, aber ich bin sicher du hast in deinem bisherigen Leben schon mehrere Schwierigkeiten und/oder Herausforderungen sehr gut bewältigt!
Scheu dich nicht davor Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn du welche brauchst oder wenn die Mauer, die vor dir steht unüberwindbar erscheint. Was mir zb. hilft ist mit Menschen in Kontakt zu treten, die ähnliche Schwierigkeiten haben, jetzt bei dem was du beschreibst zb. die depressiven Symptome, die alles zusätzlich (vorallem den Neuanfang) noch erschweren. Da gibts in fast jeder Stadt Gruppen, wo man sich ganz ungezwungen zusammensetzt und sich über diese Thematik austauscht. Da fühlt man sich oft mehr verstanden, als unter Freunden, die solche depressiven Gefühle nur schwer nachvollziehen können. Vielleicht wäre das ja auch etwas, was du dir vorstellen kannst. :)

Ich hoffe ich konnte dich wenigstens ein bisschen aufmuntern. Wenn du mehr Redebedarf hast, dann melde dich einfach gerne jederzeit. Viel Kraft und eine Umarmung! :)
Deadly1987
Beiträge: 189
Registriert: 16. Mär 2020, 23:00

Re: Fremd in meinem Leben

Beitrag von Deadly1987 »

Hallo Lost,

du hast schon viele Antworten bekommen und hoffe das dir schon ein wenig geholfen wurde.

Du schreibst das du gerne wieder jemanden kennen lernen möchtest. Es könnte aber die perfekte Frau vor dir stehen. Du würdest es nicht merken weil du noch komplett in deinem alten Leben hängst.

Das ganze ist jetzt 2 Jahre her. Klar tun 20 Jahre weh und das zerrt auch noch nach 2 Jahren an einem. Aber du musst dich da trotzdem irgendwie gedanklich raus zwingen. Sonst wird es nicht besser. Ich weiß, leichter gesagt als getan.

Vielleicht auch mal mit Online Dating versuchen. In der heutigen Zeit ist das wirklich Standard und nicht mehr verpönt. Auch oder gerade Leute in Deiner Altersklasse haben da schon neue Partner gefunden.

Gruß
Kirsten29
Beiträge: 461
Registriert: 18. Apr 2020, 21:11

Re: Fremd in meinem Leben

Beitrag von Kirsten29 »

Hallo Lost68,

auch von mir noch herzlich Willkommen hier im Forum und Danke, dass du deine Geschichte mit uns teilst.

Was du in den letzten zwei Jahren erleben musstest, empfinde ich als sehr schmerzhaft. Ich finde es nahezu spürbar, wie dein ganzes Herz an deinem "alten" Leben hängt. Du hast deine Frau geliebt (liebt sie vielleicht auch immer noch), das Haus, den Job - was man so sehr liebt, bitte wie soll man das mal eben loslassen. Zumal bei dir alles so plötzlich kam. Wenn ich dich richtig verstehe, ist seit der Trennung ständig irgendwas passiert. Du kommst also gar nicht zur Ruhe und konntest noch gar keinen Abstand finden. In dein Herz wurden tiefe Wunden gerissen, es blutet und tut höllisch weh. Ich glaube, du leidest ganz sehr und für die Frage, was dich aufrichten kann, ist es noch zu früh.

Ist jemand im Moment bei dir, mit dem du reden kannst? Bitte scheue dich auch nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Und schieb sie bitte nicht zu lange raus...

Pass auf dich auf.

Liebe Grüße
Kirsten
Der Schatz liegt hinter dem Drachen.

"Es gibt nur ein Muss: Du musst wissen, dass du nichts musst." (aus: "Komm, ich erzähl dir eine Geschichte", J. Bucay)
Deranderepeterpan
Beiträge: 68
Registriert: 28. Jun 2020, 10:12

Re: Fremd in meinem Leben

Beitrag von Deranderepeterpan »

Hallo Lost,

mir deine Geschichte durchzulesen tut mir gleich doppelt weh.
Zum einen weil man einfach merkt wie furchtbar doch das Leben sein kann, zum anderen weil ich mich aktuell in einer ziemlich ähnlichen Situation befinde. Ich find' es so schade, dass man, obwohl man die Menschen so gut kennt, man soviel Zeit mit ihnen verbringt, alles Glück und allen Schmerz miteinander teil, dass man nie wirklich weiß, ob das alles für immer sein wird.
Wie gesagt. Bei mir sieht es absolut ähnlich aus. Zumindest was die Frau meines Lebens angeht. Wirklich wissen wie ich damit umgehen soll, was aus allem überhaupt noch werden soll....was ich tun soll.. keine Ahnung. Ich weiß es nicht.

So sehr ich wünschte dir helfen zu können, ich kann es nicht.
Aber ich hoffe für dich, dass du einfach einen Morgen aufwachst und das alles vergessen hast. Du wieder glücklich bist.
Antiope
Beiträge: 1695
Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Re: Fremd in meinem Leben

Beitrag von Antiope »

Hallo Lost68,

sehr vieles Deiner Gefühle, Deiner Gedanken und Empfindungen kommt mir sehr bekannt vor, nachvollziehbar aus eigener Erfahrung. Allerdings: ganz andere Lebenssituation, ganz andere Handlungspartner. Identisch die Erfahrung des vollkommenen Vertrauensbruchs, eines persönlichen "Verrats".
Jedenfalls für mich war das Schlimmste nicht das blitzhafte Geschehen das Schlimmste, der unkontrollierbaren und fundamentalen Veränderung der aktuellen Lebenssituation. Sondern die Zerstörung auf der emotionalen Ebene, der sozialen Beziehung.

Deine Entscheidung, aus dem ganzen Umfeld wegzugehen, finde ich gut. Du hast Dich aktiv daraus entfernt.
Du schreibst von zwei Wünschen:
- wieder glücklich zu sein, Dein altes Ich als heiterer Mann wiederzufinden
- Dein altes Leben wiederhaben zu wollen

Ich weiß nicht, wie ich Dir helfen könnte, den zweiten Punkt zu erfüllen. Es liegt nicht in Deiner Macht, das wiederherzstellen zu können. Es ist außerhalb Deiner Handlungsmöglichkeiten. Und damit auch außerhalb Deiner Verantwortlichkeit. Das leidige Thema "Schuld" klebt Dich an die Vergangenheit, nimmt Dir die Luft zum Atmen, raubt Dir den Boden unter den Füßen. Die Frage nach Schuld kann nichts verändern.

Was aber möglich ist: wieder ein heiterer Mann zu werden, mit anderem Glück, anderen Zufriedenheiten.

Ratschläge helfen Dir nicht, wenn sie die Vergangenheit beeinflußen sollen.
Ich will jetzt auch nicht ein heiterer beruhigender Ton anschlagen, das würde an Deinem Heute vorbeigehen.
Im Moment geht es eher darum, Dein Heute zu stabilisieren, Dir zu helfen, den Albtraum zu erkennen und daraus zu erwachen.
Lost68
Beiträge: 5
Registriert: 29. Jun 2020, 10:42

Re: Fremd in meinem Leben

Beitrag von Lost68 »

Hallo an alle,
vielen lieben Dank für die Zeit und Worte mir zu schreiben. Es ist schön, dass ihr meine emotionale Welt verstehen könnt. Vieles habe ich schon gehört. Aber es ist unheimlich schwer, die Vergangenheit abzulegen und einfach so weiterzumachen. Es ist so wirr!!! Auf der einen Seite könnte ich mir nicht mehr vorstellen mit dieser Frau jemals wieder ein Leben zu führen, zumal sie alles zerstört hat. Mich, mein Leben und alles Drumherum. Auf der anderen Seite war und ist sie aber noch die Liebe meines Lebens. Ich vermisse sie jede Sekunde. Auch wenn mein Kopf was anderes sagt, so ist mein Herz immer noch stärker. Ich kämpfe jeden Tag die Dinge umzusetzen, die ihr mir hier als Ratschlag mit auf den Weg gegeben habt. Es ist einfach nicht fair! Ich weiß das ich aus dieser Opferrolle raus muss um endlich wieder nach vorne blicken zu können. Aber es gelingt mir einfach nicht. Meine Gedanken kreisen ständig um sie, und wie sie mit dem Anderen glücklich ist. Ich bin so verletzt und enttäuscht! Im Moment ist das Einzige an was ich mich noch klammere die Hoffnung, dass ihr das Schicksal das bringt, was sie mir angetan hat. Ich weiß das klingt jetzt böse und rachsüchtig. Aber ich denke, dass ich hier offen über meine Gedanken reden kann.

Aber nochmal ein Dankeschön für eure Beiträge, es tut gut mal Einiges los zu werden und auch verstanden zu werden.
Kirsten29
Beiträge: 461
Registriert: 18. Apr 2020, 21:11

Re: Fremd in meinem Leben

Beitrag von Kirsten29 »

Ich finde es persönlich gut (sehr gut!), dass du Gefühle wie Hass und Wut zulassen kannst. Ich finde sie wichtig, damit du überhaupt erstmal inneren Abstand finden kannst. Lass sie zu, so gut du kannst.

Das ist schon eine ganz schön harte Nummer. Ich meine, es kann ja sein, dass sie insgeheim unzufrieden mit etwas war. Und dann wählt sie den "einfachsten" Weg. Sie flüchtet. Ich vermute einfach mal, dass sie schon lange vor eurer Trennung für sich entschieden hatte, auf irgendeine Art zu gehen. Und dann kommt noch ein neuer Mann, die Gelegenheit. Und stellt dich vor vollendete Tatsachen, als sie für sich schon alles neu organisiert hat. Oh mann... Da wäre ich nicht nur ein bisschen sauer, ich wäre verdammt sauer. Hast du irgendetwas, um deine Wut rauszulassen (falls du das kannst und möchtest)? Schreien (im Wald, ins Kissen?), boxen, treten, auf Kissen schlagen?
Zuletzt geändert von Kirsten29 am 2. Jul 2020, 12:48, insgesamt 1-mal geändert.
Der Schatz liegt hinter dem Drachen.

"Es gibt nur ein Muss: Du musst wissen, dass du nichts musst." (aus: "Komm, ich erzähl dir eine Geschichte", J. Bucay)
Paprika
Beiträge: 254
Registriert: 21. Nov 2019, 00:23

Re: Fremd in meinem Leben

Beitrag von Paprika »

Halllo Lost68,
Ich schreibe Dir mal von mir.
Ich bin 55,weiblich,habe die ersten Symptome 1990(Depression) gehabt.War 6 Jahre mit einem Alkoholiker zusammen.Er hat 1 Jahr sich zusammengerissen,so das ich nicht gemerkt habe,dass er ein Problem hat.
Ich erzähle Dir das,weil man denkt,es geht nicht schlimmer und dann kommt noch mehr
Paprika
Beiträge: 254
Registriert: 21. Nov 2019, 00:23

Re: Fremd in meinem Leben

Beitrag von Paprika »

Da war noch mehr,das würde ich Dir aber nur über PN schreiben.
Ich denke,es würde Sinn machen,uns kurz zu schließen.Wenn Du es auch so siehst,kannst Du mir gerne eine PN schicken.Ich verstehe,was Du geschrieben hast
Antiope
Beiträge: 1695
Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Re: Fremd in meinem Leben

Beitrag von Antiope »

Hallo Lost68,

es geht nicht darum, die Vergangenheit zu eliminieren, sondern darum, sie dort abzulegen, wo sie hingehört: in die Vergangenheit.
Sie wird weiterhin existieren, sie wird zum Teil Deines Erfahrungsschatzes - aber sie darf nicht Deine Zukunft beherrschen!
Der Schmerz wird nie verschwinden in ein Nirvana, er wird eine Narbe zurücklassen.
Sie ist die Liebe Deines Lebens gewesen. Ja.
Du willst mir ihr nicht mehr zusammenleben. Ja.
Sie hat Dich emotional zutiefst verletzt, sie hat zerstört. Ja.
Es sind 3 Feststellungen, die alle nebeneinander stehen, nebeneinander gültig sind.

Du vermisst sie. Auch das ist ein Fakt. Dagegen brauchst Du nicht anzukämpfen. Das ist gerade so.
Was wäre das ganz konkret (nur für Dich privat zum Klarwerden: Du vermisst das Gefühl des Geliebtseins? Das alltägliche Miteinander?)
Es hätte ja wirklich noch die Alternative gegeben, alles zu vergeben und zu vergessen, auf Rückkehr zu warten und dann das alte gemeinsame Leben weiterzuführen.
Was nicht weiterhilft: Dich selbst mit Vorstellungen zu quälen, wie sie glücklich ist mit dem anderen. Das ist absolut etwas, was Du gedanklich nicht weiter verfolgen darfst. Du zerstörst Deine Selbstachtung damit. Du quälst Dich selbst, ohne dass dabei jemals etwas Produktives herauskommt. Denke nicht über sie nach. Lasse es.
Überlege auch nicht, NIEMALS, welche Gründe es gegeben haben könnte, welche Erklärungsversuche es geben könnte. Mach das nicht. Es bringt Dich nicht weiter. Es lässt Dich nur weiterhin an einer sehr verletzenden Vergangenheit kleben.
Wut rauslassen … Nur wenn sie so heiß ist, dass sie unbeherrschbar wird.

Der ganze Gefühlswirrwarr wird nicht von jetzt auf gleich verschwinden. Wenn Du das akzeptieren kannst, macht es Dich vielleicht nicht mehr ganz so fertig.

Aber ganz wichtig: Es wird besser werden.
Oder: „AUCH DAS WIRD VORÜBERGEHEN.“

Erkenne eines: Du bist immer noch ein heiterer Mann. Du bist noch viel mehr als nur der, der verlassen worden ist. Du bist weit mehr: vielleicht Sänger, Fußballer, Heimwerker, Bekannter von X, Jener-der-bei-dummen-Witzen-lacht. Vielleicht willst Du auch Kletterer sein, Blumenfotografierer, …?
Paprika
Beiträge: 254
Registriert: 21. Nov 2019, 00:23

Re: Fremd in meinem Leben

Beitrag von Paprika »

Guten Morgen Antilope,das hast Du gut geschrieben
Antworten