Das Gefühl vom Alleinsein

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Lana2
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Das Gefühl vom Alleinsein

Beitrag von Lana2 »

Hallo alle,

man unterscheidet ja oft unter dem Alleinsein und Einsamsein. Mir geht es hier nur um das Alleinsein, das sich alleine fühlen. Wie geht ihr mit dem Alleinsein mit euren Gefühlen um? Häufig fühle ich mich von dem ganzen Rest der Welt abgeschnitten, als kein Teil davon, allein und verlassen. Dann ist es als würde ich einen inneren Kampf mit mir selbst führen, niemand sieht es, niemand merkt es, niemand kann sich im Ansatz vorstellen wie sich das anfühlt. Kennt ihr dieses Gefühl?
Nur bedingt hilft es da finde ich mich Freunden mitzuteilen, manchmal verstärkt es sogar nur noch mehr das Alleingefühl, weil ich merke, dass sie meine Gefühle und Gedankengänge nicht im entferntesten nachvollziehen können. Ich glaube mir würde es schon helfen, wenn ihr kurz eure Erfahrungen zu dem Thema teilt und versteht was ich meine und wovon ich spreche. Oder kennt ihr das nicht und ich bin tatsächlich ganz allein damit? :? :)
Camille
Beiträge: 602
Registriert: 3. Nov 2018, 21:35

Re: Das Gefühl vom Alleinsein

Beitrag von Camille »

Liebe Lana,

Auch ich kenne alles, was du beschreibst. Diese tiefe innere Einsamkeit - meine "Unfähigkeit" zu meinen Mitmenschen eine Verbindung aufnehmen zu können oder emotional mitschwingen zu können.

Auch ich möchte Dir damit sagen - Du bist damit nicht alleine.

Leidest du schon "immer" unter dieser Einsamkeit - oder ist es bei Dir von einzelnen Menschen oder Situationen abhängig? Kannst du es an äußeren Faktoren festmachen - oder an bestimmten Stimmungen von Dir.

Ich selbst leide gefühlt schon mein Leben lang darunter.
Mein Therapeut meint, dass dieses "Empfinden" bei mir Folge von sehr früher emotionaler Vernachlässigung und Emotionen Traumata in der Kindheit sei. So wie Unscheinbar es auch geschrieben hat. Natürlich sind das Bereiche, zu denen man keinen Zugriff in Form von konkreten Erinnerungen mehr hat. Seine Erklärung, die sich auf den noch heute bei mir tiefverankerten Verhaltens- und Reaktionsmuster stützt, erscheint mir allerdings plausibel und logisch nachvollziehbar.
Falls es bei Dir auch so sein sollte, könnte vielleicht für Dich aufschlussreich sein, da bei Dir selbst genauer hinzuschauen.

Aber Ursache - oder "Spekulation" über mögliche Ursachen ist das eine.
Wichtiger erscheint es mir, zu schauen, was veränderbar ist, damit es Dir und deinem Umfeld in Zukunft besser geht. Und natürlich, wie man Veränderungen erreicht.

Mit "Freunden" reden, hat mir selbst noch "nie" geholfen. Es hat bei mir eher dazu geführt, dass ich mich noch "einsamer", "fremder" oder "falscher" vorkam.
Besser war es da schon, hier im Forum auf Menschen zu treffen, die "diese innere Einsamkeit" auch kannten - diese Gefühl von "abgetrennt" sein.
Vielleicht geht es Dir da ähnlich.

Falls ja - Es gab hier im Forum vor einem Jahr zwei interessante Threads. Das war der Thread von Allegretto "nicht zugehörig" und von Bunte Tupfen "Tabu soziale Isolation - und d verhängnisvolle Teufelskreis". Vielleicht findest du dort noch mehr für dich Hilfreiches.

Ich selbst bin noch sehr abgeschnitten - sehr einsam. Ich arbeite daran. Mein Therapeut stellt sich mir sehr geduldig zur Verfügung, in der geschützten Beziehung einer Therapie all meine starren "Mauern" aus Schamgefühlen, Selbstzweifeln, Misstrauen und Schuldgefühlen ganz langsam etwas "durchlässiger" zu machen, in der Hoffnung diese Isolation etwas zu durchbrechen. Im Moment geht es darum, überhaupt erst einmal (wieder) Zugang zu mir und meinen eigenen Gefühle zu bekommen - um dann in Interaktion treten zu können. Es ist sehr schwierig - was einmal möglich sein wird, weiß ich nicht. Immer wieder falle ich zurück - "und die Mauern stehn sprachlos und kalt" um mich.
Ich weiß nicht, ob du selbst gerade in therapeutischer Behandlung bist - und das Thema dort sein könnte.

Auf alle Fälle wünsche ich Dir einen Guten Austausch hier


Liebe Grüße
Camille
Zuletzt geändert von Camille am 29. Jun 2020, 15:41, insgesamt 1-mal geändert.
Katerle
Beiträge: 11263
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Re: Das Gefühl vom Alleinsein

Beitrag von Katerle »

Hallo Lana,

ja das Gefühl des Alleinseins kenne ich und auch mit Einsamkeit hatte ich so meine Bekanntschaft gemacht. Du bist nicht allein!
Kann mich da den anderen nur anschließen.
Man kann sich auch alleine fühlen, wenn man mit anderen zusammen ist. Fühlte mich oft ausgegrenzt.

Alles Liebe
Katerle
Lana2
Beiträge: 11
Registriert: 25. Jun 2020, 18:14

Re: Das Gefühl vom Alleinsein

Beitrag von Lana2 »

Ich danke euch allen für eure offenen Antworten!

@Camille
Danke, dass du dir so viel Mühe gegeben hast, ausführlicher deine Gedanken zu dem Thema zu teilen. Was du schreibst bzgl emotionaler Vernachlässigung in der Kindheit kann ich bei mir eigentlich nicht sagen. Ich bin eigentlich sehr behütet in einer sicheren Umgebung aufgewachsen, allerdings war ich auch extrem sensibel und brauchte sehr viel Liebe und Anerkennung vor allem von meiner Mutter. Manchmal habe ich da glaube einfach zu viel von ihr verlangt, sie hat mir eigentlich alles gegeben, was sie konnte, aber so diese kleinen Abweisungen hatten mich immer sehr getroffen und gekränkt. Das liegt aber finde eher an mir und der Sensibilität und weniger an meiner Mutter, sie ist ja auch nur ein Mensch.
Wie sieht denn bei dir soziale Interaktion aus? Lebst du eher zurückgezogen oder hast du einige Leute, mit denen du regelmäßig Zeit verbringst und da auch irgendwie ein gutes Gefühl bei hast? Du schreibst du bist eher einsam. Weißt du woran das bei dir liegt? Ich habe einen normal großen Freundeskreis und auch nicht große Probleme mit sozialen Interaktionen, aber da ist irgendwie oft so eine unsichtbare Mauer, die mich von all den anderen trennt.


Oft denke ich auch, dass wenn es diese eine Person gäbe, die da ist, die da bleibt, die zuhört und evtl auch mal eigene Bedürfnisse zurücksteckt, dann wären alle Schwierigkeiten weg.

Liebe Grüße!
Florian1992
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Registriert: 21. Dez 2019, 18:36
Wohnort: Elmshorn

Re: Das Gefühl vom Alleinsein

Beitrag von Florian1992 »

Ich kenne das auch, es ist ziemlich schlimm und es kann ein richtig runterziehen.

Eine Lösung habe ich nicht, allerdings ergreife ich jede chance Sozialen Kontakt zu haben. Der größte Unterschied ist wirklich wenn man mit jmd. Kontakt/redet der das gleiche kennt/fühlt. Es ist ein ganz anderes Gefühl wenn man garkeine hinter Gedanken haben muss weil die gegenseite genau das selbe Problem hat.
Oft denke ich auch, dass wenn es diese eine Person gäbe, die da ist, die da bleibt, die zuhört und evtl auch mal eigene Bedürfnisse zurücksteckt, dann wären alle Schwierigkeiten weg.
Meiner Erfahrung nach gibt es das auch, dagegen spricht auch nichts diese eine Person zu haben aber man muss sehr vorsichtig sein nur weil man sich durch so eine Person gut fühlt muss man im Kopf haben sich dadurch nicht nur an diese Person abzustützen sondern mit der Person zusammen die Probleme zu bewältigen.
Sul
Beiträge: 440
Registriert: 25. Dez 2019, 12:33

Re: Das Gefühl vom Alleinsein

Beitrag von Sul »

Hallo,
ich habe mich früher auch sehr alleine, einsam, isoliert gefühlt, war wie unter einer Glasglocke gefangen, noch außen hin aber oft fröhlich und umgänglich. Im Laufe einer langen Psychoanalyse begann ich immer mehr Vertrauen zu fassen und konnte in Beziehung zu einem Menschen treten. Und das Glasglockengefühl verschwand. Aber bei Gefahr kann ich mich immer wieder unter meine Glasglocke zurückziehen. Später habe ich das Verbundensein mit anderen Menschen entdeckt. Gut bei mir und meinen Gefühlen und in meinem Körper bleiben zu können und mich mit anderen Menschen verbunden fühlen gelingt mir jetzt öfters und länger. Und macht mich ganz hoffnungsvoll für die Zukunft. Aber es war ein langer Weg.
Viele Grüße und Danke für den spannenden Thread, Sul
Lana2
Beiträge: 11
Registriert: 25. Jun 2020, 18:14

Re: Das Gefühl vom Alleinsein

Beitrag von Lana2 »

@Unscheinbar
Ja ich glaube das ist einfach nicht erklärbar und wenn man es selber noch nichtmal wirklich versteht, wie sollen es dann andere verstehen, die das Gefühl so vielleicht nicht kennen. Ich habe auch oft die Befürchtung, dass wenn ich Freunden oder Familienmitgliedern davon erzähle, diese dann fast vorwurfsvoll oder betroffen sagen "aber ich bin doch da, du bist doch nicht allein". Aber darum geht es ja nicht .... Redest du dann mit niemandem darüber und machst das mit dir selbst aus?

Bei mir hat sich das Gefühl in der Art und Intensität (das "schwarze Loch", wie @Unscheinbar es beschreibt) auch erst mit der depressiven Episode als Symptom(?) eingeschlichen. Klar kannte ich Alleinsein auch schon vorher, das kennt ja eigentlich jeder, aber eben nicht so überwältigend und intensiv.

@Sul
Genau es ist wie unter einer Glasglocke, abgeschirmt von allem und jedem, heißt aber wie du schon sagst, dass man nicht gleichzeitig ein Mensch ist, mit dem man nicht gut umgehen kann, oder der "sozial unfähig" ist. Hattest du dieses Gefühl schon dein Leben lang? Wenn nicht, weißt du was dieses Gefühl bei dir hervorgerufen hat?
Antiope
Beiträge: 1695
Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Re: Das Gefühl vom Alleinsein

Beitrag von Antiope »

Ja, eine Einsamkeit, die das ganze Leben zerreisst ... Das ist das, was mich seit Wochen quält.
Ich kenne es von früheren Episoden. Es hatte sich angefühlt, wie durch eine dicke eiskalte Glasmauer von den anderen getrennt zu sein, von seinem eigenen Leben. Verstärkt hat es sich sogar, sobald sozialer Kontakt da war. In diesem Fall nämlich konnte ich das "normale" Leben der anderen und mein eigenes "Steinleben" als Kontrast wahrnehmen.
Jetzt *bin* ich vollkommene Einsamkeit. Aber in Wahrheit gibt es keinen Namen für diesen Zustand.
Sul
Beiträge: 440
Registriert: 25. Dez 2019, 12:33

Re: Das Gefühl vom Alleinsein

Beitrag von Sul »

Hallo lana,
die Glasglocke gab es schon sehr früh, hat mich als Kind vor den Attacken einer psychisch kranken Mutter geschützt. Aber im frühen Erwachsenenleben fühlte ich mich zunehmend einsam, isoliert, traurig unter dieser Schutzglocke. Und dann verschwand sie zum Glück im Laufe einer langen Therapie.
Viele Grüße, Sul
DasPhantastikS
Beiträge: 280
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Re: Das Gefühl vom Alleinsein

Beitrag von DasPhantastikS »

Ich weiß von was du da redest. Ich kennen es von meiner Mutter, man denket man redet mit einer Wand die dich nur ignoriert.
Elfieh
Beiträge: 2
Registriert: 25. Jun 2020, 14:23

Re: Das Gefühl vom Alleinsein

Beitrag von Elfieh »

Einen Guten Morgen wünsche ich Euch, noch unbekannter Weise!
Kolibri 2, was Du schreibst kommt mir sehr bekannt vor. Ich brauchte schon immer viel Zeit für mich, konnte die immer genießen. Aktuell bin ich das erste mal wegen einer Depression krank geschrieben und versuche mich zurecht zu finden (in Therapie bin ich bereits seit ca einem Jahr). Es ist für mich im Moment extrem schwierig zu entscheiden, welche Kontakte mir gut tun und welche nicht. Wo ist es besser allein zu sein als unter Menschen? Brauche ich Kontakt zu Menschen die mich mögen, die sich um mich sorgen, von denen ich aber das Gefühl habe sie verstehen mich nicht? Ist das auch Teil der Krankheit?

Viele Grüße!! Elfieh
Lana2
Beiträge: 11
Registriert: 25. Jun 2020, 18:14

Re: Das Gefühl vom Alleinsein

Beitrag von Lana2 »

Hi Elfieh,

schön, dass du hier bist :) . Die Fragen die du dir stellst haben sich mir auch längere Zeit gestellt, weil ich gemerkt habe, dass mir manchmal der Kontakt zu bestimmten Personen gar nicht gut tat. Das waren vor allem Leute, die nicht wirklich über ein zwischenmenschliches Feingefühl verfügen, kein Blatt vor den Mund nehmen usw. Allerdings habe ich gemerkt, dass ich auch eine sehr dünne Haut bekommen habe und mich einige Aussagen viel stärker treffen und runterziehen, als sie das davor getan hätten. Von daher würde ich durchaus sagen, dass das Teil der Krankheit ist. Mir hat es geholfen meinem engen Umfeld von meiner Problematik offen zu erzählen, was sehr große Überwindung gekostet hat, aber seitdem gehen die meisten auch behutsamer mit mir um und überlegen vielleicht mal, bevor sie was sagen. Allgemein würde ich sagen, dass es gerade mit der Krankheit besser ist unter Menschen zu bleiben und sich selber bewusst immer wieder mit sozialen Situationen zu konfrontieren (auch wenns super unangenehm ist und man sich lieber vergraben wollen würde :D ). Die Verleitung und der Drang ist groß einfach allein zu bleiben, aber auf lange Sicht ist das Gift und auch wenn du jetzt sensibler in sozialen Interaktionen reagierst und dich manches sogar ins Bodenlose stürzen wird, ist das eben auch ein großer Teil, der zu einer Besserung beitragen kann. So jedenfalls meine Erfahrung. Verstehen kann diese Problematik denke ich wirklich nur jemand, der fachlich in dem Bereich ausgebildet ist (und nichtmal da jeder ...) oder jemand, der dieselbe Problematik schonmal durchgemacht hat. Bevor ich mit der depressiven Episode konfrontiert wurde konnte ich mir auch überhaupt nicht vorstellen, wie sich ein Mensch mit dieser Problematik fühlen mag und das hilft mir jetzt sehr das vermeintliche Unverständnis und die Ratlosigkeit, teils auch Hilflosigkeit Außenstehender besser nachzuvollziehen und diese weniger als "Gegner" zu verstehen.
Liebe Grüße und ich wünsche dir und allen anderen einen schönen Sommertag! :)
Elfieh
Beiträge: 2
Registriert: 25. Jun 2020, 14:23

Re: Das Gefühl vom Alleinsein

Beitrag von Elfieh »

Schön so schnell Antworten zu bekommen :-) !
Kolibri 2 ich habe die Diagnose erst seit kurzem und suche u.a. hier nach Antworten auf so viele Fragen die ich habe. Eine davon ist der Umgang mit anderen Menschen. In der Vergangenheit hatte ich immer einen recht großen Bekanntenkreis, darunter wenige Menschen, dnene ich wirklich von Herzen zugetan war und die mir auch. Wenn ich jetzt zurück blicke erinnere ich mich aber auch, das ich mich oft verletzt gefühlt habe ("Wieso ruft sie mich nicht an? Kommt mich nicht besuchen?"), auch wenn das sicher nicht beabsichtigt war. Vor einigen Jahren bin ich dann aus verschiedenen Gründen in die Stadt zurück, in der ich aufgewachsen bin. Hier neue Kontakte aufzubauen ist mir nur wenig gelungen. Ich habe eine gute Freundin am Stall, von der ich mich auch angenommen fühle. Eine weitere will mir unbedingt helfen, ich fühle mich aber eher bedrängt und weniger verstanden. Eine langjährige Freundin, die aber weit weg lebt, ist mir eine echte Hilfe! Ich habe aber auch Probleme Freundschafte zu pflegen. Oft rufe ich nicht an, weil ich denke ichkönnte stören, oder weil ich mir einrede, die Menschen mögen mich nicht, auch wenn es dafür keinen Grund gibt.
Grundsätzlich gehe ich aus Kontakten mit Menschen oft sehr erschöpft heraus, mit ein Grund, wieso ich einige Menschen eher meide... Schwierig wenn es z.B. die eigenen Eltern sind und ich meine Familie grundsätzlich sehr mag...
Lana 2, danke Dir für Deine Gdanken! Ich muss da noch drüber nachdenken, was mir aber gleich einfällt ist, das das Alleinsein für mich zwei sehr unterschiedliche Seiten hat. Es gibt die Situationen in denen ich die Ruhe des alleinseins genieße und die in denen ich gerne Gesellschaft hätte, aber es nicht schaffe Kontakt herzustellen.
Ich lasse das jetzt mal sacken ;-) !
Liebe Grüße!
Camille
Beiträge: 602
Registriert: 3. Nov 2018, 21:35

Re: Das Gefühl vom Alleinsein

Beitrag von Camille »

Hallo zusammen,

Das Thema beschäftigt mich sehr -
Es gehört zu den Bereichen, die ich selbst an "meiner Störung" am wenigsten verstehe - nach wie vor kaum Worte finde -

Und es ist ein Thema, dem ich mich in seiner ganzen Dimension nicht immer stellen kann. Oft kommt da dieser Impuls "zu fliehen" - "zu verdrängen", weil es "unaushaltbar" erscheint.

Es sind viele Aspekte angerissen worden - Fragen gestellt worden - Versuche der Erklärung - Versuche des Umgangs damit angedacht worden.
Vielem davon würde ich gerne weiter nachgehen - aber schaffe es (noch?) nicht.

Ich versuche erste kleine Antworten.

@Lana2.
Du fragst nach meiner Lebenssituation. Ich habe im "außen" viel Kontakt und bin täglich unter Menschen. Ich bin 50 Jahre alt, verheiratet, habe 2 Töchter (17 und 14) und bin halbtags als Gynäkologin in einer Praxis angestellt.
Trotzdem fühle ich mich innerlich unendlich einsam - Du schreibst von einer unsichtbaren Mauer. Antiope beschreibt den Kontrast, den sie spürt unter Menschen - dieses eigene "versteinert sein" - im Gegensatz zur Lebendigkeit ihrer Mitmenschen, das sie kaum aushalten kann. Ich kenne beides - zur Zeit geht es mehr in Antiopes Richtung - ich fühle innerlich "nichts. Ich bin wie taub, leer, stumm, tot... Es gab in einem anderen Thread eine Geschichte "zum schönsten Herz", die mich sehr bedrückt hat, weil es genau diese Problematik beschreibt unter der ich leide - es ist als hätte ich innerlich "kein Herz", dass ich mit anderen teilen könnte. Dabei ist da diese große Sehnsucht nach Nähe - nach Geben und Nehmen. Ich schaffe es nicht, fühle mich gefangen hinter (selbst gebauten?) Mauern - ohnmächtig - ausgeliefert.

Und dann ist immer wieder dieses Gefühl, dass ich mich mit all meiner "Versteinerung" niemandem zumuten DARF !!!- dass ich andere "überfordere", "erschöpfe" - ja konkret " anderen schade". Es wurde vom "schwarzen Loch geschrieben in diesem Thread - ich habe Angst davor, dass ich andere mit hinein reiße in dieses Loch.

Ich arbeite mit meinen Therapeuten daran - ungefähr so, wie ich es schon schrieb. Zuerst daran zu arbeiten, mich selbst wahrzunehmen - auch "verbotene" Gefühle wie Zorn, Wut, Aggression zulassen lernen....
Er erklärt mir meine "Störung" über frühe emotionale Not, die zur Ausbildung von Verhaltensmustern geführt habe, die in früher Kindheit lebensnotwendig waren - und heute mein Empfinden immer noch steuern. Es geht ihm ganz klar auch nicht um "Schuldzuweisung" - es gibt keine "perfekten Eltern". Es geht ihm mehr darum, mich selbst besser zu verstehen, um mich und meine Zustände besser steuern zu können.

Natürlich muss das bei Dir nicht so sein.
Auch für mich ist es nur so eine Art "Erklärungsmodell", das ich annehmen kann, da seine Ausführungen mit meinem inneren Empfinden übereinstimmen. Ich selbst spreche von mir und meiner Kindheit in ziemlich den gleichen Worten wie du. Und weil ich darin so viele Parallelen finde, möchte ich Dir noch etwas mehr erzählen und dich animieren, es auf dich wirken zu lassen.
Ich weiß, dass meine Eltern es beide gut mit mir und meinen Geschwistern meinten - trotzdem ging es mir nicht immer gut. Und ich lerne gerade, dass dieses Empfinden mein eigenes subjektives Erleben war/ist, welches jedem Menschen insofern zusteht, als dass es ihn prägt. Es ist gut, dass ich von meinen Eltern sagen kann, dass sie nicht "bösartig" waren - eigentlich wollten beide "gute Eltern" sein. Sie hatten beide einfach auch ihre Bereiche, in denen sie überfordert waren. Du entschuldigst deine Eltern, indem du dich als zu "sensibel" bezeichnet hast oder schreibst, dass du zu viel an "Anerkennung" gebraucht hättest. Auch ich habe so reagiert und tue es bis heute. Ich suche die Schuld bei mir selbst. Aber nicht nur das - ich habe mich verantwortlich gefühlt, wenn meine Mutter traurig war. Ich habe mich um sie gekümmert und tue es bis heute. Emotional war sie oft unendlich weit weg - nicht erreichbar. Unberechenbar leider auch in ihren Reaktionen - aus dem "nichts" heraus konnte sie "explodieren". Richtig "glücklich" oder " unbeschwert fröhlich" habe ich beide nie erlebt

Und es bleibt tief in mir eine Sehnsucht - nach "EINEM" Menschen, bei dem ich mich "geborgen" fühlen darf. Sicher.

So wie du es beschreibst
Oft denke ich auch, dass wenn es diese eine Person gäbe, die da ist, die da bleibt, die zuhört und evtl auch mal eigene Bedürfnisse zurücksteckt, dann wären alle Schwierigkeiten weg.
Das sind so ein paar Gedanken

Du schreibst sehr wenig von Dir? Zuerst dachte ich, dass du deutlich jünger wärst als ich - inzwischen bin ich mir da unsicher. Magst du etwas erzählen?

Liebe Grüße
Camille
Camille
Beiträge: 602
Registriert: 3. Nov 2018, 21:35

Re: Das Gefühl vom Alleinsein

Beitrag von Camille »

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Pepper69
Beiträge: 12
Registriert: 3. Jul 2020, 17:08

Re: Das Gefühl vom Alleinsein

Beitrag von Pepper69 »

Das Gefühl von der Glasglocke kenne ich auch gut. Überhaupt finde ich mich in vielem von eurem Erleben wieder. Schlimm finde ich meine innere Kälte. Wenn meine Familie mir gegenüber ihre Liebe bekundet, kommt sofort mein schlechtes Gewissen, weil ich das nicht fühle. Weder meine Liebe für die Familie(Mann, 3 Kinder und 1 Enkelkind) noch die Liebe, die mir entgegengebracht wird. Genauso ist es bei Treffen mit Freunden. Ich stehe neben mir und beobachte mich dabei, wie ich in einem Theaterstück mitwirke. Dabei ist alles offen besprochen. Ich erhalte Verständnis und Fürsorge. Es macht es nur schlimmer. Dann kommt der Druck, es müsste doch ihnen zuliebe besser werden. Ich schimpfe mich, ich sei eine verwöhnte Göre. Habe alles. Sogar die Nachbarn sind rücksichtsvoll und ich kann nichts zurückgeben außer schlechtem Gewissen und sozialem Rückzug.
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