Wie Gefühle einen Standpunkt beeinflussen können

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SunnyMerle
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Registriert: 31. Mär 2020, 17:00

Wie Gefühle einen Standpunkt beeinflussen können

Beitrag von SunnyMerle »

Wenn ich ausfalle, guckt mein Arbeitgeber ganz schön in die Röhre.

So weit so simpel, aber ich mache mit diesem Satz gerade eine sehr interessante Erfahrung.
War es noch vor gut einem Jahr so, das dieser Satz mich in Panik versetzte.

Es kamen du musst und du darfst nicht Sätze zu dem Gefühl der Verantwortlichkeit.
Du musst arbeiten gehen, auch wenn du Fieber hast.
Du darfst nicht ausfallen... ohne dich sind sie aufgeschmissen.

Den Preis den ich dann für diese Einstellung zahlte war zum Beispiel eine Erkältung
- alte Bauernregel: drei Tage kommt sie, drei Tage steht sie und drei Tage geht sie-
DREI WOCHEN LANG ausgebadet habe.
Allerdings war das auch das letzte Mal, das ich mich aus gesundheitlichen Gründen nicht abgemeldet habe... das so etwas heute gar nicht tragbar wäre steht hier nicht zur Debatte...
war immerhin in der Zeit als man noch fröhlich seine Viren auf der Arbeit verteilen "durfte"...

Dann gab es auch noch die körperlichen Symptome, wie Nackenschmerzen, Kopfschmerzen, Probleme beim einschlafen... manchmal sogar beim durchschlafen obwohl es im Haus totenstill ist... geringere Konzentration und damit Fehlern auf der Arbeit die Ärger bedeuteten, die mich quasi aufs neue in die Teufelsspirale schickten... ich war angespannt, habe im wahrsten Sinne den Kopf eingezogen und schwupp, ihr könnt wieder ab Nackenschmerzen anfangen zu lesen...

Letzte Woche hat "meine Chefin" den Vogel abgeschossen. Mir wurde innerhalb dieser zwei Jahre, klar das sie sehr unachtsam mit Worten umgeht, wenn sie unter Stress steht. Was eigentlich jedes Mal der Fall ist, wenn sie Vormittags arbeiten muss. Ich durfte mir anhören, ich sei langsam, ich wurde angemeckert weil keine Ware ins Regal geräumt wurde (ich weigerte mich irgendwann etwas ohne Preis Auszeichnung ins Regal zu stellen, weil ICH die dumme war, wenn Chef es merkte und dann an zwei anderen Kollegen von mir ausließ), sie beschwert sich wenn ihr eine halb erledigte Aufgabe auffällt... wobei sie es war die mich 10 Minuten vorher von genau dieser Aufgabe abgezogen hat...

Vermutlich kommt das dem ein oder anderen bekannt vor?
Wie nennt man so etwas?

Jedenfalls habe ich in der Kühlung die Mindesthaltbarkeitsdaten kontrolliert und die Ware markiert, die abgelaufen ist. Darunter war an fraglichen Tag Entenfleisch, alter Preis 3 € durch meine Markierung - 50 % an der Kasse. Sie sieht das und fragt in einer Lautstärke, das bestimmt alle dort anwesenden Kunden es gehört haben, ob ich nichts im Kopf hätte.
Da ich mir nicht die Blöße geben wollte, sie ebenfalls vor den Kunden zurecht zu weisen, war meine einzige Erwiderung die Frage "Soll ich nun die Mindesthaltbarkeitsdaten kontrollieren oder nicht?"

Doch entgegen dieser anderen Sachen, die ich von ihr gehört habe und auch wenn mir klar war das sie über das gesagte kein Stück nachgedacht hat, habe ich es nicht auf mich sitzen lassen. Ich wollte sie darauf ansprechen, im Laden, doch mit der Rücksicht das kein Kunde das mit bekommen soll.

Keine Chance auf dem Mittwoch vor Vatertag. Ich fuhr nach Hause, versorgte erst einmal meine Tochter und schrieb das ganze zwei Freundinnen. Die Reaktion war schon fast einheitlich, während die eine vorpreschte und sogar von einer Anzeige schrieb, empfahl mir die andere es auf keinen Fall auf mir sitzen zu lassen und die Person darauf "anzusprechen".

Da es ja noch immer Mittwoch vor einem Feiertag war, entschloss ich mich etwas zu machen was schon vorher bei meiner Mutter gut funktioniert hatte. Eine schriftliche Nachricht per WhatsApp.

Ich schrieb:
Hallo XY, mir ist zwar bewusst, das die meisten Dinge, die du in der Hektik sagst nicht so gemeint sind.

Doch heute hast du mit den Worten "hat SunnyMerle nichts im Kopf" mich wirklich getroffen. Ich mache nichts anderes als meine Arbeit und zu meinem Aufgaben gehört die Kontrolle und das aussortieren von Lebensmitteln über dem Verfallsdatum. Egal ob wie hier von teurem Entenfleisch wie heute oder billigem Jogurt sprechen.

Wenn ich dieser ARbeit nicht nachkomme, kann ich mir meistens ein paar Tage oder sogar Wochen später von der Filialleiterin oder einer anderen Kollegin anhören, das entweder deinem Mann oder deinem Sohn unangenehm auffällt, das niemand dieser Arbeit nachgegangen ist.

Momentan ist alles etwas hektischer, schlechter zu organisieren, aber beleidigen müssen wir uns bitte nicht desshalb.

Danke SunnyMerle

Die Antwort die ich darauf bekam, war zwar eine Entschuldigung, allerdings gekoppelt mit dem Satz: Ich sage dir nichts mehr!

Was ein Satz ist den ich von meiner Mutter ständig hören muss, weil man angeblich nicht mehr mit mir reden kann. Aber das gehört hier gerade nicht hin.

Seltsam ist, seit dem ich das los geschickt habe und dann am Freitag von der Filialleiterin in einem unverfangenen Gespräch hörte, wie aufgeschmissen sie sein würden wenn ich ausfalle... änderte sich mein Gefühl zu diesem Satz, zu dem Satz ganz am Anfang.

Zum ersten Mal, vermutlich in meinem ganzen Leben, fühlte ich das ich in einer Machtposition war... ich saß am längeren Hebel... denn der Punkt ist, das ich auch schon bereits darüber nachdenke diesen Arbeitsplatz zu verlassen. Ich bin nicht finanziell davon abhängig und mittlerweile bin ich an dem Punkt gelangt, das ich sage emotional... bin ich auch nicht davon abhängig. Emotional schadet mir der Arbeitsplatz nämlich auch mal ganz gerne.

Es hat nichts mit der Chefin zu tun, sie ist wie die Periode... ich sehe sie höchstens zwei oder drei Tage im Monat. :lol: Gut das es meistens nicht auch noch "meine Tage" sind... wenn ihr versteht was ich meine... :D

Das Problem ist... ich kann nicht planen. Ich habe keinen festen freien Tag... er wechselt wie es meinem Arbeitgeber im Kram passt... wie soll man da bitteschön vernünftige Termine beim Arzt machen... und hier steht wieder nicht die aktuelle Situation zur Diskussion. Es ist nun einmal entspannter, wenn man ohne ein 6 Jahre altes Kind eine Stunde im Wartezimmer sitzt für zehn Minuten Untersuchung... oder wenn ich dann zum Neurologen gehen möchte... oder einen Termin bei meiner Psychiaterin? Einmal habe ich meine Kleine mitgenommen... nun... es GING.... mehr aber auch nicht.

So... wow... ich sitze am längeren Hebel... ein tolles Gefühl, ja ich genieße es.
So kann ich mir erst einmal den weiteren Verlauf ansehen, denn dank der Corona Krise hat sich einiges geändert.

Allem vor ran, musste man mir einen Nachweis für den Kindergarten schreiben... drei Tage Arbeiten, zwei frei. Wenn ich nicht schon in weiser Voraussicht, dass diese Reglung nur noch mehr Stress bedeutet... mit genau dem Inhalt der im großen und ganzen in diesem Beitrag enthalten ist, zu meinem Neurologen gegangen wäre... dank einem Schriftstück wird meine Tochter 5 Tage betreut und ich habe nicht das dumme rumgehampel mit den WECHSELNDEN Tagen. Mein Arbeitgeber weiß allerdings nichts von meinem Glück und ich lasse ihn auch hübsch in dieser für mich so vorteilhaften Überzeugung...

Ein weiterer Pluspunkt... so unglaublich es für mich am Anfang war, das dies sich entspannt auswirkt, tut es aber... ich MUSS um 12 Uhr Feierabend machen, da meine Tochter nur bis 12:30 Uhr betreut wird. Dies hätte sich erst ergeben sollen, wenn die Schule anfängt. Doch es passiert jetzt und ich mache PÜNKTLICH Feierabend.

Vor diesem Ereignis mit meiner Chefin dachte ich nur... du schaust dir das vier Wochen an... wenn du noch einmal solche Schmerzen hast wie in der zweiten Woche nach deiner "Reha" Pause, geht die Kündigung raus... das ist es nicht wert.

Okay, diesen Gedanken behalte ich auch, aber da ich mich in einer Position befinde... die für mich neu, unbekannt, aufregend und toll ist, kann ich mir glatt vorstellen es sogar bis August durch zu ziehen... vielleicht sogar bis Dezember diesen Jahres.

Die beiden Daten erklären sich so: Ab ersten September geht meine Tochter zur Schule, wenn die Reglungen bis dahin so bleiben wie jetzt (jeder zweite Tag Schule), hat sich die Sache mit dem Arbeiten erledigt... denn wer sagt mir oder meinem Arbeitgeber das es ausgerechnet die "Liefertage" sind? Niemand, sollte sie aber 5 Tage die Woche gehen dürfen, habe ich das gleiche wie "jetzt" und muss pünktlich Feierabend machen.

Wie angenehm doch so ein MUSS sein kann... kaum zu glauben.

Dezember visiere ich an da ich die REHA abbrechen musste und mir eine neue Bewilligung ins Haus geflattert kam... mit Termin September, diesen Jahres. Sofort schrieb ich einen Widerspruch und vor ein paar Tagen, wurde diesem sogar Stattgegeben... scheinbar waren meine Argumente ziemlich gut... neuer Vorschlag. Januar... nicht mein Wunschmonat Juli und die Wahrscheinlichkeit das Corona da noch einmal ganz Deutschland unter Quarantäne setzt, sehr hoch... but... okay... schauen wir mal.

Keine Ahnung wo ich dieses plötzliche Selbstbewusstsein her habe, doch vermutlich lag es daran das ich in den letzten ungefähr 21 Tagen mehrere Briefe/Schriftstücke verfassen musste, weil mir etwas nicht passte.

1. Reha Antrag - Diese Jahr gehe ich auf keinen Fall!
2. Meine Mutter - Respektiere meine Privatsphäre!
3. Meine Chefin - Beleidigen lasse ich mich für meine Arbeit nicht!

Ist euch das auch schon einmal passiert? Das ein Satz der euch sonst zum schlottern brachte, auf einmal ganz anders vorkam?
Würde mich interessieren.

Gruß SunnyMerle
We are all stories in the end, lets make a good one.
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