Durch die Therapie ins Loch

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moorhexe
Beiträge: 39
Registriert: 3. Jul 2003, 16:47

Durch die Therapie ins Loch

Beitrag von moorhexe »

Ich möchte mich nach langer Zeit mal wieder melden. Ich mache seit fünf Wochen Therapie, und seit dieser Zeit geht es mir schlechter und schlechter. Ich rutsche immer tiefer in das dunkle, schwarze Loch. Ich quäle mich nur noch durch die Tage, alles ist so anstrengend, nichts bekomme ich mehr hin. Ich bin selbstständig und ihr könnt euch sicherlich vorstellen, dass dieser Zustand nicht gerade dazu beiträgt, meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ich lebe seit dem Jahresbeginn von meinem Mann getrennt, aber der Unterhalt reicht nicht einmal, um die Kosten aufzufangen. Jetzt kommt auch noch der Anwalt meines Mannes und verlangt, dass ich einen Job suche. Wer soll mich denn einstellen – 51 und krank und dann auch noch Kreative? Halt gibt mir eigentlich nur noch mein Hund. Mit meinem Therapeuten kann ich nur bedingt über meine Probleme sprechen. Es liegt nicht an ihm, sondern an mir. Ich bin bei den Sitzungen oft so total verängstigt und blockiert, dass ich im wahrsten Sinne des Wortes die Sprache verliere. Dann geht nichts mehr. Ich möchte weinen, aber auch das bekomme ich nicht mehr hin. Ich kann nur noch Löcher in die Luft starren und sinnlos am PC spielen, selbst lesen und fernsehen überfordern mich maßlos. Ist das immer so am Beginn einer Therapie und besteht Hoffnung, dass sich das bald ändert? Meine Kraftreserven sind so gut wie aufgebraucht.

Liebe Grüße
moorhexe
mind
Beiträge: 25
Registriert: 19. Dez 2003, 21:00

Re: Durch die Therapie ins Loch

Beitrag von mind »

ich kann dir keine antwort geben, höchstens ein bisschen solidarität. es wäre schön, wenn es dieses "klick"-moment innerhalb einer therapie gäbe, wo man an einen punkt kommt, von dem aus sich wirklich etwas ändert und der prozess beginnt, weswegen man eine angefangen hat. in einer guten therapie sollte es so einen moment auch geben, aber oft geht es anfangs erst um schadensbegrenzung oder das team muss sich erst aufeinander einstellen. ich schreibe ja selber threads des wahnsinns, kann also nicht wirklich helfen, habe aber wirklich häufig gehört, dass es einem zu beginn der therapie erstmal schlechter geht. logisch eigentlich auch: ein vages gefühl führt einen dorthin, dann begibt man sich auch noch richtig rein und erst im laufe der zeit kann man dann von fortschritten sprechen. so ist es jedenfalls gedacht.
mind
Beiträge: 25
Registriert: 19. Dez 2003, 21:00

Re: Durch die Therapie ins Loch

Beitrag von mind »

p.s.:
meinen jetzigen therapeuten finde ich nett. vielleicht bin ich zu ungeduldig aber ich habe oft die befürchtung dass er nur ein konkursverwalter sein könnte
Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Durch die Therapie ins Loch

Beitrag von Emily »

Liebe Moorhexe,

Mind hat es ja schon gesagt, dass man das von der Anfangsphase einer Therapie sehr häufig hört. Es erscheint ja auch verständlich, dass es einem leider dann automatisch schlechter geht, wenn man die Probleme wirklich anzugreifen beginnt. Vor der Therapie hat man lange Zeit auch verdrängt, und dann fängt man an, sich mit den Problemen auseinanderzusetzen. Da ist ein Absturz nicht weiter verwunderlich.
Du sagst, du kannst allerdings mit deinem Therapeuten nur sehr bedingt über die wirklichen Probleme sprechen, und dass du oft sehr verängstigt und blockiert bist in den Sitzungen. Hmm, das ist wirklich schwierig, denn das macht es dem Therapeuten sicher nicht leichter. Vielleicht könntest du genau DAS aber dem Therapeuten sagen, das würde ihm schon wichtige Hinweise liefern. Man kann einem Therapeuten durchaus sagen, dass man sich blockiert fühlt und an die wahren Probleme aus Angst nur wenig herangeht. Wenn es ein guter Therapeut ist, wird er das verstehen. Vielleicht kann er dir dann durch entsprechende behutsame Fragen und Impulse besser helfen. Einen Versuch wäre es zumindest wert, glaube ich.
Wie rasch sich das alles ändern wird, kann wohl keiner voraussagen. Eine Therapie ist knallharte Arbeit, vor allem auch zuhause in Eigenregie an den Tagen zwischen den Gesprächen. Da werden viele unangenehme Dinge aufgewühlt, und das ständige Nachdenken ist anstrengend. Aber irgendwann spürt man eine Veränderung, und das motiviert einen. Außerdem geht es einem in einer guten Therapie wirklich mit der Zeit entscheidend besser. Dafür lohnt sich die Mühe unbedingt!

Lieber Gruß,
Emily
moorhexe
Beiträge: 39
Registriert: 3. Jul 2003, 16:47

Re: Durch die Therapie ins Loch

Beitrag von moorhexe »

Hallo Emily und Mind,

danke für eure Antworten. Ich darf die Hoffnung wohl wirklich nicht aufgeben, dass es besser werden kann. Aber manchmal fehlt mir die Kraft zum Hoffen. Ich habe allerdings wohl das Glück, dass ich – denke ich mal – einen guten Therapeuten habe. Er ist sehr verständnisvoll und lässt mir die Zeit, die ich brauche. Was mir Probleme macht, ist, dass ich in der Therapie auf mich zurückgeworfen werde, ohne ein Schlupfloch zu finden, er öffnet einfach keines. Im „normalen“ Leben bin ich die Zuhörerin und kann ganz leicht von mir ablenken. Die meisten Menschen reden sehr gern über sich und sind froh, wenn sie jemanden haben, der zuhört. Sie brauchen mich eigentlich nur als Stichwortgeber. In der Therapie gelingt das einfach nicht. Und dann sind da die Gedanken in der „Pause“. Und niemand ist da, mit dem ich darüber reden könnte. Nicht während und nicht außerhalb der Therapie. Ich kann nur hoffen, dass ich meine Blockaden irgendwann einmal überwinde – und dass ich aus diesem Tief herauskomme, dass mich lähmt, mich lebensunfähig macht.

Noch einmal danke.
Eure

Moorhexe
Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Durch die Therapie ins Loch

Beitrag von Emily »

Hallo Moorhexe,

das klingt so nach einem erneuten Abschied aus dem Forum, oder sehe ich das falsch? Ich will dir auf jeden Fall noch sagen, dass wir dir zuhören, wenn du magst. Dass du sonst in deiner Umgebung niemanden hast, mit dem du reden kannst, ist bestimmt nicht leicht für dich. Wie auch immer - hier hört man dir zu, falls du das möchtest.
Liebe Grüße und noch ein schönes Pfingstfest für dich und alle hier,
Emily.
moorhexe
Beiträge: 39
Registriert: 3. Jul 2003, 16:47

Re: Durch die Therapie ins Loch

Beitrag von moorhexe »

Ja Emily,

du hast Recht, ich bin dabei mich wieder zu verabschieden. Wenn ich die Beiträge von dir und den anderen lese, bewundere ich euch für eure Gabe, eure Gedanken und Gefühle in Worte zu kleiden. Ich habe selbst beim Schreiben eine Blockade und kann nicht annähernd formulieren, wie ich mich fühle und was ich denke. Ich versage auch hier. Auch dir noch ein schönes Pfingstfest.

Liebe Grüße

Moorhexe
Alina1
Beiträge: 418
Registriert: 29. Mär 2004, 14:08

Re: Durch die Therapie ins Loch

Beitrag von Alina1 »

Hallo,Du
Bei mir ist es ähnlich. Auch mir geht es im Moment ziemlich schlecht, und ich bin nicht in der Lage,mich so auszutauschen,dass ich das Gefühl hätte,andere können mich wirklich verstehen.Dabei war ich früher in Deutschaufsätzen immer recht gut,aber da ging es ja auch nicht um Gefühle!es ist alles so hoffnungslos und ich bin sooooo erschöpft!Am liebsten möchte ich endlich einschlafen und zur Zeit auch nicht unbedingt wieder aufwachen müssen.

Antje
paradiddler
Beiträge: 237
Registriert: 19. Sep 2003, 08:21

Re: Durch die Therapie ins Loch

Beitrag von paradiddler »

Hallo moorhexe,

ich kann nur bestätigen, dass man gerade am Beginn einer Therapie (und auch immer wieder zwischendurch) schlimme Phasen durchmacht. Die Beschäftigung mir einem selbst, mit den Wurzeln der Probleme, ist so aufreibend, weil man ja gewissermaßen seiner Hosen runterlässt, sich preisgibt, und damit auch viele Überlebensstrategien, die man sich in all den Jahren überlegt hatte, verwirft. Leider gibt es keinen leichten Weg aus der Depression - er wird immer steinig sein. Aus meiner Erfahrung kann ich aber sagen, dass mich die Tiefphasen immer sehr viel gelehrt haben, und ich gerade durch sie Fortschritte machen konnte. Der Kampf lohnt sich!

Stefan


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Der Kampf gegen den Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.
moorhexe
Beiträge: 39
Registriert: 3. Jul 2003, 16:47

Re: Durch die Therapie ins Loch

Beitrag von moorhexe »

Hallo Antje,

danke für dein Verständnis

Hallo Stefan,

danke dafür, dass du mir Mut gemacht hast.

Ich hatte heute wieder Therapie und bin nicht vollkommen abgerutscht. Aber ich bin seitdem wie gelähmt. Außer Nachdenken bekomme ich kaum etwas auf die Reihe. Nachdenken und Schokolade essen….

Diese Lethargie macht mich verrückt. Ich muss arbeiten, aber es geht nicht. Alles bleibt liegen – Aufträge ebenso wie der Haushalt und die Wohnung. Wenn ich meinen Hund nicht hätte, würde ich am PC wahrscheinlich Spinnweben ansetzen. Er zwingt mich hinaus in die kalte Welt. Wenn ich Menschen treffe, bekomme ich Schweißausbrüche und hoffe inständig, dass sie mich nicht ansehen, nicht grüßen nicht, ansprechen. Aber das Hoffen ist leider manchmal vergebens. Dann setzte ich meine Maske auf, bin nett und freundlich. Danach verliere ich mein letztes bisschen Kraft.

Ich werde beim hohen Gericht ein Gnadengesuch einreichen. Ich will raus aus diesem Gefängnis, das den hübschen Namen „Depression“ trägt. Wenn die Therapie der richtige Weg ist, werde ich versuchen, ihn zu gehen, aber die Angst frisst mich auf.

Liebe Grüße
moorhexe
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