Wann wieder arbeiten?

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delphi73
Beiträge: 54
Registriert: 17. Mär 2020, 18:38

Wann wieder arbeiten?

Beitrag von delphi73 »

Hallo liebes Forum,

ich bin nun seit 3 Monaten wg. Burnout/Erschöpfungsdepression krank geschrieben. Anfangs wollte ich einfach nur meine Ruhe, bin bei der kleinsten Anforderung nervös und überfordert gewesen und brauchte dann Stunden, um mich wieder einigermaßen einzukriegen. Auch mein Antrieb war ziemlich verschwunden.

Jetzt merke ich, dass es mir etwas besser geht, ich habe wieder Motivation etwas zu tun, raus zu gehen (insofern das im Moment möglich ist). Ich fühle mich aber irgendwie noch nicht richtig fit für die Arbeit.

Meine AU geht noch bis zum 13.05., mein Psychiater würde mich aber ohne mit der Wimper zu zucken weitere 4 Wochen krank schreiben.

Da ich immer ein schlechtes Gewissen habe, wenn ich krank bin (ich weiss, großer Fehler), quäle ich mich jetzt mit dem Gedanken, ob ich ab Mitte Mai wieder arbeiten soll oder nicht. Habe oft gehört, dass man bei einem Burnout nicht zu früh zurück soll, damit man nicht sofort wieder in alte Strukturen fällt.

Hat jemand Erfahrung mit den Thema?

LG, delphi
inesmuella
Beiträge: 55
Registriert: 30. Apr 2020, 10:01

Re: Wann wieder arbeiten?

Beitrag von inesmuella »

Hallo!
Ja, das schlechte Gewissen...meiner Erfahrung nach treibt der einen aber oft zu voreilig wieder in die Arbeit zurück, was kurzfristig für eine Beruhigung sorgt. Aber oft genug ist das kleine Polster, welches man sich aufgebaut hat, viel schneller wieder aufgebraucht als einem lieb ist. Wenn dein Psychiater schon ohne zu zögern deine Krankschreibung verlängern würde, heißt das schon was. Und zwar, dass du seiner Einschätzung nach noch nicht fit genug bist.
So, wie du schreibst, bist du dir selber noch nicht sicher, ob du wirklich schon bereit bist, wieder zu arbeiten. Aber da gibt es ja auch einige Möglichkeiten, wie eine Wiedereingliederung, die dir den Einstieg erleichtern soll. Dann ist natürlich dein Arbeitsumfeld wichtig, also wie stehen deine Kollegen zu dir, wie ist das Betriebsklima und wie gehen deine Chefs mit dir und deiner derzeitigen Situation um :) Wenn es eine tolle Truppe ist, kannst du vielleicht einen vorsichtigen Anfang wagen, mit aller Unterstützung, die du kriegen kannst. Ich weiß ja nicht, in was für einem Betrieb du arbeitest, vielleicht gibt es einen Betriebsrat, die dich da professionell beraten und unterstützen können.
Wenn du aber wirklich nur aus schlechtem Gewissen hingehst, du aber bei dem Gedanken ein Riesenknoten im Bauch verspürst und du vielleicht sogar Angst hast, dann wäre das wohl eher kontraproduktiv und müsste erst einmal therapeutisch überwunden werden.
Was sagt denn dein Bauchgefühl? Abgesehen von der völlig verständlichen Nervosität, gibt es da was in dir, was nur bei dem Gedanken in Schweiß ausbricht und sich heftigst sträubt oder ist da auch ein klein bißchen Vorfreude zu spüren?
Katerle
Beiträge: 11309
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Wann wieder arbeiten?

Beitrag von Katerle »

Hallo delphi,

positiv ist, dass du dich etwas besser fühlst und motiviert rauszugehen. Deshalb fang erstmal damit an, bevor du dich wieder voll und ganz in die Arbeit stürzt, da du ja selbst merkst, noch nicht richtig fit zu sein dafür.

Lass dich erstmal weiter krankschreiben und da brauchst du auch kein schlechtes Gewissen zu haben. Es bringt nur nichts, zu früh in die Arbeit zurückzukehren und du am Ende erneut einen Rückfall bekommst. Nutze lieber die Zeit der weiteren Krankschreibung, um stabiler zu werden, indem du erstmal regelmäßig rausgehst und weiter das tust, was dir guttut.

Falls du dich dann stabiler fühlst, fange an, evtl. nicht gleich voll arbeitsmäßig einzusteigen, wenn das möglich ist, dann kannst du langsam weiter steigern.

Liebe Grüße
Katerle
Kirsten29
Beiträge: 461
Registriert: 18. Apr 2020, 21:11

Re: Wann wieder arbeiten?

Beitrag von Kirsten29 »

Hallo delphi,

ich schließe mich den anderen an.

Wenn du für dich spürst, dass du noch Zeit brauchst und dein Arzt dich sogar problemlos weiter krankschreibt, kann ich dir nur empfehlen, dem zu folgen.

Sechs Wochen nach meiner damaligen Entlassung glaubte ich allen Ernstes, mit einer stufenweisen Wiedereingliederung beginnen zu können. Über jedes Angstsignal in mir setzte ich mich damals hinweg. Da begannen gerade mal die Traumaübungen zu wirken und ich kam einigermaßen mit meinem Alltag wieder zurecht.

Es ging völlig schief. Ich spürte schnell, dass ich mit der zweiwöchigen Stundenanpassung nicht klarkam und viel mehr Zeit brauchte. Die gab mir mein damaliger Chef aber nicht. Und es gab auch keine Teilzeitoption. Von heute auf morgen musste ich dann wieder 40 Stunden arbeiten. Ich war völlig überfordert und nach kurzer Zeit wieder krankgeschrieben. Einige Monate später kündigte ich mit ärztlichem Attest.

Ich kann dir also nur empfehlen, auf deine inneren Signale zu hören.

Liebe Grüße
Kirsten
Der Schatz liegt hinter dem Drachen.

"Es gibt nur ein Muss: Du musst wissen, dass du nichts musst." (aus: "Komm, ich erzähl dir eine Geschichte", J. Bucay)
Rabviech
Beiträge: 2
Registriert: 30. Apr 2020, 11:17

Re: Wann wieder arbeiten?

Beitrag von Rabviech »

Hallo

Mir geht es im Moment ähnlich, und ich habe mich ab dem 18.05. gesund schreiben lassen. Es ist nicht nur das schlechte Gewissen, sondern auch das Gefühl zu lange aus dem Arbeitsalltag zu kommen, was bei meinem Job sehr bedenklich wäre. Dennoch habe ich mich erstmal gegen eine Wiederaufnahme der Therapie entschieden, um zu sehen ob ich wieder ins Arbeitsleben finde. Zur Not gibt es ja die Hintertür sich wieder krankschreiben zu lassen. Ich denke es ist immer ein Risiko, und so richtig kann man erst sagen wie es einem geht, wenn man tatsächlich wieder im Arbeitsleben agieren muß.

GVG

Rabviech
delphi73
Beiträge: 54
Registriert: 17. Mär 2020, 18:38

Re: Wann wieder arbeiten?

Beitrag von delphi73 »

Hallo,

danke erstmal für die vielen Antworten. Ich lese raus, dass Ihr auch dazu tendiert, lieber etwas später zurückzukehren als zu früh.
inesmuella hat geschrieben:Dann ist natürlich dein Arbeitsumfeld wichtig, also wie stehen deine Kollegen zu dir, wie ist das Betriebsklima und wie gehen deine Chefs mit dir und deiner derzeitigen Situation um
Meine Chefin und die Kollegen wissen Bescheid warum ich krank bin. Es war sozusagen auch mit Ansage - im Mai 2019 habe ich meine erste Überlastungsanzeige geschrieben, jetzt die zweite. Es weiss auch jeder warum - wir sind personell seit Jahren unterbesetzt. Ein Kollege ist im Dezember 2018 verstorben, die zweite Kollegin ging im April 2019 in Elternzeit - dann habe ich alleine die Arbeit von drei Leuten gemacht.
Meine Chefin unterstützt mich auch bei den Überlastungsanzeigen - ist für sie ein gutes Druckmittel, um mehr Personal bewilligt zu bekommen.
inesmuella hat geschrieben:Aber da gibt es ja auch einige Möglichkeiten, wie eine Wiedereingliederung, die dir den Einstieg erleichtern soll.
Die werde ich auf jeden Fall machen.
inesmuella hat geschrieben:Was sagt denn dein Bauchgefühl? Abgesehen von der völlig verständlichen Nervosität, gibt es da was in dir, was nur bei dem Gedanken in Schweiß ausbricht und sich heftigst sträubt oder ist da auch ein klein bißchen Vorfreude zu spüren?
Vorfreude fehlt bis jetzt völlig. Ich habe Angst, dass von mir erwartet wird die Rückstände von drei Monaten aufzuarbeiten und mich gleichzeitig um neue Fälle zu kümmern. Und ehrlich gesagt, habe ich auch Angst vor Corona, da an meinem Arbeitsplatz kaum Vorkehrungen dagegen getroffen wurden und ich mit den Lockerungen das Auftreten einer neuen Welle befürchte. In vier Wochen kann man das vielleicht schon besser einschätzen.
Katerle hat geschrieben:Nutze lieber die Zeit der weiteren Krankschreibung, um stabiler zu werden, indem du erstmal regelmäßig rausgehst und weiter das tust, was dir guttut.
Das entspricht meinem Bauchgefühl.
Kirsten29 hat geschrieben:Es ging völlig schief. Ich spürte schnell, dass ich mit der zweiwöchigen Stundenanpassung nicht klarkam und viel mehr Zeit brauchte. Die gab mir mein damaliger Chef aber nicht. Und es gab auch keine Teilzeitoption. Von heute auf morgen musste ich dann wieder 40 Stunden arbeiten. Ich war völlig überfordert und nach kurzer Zeit wieder krankgeschrieben. Einige Monate später kündigte ich mit ärztlichem Attest.
Vor einem Rückfall habe ich auch große Angst.
Katerle
Beiträge: 11309
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Wann wieder arbeiten?

Beitrag von Katerle »

Kann deine Angst verstehen vor einem Rückfall, also die Gefahr besteht aber eher, wenn du zu früh wieder anfängst, einzusteigen.
Wie gesagt, wenn du dich stabil genug fühlst, dann ist der richtige Zeitpunkt, wieder arbeiten zu gehen. Also mach was dein Bauchgefühl sagt. LG
Mooseba
Beiträge: 385
Registriert: 17. Dez 2010, 14:12

Re: Wann wieder arbeiten?

Beitrag von Mooseba »

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"Wenn man aus einem protestantischen Land kommt, ist man immer etwas beschämt, wenn man bei der Arbeit nicht gelitten hat."

(Lars von Trier)
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