Auf der Suche nach den Gefühlen

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bastienne
Beiträge: 16
Registriert: 2. Mai 2020, 14:59

Auf der Suche nach den Gefühlen

Beitrag von bastienne »

Hallo in die Runde,
Ich bin schon seit ein paar Monaten eine stille Mitleserin hier im Forum, wollte mich jetzt aber doch mal melden, da mich gerade eine Frage beschäftigt.
Kurz zu mir: bei mir wurde im Herbst eine depressive Episode diagnostiziert (meine erste), die aber schon wieder am abklingen ist. Jetzt wollen wir in der Therapie mit der innere Kind Arbeit beginnen. Ich versuche mich irgendwie darauf einzulassen und arbeite mich auch grade durch das Buch von Stefanie Stahl "das innere Kind muss Heimat finden". Mein Problem ist, dass ich immer nur bis zu dem Punkt komme, wo man sich an Situationen in der Kindheit mit den Gefühlen erinnern soll. Ich habe nur relativ wenig Erinnerungen und eigentlich keine, die mit Gefühlen verbunden sind. Da kommt einfach nichts. Die letzten Wochen haben allerdings gezeigt, dass da einiges vergraben sein müsste...
Ich habe jetzt gelesen, dass einige von euch schon Erfahrung mit dem inneren Kind haben. Wie war es denn bei euch? Wie lange habt ihr denn gebraucht, um an die Gefühle ranzukommen? Habt ihr vielleicht Tipps wie ich vorgehen könnte?
LG, bastienne
Katerle
Beiträge: 11261
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Auf der Suche nach den Gefühlen

Beitrag von Katerle »

Herzlich Willkommen bastienne hier im Forum.

Weiß jetzt nicht, ob es dir hilft. Aber mir half das Aufschreiben meiner Erinnerungen, meine Gedanken und Gefühle zum Ausdruck zu bringen... Aus meiner eigenen Erfahrung macht das Verdrängen von Gefühlen krank. Hatten das dann auch in der Therapie besprochen.

Was mir auch half, das Buch: "Verbotene Gefühle - Rache, Neid, Eifersucht" von Angelika Kallwass.

Alles Gute bei deinem Weg, der nicht einfach wird.

LG Katerle
Zuletzt geändert von Katerle am 3. Mai 2020, 19:04, insgesamt 3-mal geändert.
bastienne
Beiträge: 16
Registriert: 2. Mai 2020, 14:59

Re: Auf der Suche nach den Gefühlen

Beitrag von bastienne »

Hallo ihr beiden!

Vielen Dank für die Rückmeldung. Ich bin 53. Hatte aber bisher keine Depressionen. Erst letztes Frühjahr hat es mich erwischt. Allerdings hatte ich vor vielen Jahren schon einmal Probleme mit Essstörungen und SVV und war damals mehrmals in der Klinik. Jetzt hat mich die Vergangenheit wohl eingeholt.

Ich frage mich einfach, ob auch andere keine Emotionen mit ihren Erinnerungen verbinden. Je mehr ich mich mit dem Thema beschäftge, desto mehr fällt mir das auf. Ich kann über meine Kindheit / Jugend sprechen, aber da passiert nichts. Ich fühle nichts.

Während der Depression (also so um Weihnachten herum) bin ich dagegen kurzzeitig emotional völlig aus den Schuhen gekippt. Daher weiß ich inzwischen, dass da was sein muss. In der Therapie werden wir da schon weitermachen. Aber ich dachte vielleicht hat hier noch jemand damit Erfahrung. Es ist irgendwie verwirrend....

Aber vielen Dank fürs Willkommen heißen! Hat mich sehr gefreut :)
LG, bastienne
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Auf der Suche nach den Gefühlen

Beitrag von anna54 »

Hallo bastienne
willkommen im Forum.
Das innere Kind,für mich noch fremdes Land.
Aber eins weiß ich inzwischen für mich sicher,wo ich keinen Zugang finde,wo ich nichts fühle,wo ich absolut nicht weiter komme,da frage ich nach dem Selbstschutz.
Warum schützt mich meine Psyche,warum fehlt der Zugang.
Geh bitte behutsam mit dir um.
Herzliche Grüße
anna54
bastienne
Beiträge: 16
Registriert: 2. Mai 2020, 14:59

Re: Auf der Suche nach den Gefühlen

Beitrag von bastienne »

Liebe Anna,

Eine Ahnung sagt mir auch, dass da vermutlich einiges hochkommen wird. Gleichzeitig bin ich ungeduldig. Die letzten Monate haben mir gezeigt, dass bei mir etwas ganz Wesentliches im Leben fehlt. Dass ich irgendwie 'am Leben vorbei' lebe, einfach weil ich keine richtigen Gefühle spüre.

Die Depression war wohl eine Art Notbremse. Inzwischen denke ich, dass ich auch die Kraft hätte mich damit auseinanderzusetzen und jetzt stehe ich vor der Wand und komme nicht weiter.

Naja, ich werde dranbleiben und mich vorsichtig rantasten...

LG, bastienne
Happy Girl
Beiträge: 397
Registriert: 23. Nov 2016, 22:02

Re: Auf der Suche nach den Gefühlen

Beitrag von Happy Girl »

Hallo bestiegen, willkommen im Forum.
Mit dem inneren Kind habe ich keine Erfahrung. Aber mir ist bewusst geworden, dass in meiner Kindheit "negative" Gefühle von meinen Umfeld nicht gern gesehen wurden und selbst nicht gezeigt wurden, so dass ich nie einen gesunden Umgang damit gelernt habe.
Ansonsten geht es mir genau wie dir, irgendwas fehlt mir in meinem Leben, auch wenn es von außen betrachtet sehr gut erscheint, aber die Depression weißt mich immer wieder hartnäckig darauf hin.
Kirsten29
Beiträge: 461
Registriert: 18. Apr 2020, 21:11

Re: Auf der Suche nach den Gefühlen

Beitrag von Kirsten29 »

Liebe bastienne,

herzlich willkommen auch von mir :).

Ich habe mit dem inneren Kind gearbeitet. Allerdings nicht mit meiner Therapeutin, weil sie sich damit nicht auskannte. Ich suchte mir dann eine spirituelle Heilpraktikerin, bei der ich die Stunden und Workshops selbst bezahlt habe. Für mich hat es sich sehr gelohnt, aber ich kann nur empfehlen, sich dabei professionell begleiten zu lassen. Und, wenn möglich, nichts zu überstürzen.

Ich hatte zuerst keinen Zugang zur "kleinen Kirsten". Ich fühlte das kleine Mädchen einfach nicht, sah es innerlich nicht. Bis es mich urplötzlich heftig beim Mantrasingen erwischte. Die folgenden Tage waren nicht schön. Völlig unkontrolliert stiegen alte Erinnerungen in mir hoch, ich war kaum Herr der Lage. Nach Monaten musste ich meine Traumaübungen wieder machen, um irgendwie die Zeit bis zum nächsten Termin bei der Heilpraktikerin zu überbrücken.

Ich würde dir also empfehlen, mit deiner Therapeutin zu besprechen, was du tun kannst, wenn du auf einmal von solchen Erinnerungen eingeholt wirst. Aber vielleicht hast du da ja auch schon Tipps oder ihr habt es schon gemacht.

Sich auf eigene Faust mit dem inneren Kind zu beschäftigen, halte ich persönlich (und aufgrund meiner eigenen Erfahrungen) für gewagt. Es gibt ja Gründe, warum wir manches verdrängen. Rückblickend bin ich ziemlich naiv an die Sache herangegangen. Ich spürte zwar stark, dass ich mich mit dem inneren Kind beschäftigten möchte. Doch was ich da genau vorhabe, habe ich mir nicht bewusst gemacht. Und dadurch manche böse Stunde gehabt.

Ich wünsche dir für diese innere Abenteuerreise alles Gute, die benötigte Kraft und Mut. Am Ende wird es wundervoll :).

Liebe Grüße
Kirsten
Der Schatz liegt hinter dem Drachen.

"Es gibt nur ein Muss: Du musst wissen, dass du nichts musst." (aus: "Komm, ich erzähl dir eine Geschichte", J. Bucay)
bastienne
Beiträge: 16
Registriert: 2. Mai 2020, 14:59

Re: Auf der Suche nach den Gefühlen

Beitrag von bastienne »

Liebe Kirsten,
Ich hatte gehofft hier jemanden zu finden, der schon Erfahrung mit der Arbeit mit dem inneren Kind hat. Vielen Dank!
Aber es macht mir natürlich schon Angst. Als ich im Herbst mit der Therapie anfing (wegen Burnout und Depression) sollte ich meine Biographie aufschreiben. Das hat irgendwie unkontrolliert ziemlich viel aufgerissen, von dem ich gedacht habe, dass es schon längst verarbeitet ist. Deshalb habe ich eine leichte Ahnung, was da auf mich zukommen könnte...
Gleichzeitig bin ich heute so stabil, dass ich denke, dass ich es schaffen sollte. Ich habe jetzt schon so oft gelesen - und du schreibst es ja auch - dass es am Ende eine schöne Erfahrung ist. Vorstellen kann ich es mir aber noch nicht so wirklich...
Ich werde also versuchen meine Ungeduld im Zaum zu halten und vorsichtig zu sein.
LG, bastienne
bastienne
Beiträge: 16
Registriert: 2. Mai 2020, 14:59

Re: Auf der Suche nach den Gefühlen

Beitrag von bastienne »

Liebe Happy Girl,
Den 'gesunden' Umgang mit meinen Gefühlen habe ich auch nie wirklich gelernt. Auch wenn es bei mir kein Missbrauch o.ä. war. Ich habe mich in der Kindheit einfach sehr einsam, abhängig und 'nicht wahrgenommen' gefühlt.
Depression hatte ich bisher nur diese eine Episode. Hier im Forum habe ich aber gesehen, dass doch bei sehr vielen die Depression immer wieder kommt. Im Moment hoffe ich noch, dass ich da Glück haben werde... :roll:
LG, bastienne
Kirsten29
Beiträge: 461
Registriert: 18. Apr 2020, 21:11

Re: Auf der Suche nach den Gefühlen

Beitrag von Kirsten29 »

Liebe bastienne,

ich finde es sogar gut, dass du Angst spürst. Sie ist nicht unberechtigt und aus meiner Sicht ein wichtiges Zeichen. Etwas laienhaft ausgedrückt, stehst du kurz davor, deinem Unterbewusstsein zu erlauben, frühere Erlebnisse in dein Bewusstsein zu holen. An solchen Stellen empfinde ich meine Angst mittlerweile als eine Art inneres Stop-Schild. Es bedeutet nicht, nicht weiterzugehen. Sondern erst nochmal genau zu schauen, ob der Weg frei ist. Und wenn nach dem ersten Schritt, und sei er noch so klein, wieder ein warnendes Stop-Schild kommt (du also wieder Angst spürst), ist das eben so. Ich finde das sehr gesund.

Mir ist noch etwas eingefallen. Den schlimmsten Moment hatte ich, als ich die kleine Kirsten zum ersten Mal innerlich sah. Ich erzähle bewusst nicht mehr darüber. Die Warnung meiner damaligen Heilpraktikerin ("Das könnte heftig werden.") tat ich innerlich ab mit "Das wird schon". Das war ein großer Fehler, denn so war ich völlig unvorbereitet. Ich kann nur empfehlen, dass du mit deiner Therapeutin darüber sprichst, was du tun kannst, wenn du das Kind plötzlich bewusst wahrnimmst. Natürlich kann es auch ganz anders bei dir ablaufen und ich kann nur von meinen Erfahrungen berichten. Aber meine damalige, zugegeben etwas oberflächliche Einstellung im Sinne von "Ich schaff das schon und gut" war nicht die hilfreichste :). Das merkte ich schnell.

Liebe Grüße
Kirsten
Der Schatz liegt hinter dem Drachen.

"Es gibt nur ein Muss: Du musst wissen, dass du nichts musst." (aus: "Komm, ich erzähl dir eine Geschichte", J. Bucay)
bastienne
Beiträge: 16
Registriert: 2. Mai 2020, 14:59

Re: Auf der Suche nach den Gefühlen

Beitrag von bastienne »

Liebe Kirsten,

Bisher haben wir in der Therapie noch nicht viel über das Ganze gesprochen. Wir fangen ja erst an. Ich denke mein Therapeut wollte warten, bis ich halbwegs stabil bin. Und das bin ich jetzt seit ca. drei Wochen.

Etwas mulmig wird mir schon, wenn ich deinen Post lese, aber ich versuche gelassen zu bleiben und schaue was da auf mich zukommt. Viel mehr kann ich ja sowieso nicht machen :lol:

Eine Frage hätte ich aber doch noch. Wie lange warst du denn bei der Heilpraktikerin? Waren das eher Wochen oder Monate?

LG, bastienne
Katerle
Beiträge: 11261
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Auf der Suche nach den Gefühlen

Beitrag von Katerle »

Hallo liebe bastienne,

kann deine Angst nachvollziehen, was da noch so an die Oberfläche kommen könnte an Erfahrungen und Emotionen.

Wie gesagt, mir hatte es geholfen, meine Erfahrungen aufzuschreiben und welche Emotionen dabei hochkamen. Aber nicht alles auf einmal, denn das wäre mir zuviel geworden. Hatte da in meiner Kindheit angefangen, danach Jugend und was dann später war. Und das Aufgeschriebene habe ich dann in die Therapie mit genommen und zusammen mit Thera bearbeitet. Auch da kamen dann auch Emotionen zum Vorschein.

Übrigens, wenn sich bei mir mal wieder zuviele Gedanken verselbständigt hatten, sagte ich mir dann mehrmals in Gedanken "STOP". Klappt nicht beim ersten Mal, aber mit etwas Übung wird das.

LG Katerle
bastienne
Beiträge: 16
Registriert: 2. Mai 2020, 14:59

Re: Auf der Suche nach den Gefühlen

Beitrag von bastienne »

Hallo Katerle,
Mit dem Schreiben tu ich mir irgendwie schwer. Ich versuche hin und wieder etwas aufzuschreiben um meine Gedanken zu sortieren, habe aber nicht wirklich das Gefühl, dass es viel hilft.
Das mit dem Gedankenstop muss ich auch lernen, manchmal klappt es aber schon ganz gut. Ich finde es irgendwie erstaunlich, wie sehr man doch sich selbst und seine Gedanken beeinflussen kann :roll:
LG, bastienne
Katerle
Beiträge: 11261
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Auf der Suche nach den Gefühlen

Beitrag von Katerle »

@ bastienne

So schnell geht das auch nicht.

Lass dir bitte Zeit damit, du bist erst am Anfang. Also keinen Druck...

LG
Kirsten29
Beiträge: 461
Registriert: 18. Apr 2020, 21:11

Re: Auf der Suche nach den Gefühlen

Beitrag von Kirsten29 »

Liebe bastienne,

Danke für deine Nachfrage. Ich kann dein mulmiges Gefühl gut nachvollziehen. Und du musst dich ja auch zu nichts zwingen. Tut es dir doch nicht gut, ist es meiner Meinung nach genauso gut, wenn du auf dein Bauchgefühl hörst und die Arbeit mit dem inneren Kind zur Not auch beendest. Je nachdem, wie du dich fühlst. Mir hilft es mittlerweile sehr, wenn ich eine "Exit-Strategie" habe. Wenn ich also weiß: "Ok, wird mir das hier zu viel, kann ich zur Not auch aufhören/mich zurückziehen."

Ich hatte damals vier Einzeltermine bei der Heilpraktikerin und besuchte dann noch zwei intensive Wochenend-Workshops, bei denen das innere Kind auch eine Rolle spielte. Diese heftigen Erfahrungen, von denen ich weiter oben geschrieben habe, überfielen mich nach den ersten beiden Terminen. Durch ihre sehr einfühlsame Art (so empfand ich sie zumindest) konnten wir aber all das Unkontrollierte gut auffangen :). Da ich die Stunden ja selbst bezahlt habe, musste ich dann mit den Einzelterminen auch wieder aufhören. Das war aber nicht schlimm. Was wir bis dahin erreicht und aufgearbeitet hatten, half mir schon sehr.

Liebe Grüße
Kirsten
Der Schatz liegt hinter dem Drachen.

"Es gibt nur ein Muss: Du musst wissen, dass du nichts musst." (aus: "Komm, ich erzähl dir eine Geschichte", J. Bucay)
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