Beziehung und Depression

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delphi73
Beiträge: 54
Registriert: 17. Mär 2020, 18:38

Beziehung und Depression

Beitrag von delphi73 »

Hallo liebes Forum,

ich lese schon eine Weile mit, habe aber bisher noch keinen eigenen Thread eröffnet. Jetzt trau ich mich mal...

Depressive Episoden kenne ich seit 25 Jahren (bin jetzt 47). Sie dauerten bei mir nicht besonders lange (i.d.R. so ein bis zwei Monate), dazwischen war ich oft über Jahre symptomfrei. Jetzt hat es mich mal wieder erwischt, bin seit Februar mit Burnout/Erschöpfungsdepression krankgeschrieben.

Ich finde eigentlich nicht, dass es mir besonders schlecht geht was die depressive Stimmung angeht. Nur immer wenn irgendwelche Anforderungen an mich gestellt werden, werde ich panisch und völlig überfordert und würde mir am liebsten die Decke über den Kopf ziehen.

Das kenne ich von mir eigentlich nicht und es macht mir Angst, ich weiss aber dass die Überforderung ein Teil der Depression sein kann.

Die Anforderungen auf der Arbeit habe ich durch die Krankschreibung quasi ausgebremst und das gleiche habe ich seit 4 Wochen mit meiner Beziehung gemacht.
Wir sind seit Juni letzten Jahres zusammen, wohnen aber nicht zusammen und haben uns immer nur am Wochenende gesehen.

Vor 4 Wochen habe ich dann drum gebeten, dass wir und erstmal nicht mehr sehen, habe aber gleichzeitig gesagt dass ich die Beziehung nicht beenden möchte. Mein Freund war/ist auch damit einverstanden, weil er gesehen hat wie schlecht es mir ging. Wir haben aber regelmäßig Kontakt über Telefon/Skype.

Ich merke, dass mir die Situation ganz Recht ist - ich habe meine Ruhe (vor ihm) und muss nichts entscheiden. Er macht bis jetzt alles geduldig mit, aber so langsam fragt er sich auch, wohin das gehen soll und wann wir uns mal wiedersehen. Ich mag ihn aber im Moment nicht treffen, da mich das total überfordert. Ich möchte aber auch nicht Schluss machen - so eine Entscheidung soll man ja in einer Depression nicht treffen.

Ich finde es aber irgendwie auch unfair von mir, ihn hinzuhalten und habe ein schlechtes Gewissen deswegen. Aber woher soll ich wissen, ob ich ihn einfach nicht liebe oder die Depression die fehlenden Gefühle verursacht?

LG, delphi
TheTower12
Beiträge: 90
Registriert: 7. Apr 2020, 11:13

Re: Beziehung und Depression

Beitrag von TheTower12 »

Hallo Delphi,

ich habe Respekt vor deiner Endscheidung für die aktuelle Situation. Aber noch mehr Respekt habe ich vor dem Verständnis deines Partners :-) Aber genau deswegen sucht man sich ja auch gewisse Personen aus.

In meinen Augen hast du ALLES richtig gemacht, es wäre mit Sicherheit nicht fair deinem Partner gegenüber, jetzt eine Reaktion auf dein Denken zu tun (Beziehung beenden). Zudem zeigt er ja auch sehr viel Verständnis, was mit ziemlicher Sicherheit nicht jeder machen würde.

Wegen der aktuellen Situation mit Corona habe ich auch mit meinem Alltag genug zu tun, daher bleibt bei mir die Partnerschaft auch auf der Strecke. Wir haben jedoch nicht die Möglichkeit uns viel aus dem Weg zu gehen, mit Kindern und einem gemeinsamen Haus ist das schwer.
Trotzdem haben wir das Gespräch gesucht, ich habe dann erklärt, dass das Verständnis der Kinder nicht da ist wenn ich mich von Ihnen zurückziehen würde (sind alle noch recht jung), deswegen "parken" wir unserer Beziehung im Moment und laufen auf Sparflamme.

Vielleicht suchst du einfach bei deinem Partner auch regelmäßig das offene Gespräch, damit keine Missverständnisse entstehen!

Ich drücke dir die Daumen auf Besserung,

liebe Grüße
Vieles, was uns Kummer bereitet, entsteht dadurch, dass wir Dinge anders haben wollen, als sie sind. *Dalai Lama

Ich glaube, es dauert eine Zeit, bis man lernt, entspannt zu sein … es ist wie mit Muskeln, die man
trainieren muss… *Dalai Lama
delphi73
Beiträge: 54
Registriert: 17. Mär 2020, 18:38

Re: Beziehung und Depression

Beitrag von delphi73 »

Liebe Bittermandel,
liebe TheTower12,

vielen Dank für Eure netten Antworten. Es tut gut zu hören, dass ich im Moment nichts "falsch" mache oder mich unfair verhalte. Es fällt mir eben schwer zu akzeptieren, dass ich nicht schneller gesund werden kann, damit ich wieder handlungsfähig bin. Aber Ihr habt Recht, das dauert eben so lange wie es dauert.
TheTower12 hat geschrieben:Vielleicht suchst du einfach bei deinem Partner auch regelmäßig das offene Gespräch, damit keine Missverständnisse entstehen!
Das habe ich bis jetzt immer gemacht, vielleicht hast Du Recht und ich sollte ihm einfach erzählen, dass es mir nicht gut mit dem Gefühl geht, ihn hinzuhalten.
TheTower12 hat geschrieben: deswegen "parken" wir unserer Beziehung im Moment und laufen auf Sparflamme
Sind denn Deine Gefühle für Deinen Partner auch beeinträchtigt oder ist es "nur" der Stress durch die Corona-Situation? Ich fühle halt gerade im Moment nichts für meinen Freund und das ist schrecklich für mich.

LG, delphi
TheTower12
Beiträge: 90
Registriert: 7. Apr 2020, 11:13

Re: Beziehung und Depression

Beitrag von TheTower12 »

Hallo Delphi,

meine Gefühle/Emotionen sind seit der Depression teilweise NICHT vorhanden. Ich konnte aber IMMER offen und ehrlich mit meiner Frau sprechen.
Durch die aktuelle Lage mit Corona schafft mich jedoch der Alltag wesentlich mehr, mir ist es aktuell zu Viel noch mit Ihr zu reden. Dadurch schaffe ich bei meiner Frau ein doppeltes Leiden, Sie kann aus meiner Gestik/Mimik nicht lesen, und erzählen kann ich es ihr auch nicht...

In den letzten Tagen konnte ich es Ihr wenigstens im Ansatz erklären, jetzt hoffe ich natürlich, dass Sie weiterhin hinter mir steht und die Situation einfach mit mir zusammen aussitzt. Davon gehe ich allerdings aus...

Ich bin mir zu 120% sicher, meine Frau/Familie noch heiß und innig zu lieben, aber wissen tue ich das nicht wirklich.

Liebe Grüße!
Vieles, was uns Kummer bereitet, entsteht dadurch, dass wir Dinge anders haben wollen, als sie sind. *Dalai Lama

Ich glaube, es dauert eine Zeit, bis man lernt, entspannt zu sein … es ist wie mit Muskeln, die man
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delphi73
Beiträge: 54
Registriert: 17. Mär 2020, 18:38

Re: Beziehung und Depression

Beitrag von delphi73 »

Hallo TheTower12,

ich war davon ausgegangen dass Du weiblich bist, tut mir leid dass ich nicht eher danach gefragt habe. Spielt aber für das Thema keine große Rolle, glaub ich. ;)
TheTower12 hat geschrieben:Durch die aktuelle Lage mit Corona schafft mich jedoch der Alltag wesentlich mehr, mir ist es aktuell zu Viel noch mit Ihr zu reden. Dadurch schaffe ich bei meiner Frau ein doppeltes Leiden, Sie kann aus meiner Gestik/Mimik nicht lesen, und erzählen kann ich es ihr auch nicht...In den letzten Tagen konnte ich es Ihr wenigstens im Ansatz erklären, jetzt hoffe ich natürlich, dass Sie weiterhin hinter mir steht und die Situation einfach mit mir zusammen aussitzt. Davon gehe ich allerdings aus...
Das kann ich sehr gut verstehen, ich tue mich aktuell auch schwer mit meinem Freund offen zu reden. Dass wir momentan nur über Skype Kontakt haben, macht es für mich aber einfacher, weil ich mich dem persönlichen Aufeinandertreffen nicht stellen muss. Ich denke, es wird Zeit ihm mitzuteilen dass ich nichts mehr fühle und ihn zu fragen, wie er damit umgehen möchte. Er muss ja auch eine Chance haben, eine Einstellung dazu zu gewinnen.
TheTower12 hat geschrieben:Ich bin mir zu 120% sicher, meine Frau/Familie noch heiß und innig zu lieben, aber wissen tue ich das nicht wirklich.
Bei mir ist es eher so, dass sich in den letzten Tagen herauskristallisiert hat, dass ich mir eine gemeinsame Zukunft nicht vorstellen kann - aufgrund sehr unterschiedlicher Lebenseinstellungen, die sich u.a. im Umgang mit dem Thema Corona gezeigt haben.
Ich denke, bei Dir ist die Lebenssituation aber auch noch mal komplett anders. Hast Du es denn schon mal erlebt, dass nach einer depressiven Phase die Gefühle zurückgekommen sind? Oder ist dass jetzt Deine erste depressive Episode?

Liebe Grüße,
delphi
TheTower12
Beiträge: 90
Registriert: 7. Apr 2020, 11:13

Re: Beziehung und Depression

Beitrag von TheTower12 »

Hallo Delphi,

das ist meine erste depressive Phase, die ich "bewusst" wahrnehme. Ggf. gab es die auch schon vorher...
Daher gab es bei mir noch keine Besserung bzw. Veränderung, aber vielleicht macht mir auch gerade das nochmal extra zu schaffen. Aktuell weiß ich nicht, das es besser werden kann.

Ich kann "nur" hoffen und versuchen weiter zu arbeiten.

Ich drücke dir für deinen Weg die Daumen, wenn du so fühlst, ist es auf jeden Fall der richtige...

Lieber Gruß!
Vieles, was uns Kummer bereitet, entsteht dadurch, dass wir Dinge anders haben wollen, als sie sind. *Dalai Lama

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