Paradox: sozialer Rückzug trotz Einsamkeit

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Phoenix2019
Beiträge: 256
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Paradox: sozialer Rückzug trotz Einsamkeit

Beitrag von Phoenix2019 »

Guten Abend zusammen,
mal wieder geht ein einsames Wochenende zu Ende und mir fällt auf: Obwohl ich mich in den letzten Jahren immer wieder und mehr sozial zurückgezogen habe, fühle ich mich phasenweise so einsam, dass es schon fast körperlich schmerzt. Das ist doch paradox, oder? Kennt ihr das auch? Und dann kommt immer wieder die quälenden Gedanken: Was, wenn ich so einsam alt werde und bleibe? Es scheint ja mit zunehmendem Alter nicht leichter zu werden, neue, dauerhafte Kontakte zu knüpfen oder sogar einen Partner zu finden...
Klickypapst1989
Beiträge: 19
Registriert: 6. Jan 2020, 11:33

Re: Paradox: sozialer Rückzug trotz Einsamkeit

Beitrag von Klickypapst1989 »

Hallo:)))

Ich kenn das gut:) hab mich auch oft in Gesellschaft einsam gefühlt. Seit ich mehr zu mir gefunden habe und mich mehr annehme/Liebe ist es besser geworden;)
Wie ist es bei dir? Bist du unter Leuten offen und kontaktfreudig? Bei mir ist es so, auch wenn ich gerne allein bin.

LG martin
Phoenix2019
Beiträge: 256
Registriert: 8. Jan 2020, 23:45

Re: Paradox: sozialer Rückzug trotz Einsamkeit

Beitrag von Phoenix2019 »

Hallo Martin,
das klingt nach einer guten Entwicklung!
Bei mir hängt es sehr davon ab, in wessen Gesellschaft ich mich befinde: Wenn ich mich so angenommen fühle, wie ich bin, fühle ich mich gut und nicht einsam in Gesellschaft, sonst fühle ich mich auch in Gesellschaft einsam und nach einer Weile erschöpft.
Mein Post bezog sich v.a. auf den Widerspruch, dass ich mich trotz selbst gewählter Isolation immer wieder einsam fühle.
Viele Grüße!
mime
Beiträge: 1323
Registriert: 6. Sep 2013, 13:28

Re: Paradox: sozialer Rückzug trotz Einsamkeit

Beitrag von mime »

Hallo Phoenix2019,

mir kommt einiges in deinem Beitrag bekannt vor. Ist es bei dir mit dem Rückzug eine Phase (und kommen dann evtl. auch wieder welche, in denen du dich wieder lieber unter Leute begibst) oder eher eine Art Lebensmotto?

Die selbstgewählte Isolation ist für mich wie ein zweischneidiges Schwert: auf der einen Seite möchte man (aus verschiedenen Gründen) vielleicht allein sein bzw. seine Ruhe haben, andererseits spürt man, dass es einem damit auch nicht gut (oder besser) geht, zumindest nicht auf Dauer.

So jedenfalls lese ich das für mich u. a. aus deinen Zeilen heraus.

Die Frage ist, warum du dich zurückziehst - vielleicht ist dein jetziges Umfeld nicht guttuend oder du möchtest niemanden belasten oder... oder...

Bei mir ist das mit dem Rückzug eher phasenweise. Da möchte ich eigentlich niemanden hören und sehen (muss es aber zwangsläufig, allerdings auf ein Minimum beschränkt) und muss mich sehr zwingen, rauszugehen (also z. B. zum Sport, Einkaufen, da kommt man ja zwangsläufig mit anderen in Kontakt). In anderen Phasen geht es dann wieder eher mit Kontakthalten (aber das sind bei mir sowieso nicht viele). Und ja, ich kenne dieses paradoxe Gefühl: dass man sich einsam fühlt, obwohl man ja "freiwillig" den Rückzug angetreten hat.

Ich finde es dann auch manchmal nicht so einfach wegzustecken, dass man von anderen gar nicht vermisst wird, wenn man sich zurückgezogen hat. Das deute ich dann gerne auch so: ich bin den anderen sowieso egal - und das ist vielleicht teilweise sogar wahr.

Nur, inwieweit einem diese Erkenntnis dann gut tut, ist halt die Frage.

Wie schaut es bei dir denn mit Kontakten generell aus? Meldest du dich auch mal bei jemandem, oder wartest du, bis er/sie sich bei dir meldet? Gehst du ab und zu noch unter Leute? Manchmal kann ein lockeres Zusammensein (Sport, Verein, Ehrenamt - vorausgesetzt man hat beruflich bedingt noch Zeit und Kraft dafür) schon guttun, um sich ein bisschen aus der Isolation herauszukämpfen.

Viele Grüße
Mime
Wir müssen lernen,
die Menschen weniger auf das, was sie tun und unterlassen,
als auf das, was sie erleiden, anzusehen.

(Dietrich Bonhoeffer)
Phoenix2019
Beiträge: 256
Registriert: 8. Jan 2020, 23:45

Re: Paradox: sozialer Rückzug trotz Einsamkeit

Beitrag von Phoenix2019 »

Hallo Mime,
mmh, gute Fragen. Also zum einen empfinde ich den Rückzug oft als regenerierend, weil ich im Job mit vielen verschiedenen Menschen kommuniziere, was ich aber in der Regel auch gern tue. Der Rückzug ist aber in den letzten Jahren auch stärker geworden bzw. ich habe wenig unternommen, um nach meinem Umzug hier neue Leute kennenzulernen, weil oft einfach die Energie gefehlt hat. Und dann ist mir aufgefallen, dass ich mich oft nach Treffen schlechter als allein gefühlt habe - meistens, weil ich mit dem (Familien-)Glück anderer konfrontiert wurde, das ich nicht habe. Oder man hat sich irgendwie gegenseitig runtergezogen, was auch nicht hilfreich war. So sind die Jahre ins Land gezogen... Das miese Gefühl, dass andere einen auch nicht besonders vermissen, wenn man sich länger nicht meldet, kenne ich auch. Die spärlichen Kontakte halte ich übrigens überwiegend aifrecht
Phoenix2019
Beiträge: 256
Registriert: 8. Jan 2020, 23:45

Re: Paradox: sozialer Rückzug trotz Einsamkeit

Beitrag von Phoenix2019 »

Allen eine gute Nacht!
Katerle
Beiträge: 11385
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Paradox: sozialer Rückzug trotz Einsamkeit

Beitrag von Katerle »

Das kenne ich leider auch, dieses schmerzhafte Gefühl, dass dich keiner vermisst...

Auch das Gefühl, sich unter Menschen einsam zu fühlen, war lange vorhanden.

Euch auch eine gute Nacht,
Katerle
mime
Beiträge: 1323
Registriert: 6. Sep 2013, 13:28

Re: Paradox: sozialer Rückzug trotz Einsamkeit

Beitrag von mime »

Hallo Phoenix2019,

Ok, das verstehe ich: wenn man im Job schon viel kommunizieren muss, hat man einfach das Bedürfnis nach Ruhe hinterher. Das finde ich sehr nachvollziehbar und auch wichtig: man muss seine Ressourcen / Kräfte ja auch gut einteilen. Ich denke, dass es da wichtig wäre drauf zu schauen, dass sich das Alleinsein und sich wieder etwas mehr in Gesellschaft zu wagen die Waage hält.

Es liest sich schon mal positiv, dass du ein paar wenige Kontakte hast, die du aufrecht erhalten kannst. Gibt es da auch persönliche Begegnungen? Ich meine, wenn du umgezogen bist, bleibt manchmal nur "virtueller" Kontakt (E-mail usw.) übrig, der nicht schlecht sein muss (aber ggf. persönliche Begegnungen nicht ersetzen kann).

Hm, ja, so ein Umzug macht es nicht leichter mit den Kontakten, das stimmt. Und ich kenne das Gefühl, dass es einem nach einem Treffen nicht gut geht, auch sehr gut - das Leben anderer läuft eben anders: lebendiger, offener, fröhlicher (und bei Familien ist das als Alleinstehende/r auch so eine Sache - das kann ebenfalls herunterziehen). Andererseits: manchmal idealisiert man auch das Leben anderer ein bisschen; ich denke, dass es bei niemandem glatt läuft und alle irgendwie ihr Päckchen zu tragen haben.

Wichtig ist ja u. a., sich nicht zu sehr mit anderen zu vergleichen (da ist das Unglücklichsein quasi vorprogrammiert) - man wird selbst sehen müssen, was man mit seinem eigenen Leben anfängt. Da können andere Menschen hie und da mal Anregungen bringen, gestalten muss man sein Leben jedoch selbst und schauen, was für einen selbst stimmig/passend ist (das ist ja auch bei jedem unterschiedlich).

VG Mime
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(Dietrich Bonhoeffer)
Phoenix2019
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Registriert: 8. Jan 2020, 23:45

Re: Paradox: sozialer Rückzug trotz Einsamkeit

Beitrag von Phoenix2019 »

Hallo,
ja, das ist ein guter Hinweis, sich wieder etwas mehr in Gesellschaft zu wagen. Ich glaube, mir haben eine lange Zeit lang die Kontakte im Beruf gereicht, aber sie können eben private Kontakte nicht ersetzen.
Ich habe Gott sei Dank einige enge reale Kontakte, die zu meinen Freunden in der Ferne kommen noch hinzu.
Das mit dem Vergleichen stimmt auf JEDEN Fall, aber irgendwie ertappt man sich doch immer wieder dabei;) Ich habe aber auch Freundinnen, die mit kleinen Kindern, Haushalt und Job gerade echt an Limit sind - insofern auch nicht einfach...
Euch allen einen guten Tag!
Katerle
Beiträge: 11385
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Paradox: sozialer Rückzug trotz Einsamkeit

Beitrag von Katerle »

Hallo mime und Phoenix,

wenn ich mich nicht bei meinen langjährigen Freunden mal melden würde, stände ich wohl noch einsamer da. Denn so habe ich wenigstens die Chance, dass jemand mal zurückruft oder mal schreibt. Ansonsten würde da nix kommen. Möchte mich auch nicht zu oft melden, denn dann würde ich mir irgendwie nervig vorkommen. Zu meinem Geburtstag gratulieren sie aber. Aber 2 F. sehe ich ab und zu und auch meine S. und wir unternehmen auch mal was. Die eine Freundin habe ich neu in meiner Gruppe kennengelernt und die andere kenne ich schon viele Jahre. LG
Aida1
Beiträge: 681
Registriert: 3. Jan 2016, 11:06

Re: Paradox: sozialer Rückzug trotz Einsamkeit

Beitrag von Aida1 »

Die schlimmste Einsamkeit ist es,
Sich mit sich selbst nicht wohlzufühlen.

(Mark Twain)

Mehrmals habe ich schon gehört, das die Menschen sich Menschen wünschen, die mit sich im Reinen sind.
Man muss sich selber lieben lernen - also lehre ich - , mit einer heilen und gesunden Liebe:
dass man es bei sich selber aushalte und nicht umherschweife. -Friedrich Nietzsche-
Katsch
Beiträge: 1
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Re: Paradox: sozialer Rückzug trotz Einsamkeit

Beitrag von Katsch »

Hallo alle zusammen,

ich kenne diese Ambivalenz auch sehr gut - mit Freunden unterwegs zu sein und sich trotzdem alleine zu fühlen. Es ist sehr anstrengend für mich, dass zu spüren. Ich versuche es trotzdem, soweit ich die Kraft dafür habe. Wenn es mich zu sehr stresst, dann ziehe ich mich zurück und sage mir: ok, du hast es versucht. Bin aber trotzdem enttäuscht, dass ich es nicht mehr regelmäßig schaffe. Und hoffe, dass ich das irgendwann mal akzeptieren kann, dass es so ist.

Seit dem ich mich nicht mehr so unter Druck setze, etwas unternehmen zu "müssen", kann ich die Abende alleine auch genießen, ohne mich einsam zu fühlen. Da habe ich mal etwas Positves aus der Depression gewinnen können. ;)

Mime, danke für den Hinweis, dass zu viel Vergleichen mit Anderen nicht gut ist. Mir erscheint der Rasen des Nachbarn auch immer grüner. Das hat sicherlich auch etwas mit der Depression an sich zu tuen - sich selber runterzuziehen und das Positive an sich zu übersehen.
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