Schaffen sozialer Kontakte auf niedrigschwelliger Basis

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Cést ca
Beiträge: 8
Registriert: 11. Aug 2019, 12:42

Schaffen sozialer Kontakte auf niedrigschwelliger Basis

Beitrag von Cést ca »

WER in Gottes`Namen……..wählt -außer vielleicht i.R. einer wirklich schlimmen Phase- die Nummer einer "Telefonseelsorge"???? - Ich persönlich kann es mir um`s Verrecken nicht vorstellen, mit jemand mir gänzlich Unbekanntem sehr persönliches zu besprechen.

Mit Jemandem, den ich mir gedanklich als sehr klerikal versierte, wahrscheinlich ehrenamtlich arbeitende (ältere) Dame vorstelle, mit eine fast unüberschaubaren Liste von Telefonnummern vor sich, an die es zu verweisen gilt. Wobei die größte Herausforderung darin besteht, innerhalb eines Telefonats in kürzester Zeit die Parameter herauszufiltern, die jeweils vorgeben, an WEN im Einzelfall zu verweisen ist.....

Meine Vorstellung von einer "Telefonseelsorge" zeugt vielleicht von einem ausgeprägten Hang zum "Schubladendenken" und möglicherweise schlicht von Unkenntnis meinerseits.

Aber, Fakt ist wohl: Sich (in einer Akutsituation) mitteilen können, ist von unschätzbarem Wert. Und oft ist es doch so: Verwandte/ Freunde (soweit vorhanden) fühlen sich schnell überfordert - oder der Betroffene glaubt zumindest, diese mit seinen Problemen zu überfordern oder gar zu belästigen ….., bis zum nächsten Termin beim Fachmann ist es noch weit hin.., die beantragte REHA ist in erster (oder zweiter) Instanz abgeschmettert worden, für eine Notfallaufnahme in einer entsprechenden Klinik ist es längst noch nicht schlimm genug, virtuelle "Hilfsmaßnahmen"(Online-Foren, Selbsthilfeprogramme einzelner Krankenkassen etc.) entbehren denn doch der unmittelbaren, individuellen Menschlichkeit, die man in dem Moment doch so dringend benötigt..... und..., und......……….
Tja, meist endet ein solches inneres Dilemma damit, daß mann/frau sich dann eben doch irgendwie durch den Tag quält. Die "Pflicht" ruft....- Hauptsache, die Kinder bekommen nichts mit, denn die haben schließlich all das nicht verdient. Und überhaupt, andere reißen sich schließlich auch zusammen.....Wieso - in Gottes`Namen - fällt MIR das bloß so verdammt schwer???


Am Ende des Tages ist mann/ frau denn in der Regel froh, den Tag mit seinen Aufgaben irgendwie bewältigt zu haben - mithilfe unzähliger innerer Aufrufe zur Selbst-Reglementierung und TROTZ immerzu nagender Selbstzweifel an meiner (Über-) Lebenskompetenz. - Warum fällt mir bloß alles so schwer, was anderen so leicht von der Hand zu gehen scheint????


Oft steht man am nächsten Tag vor dem identischen Dilemma. Und das häufige Grübeln hinsichtlich der offensichtlichen, eigenen Insuffizienz, einfach "normal" zu leben, erweist sich irgendwann als dermaßen kräftezehrend, daß es einem zunehmend schwerer fällt, einfach einmal etwas anderes zu wollen, als den Tag zu überstehen. Daß es irgendwann unvorstellbar erscheint, noch Wege aus dem täglichen Überlebenskampf zu finden, vielleicht einmal ganz neue Wege zu beschreiten….die glücklich(er) machen.

Und ohnehin erscheint einem "Glück" irgendwann als etwas, das sich im Leben anderer findet, als ein "Luxusgüter", zu dem einem selbst jedoch aus unergründlichen Ursachen der Zugang versperrt scheint. Und viel zu oft gibt man sich selbst die Schuld dafür.

Und man findet sich schließlich mit der Situation ab: Statt "erleben" bestimmt "über-/ durchstehen" die Alltagsroutine. Und man redet sich ein, daß ja auch DAS schon keine schlechte Bilanz am Ende eines jeden Tages ist...…..

Aber der Hauch eines Zweifels bleibt bestehen, ob das wirklich schon alles ist.

Vielleicht wäre alles anders gelaufen, hätte man an Tag 1, in genau der Situation, die der persönlichen, wohlwollenden Aufmerksamkeit eines netten Menschen bedurft hätte, eine "passende" Telefonnummer in der Hand gehabt. Vielleicht die Telefonnummer von jemandem, der aus eigener Erfahrung weiß, wie man sich fühlt.


Es ist natürlich illusorisch, anzunehmen, daß 1 Telefonat mit just der, in der Situation "passenden" Person sich dauerhaft "lebensqualitätssteigernd" auswirkt.

Aber die Vorstellung ist schon sehr erbaulich: Eine "Depressions-App"- man kontaktiert von zuhause aus keine gesichtslosen Fremden, sondern Menschen, idealerweise mit einem Foto sowie ein paar Hintergrundinformationen versehen.

Ich plädiere dafür, daß mehr Arbeit (vermutlich auch finanzielle Aspekte) in die Schaffung solch "niedrigschwelliger" Angebote investiert wird.

"Newsletter" mit der Empfehlung von Infoveranstaltungen irgendwo in Deutschland, der Vermittlung wissenschaftlicher Hintergrundinformationen zur Ätiologie der Depression, der Empfehlung von Podcasts/Instagramm-Accounts zum Thema, meist auf der Grundlage von Erfahrensberichten Betroffener, mit Hinweisen auf themenbezogene Bücher/ Vorträge/ Ausstellungen/ Filme in geographisch meist weit entfernter Lage. etc. - ALL das "gibt der Depression zwar eine Stimme" in der Gesellschaft- und das ist gut!!!!...…….Aber, meines Erachtens, wird hierdurch diese Stimme noch längst nicht GEHÖRT, geschweige denn, auf die Stimme reagiert/ Betroffenen geholfen.- Denn diese haben auch ein Gesicht (!), sitzen zumeist zuhause, sind in ihrem Alltag gefangen und benötigen zeitnahe, niedrigschwellige Angebote. Direkte, konkrete Hilfe....!- Von Mensch zu Mensch!

Die Idee mit der "Depressions-App", in diesem Zusammenhang, ist übrigens eine, von dem Kabarettisten und gleichfalls betroffenen Torsten Sträter "abgekupferte" Idee, die dieser in "Laut gedacht" (YouTube) anspricht.

Hilfsangebote ist dieser Art, niedrigschwellig und zeitnah, von Mensch-zu-Mensch...…..sollten wirklich kein Fernziel in der Depressionshilfe bleiben.
Schwarze Eule
Beiträge: 39
Registriert: 20. Okt 2019, 17:22

Re: Schaffen sozialer Kontakte auf niedrigschwelliger Basis

Beitrag von Schwarze Eule »

Hallo Cést ca,
Cést ca hat geschrieben: Ich persönlich kann es mir um`s Verrecken nicht vorstellen, mit jemand mir gänzlich Unbekanntem sehr persönliches zu besprechen.
Ich kann natürlich nur für mich sprechen. Aber als ich vor wenigen Tagen hier zum ersten Mal etwas geschrieben hatte, waren für mich auch alle fremd, sind es eigentlich auch heute noch. Auch wenn man mit wenigen mehr geschrieben hat, weil diese sehr Präsent und sympathisch rüberkommen (Gruß an Manu, El-R17 , DieNeue, Katerle und Peter1) - sind wir nicht (fast) alle Fremde hier?

Auch ich habe mich in meiner Verzweiflung an die große, fremde, unüberschaubare und unfassbar große Internetgemeinschaft gewandt. Hab meinen Schmerz hinausgeschrien, obwohl ich keine Ahnung habe, ob Freund oder Feind dies alles lesen wird. Vielleicht gerade, WEIL mich hier niemand kennt?

Und die einen telefonieren lieber, andere schreiben (ich :D ), wieder andere sprechen lieber mit Personen direkt. ;)
Liebe Grüße
Schwarze Eule

So sind alle Schwäne monogam, in Treue fest ihr ganzes Leben.
Der Mensch sich nicht so gut benahm. Ein Vorbild könnt‘ er sein soeben.

Heidi Schmitt-Lermann
Aida1
Beiträge: 681
Registriert: 3. Jan 2016, 11:06

Re: Schaffen sozialer Kontakte auf niedrigschwelliger Basis

Beitrag von Aida1 »

Ja,ich zum Beispiel. Ich rede am liebsten mit Direktpersonen über Dinge die ich mit ihnen bereden will.
Aber mit dem Gesicht der Depression, das im Grunde nur eine Mutter lieben kann, ist das nicht so einfach.
Und in einer Krise begebe ICH mich auch lieber in professionelle Hände. Und egal, dies,Telefonseelsorge, Forum, App o.ä. muss man schon aufpassen was man preis gibt. Da bin ich ganz bei Anna in dem "Peinlich" Thread. Mir geistert immer dieser eine Satz im Kopf herum "was ich privat mache geht sie nichts an". ;-)
Als niedrigschwellige Basis finde ich es allerdings ok.
Aber es ging hier um die App?!
Cèst ca, wäre es im Grunde nicht das gleiche wie hier? Oder so ähnlich? Aber dann unmoderiert? Worüber würdest du denn gerne schreiben was man hier nicht kann? Und auch da gibt es schon Foren.
Wo liegen denn die Vorteile einer App für dich?
Fragende Grüße
Man muss sich selber lieben lernen - also lehre ich - , mit einer heilen und gesunden Liebe:
dass man es bei sich selber aushalte und nicht umherschweife. -Friedrich Nietzsche-
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