Arbeiten in der Depression

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IchDochNicht
Beiträge: 2
Registriert: 8. Jan 2020, 17:04

Arbeiten in der Depression

Beitrag von IchDochNicht »

Hallo,
ich bin ganz neu hier und freu mich über die Aufnahme. Ich habe die Diagnose "schwere Depression" Ende des vergangenen Jahres bekommen und die hat mich erstmal umgehauen. Was ich dachte, bestimmt noch immer ein bisschen meinen Alltag: "Ich doch nicht!!?"
Nun merke ich, wie es mir immer schlechter geht. Deshalb war ich bei einem Vorgespräch bei einer sehr guten Therapeutin, die mir sehr offen kommunizierte ich müsse dringend in die Tagesklinik, da man das alles nicht in einer Sitzung die Woche aufarbeiten kann, was sich in den letzten 30 Jahren angestaut hat. Damit hab ich nun auch mein Alter verraten ;-) Ich war nie zuvor in irgendeiner Behandlung, habe nie Medikamente genommen und nehme auch aktuell keine - das ist für mich auch überhaupt kein Ziel.
Im Moment arbeite ich selbstständig von zu Hause aus (seit ca. 1 Jahr) und damit bin ich schon beim Problem: Nicht arbeiten kann ich mir einfach schlicht nicht leisten. Jeden Tag, den ich nicht am Schreibtisch sitze geht Geld verloren, dass ich angespart habe. Das macht mir wirklich große Sorgen.
Wie macht ihr das mit dem Arbeiten in der Depression? Ich merke, dass mich alles furchtbar anstrengt und ich am liebsten nur auf dem Bett/Sofa liegen möchte. Ich leide massiv unter Schlafstörungen und bin daher oft müde. Mein Ziel war es heute wenigstens eine Stunde zu arbeiten und es fühlte sich an, als wären es 8h gewesen.
Ich freu mich über gute Tipps und bedanke mich bei euch
yellohmellow
Beiträge: 231
Registriert: 2. Mär 2019, 09:01

Re: Arbeiten in der Depression

Beitrag von yellohmellow »

Hallo IchDochNicht

Depression ist eine ernst zu nehmende Erkrankung, wenn Du dann einfach so weiter machst wie bisher, ist das nicht gut für Dich. Ich verstehe Deine Situation als Selbstständiger, aber wenn Du eine Krankheit hast, solltest Du das erstmal akzeptieren, bevor es zu spät ist. Der Vorschlag mit der Tagesklinik ist doch gut, ich denke, da bist Du in guten Händen und es wird sich um Dich gekümmert.

Ich hoffe, Du hast eine Krankenversicherung abgeschlossen, die auch für Deinen Lebensunterhalt aufkommt, wenn Du längere Zeit krank bist und nicht arbeiten kannst. Krankengeld gibt es auch für Selbstständige, soweit man sich entsprechend versichert hat. Aber der erste Schritt sollte jetzt erstmal auf jeden Fall sein, zu akzeptieren, daß Du derzeit krank bist und nicht mehr so agieren kannst als wäre nichts passiert.

Ich wünsche Dir, daß Du Deinen Weg aus der Krankheit schnell findest.

LG yellohmellow
Monchen12345
Beiträge: 1873
Registriert: 18. Nov 2018, 23:21

Re: Arbeiten in der Depression

Beitrag von Monchen12345 »

Hallo Ichdochnicht,

Ich kenne keine Einzelheiten. Aber ich weiß von jemandem aus meiner Reha-Nachsorge-Gruppe, dass er auch selbstständig ist und Krankengeld bekommt und auch jetzt eine Wiedereingliederung macht. Das geht auch als Selbstständiger, wenn du dich freiwillig gesetzlich versichert hast. Nähere Auskünfte kann dir da deine Krankenkasse geben. Dann wäre zumindest erstmal der Druck raus, dass du arbeiten musst.
Du merkst ja selbst gerade, dass arbeiten nicht viel bringt. Und ich wage mal die Behauptung, wenn du versuchst einfach weiter zu machen wird es nicht besser, sondern schlimmer.
Schwere Depression ist wirklich heftig und nun mal ein eindeutiges Zeichen, dass man dringend etwas ändern muss.
Tageskliniken haben auch oft Wartezeiten. Von daher mein Rat, erkundige dich bei der Krankenkasse wegen dem Krankengeld, geh zur Tagesklinik, guck es dir an, melde dich an. Ich musste so ca. 6 Wochen auf einen Platz warten. In der Zeit kannst du in Ruhe alles andere klären.
LG, Monchen
Camille
Beiträge: 602
Registriert: 3. Nov 2018, 21:35

Re: Arbeiten in der Depression

Beitrag von Camille »

Hallo IchDochNicht,

Was für dich richtig und gut ist, das kannst nur du selbst entscheiden - zusammen mit deinen Ärzten und Therapeuten.
Ich denke, dass eins klar ist - im Falle einer Selbst- oder Fremdgefährdung ist eine stationäre Behandlung unumgänglich.
Alles andere - auch bei einer schweren Depression hängt von Dir, deinen stabilisierenden Faktoren,deinen Lebensumständen und ganz wichtig von der Einschätzung deiner Ärzte/ Therapeuten ab.

Ich persönlich finde es sehr wichtig, einen gemeinsame Lösung zu finden - und eine Therapieform, auf die du dich einlassen kannst - ein wichtiges Punkt ist, dass du bereit bist, aktiv mitzuarbeiten.

Habe ich es richtig verstanden, dass du bisher erst "einen" Kontakt zu "einer" Therapeutin hattest. Auch wenn diese "sehr gut" sein soll, gibt es für viele Krankheitsbilder oft mehrere Behandlungsmöglichkeiten.
Zur "Genesung" tragen so viele unterschiedliche Faktoren mit bei - Angst vor "Jobverlust" oder "Existenzängste" können, wenn berechtigt, zunächst noch zusätzlich belasten....

Könnte es da für dich hilfreich sein, weitere Termine zu vereinbaren, um zusammen zu klären, welche andere Möglichkeiten es außer der Tagesklinik für dich gibt oder zu klären, ob deine Ängste vor der Tagesklinik "unberechtigt" sind - also gemeinsam eine Lösung zu finden? Es stehen Dir auf alle Fälle eine gewisse Anzahl "Probesitzungen" zu, von denen die Kosten von gesetzlichen KVen sicher übernommen werden - auch bei unterschiedlichen Therapeuten.
Oder könnte es für dich hilfreich sein, Dir eine Einschätzung von einem Psychiater einzuholen?

Du hast gefragt, wie wir das machen mit dem Arbeiten. Ich habe weiter gearbeitet. Ich bin jetzt 50 Jahre alt, verheiratet, habe 2 Kinder und bin halbtags berufstätig. Ich habe mich im Sommer 2016 in Behandlung begeben, weil ich über Jahre hinweg zunehmende Schlafstörungen hatte - zuletzt 2-3 Stunden pro Nacht. Es wurde eine rezidivierende depressive Störung aktuell schwere Depression diagnostiziert und auch mir wurde zur stationären Behandlung geraten. Ich habe mich gegen eine stationäre Behandlung entschieden und meine Psychiaterin trägt diese Entscheidung bis heute mit - auch wenn sie mich bei jedem Termin erneut darauf anspricht. Meine Schlafstörungen haben sich durch Medikamente schnell gebessert. Meine Therapeutin hat mich dann allerdings zu einem Kollegen weitervermittelt - der mir 2x wöchentlich "Sitzungen" anbieten kann.
Ich glaube meine Entscheidung damals wurde stark beeinflusst von dem Gefühl, dass ich mein "Leben lang" schon unter dieser "Störung" leide. Ich gehe auch davon aus, dass ich weiterhin mit dieser "Störung" leben muss und eine noch so gute 6-8 wöchige stationäre Behandlung da so schnell nichts daran ändern kann. Unter diesem Gesichtspunkt war und ist mir der Erhalt von mich stützenden Strukturen sehr wichtig.

Du hast schon viele sehr gute Antworten erhalten
Ich wünsche Dir alles Gute.
Liebe Grüße
Camille
Zuletzt geändert von Camille am 13. Jan 2020, 21:19, insgesamt 1-mal geändert.
Peter1
Beiträge: 3399
Registriert: 15. Apr 2018, 12:06

Re: Arbeiten in der Depression

Beitrag von Peter1 »

Hallo IchDochNicht
Eine Besserung in kurzer Zeit, bei gleichem Lebenswandel, kannst du vergessen. So etwas funktioniert bei Depressionen nicht
Von wem hast du die Diagnose ?
Woher weißt du, das die Therapeutin sehr gut ist ? Nach dem Erstgespräch kann sie sich wohl kaum ein schlüssiges Bild von dir machen. Ich sage auch immer, meine Thera ist die Beste, aber das trifft nur auf mich zu. Der nächste Patient kann schon ganz das Gegenteil sagen.
Ich würde sogar so weit gehen, das für dich ein stationärer Aufenthalt besser wäre, weil du dann aus dem Stress zu Hause raus kommst, und dich nur um dich selbst kümmern musst.
Vor allem brauchst du bei der Behandlung von Depressionen Geduld,Geduld, und noch mal Geduld.

Alles Gute und Schöne Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
saneu1955
Beiträge: 2433
Registriert: 6. Jul 2014, 19:18

Re: Arbeiten in der Depression

Beitrag von saneu1955 »

Hallo Ichdochnicht, doch du,du hast große Probleme und die kannst du nicht allein lösen. Für dich ist es im Moment vielleicht noch unvorstellbar, doch deine Gesundheit geht jetzt vor.

Ich kann dir nur raten, dich an einen Facharzt für Psychiatrie zu wenden. Du hast erst ein Gespräch bei der Therapeutin gehabt, da kannst weder du noch die Therapeutin wissen, ob eine Zusammenarbeit klappt oder nicht.

Und das was du seit 30 Jahren mit dir rumträgst, wirst du nicht von heute auf morgen aufarbeiten können.

Wenn du aber nichts tust, wirst du auch bald nicht mehr auch nur eine Stunde arbeiten können. Du hast dein Leben noch vor dir, neue Wege zu gehen, ist immer schwer, aber sie sind machbar.

Du hast hier viele gute Ratschläge bekommen von Menschen, denen es ähnlich geht wie dir und wir alle wissen, wie schwer dieser Weg ist. Doch es lohnt sich.

Saneu1955
Camille
Beiträge: 602
Registriert: 3. Nov 2018, 21:35

Re: Arbeiten in der Depression

Beitrag von Camille »

@ Peter
@Saneu,

ihr habt das gut beschrieben. Ich schließe mich euren Antworten an

Camille
Sunny96
Beiträge: 4
Registriert: 13. Jan 2020, 21:35

Re: Arbeiten in der Depression

Beitrag von Sunny96 »

Hey du,
Ich bin erst 23 deshalb kann ich ndir vielleicht nicht groß etwas sagen.
Aber ich kann dir mitteilen, was mein Therapeut mir gesagt hat.

Er meinte zu mir, dass ich zu viel Energi habe und ich mich deshalb nicht konzentrieren kann. (bin Studentin und kann mir Tage voll Schwäch eigentlich auch nicht leisten.)
Einen Klinikaufenthalt würde mir die Energie mit dem Umgebungswechel nehmen und ich würde mich besser konzentrieren können. Das ist ne Gaußverteilung - falls dir das was sagt.

Ich weis nicht auf welcher Seite dier Glocke du stehst. Aber einen Wechsel würde dir vielleicht gut tun.

Aber ich kenne das, ich habe mich gegen einen Aufenthalt entschieden,weil ich mir es nicht leisten kann mit meinem Studium.
Was mir hilft ist nicht daheim zu sein. Unter Leute zu gehen. Ich weis ja nicht, was du arbeitest. Aber vielleicht kannst du es einrichten, an einem Laptop zu arbeiten. Und das in einem Cafe.
Damit du nicht alleine bist.

Das kann ich dir raten. Ich weis nicht ob dir da was bringt. Hoffe es aber.
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