Frühkindliche Traumatisierung

Conny37
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Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von Conny37 »

Hallo!

Vielleicht hat ja jemand Erfahrung damit. Ist es möglich, dass man in der Kindheit ein oder wiederholt traumatisierende Ereignisse hatte- sich aber absolut in keinster Weise daran erinnern kann?? Dass diese also erst durch eine Psychoanalyse zu Tage kommen, vorher aber absolut aus dem Gedächtnis verschwunden sind??

Danke schon im voraus für eine Antwort!
Conny
Conny37
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von Conny37 »

Da bin ich schon mal im Netz fündig geworden.

Der Vorgang des Vergessens

Der Vorgang des Vergessens hilft dem Kind zu überleben, aber nicht dem erwachsenden Patienten sein Leid zu lösen. Der Körper vergisst niemals; und das innere Kind vergisst niemals. Der Körper zeichnet den Schrecken auf und speichert ihn. Gefühle von Verletzung, Ärger, Preisgabe, Schock und Scham bleiben zurück. Das Unterbewusstsein erinnert in Träumen und Alpträumen. So, was vergessen? Das Bewusstsein vergisst, um zu überleben. Die wahre Geschichte enthüllt sich im Verhalten des Klienten und seinen jetzigen Beziehungen.
Conny
sadhappy
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von sadhappy »

Hallo Conny,

ich bin fest davon überzeugt, dass es das gibt. Wenn das Unterbewußtsein, in dem ja wirklich ALLES gespeichert ist, frühkindliche Erlebnisse nicht oder nur teilweise preisgibt, wird das so eine Art Schutzmechanismus sein.
Das sind jetzt nur Vermutungen von mir und ich selber erfahre es immer wieder am eigenen Leib. Ich träume sehr selten, aber wenn ich träume, dann sind es meist garkeine Bilder, sondern furchtbare Angstgefühle, die mich quälen. Ich versuche immer in diesen Träumen zu schreien, damit mein Mann wach wird und mir hilft, aber das Schreien gelingt mir nicht. Das ist furchtbar.
Wenn in meinen Träumen Bilder vorkommen, dann sind sie entweder unklar, oder ich wache kurz vor des Rätsels Lösung auf.

Bei meinem Therapeuten, den ich noch bis vor ein paar Wochen hatte, habe ich das Thema öfter angesprochen, aber er ist nie darauf eingegangen. Ich werde nach den Osterferien meine Therapie bei einer anderen Therapeutin fortsetzen und bin mal gespannt, was sie dazu zu sagen hat. Ich habe nämlich den Verdacht, dass eventuelle Ereignisse in meiner Kindheit für mein heutiges Befinden verantwortlich sind.

Gruß sadhappy
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Gott gebe mir die Gelassenheit,


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Und die Weisheit, das eine von dem anderen zu Unterscheiden.
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Conny37
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von Conny37 »

Hallo Sadhappy!

Vielen Dank für deine Zeilen. Ich war einige Tage nicht im Netz, so dass ich erst heute antworten kann.

Ich habe vor einigen Tagen etwas aus meiner Kindheit erfahren, dass mir schlichtweg den Boden unter den Füssen weggezogen hat. Aber von aussen sozusagen. Und ich habe in dieser Richtung niemals Vermutungen oder ähnliches gehabt. Vor einem Jahr hatte ich eine schwere Depression. Und ich hatte immer das Gefühl, wenn mein Psychiater davon sprach, ev. eine tiefenpsychologische analytische Therapie zu machen- dass ich vielleicht gar nicht wissen möchte, wo die Wurzel des Übels ist. Schliesslich breitet ja das Gehirn nicht umsonst den Mantel des Vergessens über schlimme Ereignisse. Allerdings wäre ich niemals auf die Idee gekommen, an der Front zu suchen, die mir jetzt benannt worden ist.

Ich weiss jetzt gar nicht so richtig, was ich machen soll. Im moment geht es mir wieder gut. Und ich weiss nicht- ob ich so ein "erinnern" verkraften könnte. Ich habe nicht den Wunsch danach- mich damit auseinanderzusetzen. Ich könnte mit dieser zur Sicherheit gewordenen Vermutung gar nicht umgehen- denke ich.

Bis dann und liebe Grüsse
Conny
dasweisserauschen
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von dasweisserauschen »

ganz sicher sind frühkindliche erfahrungen prägender als alles andere. es obliegt aber jedem einzelnen, die erlösung auf diese sichtweise zu beschränken. und es gibt kliniken, wie der hardberg, die das unterstützen.
sadhappy
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von sadhappy »

Hallo Conny,

ich denke, dass Du Dir schon selber die Frage beantwortet hast. Es geht Dir im Moment gut, warum solltest Du mit einer Nachforschung riskieren, daß es Dir wieder schlechter geht? Du schreibst ja selber, dass Du nicht den Wunsch hast, Dich damit auseinander zu setzen. Dann würde ich es auch dabei belassen und zusehen, dass es Dir weiterhin gut geht.

Ich bin mir noch nicht darüber im Klaren, wie ich das handhaben werde. Ich hoffe aber, dass meine neue Therapeutin mir nahelegen wird, was das Beste in dieser Situation ist.

Schön, dass es Dir gut geht und ich wünsche Dir, dass es Dir auch weiterhin gutgehen wird.

Lieben Gruß

sadhappy
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tomroerich
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von tomroerich »

Hallo Conny,

eine Problem der frühkindlichen Traumatisierung ist auf jeden Fall, dass sie vom Kleinkind ja völlig anders wahrgenommen wurde, als du heute als Erwachsene denkst und fühlst. Sich wirklich daran zu erinnern (wenn das vor dem 4. Lebensjahr war), ist ziemlich unwahrscheinlich. Allerdings kann man sich daran herantasten, was es wohl für das kleine Kind bedeutet haben mag, diese Erfahrung gemacht zu haben und in welchem Zusammenhang das bei deiner heutigen Persönlichkeitsstruktur zu sehen ist. Du könntest daraus besser verstehen, warum du die bist, die du bist und das ist schon sehr viel. Man muss wohl davon ausgehen, dass sich die Folgen traumatischer Erlebnisse in so zartem Alter nicht beseitigen lassen aber sie lassen sich intergrieren in dem Sinne, dass man sich akzeptiert und die Folgen dieser Erlebnisse als Teil des eigenen Lebens bejaht. Wie tief du dazu einsteigen musst oder willst, bleibt deine Entscheidung aber ich würde auf jeden Fall wissen wollen, was da mit mir passierte.

Während meiner Analyse, gerade als ich diesen frühkindlichen Bereich bearbeitete, geschah etwas sehr Bemerkenswertes. Eine mir ganz fremde Frau meldete sich bei mir und erzählte mir, sie sei einmal mein Kindermädchen gewesen im Alter von 2-5. Sie hatte nach mir geforscht, weil sie wissen wollte, was aus mir geworden ist. Sie konnte viele meiner dumpfen Ahnungen und Gefühle über diese frühe Zeit in Gewissheiten verwandeln und das hat mir sehr geholfen. Denn ich hatte auch ziemliche Skrupel, so schlecht über meine Eltern zu denken und meinte manchmal schon, ich würde das herbeifantasieren. Dass aber alles haargenau so stimmte, wie ich es ahnte und auch träumte, hat mir sehr viel Selbstvertrauen zurückgegeben.
Es liegt eine Chance darin, die du ergreifen solltest. Ob jetzt oder später. Sicher kann man sagen, alte Leichen soll man lieber begraben lassen aber sie liegen in deinem Keller und du solltest wissen, was du da mit dir herumträgst. Wann der geeignete Zeitpunkt dafür ist, ist eine andere Sache, das wirst du dann schon spüren.

Gruß von

Thomas
Betroffene für Betroffene

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Conny37
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von Conny37 »

Vielen Dank für eure Antworten.

Thomas, deine Sichweise ist für mich sehr interessant. Ich habe eine klare Aussage eines Familienmitgliedes, die aber auch nur durch Therapie zur Erinnerung kam. Und bei der das auch noch im Alter von ca. 12 Jahren auftrat. Bei mir jedoch vermute ich- dass ich entweder nichts oder nur in sehr jungen Jahren (bis ca. 04 Jahren) mit dem Thema zu tun hatte.

Das für mich schlimmste daran ist, auf einmal über einen Menschen- den ich grenzenlos liebte - solche schrecklichen Dinge zu erfahren. Andererseits gibt es keine "echten" Beweise dafür. Und der "Täter" ist schon lange verstorben.

Sicherlich gibt es damit das erste mal Erklärungen dafür- warum bei uns in der Familie immer alles so chaotisch war. Und es würde auch meine Sehnsucht nach totaler Harmonie in eine andere Sichtweise rücken.

Wie auch immer- ich habe einfach Angst davor, dass es wahr sein könnte.

Es grüsst euch
Conny
Conny37
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von Conny37 »

Ach...ich habe noch einen wichtigen Punkt vergessen.

Wut.

Wut kostet Kraft. Wo soll ich die hernehmen? Wenn ich das angeblich Geschehene akzeptieren soll, müsste ich Wut und Zorn empfinden, über die derart unfassbaren Dinge.

Gruss
Conny
sewi
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von sewi »

dann empfinde es, es steht dir zu. aber bitte nicht im forum, hier ist bekanntlich kein platz für sowas.
Conny37
Beiträge: 244
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von Conny37 »

Hi Sewi- altes Haus!

Na, Langeweile? *lach*
Conny
sewi
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Registriert: 15. Feb 2013, 23:02

Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von sewi »

hi conny...
tja.
wenn du ein geübter depri bist, dann hältst du deine wut im forum im zaum.
sonst bekommst auch du eines tages ein mahnmal, zur abschreckung für andere.
malin
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von malin »

Hallo Conny,
ich denke auch -ohne da fundiertes Wissen zu haben-, daß es durchaus möglich und "normal" ist, daß man sich an frühkindl. Traumatisierungen nicht oder nur ungenau erinnern kann.
Ich bin z.B. mit etwa neun Jahren überfallen und ca. anderthalb Stunden festgehalten worden. Was da aber genau passiert ist, weiß ich bis heute nicht; erst hatte ich es völlig verdrängt, es kam erst nach der traumatischen Geburt meiner Tochter wieder hoch, da konnte ich mich wieder daran erinnern, daß etwas gewesen ist, aber ich weiß einfach nicht, was eigentlich in den anderthalb Stunden war.

Es ist schon ein unheimliches Gefühl, zumal meine "unangemessenen" Reaktionen auf heutige Problemsituationen -gerade was meinen Körper, Operationen, etc. betrifft- darauf hindeuten, das da nicht wirklich gute Sachen gelaufen sind, die mein Körper wohl gespeichert hat.
Und diese Erinnerungen kommen hoch, aber sie sind so diffus und gleichzeitig real, daß ich manchmal nicht weiß, ob es besser wäre, ich könnte mich erinnern oder die Sache ohne genaue Erinnerungen verarbeiten zu können, wenn das überhaupt geht.

Außerdem kann ich mich kaum an Dinge erinnern, die vor dieser Zeit liegen, da habe ich riesige schwarze Löcher...
Meine allerersten Erinnerungen sind erst in der ersten Klasse, da war ich schon sieben Jahre alt, irgendwie ist das doch auch merkwürdig, oder?

Aber vielleicht ist es besser, wenn gewisse Sachen nicht bewußt sind? Auf der anderen Seite begleiten mich die Gefühle und meine Kindheitsbasis ja doch immer...
Und nun?

Liebe Grüße
Nele
Conny37
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von Conny37 »

Genau das... und nun?

Was sollen wir damit anfangen? Am liebsten wäre mir eigentlich, ich hätte es gar nicht erfahren. Aber es ist nun mal nicht rückgängig zu machen. Und ich weiss erst seit meinen Recherchen im Internet seit ein paar Tagen, dass es solche Verdrängungsmechanismen gibt. Mein Mann hat gesagt- so ein Quatsch, daran müsstest du dich doch erinnern. Und wenn nicht?

Ich weiss zumindest, dass wenn ich noch einmal so krank werden sollte, es da einen dunklen Punkt gibt. Vielleicht ist das doch eines Tages einmal hilfreich.

Übrigens hatte ich nie mit irgendwelchen Alpträumen oder unbestimmten Ängsten zu tun. Oder Flashbacks. Deswegen trifft es mich ja so unvorbereitet.

Mir hilft es aber schon, hier drüber "reden" zu können, wem kann man sonst SOWAS erzählen?

Lieben Gruss
Conny
sewi
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von sewi »

versuchs mal mit einer hypnose-therapie
sadhappy
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von sadhappy »

Hallo sewi,

hast Du schon Erfahrungen mit Hypnose-Therapie gemacht?
Mir ist dieser Gedanke auch schon gekommen, nur habe ich Angst davor. Andererseits möchte ich aber wissen, was mich da ständig beschäftigt und mich einfach nicht in Ruhe lässt.

Gruß sadhappy
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tomroerich
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von tomroerich »

Warum sollte hier kein Platz für Wut sein, sewi? Nur für umgeleitete Wut ist hier kein Platz. Sie sollte schon das treffen, was man meint und nicht irgendwelche Leute, die damit nichts zu tun haben.

Thomas
Betroffene für Betroffene

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sewi
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von sewi »

ja, genau, thomas.
Conny37
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von Conny37 »

Na- wer war denn da noch so lange auf?

An Hypnose habe ich auch mal kurz gedacht, es aber wieder verworfen. Es ist mir einfach unheimlich. Im moment bin ich jedenfalls noch nicht bereit, das aufzuarbeiten. Und ich glaube auch wie du Thomas, das es vielleicht einen Zeitpunkt gibt, an dem ich es kann oder muss. Geht es dir denn besser, seit dem du Einzelheiten weisst bzw. Verdachte bestätigt bekommen hast?? Wie bist du denn mit der Wut umgegangen, die sich eigentlich unweigerlich bei solchen Dingen einstellt?

Liebe Nele.
Was dir passiert ist hört sich auch nicht so toll an. Und das mit den ganzen Lebensabschitten, die aus dem Gedächtnis verschwinden, habe ich auch gelesen. Aber auch, dass man eigentlich nie richtig Gewissheit bekommen kann, da es ja keine rationalen Beweise mehr gibt.

Komischerweise glaube ich aber an Fügung, und damit auch daran, dass ich es erfahren sollte. Also muss ich auch einen Weg finden, damit umzugehen.

Es grüsst euch alle
Conny
tomroerich
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von tomroerich »

Hallo Conny,

wie ich schon sagte, das Wissen um die Geschehnisse in meiner Kindheit hat mir geholfen, mich selbst besser zu verstehen und zu begreifen, warum ich in manchen Punkten einfach nicht mit mir selber klarkomme, immer wieder in die gleichen Fallen tappe oder warum ich Gefühle habe, die ich selbst nicht verstehe und die ich auch nicht als angemessene Reaktion auf einen Reiz von außen begreifen kann. In der Vergangenheit zu leben ist etwas sehr Zerstörerisches- es hält einen davon ab, jetzt leben zu können. Und man lebt in der Vergangenheit, solange man nicht versteht. Dabei ist das Verstehen nur der erste von 3 Schritten. Danach kommt das Betrauern (wozu auch die Wut gehört) und schließlich das Loslassen. Erst dann kann man frei sein und kann anfangen, sein Leben so zu leben, wie es sich im Augenblick darbietet.

Wut hatte ich kaum, eher sehr viel Traurigkeit und es war schwer, die zu überwinden. Heute denke ich, alle beteiligten Personen sind Täter und Opfer zugleich. Niemand liebt sein Kind nicht aus freiem Entschluss sondern aus Unfähigkeit. Die Schuldfrage zu stellen ist nur so lange sinnvoll, bis man auseinander sortiert hat, was zu einem selbst und was zum anderen gehört. Danach ist alles nur noch ein Ereignis, das sich nicht mehr rückgängig machen lässt und alle negativen Gefühle, die man nicht loslassen kann, binden einen weiterhin an die Vergangenheit. Wenn man verzeihen kann, ist das ein großer und wichtiger Schritt vor allem für einen selbst.

Du kannst dir ja die Zeit nehmen, die du brauchst um dich damit zu befassen. Die Vergangenheit holt dich ein, wenn es soweit ist. Fügung mag das richtige Wort dafür sein. Mein Erlebnis mit dem Kindermädchen war sicherlich eine Fügung, wenn man nicht gerade an irre Zufälle glaubt.

Nase in die Sonne halten!
Einen schönen Restsonntag wünscht allen

Thomas
Betroffene für Betroffene

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flora80
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von flora80 »

Hallo Thomas!
Du schreibst:
"In der Vergangenheit zu leben ist etwas sehr Zerstörerisches- es hält einen davon ab, jetzt leben zu können. Und man lebt in der Vergangenheit, solange man nicht versteht. Dabei ist das Verstehen nur der erste von 3 Schritten. Danach kommt das Betrauern (wozu auch die Wut gehört) und schließlich das Loslassen. Erst dann kann man frei sein und kann anfangen, sein Leben so zu leben, wie es sich im Augenblick darbietet."
Das macht mich irgendwie Nachdenklich. Ich weiß sehr genau, was mit mir passiert ist und dachte auch bisher, dass ich es verstanden hätte, aber trotzdem lebe ich in der Vergangenheit und bin nach wie vor sehr, sehr wütend und traurig. Über den Schritt komme ich irgendwie nicht hinaus... Aber ich würde so gerne weiter gehen...
Verzeihen... Das kann ich irgendwie nicht. Muss ich wirklich verzeihen können, um zu einem aushaltbaren Leben zu gelangen und im hier und jetzt leben zu können?
Meine frühkindlichen Traumata kenne ich nur aus Erzählungen, meine späteren sind mir sehr präsent, manchmal zu präsent. Aber ich kann nicht verzeihen, auch wenn ich weiß, wie viele Dinge zu stande gekommen sind und warum sich dieser oder jener so verhalten hat, wie es war. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur bisher zu unsortiert an die Dinge heran gegangen. Bei mir geht immer alles durcheinander: Trauma Nr.1 vermischt sich plötzlich mit Trauma Nr.2 und von da komm ich dann auf Trauma Nr.3 und 4.... Wie ich mehr Klarheit in mein denken bekommen soll, das weiß ich allerdings nicht. Mein Therapeut hat sich immer bemüht, mich von solchen "Sprüngen" wieder zum Ausgangsthema zu führen, aber ich habe immer das Gefühl, dass alles gleich wichtig ist und ich nicht zuerst das eine und dann das nächste bearbeiten darf... Sehr verwirrend das alles.

Liebe Grüße,

flora
tomroerich
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von tomroerich »

Hallo Flora,

ich glaube tatsächlich, dass man mit seinen Gefühlen "hängenbleibt", solange man nicht verzeihen kann. Denn das heißt einfach, dass man innerlich nicht wirklich im Reinen ist und den Schmerz nicht loslassen kann. Dann ist das eben noch nicht so weit bei dir- man muss das Verzeihen ja wirklich innerlich so meinen, es nur zu sagen hilft natürlich nicht. Wenn man innerlich wirklich frei geworden ist von etwas, dann hat man eigentlich automatisch verziehen, das eine bedingt das andere. Und verzeihen heißt für mich auch nicht, den anderen von Schuld und Verantwortung freizusprechen denn wir wissen sowieso nie, ob jemand schuldig und verantwortlich ist. Was wir wissen ist, wie wir als Betroffene fühlen- ob wir Groll und Wut überwunden haben und ob wir auch darauf verzichtet haben, auf Wiedergutmachung zu warten. Die kommt in den seltensten Fällen- meist ist nicht einmal Einsicht zu erkennen.

Das christliche Gebot der Vergebung ist eine tiefenpsychologische Erkenntnis und nicht das Gebot eines externen Gottes, mit dem wir gegängelt werden sollen, damits friedlicher wird in der Welt. Das Verzeihen nützt dem Opfer am allermeisten.

Viele Grüße von

Thomas
Betroffene für Betroffene

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flora80
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von flora80 »

Hallo Thomas!
Vielen Dank für die Antwort.
Es fällt mir tatsächlich sehr schwer, keine Wut mehr zu empfinden und nicht mehr auf "Gerechtigkeit" zu warten.... Wahrscheinlich bin ich wirklich noch nicht so weit. Vielleicht brauche ich einfach noch Zeit. Noch mal danke!

Flora
artemis
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Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von artemis »

Hallo Flora und Thomas,
ich habe gerade mal wieder ganz viel für mich aus euren Postings mitgenommen. Danke!
Ich denke, erkennen was gewesen ist, was das mit/aus einem gemacht hat, alles noch mal durchleben und durchfühlen und anschließend richtig einzuordnen (ich hassen den Ausdruck integrieren) ist wichtige aber auch schwere Arbeit an einem selbst. Wenn die aber wirklich abgeschlossen ist, dann ergibt sich der Schritt zum Verzeihen/Vergeben fast zwangsläufig und von selbst. Denn dann kann mir das Erlebte nichts mehr anhaben, mich nicht mehr ungewollt beeinflussen, ich stehe über diesen Dingen und kann großmütig sein.
Der Weg zwischen erkennen und verarbeiten kann sicherlich mehrfach hin und her führen insbesondere, wenn mehrere Trauem im Spiel sind. Aber ich glaube, es ist sinnvoll Trauma für Trauma abzuarbeiten, immer das was gerade am vordergründigsten ist. Von wichtig will ich da nicht reden. Aber das, was man gerade angefangen hat zu bearbeiten, da sollte man auch bei bleiben und sich nicht von einem anderen auf einen "Nebenkriegsschauplatz" führen lassen. Durch das Springen zwischen mehreren Traumen bleibt man vielleicht bei allen immer nur an der Oberfläche, wärend das Abschließen eines Traumas einem vielleicht hilft bei den anderen "schneller/effektiver" zu sein.(?)
Nun, ich mag meine Kindheitserlebnisse gar nicht mit euren vergleichen. Sie waren eigentlich relativ harmlos, trotzdem haben sie mich beeinflußt und spielen zusammen mit meiner Veranlagung. Aber vergleiche diesbezüglich sind eh blöd. Den "Kinderkram" habe ich, glaube ich, völlig erkannt und auch weitgehen be- und verarbeitet. Was noch bleibt, ist etwas jungen Erwachsenenjahren... Aber das gehört nicht mehr hier her.
Liebe Grüße von
Arte
ElkeK
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Registriert: 7. Mai 2004, 12:00

Re: Frühkindliche Traumatisierung

Beitrag von ElkeK »

Hallo Conny,
habe zufällig deine Anfrage gelesen. Bin Sozialpäd. und befasse mich mit Traumatisierung. Wenn deine Frage noch aktuell ist, d. h. noch nicht beantwortet, biete ich dir gerne Unterstützung an... Könnte dir auch einige gut verständlich geschriebene Literatur empfehlen.
Viele Grüße
Elke
Conny37 schrieb:
> Hallo!
>
> Vielleicht hat ja jemand Erfahrung damit. Ist es möglich, dass man in der Kindheit ein oder wiederholt traumatisierende Ereignisse hatte- sich aber absolut in keinster Weise daran erinnern kann?? Dass diese also erst durch eine Psychoanalyse zu Tage kommen, vorher aber absolut aus dem Gedächtnis verschwunden sind??
>
> Danke schon im voraus für eine Antwort!
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