"Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

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sonnenblume71
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"Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von sonnenblume71 »

,Guten Morgen,
... dieser Ausspruch einer Freundin beschäftigt mich seit gestern Morgen!
Ich hatte gestern Morgen einen Blutdruckanstieg, der Todesangst bei mir auslöst. (Ich habe das seit einem Jahr immer mal wieder, die Panik, in dem Moment, wird nicht weniger. Ich mache mir dann Sorgen, dass mein Sohn mich tot auffindet, ich bin alleinerziehend…). Oft stehe ich es alleine durch, laufe an der frischen Luft, trinke viel Wasser und nehme eine ½ Tavor, die mein Hausarzt für solche Fälle verschrieben hat. Gestern Morgen bin ich zu einer Freundin, die im gleichen Haus wohnt, gegangen und habe ihr weinend meine Ängste geschildert Wir haben über die Angstspirale gesprochen. Im weiteren Verlauf des Gespräches sprach sie von meiner sensiblen Wahrnehmung ihrer Befindlichkeit und sagte dann – für mich vollkommen unerwartet: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!".
Ich habe dann gesagt, ja, das tue ich, danke für deine Hilfe und habe mich recht schnell verabschiedet.
Jetzt grübele ich darüber, ob mein Selbstmitleid, der Grund für meine Depression ist.
Ich hasse den Zustand, der erhöhten Selbstaufmerksamkeit in der Depression, alle körperlichen Symptome machen mir auf einmal mehr Angst und ich bin stärker wie sonst auf mich bezogen.
Durch die Aussage, dass ich mich selbst bemitleide, fühle ich mich jetzt noch schlechter und unfähiger, was mein Selbstmitleid nicht grade verringert.

Liebe Grüße

Sonnenblume
Leben heißt, nicht zu warten bis der Sturm vorbeizieht, sondern, zu lernen im Regen zu tanzen!
Peter1
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Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von Peter1 »

Hallo Sonnenblume
Hast du deinen Blutdruck gemessen, oder hattest du nur das Gefühl,das der Blutdruck steigt?
Dein Selbstmitleid ist auch ein Symptom der Depression. Nebenbei ist die Sorge, das dein Sohn dich Tot in eurer Wohnung findet, ja wohl sehr gut nachvollziehbar. Welche Mutter möchte schon ihrem 12 jährigen Sohn so einen Schock verpassen?
Ich bin kein Arzt, aber ich tippe mal auf eine Tachykardie. Dabei sinkt der Blutdruck, wegen Dehydrierung, und der Puls steigt rasant an. Das ist laut meinem Hausarzt eigentlich ungefährlich, wenn es nur selten auftritt. Ich würde es trotzdem zeitnah mit meinem Hausarzt besprechen. Wenn es öfter auftritt, könnte es ein Zeichen für einen nahenden Herzinfarkt sein.

Alles Gute und Schöne Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
sonnenblume71
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Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von sonnenblume71 »

Hallo Peter,
mir wird dann schwindlig, mein Puls rast und dann habe ich den Blutdruck gemessen.
Ich war beim Kardiologen, alles gut, bis auf zu hohen Blutdruck. Ich nehme auch blutdrucksenkende Mittel!
Gibt es auch Tabletten gegen Selbstmitleid ;)?
Ich versuche gegen mein Selbstmitleid anzukämpfen, es gelingt mir aber nicht immer?
Welche Strategien hast du / habt ihr?
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Peter1
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Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von Peter1 »

Hallo Sonnenblume
Hängt dein Selbstmitleid vielleicht mit einem zu geringen Selbstwert Gefühl zusammen?
Rufe dir mal vor Augen, was du schon alles vollbracht hast. Du hast einen sehr interessanten Beruf. Du hast deinen Sohn alleine groß gezogen, und versuchst ihn zu einem wertvollen Mitglied unserer Gesellschaft zu machen. Du führst trotz Depressionen deinen Haushalt. Du hast allen Grund stolz auf dich zu sein.
Ich lobe mich, auch für die kleinen Sachen, die ich während einer depressiven Phase schaffe, und ich habe angefangen, alles, was ich an solchen Tagen geschafft habe aufzuschreiben. So kann ich es besser überblicken.
Das mit dem Blutdruck würde ich mit meinem Hausarzt besprechen.

Chapeau Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
sonnenblume71
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Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von sonnenblume71 »

Danke dir, Peter! Ja, in manchen Bereichen ist mein Selbstwertgefühl gering, in anderen schon gut. Zum Beispiel weiß ich, dass ich die Fähigkeit besitze, auch zu sog. verhaltensauffälligen Kindern eine Beziehung aufzubauen und ihnen Verständnis gegenüber aufbringe, dabei hilft mir sicher auch, dass ich selbst ein wenig "bluna" bin. Ich freue mich auch darauf, wenn ich wieder arbeiten kann. Okay, wenn Paul schreit, du bis so ein armes Würstchen, schreibe ich ihm auf, dass ich es nicht bin. Ich danke dir, dass du Anteil nimmst!
Wie geht es dir?
Liebe Grüße
Sonnenblume
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sonnenblume71
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Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von sonnenblume71 »

Guten Morgen Bittermandel,
auch dir danke für deine Worte! Ja, ich werde es entweder mit meinem Hausarzt oder mit dem Kardiologen besprechen!
Ich wünsche euch einen guten Morgen
Liebe Grüße
Sonnenblume
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Unhappy38

Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von Unhappy38 »

Liebe Sonnenblume,

ich finde die Aussage auch unpassend aber das kann halt passieren bei Menschen, die nicht nachvollziehen können, was du da gerade durchmachst. Meine Freundin hat letztens auch zu mir gesagt, "Dann trenn dich doch einfach!". Ich sagte ihr daraufhin "Dann hör doch einfach auf zu rauchen!", woraufhin wir uns geeinigt haben, dass es eben nicht immer so leicht ist, wenn man selbst betroffen ist:). Deine Freundin hat das sicher nicht böse gemeint, versuch es nicht überzubewerten.

Ich sehe es wie Peter, du hast vieles, worauf du stolz sein kannst!

Liebe Grüße,
Unhappy
Monchen12345
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Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von Monchen12345 »

Hallo Sonnenblume,

Wie du schon schriebst: erhöhte Selbstaufmerksamkeit bei körperlichen Beschwerden gehört leider dazu. Auch dass man das Ganze dann noch katastrophisiert.
Ich finde es vorübergehend auch nicht schlimm. Erschrecken tuen mich nur die Menschen, die sich darauf ausruhen und nicht weiter entwickeln.
Im btz hatte ich einem Mitteilnehmer, der immer wieder erzählt hat, wie schlecht es ihm geht und dass er ja einen Schicksalsschlag hatte. Ja, den hatte er wirklich, aber das war inzwischen 12 Jahre her.
Eine ehemalige Kollegin hat halt auch immer erzählt wie schlecht es ihr geht, dass sie mal was tuen müsste, aber es ist nie etwas passiert.
Du scheinst ja dagegen anzugehen, dann ist es aktuell so, aber es wird auch wieder besser werden.
LG, Monchen
sonnenblume71
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Registriert: 17. Sep 2019, 08:13

Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von sonnenblume71 »

Ihr Lieben,
ich danke euch für euer Worte! Das Selbstmitleid kann jetzt mal schön an sich selbst leiden, ich werde jetzt mit meinem Sohn Französisch üben und dann einen Spaziergang in der Sonne machen.
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Katerle
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Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von Katerle »

Genau sonnenblume, mach das so. Finde Selbstmitleid auch nicht gefährlich, wenn es nicht dauerhaft erfolgt. Einen Spaziergang machen wir heute auch noch. :)

Liebe Grüße
Katerle
GiseEli
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Registriert: 9. Sep 2018, 11:20

Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von GiseEli »

Guten Tag sonnenblume,

Panikattacken mit all den damit verbundenen Körpersensationen sind einfach schwer auszuhalten. :mrgreen: Das ist Fakt.
Da tröstet einen dann in dem Moment auch nicht, dass es durchaus viele Menschen mit Ängsten gibt, aller Couleur.

Mich selber tröstet dann im Moment oft, wenn mir jemand ruhig und liebevoll zuhört, und ganz oft auch so eine liebevolle Umarmung. Gott sei Dank gibts durchaus Menschen in meinem Umfeld, mit denen ich mich, wir uns gerne umarmen.

Ich glaube, die Nachbarin/Freundin hat einfach etwas überfordert reagiert.
Vielleicht gelingt es dir, das nicht allzu krumm zu nehmen.

Und ganz allgemein ist mein Credo immer____doch, man darf jammern, man darf heulen, man darf sich beklagen, man darf von den Schicksalsschlägen sprechen.......ABER , wie von meinen VorposterInnen schon gesagt wurde, Jemand, der nur noch klagt und jammert, wie schlimm die Welt ist.....lebt auch an der Welt vorbei, also auch an allem Schönen, das die Welt zu bieten hat.

Heute ist Totesonntag, und ich habe vorhin meine Lieblingsfreundin auf dem Friedhof besucht.
Das hat gut getan, war traurig, auch andere Verluste habe ich indirekt betrauert, hatte Tränen in den Augen.
Es waren ja 6 Todesfälle in den letzten 3 dreiviertel Jahren.

Es ist gut, wenn man Unterstützung hat im Umfeld, bei Trauer oder Panikattacken.
Aber leider ist es so, dass das Umfeld nicht immer so reagiert, wie man es jetzt direkt bräuchte.

Meine Erkenntnis für mich ist: auch ich selber reagiere nicht immer optimal für meine Freunde, Bekannten und Nachbarn, weil das gar nicht geht....weil ich auch nur ein Mensch bin, mit begrenzten Ressourcen etc.

Lass dich nicht ins Bockhorn jagen, liebe sonnenblume.
Ein wenig Selbstmitleid ;) tut der Seele gut.
Zuviel Selbstmitleid ist soviel wie : es sich im eigenen Elend bequem einzurichten

Hierzu gabs schon mal nen sehr spannenden Thread :!:

Schönen Sonntag noch
GiseEli
Jeder, der sich die Fähigkeit erhält,
Schönes zu erkennen,
wird nie alt werden.


Franz Kafka
Pépinot
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Registriert: 27. Jul 2019, 14:42

Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von Pépinot »

Hallo Sonnenblume71.

Ich hoffe, Dir geht es jetzt schon ein wenig besser. Im Verlauf meiner dreijährigen Erkrankgung habe ich gelernt, dass man einem Anderen nie wirklich ein Patentrezept gebe kann. Bei jedem sind Ursache und Verlauf der Krankheit etwas anders und auch die Lebenserfahrungen und die Lebensumstände sind unterschiedlich. Ich kann Dir deshalb keine Tips geben, jedoch Dir meine Erfahrungen/Sichtweisen mitteilen.
Zunächst habe ich die Erfahrung gemacht, dass es nicht gut ist, Hilfe im privaten Umfeld zu suchen. Das kann man am Anfang machen, ist auf dauer aber keine Lösung. Man muss immer bedenken, auch unser Leben hätte anders verlaufen können. Und wer weiss ,ob wir im völlig gesunden Zustand so viel Verständnis hätten, wie wir es manchmal von anderen fordern. Ich war immer ein recht sozial eingestellter Mensch. Habe z.B. auch auf dem Arbeitsplatz immer die Schwächeren unterstützt und verteidigt und Verständnis für diejenigen gehabt, die vielleicht -aus welchen Gründen auch immer- nicht so viel leisten konnten. Man weiss nie, was hinter den Leuten steckt. Und trotz dem, als das mit der Depression vor ca. 10/15 Jahren zunahm, habe auch ich oft überlegt, ob das wirklich "so eine richtige Krankheit" ist oder ob die Leute nicht vielleicht doch etwas falsch machen. Heute weiss ich es besser (obwohl, so ganz von Eigenverantwortung freisprechen, kann ich mich bis heute nicht . - aber das gilt nur für mich). Was ich meine ist, es ist schwer für einen psychisch kerngesunden Menschen diese Krankheit zu verstehen. Und ja, das kann dann auf dauer für diese Leute auch zur Belastung werden. Denke immer daran, das sind keine therapeutisch ausgebildeten Menschen. Da werden dann auch mal sachen gesagt, die weh tun können. Damit will ich nicht jedes Vorurteil, jeden blöden Spruch akzeptieren aber , naja ist halt immer nicht so einfach. Mir persönlich hilft es hin und wieder sehr wohl, mich in den anderen hinein zu versetzen, wie wäre ich, wenn mein Leben anders verlaufen wäre, wie würde ich das sehen? Wir sind schließlich alle teils mehr, teils weniger mit althergebrachten Sichtweisen und Denkmetoden aufgewachsen. Und wer weiss, vielleicht legen wir diese in anderen Bereichen gegenüber anderen auch hin und wieder an den Tag?
Lange Rede, kurzer Sinn: Es ist immer besser professionelle Hilfe aufzusuchen. Ich weiss, ich weiss, manchmal braucht man auch das Mitgefühl eines anderen. Von jemanden, der das nicht beruflich macht und einem "Handlungsweisen" von der Tafel abliest. Und über die Krankheit kann man viel lernen, aus Büchern, aber wirklich verstehen, dass ist heute meine Meinung- kann sie nur jemand, der sie selber durchlebt oder durchlebt hat.
Ich perönlich meide es mitlerweile strikt, mit Nichterkrankten aus dem privaten Umfeld über meine Krankheit zu reden. Ich habe kein Problem damit, zu sagen ,dass ich an einer "Depression" (ich halte den Begriff für unglücklich aber dazu vielleicht an anderer Stelle) erkrankt bin (obwohl das Verständnis dafür für einen Mann meinen Alters -48- in unserer Gesellschaft gleich 0 ist- aber darüber reden macht keinen Sinn. Für speziell dieser Situation, in der Du gestern warst ist, wie ich finde, ein/e (ehemalige/r) Mitpatient/in, als Ansprechpartner/in das Richtige. Zugegeben, auch nicht immer ganz einfach, den/die in einer geeigneten Phase anzutreffen.
Ich wünsche Dir viel Kraft und alles erdenkliche Gute!
Peter1
Beiträge: 3399
Registriert: 15. Apr 2018, 12:06

Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von Peter1 »

Hallo
Ich habe gerade gelesen, das das Verständnis der Gesellschaft, für einen an einer depressiven Störung erkrankten gleich 0 ist. Dem kann ich nicht zustimmen.
Ich habe im laufe der letzten zwei Jahre sehr viele, gesunde Menschen kennen gelernt, die sehr wohl Verständnis zeigen, wenn man ihnen erklärt, was die Depression bei einem Menschen bewirken kann. Es kommt ganz darauf an, mit welchen Menschen man redet. Bei Menschen u 40 kann man eher Verständnis erwarten, als bei Älteren. Früher wurden wir so erzogen, das man Gefühle nicht zeigen darf. Psychische Krankheiten hatte man nicht zu haben, oder man wurde als arbeitsscheu hingestellt. Auch spielt manchmal die soziale Stellung eine große Rolle, und vor allem, das Geschlecht. Ich habe das Gefühl, das Frauen, und Menschen mit einer chronischen Krankheit, am ehesten Verständnis aufbringen. Es kommt eigentlich immer darauf an, wie ich es rüber bringe.
Ich wurde einmal gefragt, was ich fühle, wenn ich mich in einer depressiven Phase befinde, meine Antwort war, “Wenn ich dann sage, ich habe einen guten Tag erwischt, möchtest du, so, nicht leben.“

Alles Gute und Schöne Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Pépinot
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Registriert: 27. Jul 2019, 14:42

Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von Pépinot »

@Peter1
Nun gut, ich habe da andere Erfahrungen gemacht.
DieNeue
Beiträge: 5377
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von DieNeue »

Hallo zusammen,
Peter1 hat geschrieben:“Wenn ich dann sage, ich habe einen guten Tag erwischt, möchtest du, so, nicht leben.“
Das finde ich mal eine gute Antwort! So ähnlich erlebe ich das auch. Meinem Bruder ging es auch mal schlecht, er war schlapp, konnte sich zu nix aufraffen,war nur noch müde und konnte nicht mehr gescheit denken. Ein paar Tage lang. Da hat er auch gemeint, wenn es DieNeue immer so geht, das ist ja furchtbar.
Eine Freundin hat auch mal gemeint, dass sie nach ner Woche mit viel Besuch so richtig antriebslos war, das kenne sie so gar nicht... Da dachte ich mir dann "Willkommen in meinem Alltag..."

Ich finde es langsam müßig, immer wieder zu erklären, wie ich so ticke, was bei mir so "anders" ist, wie sich die Depression so auswirkt, denn nach solchen Gesprächen geht es mir meistens nicht besonders gut.
Selbst wenn die Leute sehr viel Verständnis haben und auch wirklich viel wissen und einen gut kennen, so richtig nachfühlen kann man das scheinbar nicht.
Meine Eltern hatten beide einen Burnout und meine Mutter meinte neulich mal "Es ist selten ein Schaden, wo nicht auch ein Nutzen dabei. Immerhin verstehen wir dich jetzt besser..."
Wobei sie auch sagte, dass sie manches sich zwar vorstellen konnte, aber trotzdem erst wirklich verstanden hat, wie man sich damit fühlt, als sie es selber erlebt hat, auch nach dem Burnout. Sie hatte Anfang des Jahres eine Fuß-OP und konnte lange nicht laufen, hat auch immer noch Probleme, und musste/muss deshalb auf vieles verzichten - so wie ich eben auch. Wie frustrierend das ist, konnte sie erst da nachfühlen.

Ich finde es immer schade, dass Leute sich so wenig einfühlen können, aber ich verstehe ja auch nicht alles bei anderen und habe keine Ahnung, wie sich manches anfühlt. Verstehe aber trotzdem mittlerweile wesentlich mehr als früher.

@ Sonnenblume: Ich finde nicht, dass du dich in Selbstmitleid badest. Du schreibst ja, dass du dich da meistens alleine durchkämpfst, du machst zum einen was dagegen, und zum anderen finde ich es auch nachvollziehbar, dass man sich auch mal bei jemandem ausheulen muss. Es ist ja nicht so, dass du ständig bei der Freundin aufschlägst, wenn irgendwas ist. Und Todesangst haben ist einfach richtig scheiße. Von daher find ich den Spruch von ihr auch nicht gerade passend.

Liebe Grüße,
DieNeue
sonnenblume71
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Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von sonnenblume71 »

Guten Abend zusammen,
herzlichen Dank für eure für mich wertvollen Impulse.
Habe mich tatsächlich zum Spazieren gehen aufgerafft, in einem Cafe etwas getrunken, um beim Bezahlen dann zu merken, dass ich meine Geldbörse nicht dabei habe :roll: . Zum Glück kennen sie mich im Cafe (ich kann morgen bezahlen) und zu meinem noch größeren Glück lag meine Geldbörse zu Hause :D .
Ich wünsche euch einen möglichst schönen Abend.
Liebe Grüße
Sonnenblume
Leben heißt, nicht zu warten bis der Sturm vorbeizieht, sondern, zu lernen im Regen zu tanzen!
Insa40
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Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von Insa40 »

Hallo Sonnenblume,

wenn diese „Freundin“ oder andere Leute das nochmal sagen, dann sag einfach „ Ich sage doch zu einem Asthma-Kranken auch nicht: Es ist doch genug Luft da, atme doch einfach“.

Liebe Grüße
Insa
DieNeue
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Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von DieNeue »

Hallo,

... oder zu einem Blinden, er soll mal die Brille aufsetzen.

... oder zu einem Gehörlosen, er soll sich mal ein Hörgerät kaufen. (Sowas in die Richtung hat meine Mutter mal gesagt bekommen, die auf einem Ohr gar nichts hört und auf einem weniger, und folglich nur ein Hörgerät braucht...)

Hab neulich mal einen Artikel gelesen, in dem es auch um so unpassende Sprüche bei Krankheiten geht:
https://sz-magazin.sueddeutsche.de/gesu ... eren-85732" onclick="window.open(this.href);return false;

Ich finde, gerade bei der Sache mit dem Selbstmitleid ist es so, dass man automatisch verunsichert wird, ob man sich jetzt wirklich (zu viel) selbstbemitleidet. Mit dem Spruch kann man ja fast jedes "Jammern" abwürgen.

Liebe Grüße,
DieNeue
sonnenblume71
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Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von sonnenblume71 »

Guten Morgen zusammen,
@Die Neue: Du hast mein Gefühl in Worte gefasst: "Ich finde, gerade bei der Sache mit dem Selbstmitleid ist es so, dass man automatisch verunsichert wird, ob man sich jetzt wirklich (zu viel) selbstbemitleidet."
Genau ich bin verunsichert und schäme mich.
Gegenüber meiner Freundin werde ich mich mit Gefühlsäußerungen zurückhalten. Sie ist selbst in einer schwierigen Lebensphase und ihr sind meine Emotionen wohl zuviel. Die Karten von Emmy McDowell in dem Artikel der SZ haben mich sehr angesprochen, z.B: "Lass den Kopf ruhig hängen. Ich kraul dir gerne den Nacken." Jaaa, das brauche ich manchmal und dann wieder Kopf hoch und weiter kämpfen.
Ich kraul euch mal virtuell den Nacken und wünsche euch einen guten Tag.
Sonnenblume
Leben heißt, nicht zu warten bis der Sturm vorbeizieht, sondern, zu lernen im Regen zu tanzen!
Peter1
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Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von Peter1 »

Hallo Sonnenblume
Warum schämst du dich? Du hast Grund genug, dich zu bedauern. Eine Depression ist kein Pappenstiel, das wissen vor allem die Betroffenen.
Ich würde den Spruch deiner Nachbarin nicht auf die Goldwaage legen, denn auch gesunde Menschen haben ab und zu einen schlechten Tag, und sagt dann Sachen, die er/sie gar nicht so meint.
Als ich drei Tage in der Klinik war, bekam ich aus heiterem Himmel Herzrasen. Die Schwester hat Blutdruck gemessen, 80 zu 60 Puls 195. Der Onkel Doktor kam, und hat noch mal gemessen, gleiche Werte, und sagte „halb so schlimm“. Am liebsten hätte ich ihn in den A... getreten, aber dazu war ich gar nicht fähig.Mittlerweile weiß ich, das es nur eine Dehydrierung war.
Als das Herz zu rasen begann, bekam ich auch Todesangst, obwohl da noch die dunklen Gedanken waren. Ein Teil von mir sagte, „na endlich“, der andere Teil schrie förmlich, „Ich will noch nicht sterben“. Ich finde es ganz normal, wenn man sich in solchen Situationen selbst bemitleidet, zumal du ja auch noch an deinen Sohn denkst. Mit solchen Situationen ist es genau so, wie mit den Depressionen. Wirklich verstehen kann deine Angst in dem Moment, nur jemand, der es selbst schon mal erlebt hat.

Alles Gute und Schöne Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Waldbär
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Re: "Hör auf, dich selbst zu bemitleiden!"

Beitrag von Waldbär »

Hallo Sonnenblume,

du hast in deiner Signatur ja schon das Ziel vorgegeben:

Leben heißt, nicht zu warten bis der Sturm vorbeizieht, sondern, zu lernen im Regen zu tanzen!
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