Weitermachen oder Neuanfangen?

[Sternenreiter]

Wie hängt Depression und Egoismus zusammen?

Für mich oft eine sehr schwierige Entscheidung.
Die immer wieder dazu führt, dass ich alles in Frage stelle.
Wann kann man sich da denn ganz sicher sein?
Habt ihr diese Fragestellungen auch schon gehabt?
Ist es manchmal eine Mischung aus beidem ?

23 Jahre sind wir nun schon verheiratet. Viele Jahre wusste ich nicht, dass mein Mann unter Depressionen leidet. Er auch nicht. Alkohol und übermässiger Freiheitsdrang und agressives Verhalten. Immer wieder. Dann eine Affäre. Auszug, wieder Einzug.
Selbstmordversuch. Therapie.
Ich habe immer alles aufrecht erhalten. Kind erzogen, Haus gebaut, gearbeitet.
Alle paar Jahre wendet er sich komplett ab um sich selbst in ein tiefstes Tief fallen zu lassen, um dann wieder zurück zu kehren. Ganz selbstverständlich. Bei aller Liebe und Kraft. Ab irgendeinem Punkt kommen Fragen wie: Will ich wirklich so Leben? Wann bekomme ich etwas, was zu meinen Bedürfnissen passt? Anerkennung, Liebe, ein Danke, Aufmerksamkeit, Zärtlichkeit, Sexualtät.
Kann man auf Dauer ohne all das Leben? Ob man es will, sicherlich dass kann nur jeder für sich beantworten. Aber Liebe bedeutet doch auch in den schweren Zeiten für den anderen da sein. Gleichzeitig fühlen die aggressiven Zurückweisungen sich einfach nur schrecklich an und man fühlt sich einsam und verloren und oft dann auch wertlos. Mit allem. Manchmal träume ich mich dann zu einem fröhlichen, optimistischen Menschen- irgendwo da draussen. Einen der sich um einen kümmert, wo man sich auch mal anlehnen kann- um dann wieder in die Realität zurück zukehren. Vor allen Dingen wünsche ich mir ein Leben ohne Angst. Immer diese Angst, wenn das Verhalten umschlägt, das es jetzt wieder bergab geht. Nach einem Suiszidversuch, wo ich ihn in letzter Minute gefunden habe, wird auch immer wieder das Traum angeschoben, wenn die Phasen kommen.
Kennt ihr das? Oft schaffe ich es kaum noch meine Wut in Grenzen zu halten. Mein Mann überschreitet einfach alle Grenzen, wenn er depressiv ist- ohne Rücksicht auf Verluste. Doch insgeheim Weiss ich, es wird immer so bleiben und hoffen auf eine bessere Zukunft macht keinen Sinn. Wo hört liebesvolles Verständnis auf und fängt die Selbstaufgabe an?
Die schönen Phasen sind zu kurz um aufzuwiegen und mich aufzutanken. Kennt ihr die grosse Frage- WAS NUR TUN? LG an alle!

[ZimtundZucker]

Also. So viel Erfahrung wie du habe ich nicht. Aber ich glaube, dass man sich als Mann und Frau auf ganz vielen Ebenen begegnen kann. Und dass in der heutigen Zeit viele Beziehungsmodelle möglich sind. Ich habe mich gerade in einen Mann mit Depressionen verliebt. Meine Idealversion wäre eine exklusive Freundschaft plus. Die eigenen Bedürfnisse so lang zurück zu stellen, macht auf die Dauer unzufrieden und agressiv, denke ich. Alles Gute!

[Stefan_67]

Hallo,

ich kann dich gut verstehen. Eine Lösung habe ich aber auch nicht. WAS NUR TUN???? Ja, diese Frage habe ich mir auch sehr oft gestellt.
Meine Frau ist Depressiv. ISt siet Anfang des Jahres in Behandlung und war auch schon 6 wochen zur Reha.
Es hört sich blöd an, aber seit dem ich weiß was sie 'hat' geht es mir besser. Ich kann sie besser vestehen wie sie handelt. Ich kann versuchen sie bei einigen Entscheidungen zu unterstützen, bei anderen genauer zu hinterfragen.
Dein Punkt mit der Liebe, Zuneigung, ect. das hat mir fast den Verstand geraubt. Ich habe öfter mit dem Gedanken gespilet mich zu trennen. Meine Frage war immer: wofür mache ich das alles hier??? Ein Punkt warum ich es nicht gemacht habe waren die Kinder und die Hoffnung.
Therapie, Reha und nun Nachsorge haben uns gut getan. Ich weiß nun beser wie und was meine Frau denkt. Ihre 'schlechten' gedanken. Ich kann dagegen steuern, die auf positiveres Denken bringen. Wir haben dadurch gelernt uns mehr mit einander zu beschäftigen.
Was ihr immer noch schwer fällt und was sie mir auch gesagt hat das ist mir persönlich zu sagen was sie für mich fühlt. Sie zeigt es mir anders, ich sage wie ich es auffasse und so kommen wir auch über dieses Thema ins Gespäch.
Eine sehr intensive und positive Zeit gerade.
Was ich eigentlich sagen möchte ist das wenn sich dein Mann in Behandlung gibt und er es annimmt in meinen Augen es lsich lohnt nochmal alles zu überdenken.

Grüße

Stefan

[Viginia]

Wann bekomme ich etwas, was zu meinen Bedürfnissen passt? Anerkennung, Liebe, ein Danke, Aufmerksamkeit, Zärtlichkeit, Sexualtät.

Gesetzt den Fall, Du wüsstest, dass Du das nie/nicht mehr von diesem Mann bekommst.
Was würdest Du mit Dir machen, wenn Du die Aufgabe hättest, es Dir gut gehen zu lassen?

[DieNeue]

Hallo Stefan,

ich finde, die Entwicklung bei euch hört sich gut an.

Was ihr immer noch schwer fällt und was sie mir auch gesagt hat das ist mir persönlich zu sagen was sie für mich fühlt. Sie zeigt es mir anders, ich sage wie ich es auffasse und so kommen wir auch über dieses Thema ins Gespäch.

Vielleicht hilft euch bei dem Thema das Konzept der "5 Sprachen der Liebe" weiter, falls ihr das noch nicht kennt.
Hatte das in diesem Thread hier mal beschrieben:
https://www.diskussionsforum-depression ... be#p512284" onclick="window.open(this.href);return false;

Liebe Grüße,
DieNeue

[Stefan_67]

ja, das Buch ist mir bekannt, meine Frau wollte es damals nicht lesen wo ich es gelesen hatte. Ihr Blickwinkel war ein anderer, was sicherlich an ihrer Krankheit liegt (war da aber noch nicht diagnosiziert)
Aber Danke das du es mir nochmal in Erinnerung rufst. Das gibt mir dann auch nochmal die Möglichkeit die Situation anders zu betrachten.

[Sternenreiter]

Stefan, danke. Das ist mal ein Lichtblick.

Euch allen viel Kraft!
Viele Grüsse!
Bärbel

[Chrissi11]

Hallo Sternenreiter,

als ich deinen Beitrag gelesen habe, bin ich innerlich sehr wütend geworden, wahrscheinlich ein Spiegel deiner Wut auf deinen Mann.
ich war mit meinem nur 7 Jahre zusammen, wir haben gebaut etc. ich habe nicht so lange durch gehalten.
Frage dich doch, was sich in den 23 Jahren geändert hat? Was hat die Therapie bewirkt? Wie sieht dann die Prognose für eine weitere Änderung der Situation aus?
Bei meinem Ex war es am Ende nicht nur eine Depression, sondern narzisstische Charakterzüge, die dem ganzen zugrunde lagen. Das ist mit einer Depressionsbehandlung nicht veränderbar. Aber solange er und sein Therapeut das nicht erkennen, wird er so bleiben und ich hab für mich die Reißleine gezogen. Ich bin mir wichtiger als ein schönes Haus und eine zusammengestoffelte Familie (obwohl ich mir die immer gewünscht habe) und möchte nicht bis ans Ende meines Lebens vollgemeckert werden und runtergeputzt. Das bin ich nicht wert. Und du solltest dir überlegen, was du dir wert bist und wie lange du dich noch schlecht behandeln lassen willst.
Wenn es nämlich am Ende nicht "nur" eine ständig wiederkehrende Depression ist, sondern auch noch eine schwierige Persönlichkeit, ist die Behandlung viel schwieriger und langwieriger. Vielleicht hat sich auch seine PSK auch schon durch die ewigen Depressionen verändert. Wer weiß.
Du wünschst dir einen optimistischen Menschen an deine Seite, ich sage dir was: die laufen da draußen rum, die sind nicht perfekt, wer ist das schon, aber ich habe einen kennengelernt. Das soll jetzt kein Aufruf sein, nicht um eine Partnerschaft zu kämpfen. Das ich habe ich über die Maßen getan. Nur muss man seine Grenzen erkennen und wahren, sonst stürzt man am Ende mit ab. Ich wünsche dir alles Gute und den Mut den Weg zu wählen den du gehen möchtest. Für keine deiner Entscheidungen ist es je zu spät.

[Monokel]

Liebe Alle,

ja, ich kenne diese Fragen auch-vielleicht gibt es einen Mann, der zu meinen Bedürfnissen passt. Mein Mann sagt mir ja direkt, dass er meine Erwartungen nicht erfüllen kann. Na toll.

Aber seit wir in unserer Ehekrise stecken-das sind jetzt schon einige Monate, haben wir gelernt, besser miteinander zu reden. Das ist der absolute Kernpunkt. Offenheit, eigene Wunden zeigen trauen, Zuhören, echtes Interesse am Anderen und wenn es geht, über Gefühle sprechen.
Das ist gar nicht einfach, aber ich verstehe meinen Mann jetzt besser und wir haben eine neue Tiefe erlangt. Das ist sehr schön.

Trotzdem: klar hab ich voll Angst, bei der nächsten schlechten Phase dreht er sich weg und ich verlier ihn. Aber das ist erst nächstes Mal. Jetzt ist gute Zeit und die möchte ich mit niemandem anderen teilen. Ich bin immerhin noch die, die er am nächsten an sich dran lässt. Das ist exklusiv und schön.

Mit einem anderen Partner fängst du bei Null an. Was, wenn der zwar zärtlich ist, aber nie die Finger von dir lässt, ständig mit dir schlafen will, permanent danke sagt und dich auf einen Sockel stellt?

Ich wünsch mir auch all das, was du schreibst, Zärtlichkeit, Nähe, Anerkennung, Aufmerksamkeit.
Aber mir wär das schnell zu viel, wenn ich das dauernd hätte.

Ihr seid jetzt schon so weit zusammen gekommen. Was stärkt euch? Was hilft, Krisen zu überstehen, wann geht's euch gut, wo habt ihr schöne Momente? Ich kann dir nur empfehlen :Reden, Reden, Reden und besinnen auf die positiven Aspekte eurer Beziehung: Irgendwo funktioniert ihr ja gut miteinander. Vielleicht könnt ihr das kreieren? Ein neues Projekt? Ein neues gemeinsames Hobby, Zeit ohne Familie , gemeinsame Spaziergänge. Was auch immer.

[pile]

"Zwei Schritte vorwärts, einen Schritt rückwärts. Das ist die Regel der dunklen Welt."
Alundra, 1997

Ein Reisender kann immer nur einen Weg gehen, nie zwei gleichzeitig.

Finde deinen Weg und du wirst die Antwort finden.