Meine Frau hat Erschöpfungsdepressionen / Burnout

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landmensch
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Meine Frau hat Erschöpfungsdepressionen / Burnout

Beitrag von landmensch »

Meine Frau macht mir das Leben zur Hölle.
Seit einiger Zeit ist es offiziell und durch einen Arzt bestätigt und sie wurde krankgeschrieben.
Seit einigen Jahren verändert sich meine Frau schon. Ein richtiger Optimist war sie noch nie, eher pessimistisch eingestellt, aber in den letzten zwei Jahren wurde es immer schlimmer:
Viele unangenehme Dinge und Verpflichtungen blieben so lange liegen, bis es gar nicht mehr geht. Sie wurde immer launischer. Ein kleiner Streit konnte sofort zu 2 Tagen eisigen Schweigens führen. Wenn ich mal was falsches gesagt oder ungeduldig wurde.
Umgekehrt bin ich Mülleimer für alles: Als sie noch arbeitete, war nach ihrer Heimkehr erst einmal Auskotzen angesagt. Oft auch Lästern über andere (dadurch fühlt man sich ja selbst besser). Und wenn sie irgendwas an mir störte, schoss sie gleich scharf. Verletzende Kritik und Herummäkeln war an der Tagesordnung.
Ich bin ein sehr geduldiger Mensch und habe jahrelang eher geschluckt (weil ich ja keine 2 Tage Krieg wollte). Aber wenn mir dann doch mal der Kragen platzte, war das Zusammenleben halt wieder für Tage (einmal sogar 2 Monate) auf "Steuerungssignale" beschränkt, wie "Holst du die Kinder? Was gibts heut zu essen? Bringst du den Müll raus? Wann wollen wir los?".

Seit sie ihre Diagnose anerkennt (sie mag das Wort Burn-out nicht, bevorzugt Erschöpfungsdepressionen), ist es für mich leichter, mit den Gewitterwolken umzugehen. Und ich rede mir immer ein, dass es ja nur ein paar Tage geht, bis es - zumindest - wieder friedlich wird. Zärtliche oder harmonische Tage kann man wahrscheinlich an einer Hand im Jahr abzählen. Dann ist sie ein anderer Mensch (so, wie ich sie vor 10 Jahren kennen gelernt habe).

Das macht mich so traurig! Ich gehe meiner Frau oft einfach aus dem Weg, breche Diskussionen ab ("Aha, du blockst / mauerst mal wieder" ist die sarkastische Antwort), nur, damit es halbwegs friedlich ist. Unsere Kinder rufen öfter "Nicht streiten!", was mir in der Seele wehtut.

Egal wie antriebslos oder erschöpft sie ist - Meckern, Motzen und Streiten geht immer :-(
Manchmal wirft sie mir vor, ich würde ihr die ganze Arbeit überlassen.
Ich denke, das bisschen, was sie tut, kommt ihr wie ein Riesenberg vor und erwartet von mir, dass ich noch mehr mache, weil mir die Arbeit / alltägliche Dinge eben ganz leicht fallen.
Ich arbeite praktisch ausschließlich im Home-Office und, so wie ich das einschätze, übernehme weit mehr häusliche Tätigkeiten als jemand, der 9-5 arbeitet. Meist kocht meine Frau, aber ich mache den kompletten Abwasch / Töpfe / Pfannen und halte die Küche sauber. Morgens mache ich das Frühstück (weil sie so lange zum Aufstehen und Anziehen braucht), bereite das Mitnehmbrot für die Kinder, räume die Spülmaschine aus, oft mach ich den ersten Kaffee. Und wenn ein Wäschekorb herumsteht, hänge ich natürlich auch die Wäsche auf (oft als Aktion mit den Kindern). Alle Fragen zu Computer / Handy etc. übernehme ich auch für sie, nachmittags passe ich auch gerne mal auf die Kinder auf und arbeite lieber abends ab 21 Uhr noch mal, wenn die Kinder schlafen. So kann ich, wen meine Frau genervt ist, die Kinder mal übernehmen, damit sie einen "frischen" Ansprechpartner haben und nicht nur angemotzt werden.
Den Kindern sage ich dann: "Mama hat mal wieder schlechte Laune, wir müssen einfach geduldig sein, bis die Regenwolke wieder weg ist".

Wie gesagt - seit für alle Beteiligten das ganze als "Krankheit" bestätigt ist, kann ich ein bisschen besser damit umgehen und denke nicht mehr so intensiv über Scheidung nach. Ich habe mir vorgenommen, noch mindestens so lange durchzuhalten, bis die Kinder aus dem Haus sind, auch in der Hoffnung, dass die Therapie wirkt und sie wieder gesund wird.
Der Hammer aber war gestern, als sie mir vorwarf, nur weil sie jetzt "krank" ist, das auszunutzen und sie mies zu behandeln. Das ist so verletztend! Nach Jahren des Terrors kann ich halt nicht jede Anfeidung kommentarlos schlucken, das ist richtig! Und ja, ich sage öfter: "Stopp, ich möchte nicht weiter darüber reden", um die Situation nicht wieder eskalieren zu lassen.


Was mir hilft ist folgendes Bild:
Meine Frau ist ein kleiner Sternenzerstörer und ich bin ein großer Planet. Wenn sie angreift, piekst das nur, ich spucke ein bisschen Lava und die Wunde ist wieder zu. Zerstören kann sie mich nicht.
Auf diese Weise schaffe ich es manchmal, das ganze nicht so an mich heranzulassen und die Gewitterwolke zu überstehen (und auch mal eine Ungerechtigkeit unkommentiert zu ignorieren, des Friedens willen).

Neben der Arbeit denke ich mir oft kleine Basteleien aus, "erfinde" kleine nutzvolle oder nutzlose Dinge. Dann bin ich von meiner Idee begeistert und setze sie gleich um (Vorteil des Selbstständig sein, da hat man auch mal Zeit "zwischen den Jobs"). Und das macht meine Frau fuchsig! Sie sagte unlängst, sie habe Angst, mir ihre Ideen zu sagen, weil ich dann immer gleich völlig übertrieben in Aktion trete. Aber hey - natürlich hat sie auch (früher noch mehr) ganz tolle Ideen, aus denen sich was umsetzen lässt! Und ich bin eben ein "Macher".
Wenn ich sie mit meinem Aktionismus blockiere, tut mir das sehr Leid, habe ich ihr auch gesagt. Ich möchte diese Art von Aktion auch einschränken und kann auch darauf verzichten.
ABER: Meine eigenen Ideen kann und will ich nicht stoppen! Das Basteln und Erfinden ist glaube ich das einzige, das mir immer wieder Kraft gibt (neben den Kindern natürlich). Durch den kreativen Output behalte ich mein positives Gemüt bei, und das werde ich nicht aufgeben, um sie zu schonen. Daran würde ich kaputt gehen.
Sie sagt, mit sanfter Kritik könne man mich ja nicht bremsen, also müsse sie (weil sie eine Idee doof findet) so mit mir umgehen, dass es auch bei mir ankommt. Das ist echt hart. Zumal sie ja eine Meinung haben darf, das akzeptiere ich ja auch. Aber nur, weil sie an etwas nicht glaubt und es "Zeitverschwendung" findet, heißt es ja nicht, dass ich es nicht in meiner "Arbeitszeit" nicht doch umsetzen darf! Ich bin ja immer da, wenn was ist, nur vormittags und abends (wenn sie z.B. mal wieder auf dem Handy daddelt oder um 21 Uhr totmüde ins Bett geht), wenn ich grad keinen anderen Job habe, darf ich doch wohl machen, was ich möchte, finde ich. Andere haben ihre Märklineisenbahn oder spielen Computerspiele oder gehen mit Kumpels saufen. Und ich erfinde halt. Solange immer genug Geld zum Leben da ist, sollte ich doch auch neue Ideen ausprobieren. Nicht jede wird erfolgreich, aber doch so manche, von der es keiner gedacht hätte!
(übrigens hat meine letzte nutzlose Erfindung, in die ich ein paar Jahre nebenher gesteckt habe, doch ganz ordentlichen - auch finanziellen - Erfolg gehabt)

Sie geht einmal wöchentlich zu einer Therapeutin. Die Tage danach sind dann eher friedlich. Aber wehe, eine Woche fällt die Stunde aus, dann (so wars jetzt schon 2x) herrscht hier wieder Ungnade, Hass und Verachtung. Mir wird Zeug um die Ohren gehauen, alles was ich halt mal wieder falsch mache.


Eigentlich bin ich ein grundpositiver Mensch (zu optimistisch bis unrealistisch auf meiner Wolke, wie mir meine Frau ständig vorhält). Eigentlich sehr fröhlich, ich tobe gerne mit den Kindern und mache Quatsch.
Doch beim letzten Angriff war ich froh, dass meine Frau das Haus wegen irgendwas für ein paar Stunden verlassen hat, damit ich alleine sein und weinen konnte.


Über Eure Erfahrungen zu hören würde mich freuen.

Landmensch
Viginia
Beiträge: 25
Registriert: 18. Okt 2019, 00:46

Re: Meine Frau hat Erschöpfungsdepressionen / Burnout

Beitrag von Viginia »

Hallo Landmensch!
Das, was Du über Dich von Dir beschreibst, ist wirklich großartig.
Am besten hat mir die Bastelei mit den Kindern gefallen. Nutzlose und nutzvolle Sachen entwickeln... ganz großes Kino - so geht Leidenschaft und Glück!

Deine Frau strengt sich ganz schön an, Dir regelmäßig eins auf den Deckel zu geben!
Ist es ihr wichtig, dass Du nicht zu glücklich und begeistert durch die Weltgeschichte rennst?
Würdest Du sagen, Konkurrenz spielt eine große Rolle bei Euch?

Ich habe spontan die Assoziation, dass sie das auch können möchte, was Du tust. Wahlweise hätte sie als Kind das gebraucht, was Du bei Euren Kindern praktizierst?


Grüße,
Viginia
Sternenreiter
Beiträge: 8
Registriert: 21. Okt 2019, 13:44

Re: Meine Frau hat Erschöpfungsdepressionen / Burnout

Beitrag von Sternenreiter »

Hallo lieber Landmensch,

das ist toll wie Du das mit dem Sternenzerstörer beschrieben hast. Ich sehe da viele Parallelen.
Mein Mann hat immer wieder depressive Episoden und macht mir dann die Welt zur Hölle, auch wenn er nur bedingt was dafür kann. Ich bin auch ein grund optimistischer Mensch. Ich gehe dann in meine Scheune und handwerke oder ich gehe in den Wald mit meinem Pferd. Oft geht es mir dann besser. Mir fehlt aber einfach die gemeinsame Zeit die fröhlich ist. Ich lache sehr gerne und ich fühle mich dann schlecht wenn ich neben meinem traurigen Mann so lustig bin. Aber ich versuche einfach mir das positive fröhliche unbedingt zu bewahren, denn es ist ein Attribut. Viele Grüsse! Sternenreiter
landmensch
Beiträge: 7
Registriert: 13. Nov 2019, 16:41

Re: Meine Frau hat Erschöpfungsdepressionen / Burnout

Beitrag von landmensch »

Hallo Ihr zwei,
Vielen Dank für eure aufmunternden Worte. Tatsächlich habe ich auch das Gefühl, dass meine Frau, immer wenn ich von etwas begeistert bin, möglichst hart dagegen hält, um meine Begeisterung zu dämpfen. Manchmal, wenn ich etwas relativ neutral erzähle, reagiert sie ganz anders. Manchmal ist es mir schon gelungen, etwas, von dem ich eigentlich begeistert bin, wie z.b. ein neues Jobangebot, relativ herunterzuspielen, und er vorsichtig davon zu erzählen. Dann kommt von ihr durchaus auch mal ein "klingt doch gut" oder "mach das!".
Kürzlich war ich mal wieder sehr begeistert, von einer neuen Chance mit potenziellen Folgeaufträgen. Allerdings muss ich dafür erst einiges Neues lernen . Und als ich davon und von dem Potenzial erzählte , hole sie gleich ihr Handy mit Taschenrechner raus , um mir auszurechnen, was für ein mieser Stundensatz das für mich doch wäre, wenn man die Vorbereitungszeit einrechnet.
Dieses Gespräch brach ich dann sofort ab und ging enttäuscht aus dem Zimmer.

Aus früheren Gesprächen weiß ich durchaus, dass sie gerne einiges von meinem Optimismus ab hätte. Aber wenn sie in so einer Phase ist, dann möchte sie am liebsten, dass ich doch endlich mal "realistisch!" wäre.

Sternenreiter: wäre meine Frau einfach nur traurig, könnte ich das glaube ich viel besser ertragen. Dann könnte ich ja einfach nur freundlich, mitfühlend sein und sie ein bisschen verwöhnen. Aber was von ihr herüber kommt ist ja blanker Hass, Unnachgiebigkeit, Unversöhnlichkeit und der ständige Versuch, mich irgendwie zu "dämpfen" (niedermachen), sobald ich von etwas begeistert bin.
Und das ist es, was es mir so schwer macht.
Ich gebe zu, dass ich sehr sehr schnell von etwas begeistert bin. Das mag anderen gefallen oder nicht, aber ich glaube nicht, das jemand das Recht hat, mir diese Eigenschaft zu nehmen.
Liebe Grüße
Landmensch
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