Gefühllosigkeit durch Depression oder Medikamente

[Skygirl77]

Hallo,

ich schreibe heute, weil ich mit meinem Zustand ziemlich ratlos und verzweifelt bin. Seit einigen Wochen bin ich mit einer schweren Depression stationär in Behandlung. Es geht mir sehr schlecht. Nun kommt noch dazu, dass ich seit ca. 2 Wochen so ein lähmender Gefūhl habe,nichts zu fühlen. Nichts Positives und nichts Negatives. Einfach nur abgedämpfte Leere. Ich nehme seit 16 Tagen Venlafaxin und weiß nicht, ob es sich dabei um ein Symptom meiner Erkrankung handelt oder um eine Nebenwirkung des Medikaments. Kennt sich vielleicht jemand damit aus?

Danke und liebe Grüße
Skygirl

[Peter1]

Hallo Skygirl
Herzlich Willkommen, hier im Forum !
Das Fehlen von Gefühlen ist vermutlich ein Symptom deiner Depressionen. Warum sprichst du nicht mit deinem behandelnden Arzt darüber ? Nicht nur der Psychiater, sondern auch deine Therapeuten sind für solche Fragen wesentlich bessere Ansprechpartner, als wir Laien. Mein Psychiater, in der Klinik, hat jedes mal gefragt, „wie fühlen sie sich“? Er wollte immer ganz genau wissen, was ich denke und fühle.
Ich nehme seit einem halben Jahr 300mg Venlafaxin, und meine Gefühle sind eher mehr, als weniger geworden. Bei mir hat es ca 5 bis 6 Wochen gedauert, bis das AD seine volle Wirkung entfaltete.

Alles Gute und Schöne Peter

[Skygirl77]

Hallo Peter,

Danke für Deine Antwort. Ich schätze, dass es wohl vor allem an der Depression liegt. Man weiß ja, dass die Gefūhle im Verborgenen da sind. Ich nehme das Medikament erst 16 Tage. Muss das Gespräch mit der behandelnden Ärztin suchen.
Es ist wirklich kein schöner Zustand, von seinen Gefühlen so abgeschnitten zu sein.

[MsMojo]

Hallo Skygirl,
als bei mir ein Medikamentenwechsel auf Venlafaxin vorgenommen wurde, habe ich mich auch so gefühlt. Das war um die Weihnachtszeit und ich habe rein gar nichts gefühlt, keine Freude, keine Trauer. Die Ärzte wussten auch nicht, ob das die Depression oder das Medikament ist. Aber nach ein paar Wochen Venlafaxin hat es sich gebessert. Ich hoffe, das hilft dir etwas weiter.
LG

[ßßßß]

@Skygirl77

beides möglich, aber so nicht entscheidbar.
eine weiterer punkt ist das stationäre setting. das ist ja eher auf beruhigung, rausnahme aus dem (emotionalen)alltag angelegt. die 'normalen' antrainierten reize fehlen.

[Bittchen]

Hallo Skygirl,

es ist ja auch manchmal von den Ärzten gewollt ,bei einer schweren Depression, von negativen Gefühlen besser abgeschnitten zu sein.
Das kann mit Medikamenten erreicht werden, aber auch eine Nebenwirkung sein,die sich noch bessern kann.
Allerdings heilen Medikamente nicht.
Bei mir war die Gefühllosigkeit auch durch die Depression bedingt,ein sehr belastendes Symptom der Krankheit.
Sehr lange habe ich Ads genommen,auch Venlafaxin sehr hoch dosiert.
Kurzfristig haben mir Medikamente nach der Einschleichphase geholfen,aber dann waren langfristig die Nebenwirkungen ,bei Venlafaxin(Blasenstörungen),nicht mehr tragbar.
Heute lebe ich ohne Medikament und wie ich wieder weinen konnte,war das für mich wie eine Erlösung.
Auch das macht sich bei jedem anders bemerkbar.
Ich war in meinen schlimmsten Phasen wie erstarrt,andere Patienten sind nur am Weinen.
Die Symptome sind da ja sehr weit auseinander.
Lange kognitive Verhaltens Therapie hat mir geholfen langsam meine Gedanken und negativen Erwartungen zu verändern.
Du bist ja in einer Klinik,nutze da die Information auch zur Selbsthilfe,das ist sehr wichtig und ein erster Schritt etwas verändern zu können.

Gute Besserung und liebe Grüße
Bittchen

[Skygirl77]

Vielen lieben Dank fūr alle Kommentare. Und unterschiedlichen Erfahrungen. Heute wurde in der Visite beschlossen, Venlafaxin vorerst abzusetzen und abzuwarten, ob das Gefūhl so bleibt. Ich finde es wirklich so schlimm auszuhalten, gar nichts zu fūhlen. Kamen bei Euch die Gefühle schleichend wieder? Super, wenn es heute ohne Medikamente geht! Ich scheine noch immer in der akuten Stabilisierungsphase zu sein und fūhle mich durch den Gefühlsverlust wie eine andere Person.

[Skygirl77]

@Bittchen

Wie lange hielt Deine depressive Episode an? Sind die Gefūhl ohne Medikation wieder gekommen? Hattest Du auch zeitweilig Angst, sie wären einfach weg?
Ging es Dir ohne Medikamente besser?

Liebe Grüße zurück
Skxgirl

[Bittchen]

Liebe Skygirl,

ich leide an rezidivierenden Depressionen.
Dabei hatte ich immer wieder erneute Episoden,trotz Ads.
Jede Depression ist anders ,auch die Auslöser sind verschieden.
Ich bin in meiner Jugend erkrankt und früher wurden psychische Krankheiten sehr viel mehr stigmatisiert wie heute .
Das Hilfsangebot war auch noch geringer oder nicht vorhanden.
Es gab die Nervenheilanstalt,da wollte aber keiner hin.
Bei mir ist nach der Diagnose ,vor 32 Jahre, durch "NUR" immer wieder andere Medikamente, sehr viel falsch gelaufen.
Damals war ich aber schon lange erkrankt.
Da bin ich kein Maßstab.
Heute sind die Behandlungsmöglichkeiten durch die Psychotherapie sehr viel besser.
Seit dem ich durch die Therapie viel gelernt habe und besser auf mich achte,bin ich nicht geheilt, aber ich kann die depressive Störung akzeptieren.
Zeitweise geht es mir auch gut.
Ja, mir geht es jetzt besser ohne Medikamente,aber ich bin kein Arzt und ich hatte nach dem Ausschleichen eine sehr schwere Krise.
Da möchte ich keine Empfehlung geben.
Bei mir blieben Ads langfristig ohne Wirkung,bzw konnten keinen Rückfall verhindern.
Heute habe ich wieder Gefühle,sie blieben auch damals nur für ein paar Wochen weg.
Das war eine schlimme Zeit und auch ich war da in einer Akutklinik,da meine Gedanken zu dunkel waren.
Gib die Hoffnung nicht auf,es wird wieder besser,du brauchst viel Geduld.
Gute Besserung und liebe Grüße
Bittchen

[Skygirl77]

Ich bin verzweifelt, weil ich nichts mehr fūhle.

[Skygirl77]

Vielen lieben Dank Liebes Bittchen.

Du hast eine lange Leidensgeschichte hinter Dir. Und so viel Kraft um da durch zu kommen. Ich freue mich sehr für Dich, dass Du stabil und wieder emotional bist.

Ich habe große Angst, dass meine Gefūhle weg bleiben. Ich bin eigentlich emphatisch und gefūhlsbetont.
Bin völlig am Boden. Wie soll ich als Mutter ohne Gefūhl für mein Kind sorgen

[Bittchen]

Liebe Skygirl,

du wirst wieder für dein Kind sorgen können ,mache dir darüber keine Gedanken.
Das will dir die Depression einreden und ist ein Symptom der Krankheit,dass du meinst nie mehr was zu fühlen oder geregelt zu bekommen.
Jede Depression geht vorbei,habe Geduld.
Deine Verzweiflung kann ich aber gut verstehen und kenne diese Gedanken auch.
Die Liebe zu deinem Kind ist ein Instinkt und bleibt bestehen, auch wenn du es nichts fühlst.
Wenn nichts mehr ging und ich nur noch rumgelegen habe,aber für meine Kinder konnte ich immer aufstehen.

[Wesley]

Genau aus diesem Grund habe ich alle Medies sofort wieder abgesetzt.

[Skygirl77]

Es ist so grausam, weil ich immer ein Gefühlsmensch war. Ich fūhle mich gar nicht mehr richtig, bzw wie eine andere Person. Ich habe so Angst, dass diese Leere nicht aufhört. Venlafaxin wurde vorerst abgesetzt und ich bin wie taub. Danke Bittchen für Deine lieben Zeilen! Ich will so gern daran glauben, dass das vorbeigeht.

[Aurelia Belinda]

Hallo Skygirl,
Willkommen im Forum.
.....Das darfst du auch, daran glauben.
Es wird wieder der Tag kommen, an dem du wieder fühlen kannst.
Auch ich habe dieses absolute “nichts fühlen“, die unendliche Leere durchgemacht. Wobei ich bis heute gar nicht weiss ob es durch die Depression oder die Medikation war ( die damals noch nicht passte ).
Wie Bittchen sagt, viel Geduld braucht es da leider.
Ich wollte nur nochmal sagen, verliere nicht den Mut und Glauben, es wird wieder besser.

LG Aurelia Belinda

[Skygirl77]

Vielen lieben Dank Aurelia. Dein Beitrag macht mir Mut! Die Krankheitseinsicht war das bitterste, weil ich dadurch so aus meinem Leben gerissen worden bin. Ich muss unbedingt an meiner Geduld arbeiten und Hoffnung finden.

[Bittchen]

Liebe Skygirl,

wir werden alle aus unserm Leben gerissen,wenn wie an einer depressiven Störung erkrankt sind.
Nicht immer ist stationär nötig,das kommt auf den Schweregrad an.
Der erste Schritt ist die Akzeptanz der Krankheit.
Da wirst auch du die Geduld bekommen und besser auf dich achten.
Kleine Schritte machen,da bekommst du in der Klinik gute Anleitung dazu.
Eine Depression heilt nicht so schnell,da gehört auch viel Rücksicht und Verständnis für dich selbst dazu.
Deine Psyche ist krank,die gehört genauso zum Körper wie ein gebrochenes Bein.
Es kann aber auch etwas länger dauern bis die Maßnahmen greifen und dir Erleichterung bringen.
Die Hoffnung darfst du nie aufgeben,es wird auch wieder besser.
Das weiß ich aus eigener Erfahrung,denn so verzweifelt wie du,mit sehr hoffnungslosen Gedanken, war ich auch schon.
Aber ich kam ich aus dem Tief auch wieder raus.

Gute Besserung und liebe Grüße
Bittchen

[Skygirl77]

Liebes Bittchen,

Deine Worte gehen mir sehr nah. Danke Dir von Herzen!
Es ist ein harter Einschnitt im Leben und neben der Akzeptanz, muss ich gerade daran arbeiten, meine Selbstliebe nicht zu verlieren. Man verliert ja durch die Erkrankung nicht seine Persönlichkeit. Nur vielleicht erstmal Halt und die gewohnten Funktionsweisen.

Die Hoffnung wird nicht schwinden und irgendwann hört diese Verzweiflung auch wieder auf.

[Selbsterkenntnis]

Vielen lieben Dank fūr alle Kommentare. Und unterschiedlichen Erfahrungen. Heute wurde in der Visite beschlossen, Venlafaxin vorerst abzusetzen und abzuwarten, ob das Gefūhl so bleibt. Ich finde es wirklich so schlimm auszuhalten, gar nichts zu fūhlen. Kamen bei Euch die Gefühle schleichend wieder? Super, wenn es heute ohne Medikamente geht! Ich scheine noch immer in der akuten Stabilisierungsphase zu sein und fūhle mich durch den Gefühlsverlust wie eine andere Person.

Hallo Skygirl,

ich habe in meinen schweren Depressionen, die jetzt schon 25 Jahre zurückliegen,ebenfalls lange Phasen von völliger Gefühllosigkeit erlebt. Es gab Zeiten, in denen mir sogar jedes Gefühl dafür abhanden kam, überhaupt zu SEIN. Das, was einem normalerweise vermittelt, zu existieren, war irgendwie nicht mehr vorhanden und ich sagte damals oft, eigentlich sei ich tot.. Ein äußerst belastender Zustand, obwohl sich das ja wie ein Paradox anhört, denn ist nicht "belastet" auch ein Gefühl? Man spricht ja auch von der gefühlten Gefühllosigkeit.

Im Laufe meines Gesundungsprozesses kehrte nach und nach zunächst mein Funktionieren zurück und ich konnte wieder arbeiten. Mein Gefühlsleben blieb jedoch zunächst "flach". Was einfach fehlte war die Tiefe des Empfindens. Der Sonnenuntergang, das Mischwingen bei einem schönen Musikstück. Und da war es genau Venlafaxin, was die Wende brachte. Innerhalb von 3 Wochen ging bei mir die Sonne auf.

Möglicherweise ist Venlafaxin nicht "dein" Medikament und jetzt brauchst du Geduld. Es kann etwas dauern, aber deine Gefühle werden zuückkommen. Es kann auch sein und ist nicht unwahrscheinlich, dass sie kommen und gehen. Das ist schwer zu ertragen
Aber am Ende wirst du wieder, wie du dich von früher kennst.

Beste Wünsche von T.

[Skygirl77]

Hallo T.,

Danke für Deinen Beitrag! Ja, das Gefühl, belastet zu sein, ist ebenfalls ein Gefühl. Auch die Leere, die man empfindet, ist irgendwie ein Gefühl. Es freut mich sehr, dass sich mit der Zeit alles normalisiert hat. Ich befinde mich seit Wochen in einem Vakuum, einem Ausnahmezustand, der schwer zu halten ist. Die alten Funktionsweisen sind weg und der Klinikalltag ist zermürbend. Ich muss weitermachen und auf Besserung hoffen. Wie viel Zeit hat Dein Genesungsprozess in Anspruch genommen?

Gab es nochmal einen Rückfall?
Heute habe ich ein neues AD bekommen: Duloxetin.

Liebe Grüße
Skygirl

[MsMojo]

Hallo Skygirl,
deine Beiträge gehen mir sehr nah, ich spüre auch richtig deine Verzweiflung und Ungeduld, das erinnert mich sehr an meine Depression, vorallem der Teil mit dem Vakuum. Du brauchst leider ganz viel Geduld. Ich habe sehr lange, fast ein Jahr, gebraucht um das alles irgendwie zu „akzeptieren“. Ich habe mich unglaublich unter Druck gesetzt, das tue ich leider immernoch an schlechten Tagen. Ich hoffe du hast nette und verständnisvolle Ärzte, ich wünsche dir viel Kraft und Geduld! Du bist nicht allein!!!

[Skygirl77]

Danke für die lieben, verständnisvollen Worte! Ich brauche auch noch meine Zeit, um damit fertig zu werden. Bei einem gebrochenen Bein sieht man den Heilungsfortschritt. Die Psyche erholt sich langsam und Drück ist da sehr gefährlich. Es freut mich, dass Du mittlerweile aus der Verzweiflung herausgefunden hast. Vielen lieben Dank!

[Skygirl77]

Ich wache jeden Morgen seit 5 Monaten mit dieser schrecklichen Leere auf, dem Gefühl nicht mehr ich zu sein. Wie kann man akzeptieren, was einen so leiden lässt, entfremdet und scheinbar gar kein Ende nimmt. Ich bin so verzweifelt und habe Angst zu zerbrechen.

[Bittchen]

Liebe Skygirl,

du wirst nicht zerbrechen,aber ich weiß auch was du im Moment durchmachst.
Eine Depression ist schwer auszuhalten,versuche nur im Jetzt und Heute zu leben.
Mache weiter,manchmal merkst du,dass einige Minuten oder auch Stunden etwas leichter sind.
Schreibe deine Stimmungen in einem Tagebuch auf.
Daran halte dich fest und vertraue darauf,dass du aus dieser Krise wieder raus kommst.
Habe Geduld,es kann schon etwas länger dauern,aber jede Depression geht vorbei ,gebe die Hoffnung nie auf!!!
Meine Erfahrung ist,dass es morgens sehr viel schlimmer ist.
Gegen Abend wurde es bei mir erträglicher und ich konnte mich gut mit Mitpatienten unterhalten und auch Gesellschaftsspiele mit machen.
Liebe Grüße
Bittchen

[Skygirl77]

Danke liebes Bittchen! Zurzeit ist es wirklich ein dunkles schwarzes Loch, ohne Licht. Ich möchte nur eine kleine Besserung spüren. Bin nur am Weinen. Ich habe jetzt ein neues Medikament und muss darauf hoffen, dass es greift. Emotionen gehören ja ganz fest zum Menschsein. Sie können doch nicht einfach verschwinden. Wenn ich nicht akzeptieren kann, was jetzt ist, komme ich da nicht weiter. Ich bin Dir sehr dankbar für die Tipps und Dein Verständnis.