kann nicht arbeiten

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Chaca58
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Registriert: 22. Mär 2004, 18:55

kann nicht arbeiten

Beitrag von Chaca58 »

Hallo Forum,

tja, nun war ich also über drei Wochen arbeitsunfähig zuhause und sitze seit heute wieder im Büro. Ich wollte das selbst, austesten, wie es mir geht, wenn ich wieder arbeiten muss.

Bin heute morgen zitternd hier angekommen - sitze an meinem Schreibtisch, sehe Papiere und Projekte vor mir liegen und kann nichts damit anfangen. Es ist mir einerseits so sch....-egal, andererseits fühl ich mich mutlos, hoffnungslos, fast traurig. Es macht mir keinen Spaß, ich kann mich nicht aufraffen, bin völlig blockiert.

Am Donnerstag hab ich Geburtstag, den ich am Samstag abend mit Freunden feiern will. Ich freu mich aber nur darauf, ein kaltes Buffet zu machen (koche eigentlich gerne) - hab es aber noch nicht geschafft, die Leute anzurufen und einzuladen. Mir fehlt die Kraft zum telefonieren und reden, zum erklären, warum ich mich seit drei wochen nicht gemeldet habe, SMS nicht beantwortet habe. Aber ich will diese Party machen, sonst geht mir der Kontakt zu anderen Menschen fast ganz verloren. Ich hoffe nur, dass ich keinen Depri-Einbruch am Samstag abend bekomme....

Shit, ich will das alles nicht mehr.

Grüße
Chaca
Thuja
Beiträge: 444
Registriert: 16. Mär 2004, 20:59

Re: kann nicht arbeiten

Beitrag von Thuja »

Liebe Chaca!

Vielleicht kannst Du die Papierberge ja gemächlich angehen, erst mal sortieren, was am leichtesten geht und damit anfangen, dann hast Du schon was erledigt und hast nicht mehr den "Unendlich hohen Berg" vor Dir... und dann eben eins nach dem anderen. Geht eben nur so schnell wie's geht, "Verrenkungen" verkomplizieren alles nur.

Wenn Du Deinen Geburtstag ohnehin nachfeierst, ist das doch nicht nur diesen Samstag möglich, sondern auch noch eine Woche später o. ä. Oder nur mit einer "handverlesenen" Gruppe, so daß die Vorbereitungen und dann die Menschen um Dich rum nicht zu stressig und anstrengend werden. Das kannst Du doch frei einteilen... Daß Du Dich aufs Buffet-Vorbereiten freust, ist doch schon ein guter Anhaltspunkt, aber überlaste Dich bitte nicht gleich wieder!
Oder schick' Deinen Freunden doch einfach eine Mail/SMS, daß sie Dich anrufen, das erleichtert es für Dich evtl. wieder...
Du mußt doch gar nichts lang und breit erklären, kannst doch sagen, Dir ging's nicht gut, warst krankgeschrieben und alles Weitere ggf. einfach wann anders, Dir ist im Moment nicht danach, das alles zu erzählen. Dann ist Dir bestimmt keiner böse, und Du kannst selbst entscheiden, wem Du dann wann was sagen willst, wenn's für Dich paßt.

Viel Kraft + viele Grüße
Annette
Schnarchi
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Re: kann nicht arbeiten

Beitrag von Schnarchi »

Huhu

...wünsch' Dir alles Gute zum Geburtstag (zu spät, ...aber immerhin )
Chaca58
Beiträge: 21
Registriert: 22. Mär 2004, 18:55

Re: kann nicht arbeiten

Beitrag von Chaca58 »

Hallo Annette, hallo Michael,

danke für Eure Antworten und die Glückwünsche.
Am Samstag hab ich also gefeiert, ging auch alles einigermaßen gut. Das Buffet ist super geworden - allerdings hab ich mittags schon ein Bier aufgemacht und ab 19.00 Uhr mit Prossecco meine Laune stabil gehalten. Anders wärs nicht gegangen. Das macht mir Angst - ich brauche den Alkohol um gute Laune zu haben, er ist meine "Legitimation", gut drauf sein zu dürfen, bzw. auch mal gute Laune vorspielen zu können.

Nach wie vor bin ich im Job völlig lethargisch. Ich hab gar keine Papierberge vor mir liegen, ich müsste erst Kontakte schaffen und Aktionen angehen, um überhaupt was auf dem Tisch zu haben. Ich müsste soviel aus eigenem Antrieb vorantreiben, planen, verhandeln. Geht aber nicht, mir fehlt völlig das Interesse, die Kraft, die Aufmerksamkeit. Nochmal krankschreiben lassen? Dann lässt mich das schlechte Gewissen nicht los.

Gestern lag ich den ganzen Tag im Bett (hatte ja Gott sei Dank die Ausrede, dass ich nen Kater habe - stimmte zwar nicht ganz, aber ich hab mir das als Legitimation fürs im Bett bleiben einfach eingeredet). Ich dachte dran, dass mir wieder eine Woche in der Arbeit bevorsteht - ich hatte keine Angst, sondern nur dieses Sch...-Egal Gefühl, den Gedanken "okay, dann sitz ich halt jeden tag 8 Stunden tot und surfe nur im Internet - hoffentlich bleibt das Telefon ruhig und keiner will was von mir, ist ja eh egal". Der Gedanke macht mich so mutlos, kraftlos, hoffnungslos - innerlich tot, aber trotzdem die quälende Frage, ob es das gewesen sein kann?

Heute hab ich wieder Kreislaufprobleme, weil ich die letzen Tage (trotz Buffet) ganz wenig gegessen hab. Und ich find das gut so, es erleichtert mich, wenn ich zittere und mich krank fühlen kann. Das ist doch grotesk!! Einerseits der Stolz, durch ganz wenig essen schlank zu bleiben, andererseits auch wieder die "Legitimation" einer Krankheit vor mir selbst, wenn mir der Kreislauf in den Keller rutscht und mittlerweile auch noch das Geldsparen, wenn ich wenig esse.

Es ist fast irgendwie schizophren. Ich habe mehrere "zustände" in mir.
Aufgrund meiner weiblich-narzistischen Störung bin ich entweder wahnsinns-arrogant - wie der klassische narzist, der sich selbst für den Mittelpunkt der Welt hält. Andererseits die selbstzerfleischende Minderwertigkeit, das völlig wertlose, ich bin der schlechteste, hässlichste, blödeste Mensch der Welt.

Dann gibt es den Verstandsmenschen, der die Krankheit genau erkennt, im Detail analysieren kann und unglaublich treffsicher und rational ist.
Der flüchtende Mensch in mir, der sich in der Krankheit zuhause fühlt und die "Vorteile" des Krankseins spüren und behalten will.
Und schließlich der Sehnsüchtige, der sich anlehnen will, Geborgenheit und Zärtlichkeit sucht, die er aber fast nur gegenüber von Tieren (Katzen und Hunden) ausleben kann.
Aber der Mensch, der ich wirklich bin - den kenne ich nicht.

Der größte Knackpunkt liegt in meiner Narzismus-Arroganz. In diesem Zustand fühle ich mich mächtig, kann anderen Ratschläge geben und mich damit den anderen gegenüber aufwerten, arrogant und mächtig fühlen.

Das ist aber genau das Problem - nachdem ich mich ja selbst in dieser Arroganz kenne, werde ich bei Ratschlägen, Kritik oder auch Lob von anderen, aggressiv. Zwar nur innerlich, aber das ist so quälend, zu wissen, dass die anderen es nur gut mit mir meinen und ich trotzdem innerlich vor Wut platze. Ich projeziere meine eigenen Arroganz und Machtgefühle auf die anderen und bekomme dann bei Ratschlägen sofort das Gefühl, dass jetzt eben die anderen die Macht über mich haben und mich gängeln wollen (ich kenns ja aus meiner eigenen Erfahrung nicht anders). Da schaltet mein Stolz auf stur und nichts ist mehr mit Veränderungen und Schritten vorwärts.

Es ist ein Gefühl, als ob die anderen mir mit ihren Ratschlägen und gut gemeinten aufmunternden Worten sagen wollen, dass ich ein Kleinkind bin und nicht wüsste, was gut für mich wäre. Mein Hirn schreit innerlich: "Haltet Eure Klappe!! Ich bin alt genug, das selber zu wissen, haltet ihr mich für blöd oder was?? Jetzt erst recht nicht, ich geb Euch nicht den Triumph über mich, ich bleib wie ich bin, nur damit ihr nicht denkt, ihr seid klüger als ich und könntet mir helfen wie ein Oberlehrer!! Grrrrrr!!!!"

Und so mach ich mir selber ein gesünderes Leben unmöglich - was mein Verstands-ich ja auch weiß.

Meine Therapeutin fragte mich auch schon, wie ich dann überhaupt Hilfe erwarte? Was würde mir ein Klinikaufenthalt nützen, wenn ich mich auf Hilfe eh nicht einlasse?

Mut- und kraftlose Grüße
Chaca
DepriXX
Beiträge: 1498
Registriert: 5. Feb 2004, 10:57

Re: kann nicht arbeiten

Beitrag von DepriXX »

hallo chaca,

<du schreibst> Meine Therapeutin fragte mich auch schon, wie ich dann überhaupt Hilfe erwarte? Was würde mir ein Klinikaufenthalt nützen, wenn ich mich auf Hilfe eh nicht einlasse? </>

das problem kenne ich, wie lässt man sich auf hilfe ein? muss man einfach alles nachmachen, was einem gesagt wird? lass dir mal erklären, wie man sich auf hilfe einlassen kann...
--

liebe grüße

.::. DepriXX .::.



Nunca
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Registriert: 26. Apr 2004, 15:27

Re: kann nicht arbeiten

Beitrag von Nunca »

Hallo Chaca

nun auch hier. Ich habe mir gerade deine Postings in diesem Thread durchgelesen, und sehr viele gemeinsamkeiten festgestellt.
schon alleine wie du deine Gefühle im Büro bescheibst, es könnten meine sein, die ich nicht formulieren kann.
Ausser das ich unbedingt schaffen muss, weil sonst dieses Sch..-Heft nicht erscheinen kann, bzw schon, aber dann halt weit schlechter als sonst. Und meinen Job wäre ich los, im moment ohne Zukunftsperspektive obwohl ich ihn hasse eine Horrorvorstellung.

Dann der Alkohol.. ich betrinke mich mittlerweile schon bevor ich überhaupt weggehe damit ich irgendwie gut drauf bin. auf den Partys schütte ich mich nur zu,mit allem was ich finden kann, Alkohol, Drogen ectr. Dann gehts mir gut, am nächsten Morgen kommt das Loch,ich wache auf mit den Gedanken, oh mein Gott was hast du jetzt schon wieder gemacht.

Und dann das wenig essen. Ich bin auch stolz auf mich, wenn ich das zittern anfange, so als Beweiss,ja du schaffst es wenig zu essen, du hast Kontrolle über dein Ess-verhalten.

Ich weiss nicht, vieleicht hilft es dir ja irgendwie, das wir uns doch so ähnlich sind.

Und ich habe am Sonntag Geburtstag.

Nunca
ursus
Beiträge: 159
Registriert: 22. Apr 2004, 12:52

Re: kann nicht arbeiten

Beitrag von ursus »

Hallo Chaca,

von dem, was Du über Deine Arbeit schreibst, kommt mir vieles bekannt vor. Ich habe das bereits in einem anderen Thread (http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1082631413) thematisiert.

Zur Zeit bin ich für einige Tage krankgeschrieben, hoffe aber, dass dies nicht wieder zum Dauerzustand wird - im vergangenen Jahr habe ich zweimal ca. sechs Wochen in der Klinik verbracht und möchte nicht, dass sich dies wiederholt. Aber ich leide momentan morgens unter einer ganz erheblichen Antriebsschwäche. Schon das Aufstehen fällt mir schwer - also zögere ich es hinaus, bis mich das schlechte Gewissen und ein damit verbundenes Gefühl körperlicher Beklemmung aus dem Bett treiben. Heute war das gegen 11:00 Uhr der Fall. Es gibt wirklich angenehmere Arten aufzuwachen.

Aber zurück zur Arbeit: Bei mir haben die Probleme strenggenommen vor etwas mehr als einem Jahr begonnen. Damals habe ich ein Großprojekt geleitet. Allerdings ist mir während einer kurzen krankheitsbedingten Abwesenheit (die ironischerweise nichts mit meiner Depession zu tun hatte) die Projektleitung entzogen worden. Das hat mich sehr verletzt, obwohl ich in dem Projekt dazu geneigt habe, mich über Gebühr zu verausgaben. Es folgte eine Zeit, in der ich kein festes Aufgabengebiet hatte, was auch an den nunmehr längeren Krankheitszeiten und den klinikaufenthalten lag - im Juli gab es einen Suizidversuch.

Seit Anfang dieses Jahres bin ich stabil - auf niedrigem, aber erträglichen Niveau. Es könnte nun aufwärts gehen, und in den letzten Monaten hat es sicherlich Fortschritte gegeben. Aber meine Situation ist paradox: Auf der einen Seite fühle ich mich jetzt durch jede Kleinigkeit im Beruf überfordert - intellektuell und lebenspraktisch. Auf der anderen Seite habe ich aber as gegenteilige Gefühl - nämlich nicht zu wissen, wie ich meine Zeit verbringen soll. Beides ist sicherlich nicht richtig: Objektiv habe ich mittlerweile ein Aufgabenpaket, das mich einigermaßen auslastet, während ich noch vor wenigen Wochen tatsächlich zuwenig Arbeit hatte. Nun, es ist nicht mein Lieblingsprojekt, was ich jetzt in Angriff nehmen sollte, aber immerhin eine anspruchsvolle Aufgabe. Jedenfalls ist durch nichts gerechtfertigt, dass ich meine Arbeitszeit mit etwas anderem als mit Arbeit zubringe.

De facto sieht es anders aus. Ich sitze ratlos vor den neuen Aufgaben und flüchte mich in die Lektüre von Ausschussvorlagen, Sitzungsprotokollen oder Journalen, ohne im mindesten vorwärts zu kommen. Da ich nicht gesehen habe, wie sich dieser Zustand bessern könnte, habe ich mich krankschreiben lassen.

Eine Lösung ist das nicht - jedenfalls nicht auf Dauer. Aber ich hoffe, dass es mir jetzt zumindest gelingt, gute Vorsätze zu fassen und diese auch durchzusetzen. Ich glaube (was ich jetzt schreibe, ist graue Theorie, das weiß ich selbst ganz gut), es ist wichtig, sich erreichbare Ziele vorzunehmen. Wenn man zuviel auf einmal will, fordert man die Enttäuschung heraus. Wenn ich am Donnerstag wieder arbeiten gehe, dann sind es erst einmal kaum zwei Tage bis zum Wochenende. Erfahrungsgemäß liegt in dieser Zeit nicht allzuviel an, was unmittelbare Handlungserfordernisse nach sich zieht. Das heißt, ich sollte die Zeit nutzen, mir über Strategien klar zu werden, wie ich meine weitere Arbeit bewältigen will. Ich hoffe, dass es mir gelingt, mich nicht unter Druck zu setzen und dennoch produktiv zu sein. Bei einer sehr eigenverantwortlichen Tätigkeit wie meiner gibt es natürlich beide Gefahren.

Einen wesentlichen Punkt habe ich damit noch nicht unter Kontrolle: Wie schaffe ich es, aus der morgendlichen Antriebslosigkeit herauszukommen? Mein Arzt möchte die AD-Dosis (ich nehme 30 mg Remergil) erhöhen, ich würde sie tendenziell eher reduzieren wollen. Manchmal wünsche ich mir, ich dürfte bis weit in die Nacht hinein arbeiten - denn Abends geht es mir immer bedeutend besser. Einstweilen bleibt mir nichts anderes ürbig, als diszipliniert das frühe Aufstehen zu üben. Um mir das zu erleichtern, werde ich in den nächsten Tagen vorübergehend zu meinen Eltern ziehen.

Vielleicht zeigen Dir diese Gedanken, dass Du mit Deinem Problem nicht allein bist. Versuch auf den Alkohol zu verzichten! Ich kenne diese Neigung, bin aber sicher, dass Alkohol nur ein sehr kurzfristiger Problemlöser ist - und in meiner gegenwärtigen Situation bin ich noch nicht auf die Idee gekommen, den Frust im Alkohol zu ertränken - abgesehen von der einen oder anderen Flasche Bier, die man sich sicher genehmigen darf.

Liebe Grüße
ursus
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