Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

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Dieder
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Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

Beitrag von Dieder »

Hallo,
Ich weiß ihr seid keine Ärzte, aber dennoch erhoffe ich mir einen Rat von euch. Vielleicht melden sich ja auch einige Betroffene.

Vorgeschichte:
Ich bin 24 und seit Anfang des Jahres mit meiner Freundin, 21, zusammen. Mit Beginn der Beziehung begann sich eine Depression bei ihr auszubilden. Sie hat als Kind ihren Vater verloren - dort vermutet man die Ursache. Sie musste ihr Studium abbrechen. Eine Ausbildung zum 01.08 wird sie ebenfalls nicht antreten können. Nach 6 Monaten vergebener Suche nach Psychotherapeuten befindet sie sich nun in stationärer Behandlung.
Mir schwindet die Hoffnung auf Genesung. Wir führen eine Fernbeziehung. Aufgrund der Entfernung und meiner Arbeit schaffen wir es uns maximal 1 mal wöchentlich zu sehen.

Problem:
Ich bin am Ende, weine mittlerweile mehr als sie. Ich bin auch nicht so stark wie sie und merke selber, dass ich davor Angst habe Suizidgedanken auszuprägen. Sie sagt, ich bin ihr einziger Lichtblick. Bei mir fühlt sie sich wohl und kann lachen und sich fallen lassen. Und ich liebe sie, aber ich weiß nicht wie ich das durchstehen soll.
Soll ich mich trennen, aus rein egoistischen Gründen und damit ihr Leben noch mehr zu Hölle machen oder wie kann ich das schaffen. Ich bin für jeden Rat dankbar !
Newbie1
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Re: Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

Beitrag von Newbie1 »

Hallo Dieder!

Ehrlich gesagt, kann ich verstehen, dass du mit den Kräften am Ende bist.
Meine Meinung ist, dass wenn du es nicht mehr schaffst, du ruhig "egoistisch" (ich hasse dieses Wort, warum ist jemand egoistisch nur weil man auch mal auf sich schaut) sein darfst.

Ihr Glück und ihre Gesundheit sind nicht von dir abhängig sonder von ihr selber.
Helfen kannst du ihr nicht, sondern eine entsprechende Therapie (die sie eh schon angetreten hat) mit eventueller Medikation.

Du musst für dich wissen, ob du das ganze noch ertragen kannst oder nicht. Und ich rede bewusst von ertragen. Auch die Kräfte des Partners schwinden, und bevor du selber in ein tiefes Loch fällst würde ich dir raten auf dich zu schauen und zu gehen, wenn das für dich die einzige Lösung ist!
Dieder
Beiträge: 11
Registriert: 8. Jul 2019, 14:29

Re: Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

Beitrag von Dieder »

Danke für die Antwort.

Ich weiß nur nicht, wie lange ich es noch aushalten kann und habe jetzt schon Schuldgefühle, sollte ich den Schritt gehen. Sie wird dadurch sehr tief fallen. Ob sie das ohne mich schafft, bezweifle ich. Es kommt noch dazu, dass sie eine Medikation ablehnt. Kann sie das auch ohne schaffen ?

Danke
Newbie1
Beiträge: 39
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Re: Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

Beitrag von Newbie1 »

Jeder von den Angehörigen hat Schuldgefühle. Auch wenn wir nicht mal etwas dafür können. Ich habe mir auch Schuldgefühle eingeredet obwohl er mich verlassen hatte.

Ich schätze, dass sie in der Therapie sicher darauf hingewiesen wird, dass sie Medikamente nehmen sollte - kann ich mir vorstellen.
Sie ist für ihre Genesung verantwortlich NICHT DU! Bitte zieh dir diesen Schuh nicht an!

Leider kann ich deine Frage nicht beantworten, da ich kein Arzt bin, aber was ich langsam durchschaut habe ist dass eine Kombination von Medikamenten und Therapie "erfolgsversprechender" ist.

Eine Depression ist leider nicht von heute auf morgen zu heilen, das heißt du wirst sehr viel Zeit einplanen müssen. Nur das das von vorne herein klar ist. Es heißt nicht, dass sie die Therapie macht und alles ist wieder gut.
Und das musst du für dich wissen, ob du das mit deinen Kräften schaffst oder nicht, ihr das beizustehen bzw. für sie als Partner da sein zu wollen.

Ich bin der Meinung nur weil man einem anderen nicht wehtun will oder es gerade besser für denjenigen wäre, dass das keine Gründe zum zusammenbleiben sind. Und bevor du dich selber kaputt machst würde ich sagen geh. (meine Meinung)
John4155
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Re: Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

Beitrag von John4155 »

Hallo,

ich denke das es sehr wichtig ist das du jetzt auf dein Wohlbefinden achtest. Anbei sende ich dir ein Link mit Tips für Angehörige:

https://www.deutsche-depressionshilfe.d ... ngehoerige
Viele Grüße

John
DieNeue
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Re: Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

Beitrag von DieNeue »

Hallo Dieder,
Dieder hat geschrieben: Ich bin auch nicht so stark wie sie und merke selber, dass ich davor Angst habe Suizidgedanken auszuprägen. Sie sagt, ich bin ihr einziger Lichtblick. Bei mir fühlt sie sich wohl und kann lachen und sich fallen lassen. Und ich liebe sie, aber ich weiß nicht wie ich das durchstehen soll.
Du schreibst nicht, wie sich die Depression genau bei ihr auswirkt. Welche Symptome stehen denn bei ihr im Vordergrund? Und was genau für Probleme habt ihr miteinander bzw. entstehen durch ihre Depression?

Indem sie sagt, dass du ihr einziger Lichtblick bist, bürdet sie dir natürlich einiges auf. Man fühlt sich da mit Sicherheit erst recht verantwortlich für ihr Schicksal.
Andererseits ist es auch positiv, dass sie sich bei dir so wohl fühlt und auch lachen kann. Das ist bei vielen Paaren hier ganz anders. Und mal wirklich Lachen während einer Depression ist jetzt auch nicht unbedingt die Regel. ;) Vielleicht musst du gar nicht so viel für sie tun, leisten und ihr helfen als du denkst?

Was meinst du damit, dass sie stärker ist als du?
Den Tod von ihrem Vater muss sie selbst aufarbeiten, da kannst du ihr nur sehr, sehr begrenzt helfen. Wichtig wäre, denke ich, dass du selber jemanden hast, mit dem du reden kannst. Vielleicht kannst du dich an den Sozialpsychiatrischen Dienst deiner Stadt wenden. Die bieten auch Beratung für Angehörige an.

Liebe Grüße,
DieNeue
Dieder
Beiträge: 11
Registriert: 8. Jul 2019, 14:29

Re: Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

Beitrag von Dieder »

Ganz besonders stark sind ihre Ängste. Ängste die objektiv nicht nachvollziehbar sind und die sie selber als „schwachsinnig“ bezeichnet, sie aber dennoch beschäftigen und quasi lähmen. Dazu kommt noch, dass sie die ganze Zeit von einem Gefühl der Beklemmung befolgt wird. Sie kann keine Freude mehr zulassen und ist nur pessimistisch eingestellt. Am meisten macht ihr die Angst zu schaffen, keine Gefühle mehr für mich zu empfinden.
Dagegen wehrt sie sich stark. Und die Angst, dass ich sie verlasse ist auch besonders stark ausgeprägt. Vielleicht auch aufgrund des Verlustes des Vaters, welche sie auf mich überträgt.

Ja du hast recht. Die Bürde ist immens. Ich trage in meinem Beruf viel Verantwortung und muss mich ja auch um mich kümmern. Jetzt auch noch um meine Freundin überlastet mich. Aber vielleicht hast du ja recht. Es ist nur so schwer. Es vergeht kein Tag, an dem sie mich nicht anruft und wir mindestens 1h telefonieren müssen. Ich mag schon gar nicht mehr auf mein Handy schauen. Aber nehme ich Abstand bekomme ich Schuldgefühle sie alleine zu lassen.

Wenn ich die Krankheit hätte, hätte ich das keine 6 Monate wie sie durchgestanden.
Danke mit dem Tipp mit dem SPD. Vielleicht werde ich den in Anspruch nehmen. Ansonsten steht meine Familie hinter mir.
ßßßß

Re: Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

Beitrag von ßßßß »

@newbie1

" aber was ich langsam durchschaut habe ist dass eine Kombination von Medikamenten und Therapie "erfolgsversprechender" ist."
Das gilt so leider nicht.
Es gilt für schwere erstmalige Episoden. Dort wirkt die Kombi dann allerdings sehr gut zumindest als response. Jemehr der Einzelfall davon abweicht um so ineffizienter ist eine Kombi. Da wird es wichtig überhaupt was zu machen. Also Medis, Psychotherapie, Bewegung.


@dieder

" Es kommt noch dazu, dass sie eine Medikation ablehnt. Kann sie das auch ohne schaffen ?"
prinzipell ja.
nur sich er wissen kann das keiner. wenn das alles tatsächlich 'nur' auf den frühen Tod einer Bezugsperson beruht eher. nur fürchte ich da steckt mehr dahinter.

"Wenn ich die Krankheit hätte, hätte ich das keine 6 Monate wie sie durchgestanden. "
doch hättest du. du hättest keine wahl.
mime
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Re: Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

Beitrag von mime »

Hallo Dieder,

deine Freundin leidet zusätzlich unter Ängsten - auch da könnte natürlich ein Medikament (neben Therapie natürlich) hilfreich sein, daher ist es umso bedauerlicher, dass wie - wie du im Medikamenten-Thread geschrieben hast - keine Medikamente nimmt. Dass sie ihre Ängste selbst als "schwachsinnig" sieht, zeigt, dass sie ihre Ängste durchaus als ein Problem ansieht. Auch da wäre eine Therapie sicher hilfreich.

Dass sie nach 6 Monaten Suche keinen Therapieplatz gefunden hat, ist höchst bedauerlich. Wohnt sie in einer Stadt? Gäbe es da (nach ihrem Klinikaufenthalt) evtl. die Möglichkeit, mal bei einer Psychiatrischen Institutsambulanz (Kurzform PIA) vorzusprechen? Da gibt es manchmal (ist leider von PIA zu PIA unterschiedlich) schneller Behandlungsplätze.

Du fühlst dich verständlicherweise verantwortlich (das ist so in einer Partnerschaft), dennoch: verantwortlich ist deine Freundin und sie ist derzeit stationär, d. h. du musst keine Verantwortung tragen. Das tägliche stündliche Telefonieren ist eine ziemliche Belastung. Könnte man das ggf. reduzieren? Alle 2, 3 … Tage? Damit du mal durchatmen kannst?

Ich war mal bei einer Klinik vorstellig (das war allerdings keine Psychiatrie - sondern eine Klinik mit mehr Angeboten, einem durchstrukturierten Alltag usw.), da war es Usus, die ersten 3 (oder waren es sogar 6?) Wochen keinerlei Kontakt zu daheim (Familie/Partner) haben zu dürfen, um sich vollends auf sich und den Klinikaufenthalt zu konzentrieren. Das kann man mit eurer Situation nicht vergleichen, ich weiß, aber nur mal als Beispiel, wieviel Abstand einem da zugemutet wird.

Wie gesagt, achte auf dich. Es ist gut, dass deine Familie hinter dir steht.

Viele Grüße
Mime
Wir müssen lernen,
die Menschen weniger auf das, was sie tun und unterlassen,
als auf das, was sie erleiden, anzusehen.

(Dietrich Bonhoeffer)
Newbie1
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Re: Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

Beitrag von Newbie1 »

Ich kann dich verstehen Dieder. Es ist wirklich eine immense Bürde.
Ich finde es auch von ihr nicht in Ordnung dich so unter Druck zu setzen.

Aber wenn ich an dem Punkt schon bin, wenn das Telefon klingelt und die Freundin anruft und man schon gar nicht mehr abheben will.... das sagt für mich schon viel aus. Natürlich musst du selber wissen, ob du das mit deiner Freundin durchstehen willst oder ob du es als besser ansiehst getrennte Wege zu gehen. Vorwerfen kann dir auf jeden Fall keiner was ;)

@ßßßß OK, dann lieg ich falsch. Gefühlt kommt mir aber vor, dass die Kombi zusammen besser wirkt, als nur zu reden oder nur Medis zu nehmen... mich kann mein Gefühl aber auch täuschen, aber wenn ich hier so lese haben überwiegend die meisten Therapie und Medis....
Candless
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Re: Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

Beitrag von Candless »

Lieber Dieder,

auf mich wirkt es so, als sei da ein assymetrisches Verhältnis entstanden, das nun auf dich derart drückend wirkt, dass du an Trennung denkst, um dich zu schützen. Du schreibst auch, dass du sie liebst, also eigentlich die Umstände eine Trennung nahelegen, nicht fehlende Gefühle.

Ich würde diese Asymmetrie als erstes versuchen, aufzubrechen. Ganz klar und deutlich über dich und deine Situation sprechen. Du könntest doch sagen, dass du sie gerne unterstützt, aber mittlerweile merkst, dass es deine Kräfte übersteigt und du mehr Raum für dich brauchst, um selbst nicht mit krank zu werden. Sie braucht eine professionelle Behandlung, daran führt kein Weg vorbei. Du kannst ihr das nicht ersetzen. Das muss auch klar sein.

Du könntest ihr ja sagen, dass du nun Zeit für dich brauchst und auch nicht so oft telefonieren und sie sehen kannst, weil du sie nicht verlieren möchtest, und du aber merkst, dass du über dein Wohlbefinden die Kontrolle verloren hast. Ich glaube, dass du selbst auch professionelle Hilfe brauchst, denn dass du in diese Situation geraten bist, zeigt auch bei dir, dass du jemanden zum Reden brauchst, der unabhängig ist.

Unter diesen neuen Voraussetzungen, nicht du bist derjenige, der gibt, und sie die, die nimmt, sondern beide haben ihre Probleme und müssen sich selbst schützen, wäre eine neue Absprache möglich. Du hast inzwischen selbst, so scheint es, den ersten Schritt Richtung Depression gemacht. Ich würde sie höchstens alle zwei Wochen treffen und einmal zwischendurch telefonieren, wenn es mir so gehen würde wie dir. Und auch für das Telefonat Regeln aufstellen, jeder redet gleich viel über seine Themen.

Wer selbst in die Depression abrutscht, kann weder einem anderen helfen, noch ein "Rettungsanker" sein.

Bitte pass auf dich auf und ziehe die Reissleine. Offenheit wäre der erste Schritt vor dem zweiten, eine Trennung käme für mich erst infrage, wenn die Beziehung trotz Versuch, es zu ändern, so assymetrisch bleiben würde.

Ganz liebe Grüsse!
Ich bin hier, weil ich mich mit anderen Angehörigen offen über alles austauschen möchte.
ßßßß

Re: Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

Beitrag von ßßßß »

@newbie1

" mich kann mein Gefühl aber auch täuschen, aber wenn ich hier so lese haben überwiegend die meisten Therapie und Medis...."
das liegt an der schlechten statistischen Auflösung der meisten Studien. Meist wird nicht nach Diagnoseeinteilung unterschieden, es wird zwar nach Geschlecht und Alter aber so gut wie nie nach Diagnose. Die Zahlen die ich im Kopf habe, jeweils response ca.50% bei Medis, ca.50% bei Psychotherapie, etwas weniger bei Bewegung, Kombi etwas über 50%. Aber die etwas besseren Zahlen kommen fast ausschließlich von den 'neuen' schweren Fällen dort schnellt die Quote auf fast 80%. Diese kommen eher selten vor aber die Deutlichkeit lässt auch die Gesamtquote steigen.
Was wie immer nicht heißt das im Einzelfall nicht auch bei einer Dysthymie eine Kombi besser sein kann, nur Wahrscheinlichkeit ist sehr gering. Und die NW ja nicht ohne.
Newbie1
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Re: Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

Beitrag von Newbie1 »

@ßßßß danke für die Aufklärung :)
Ich schätze das wird wie fast alles im Leben von Mensch zu Mensch und der Situation abhängig sein oder?
ßßßß

Re: Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

Beitrag von ßßßß »

das ist das Problem bei alle statistischen Aussagen. Sie lassen nie eine Zukunftvorhersage schon gar nicht im konkreten Einzelfall zu.
Was die Dame von oben angeht das ist ja nicht ihr erstes Rodeo von daher, wenn sie Medis will ok wenn nicht auch ok. Nur sollte sie deswegen keinen Kampf führen müssen. Was sie bei Ablehung aber wahrscheinlich muss. Das ist kontraproduktiv weil die statistsichen Daten da so gut wie keinen Vorteil zeigen. Wichtiger wäre eine anständige Traumatherapie, sofern da nötig ist.
Candless
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Re: Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

Beitrag von Candless »

ßßßß hat geschrieben: Was die Dame von oben angeht das ist ja nicht ihr erstes Rodeo von daher, wenn sie Medis will ok wenn nicht auch ok. Nur sollte sie deswegen keinen Kampf führen müssen. Was sie bei Ablehung aber wahrscheinlich muss. Das ist kontraproduktiv weil die statistsichen Daten da so gut wie keinen Vorteil zeigen. Wichtiger wäre eine anständige Traumatherapie, sofern da nötig ist.
Nur was unsere Angehörigen und Ex sollen oder können liegt nicht in unserer Hand und können wir auch nicht beeinflussen. Hier geht es ja um das Thema "Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz" und gerade wenn er sich eh schon nicht abgrenzen kann und sich zu stark um ihre Anliegen kümmert, finde ich es ziemlich kontraproduktiv, sowas zu schreiben. Was soll er jetzt mit der Info anfangen? Wenn sie wissen will, welche Therapie oder Behandlung ihr hilft und wie sie daran kommt, muss sie sich selbst kümmern.
Ich bin hier, weil ich mich mit anderen Angehörigen offen über alles austauschen möchte.
FrequentFlyer
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Re: Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

Beitrag von FrequentFlyer »

Hi Dieder, hi ihr Lieben!

Vorab möchte ich dir einfach mal sagen das du weit mehr Kraft hast als du denkst. Das ist eine Beobachtung die ich schon oft in meinem Leben gemacht habe und es ist auch etwas was ich von meiner Freundin gelernt habe, die unter depressiven Episoden leidet und sich dabei gefühlt in einem Überlebenskampf befindet. Wir haben weit mehr Kraft als wir so gemeinhin glauben.
Aber: Hierzu haben einige schon vor mir etwas geschrieben und haben absolut recht: Du bist nicht für das Glück, Wohlergehen deiner Freundin verantwortlich. Jeder erwachsene Mensch ist das für sich selber. Du kannst gerade bei dieser Krankheit wenig tun, eher sogar gar nichts. Und wenn ich jetzt so drüber nachdenke, betrifft dies eigentlich jede Krankheit. Beispiele hinken ja immer, aber bei einem Knochenbruch kannst du auch nichts machen das der wieder schneller zusammen wächst. Du kannst auch keine Reha für sie machen, sie im Rollstuhl durch die Gegend fahren wäre kontraproduktiv... Dafür ist immer der Betroffene selbst verantwortlich.
Candless hat den guten Vorschlag gemacht selbst auf Distanz zu gehen, die Asymmetrie zu beenden. Vielleicht probierst du davor noch aus ihr dies klar zu machen, also das sie selbst für ihr Wohlergehen verantwortlich ist. Und das du in keinem Fall ein Art Therapeut sein kannst. Du bist ihr Freund, Partner, Liebhaber – mehr nicht. Sie kann dir maximal von ihrer Krankheit im Sinne der Erklärens berichten, niemals im Sinne es bei dir abzuladen. Verschaffe dir Distanz zu ihrer Krankheit, um zu vermeiden das du dich von ihr distanzieren musst. Den irgendwann kannst du an dem Punkt kommen an dem du das musst, du selbst keine Wahl mehr hast.


Und jetzt muss ich offtopic noch etwas bezüglich der Nebendiskussion Medikamente hier loswerden: Als Angehörige sollten wir Betroffene unterstützen. Es ist wahrlich nicht unsere Aufgabe Zweifel an der Therapie, der Art der Therapie, dem Gesundheitssystem, der Gesellschaft oder was auch immer gegenüber dem Betroffenen zu streuen. Wir sind nicht die Therapeuten, wir kennen noch nicht einmal eine genaue Diagnose.

LG
Landunter
Beiträge: 22
Registriert: 23. Sep 2019, 07:40

Re: Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

Beitrag von Landunter »

Hallo Dieder,

bist Du ab und zu nochmal im Forum und wie sieht es mittlerweile aus? Bevor ich ausführlich antworte, wollte ich das gerne wissen.

VG und Kopf hoch,

Landunter
Die Welt krankt nicht an menschlicher Unvernunft.
Sie krankt an den Menschen, die ihre Unvernunft ein- und ausschalten können, je nachdem, was es ihnen bringt.

Josh Bazell in "Einmal durch die Hölle und zurück"
Dieder
Beiträge: 11
Registriert: 8. Jul 2019, 14:29

Re: Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

Beitrag von Dieder »

Update:
Wir sind noch zusammen und glücklich.

Meine Freundin war 10 Wochen stationär und sucht nun eine Tagesklinik auf.

Ich befürchte, dass man einmal, auch als Angehöriger, richtig am Boden sein muss und einmal ankommen muss, um dann wieder nach vorne schreiten zu können und neue Hoffnung zu sehen.

Danke an alle
Landunter
Beiträge: 22
Registriert: 23. Sep 2019, 07:40

Re: Angehöriger benötigt Rat - Selbstschutz

Beitrag von Landunter »

Das freut mich, Dieder. Alles Gute weiterhin.
Die Welt krankt nicht an menschlicher Unvernunft.
Sie krankt an den Menschen, die ihre Unvernunft ein- und ausschalten können, je nachdem, was es ihnen bringt.

Josh Bazell in "Einmal durch die Hölle und zurück"
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