Neu hier und Lust auf Austausch

undansonsten
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Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von undansonsten »

Guten Morgen,

ich falle hier so mit der Tür ins Haus... kann ich mich irgendwo vorstellen?

Ganz kurz: Ich bin 53 Jahre alt, verheiratet, Hausfrau, Sohn 15.

Ich habe dieses Forum gefunden, weil ich seit einem Jahr an einer Depression leide und mich gern austauschen würde. Es begann, als mein Sohn im letzten Frühjahr äußerte, dass er sich das Leben nehmen wolle. Als ich das über eine seiner Freundinnen erfahren habe, ist etwas in mir zerbrochen. Das liegt daran, dass meine Mutter schwer depressiv war und ich sie als Kind nach Selbstmordversuchen gefunden habe. Meine Mutter war meine einzige Bezugsperson und Alkohol-, Nikotin- und Tablettenabhängig.

Wir haben dann viel mit unserem Kind gesprochen, gemeinsam nach einer Therapiestelle gesucht und ihn angemeldet. Die Wartezeit wurde uns auf 6-9 Monate datiert damals. Nachdem es kurzzeitig besser wurde, eskalierte die Situation, auch pubertätsbedingt, immer weiter. Wir hatten bis zur Pubertät eine vertrauensvolle und super Beziehung (dachte ich), aber plötzlich erfolgte von seiner Seite ein absoluter Kontaktabbruch, er fing an zu lügen, geriet in eine falsche Clique und fing an zu rauchen und zu kiffen. Dann kam er betrunken heim.

Mein Mann ist relativ entspannt mit der Situation umgegangen und meinte, das sei "normales Ausprobieren in der Pubertät", aber ich habe einen Nervenzusammenbruch erlitten und es hat meine komplette Kindheit hochkatapultiert und mich in 1000 Stücke zersplittert. Erst mal habe ich noch funktioniert und so Druck bei der therapeutischen Einrichtung gemacht, dass sie ihn zeitnah genommen haben. Gleichzeitig ist er zur Drogenberatung gegangen, einmal auf meine Bitte, danach noch zwei Mal aus freien Stücken. Seitdem nimmt er nach eigenen Angaben keine Drogen mehr, er war auch nie mehr betrunken, aber er raucht weiterhin ab und zu.

Ich glaube, ich habe die Depression, weil ich zum einen mit den Themen Suizid, Drogen, Alkohol etc überhaupt nicht umgehen kann, das löst schwere Panikattacken bei mir aus. Zum anderen kann ich ihn nicht loslassen und mein Kontrollzwang führt zu einer Verschlechterung unserer Beziehung. Er liebt mich und ich liebe ihn, und jeder von uns weiß das, aber wir können uns irgendwie gar nicht mehr ertragen.

Seit April habe ich eine Therapie angefangen. Erst lief es richtig gut und ich machte gute Fortschritte. Aber letzte Woche habe ich gesehen, dass er sich den Arm aufgeschnitten hat und das hat mir sofort wieder den Boden unter den Füssen weggerissen. Ich kann nur noch weinen und das Leben ist so schwer. In mir schreit alles, dass ich schuld bin an allem. Das alles belastet meine ganze Familie.

Bisher hab ich keine Antidepressiva nehmen wollen, aber ich bin jetzt soweit, dass ich glaube, dass das nötig ist. Ich komme selber aus dem therapeutischen Bereich und mein Kopf funktioniert einwandfrei und ich kann mich so super selbst reflektieren und analysieren. Nur machen mir meine Gefühle ständig einen Strich durch die Rechnung und es ist weder für mich noch für meine Familie momentan tragbar. ich bin freudlos und vor allem so hoffnungslos, auch wenn ich kognitiv weiss, dass es zur Depression gehört.

Ich würde gern wissen, ob euch Antidepressiva geholfen haben, wieder soweit "ins Lot" zu kommen, dass ihr an euren Gründen für die Depression arbeiten konntet. Das Einnehmen von Tabletten erfüllt mich mit grossem Respekt und macht mir Angst. Ich werde heute nochmals mit meiner Therapeutin darüber sprechen.

Und noch eine Frage: Hat hier jemand auch Kinder, die unter eurer Depression leiden? Wie geht ihr mit den Schuldgefühlen um, falls ihr welche habt?

Das alles zermürbt mich so. Depression hat in unserer Familie eine lange Tradition, seit Generationen. Auch meine Schwester und ihre Kinder leiden daran. Ich war immer sehr froh, dass es "mich nicht erwischt" hat und bin jetzt komplett hilflos. Es ist wie ein tiefer Brunnen ohne Licht, in dem ich am Boden sitze.

Würde mich freuen über einen Austausch und eure Ratschläge, auch wie ihr, falls ihr die Situation kennt, damit umgeht.

Liebe Grüße und einen guten Tag euch.
Monchen12345
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von Monchen12345 »

Hi undandonsten,

Hier gab es in den letzten Tagen auch 2 Diskussionen von Müttern mit erkrankten Jugendlichen.Scroll mal ein bisschen runter, da müsstest du was finden. Und im Angehörigen Bereich kannst du dir sicher auch noch Tipps für den Umgang mit deinem Sohn holen.
Du schreibst dass Depressionen in deiner Familie gehäuft vorkommen, warum sollst du dann Schuld haben an der Erkrankung deines Sohnes?

Zu deinen Fragen bezüglich ADs.
Alles ins Lot bringen sie nicht, das ist viel eigene Arbeit. Mein AD hilft beim fehlenden Antrieb sehr gut. Auch soll es wohl Stimmungsschwankungen abschwächen.
Bei emotional sehr belastenden Situationen wirst du das trotzdem sehr deutlich merken. Evtl fängst du dich etwas schneller wieder. Für Spitzen und starl belastende Situationen gibt es Notfallmedikamente, die sind dann aber echt nicht ohne. Damit meine ich Wirkung UND Nebenwirkungen.
Das Gefühle und Verstand nicht übereinstimmen kenne ich auch sehr gut und da ist auch noch bei mir ne Baustelle. Manchmal hilft es, wirklich ne Realitätsprüfung zu machen und verschiedene Szenarien durchzuspielen. Manchmal kann ich es dann aber auch einfach auf mich zu kommen lassen.
Manchmal muss ich da aber auch einfach durch und es ist auch nicht mehr so heftig wie es mal war. Mit der Zeit und deinem Therapeuten entsteht da im Laufe der Zeit dein eigener Werkzeugkoffer.
Ich muss jetzt Schluss machen...
DieNeue
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von DieNeue »

Hallo undansonsten,

mir haben meine Medikamente geholfen. Die ewigen Grübelschleifen gingen komplett zurück und ich musste nicht mehr so viel weinen.
Das eine Medikament hat meinen Antrieb verbessert und durch das andere kann ich gut ein- und durchschlafen.

Liebe Grüße,
DieNeue
Katerle
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von Katerle »

Hallo unandsonsten,

ersteinmal herzlich Willkommen im Forum und dass du dich weiter gut austauschen kannst.

Denke, in jeder Mutter würde was zerbrechen, wenn ihr Kind (Pubertät)solche schlimmen Gedanken äußern würde. Mir würde das auch sehr schlecht gehen dabei... (ich selbst hatte in jungen Jahren schon S.-gedanken, allerdings hatte ich mich niemanden anvertrauen können...)
Meine Mutter und auch mein Vater hatten Depressionen und auch bei meinen G. ist das leider so...
Es tut mir leid, dass du bereits als Kind deine Mutter nach Selbstmordversuchen gefunden hattest, das ist ein sehr schweres Trauma..., auch für dein Kind... und sie abhängig war...
Schlimm mit dem Kontaktabbruch bei deinem Sohn und das er die falschen Leute um sich herum hatte...

Kann gut nachvollziehen, wie schlecht es dir dabei ging... und das bei dir Panikattacken auslöst... usw.
Jedenfalls du bist nicht schuld... (ich würde mir da wohl auch die Schuld geben oder Vorwürfe machen, als Mutter, wenn das meine Kinder betreffen würden...) Ich hatte auch schon Angst davor...

Ich hatte damals auch Angst, Medikamente einzunehmen. Aber mir gehts dadurch besser, bin stabil. Genau, besprich das nochmal mit deiner Therapeutin und deine Gedanken...

Meine Tochter hatte eine Schwangerschaftsdepression und auch das macht mir Gedanken als Mama... und auch mein Sohn neigt dazu... Bin aber froh, dass sie nicht abhängig sind oder Suizidgedanken äusserten, dass würde mir wohl auch den Boden unter den Füßen wegreißen...

Wünsche dir ganz viel Kraft und Durchhaltevermögen,
Katerle
undansonsten
Beiträge: 227
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von undansonsten »

Vielen Dank für eure Antworten. Jede Sicht auf die Dinge hilft mir etwas weiter!

Ich hatte gestern Therapie und meine Therapeutin hat mir nochmals eine neue Sicht auf die Situation gegeben, was ich als sehr hilfreich empfinde. Sie sieht nämlich unsere Beziehung lange nicht so negativ wie ich und findet, dass ich gut vorankomme. Antidepressiva sieht sie nicht (und das verwundert mich etwas, weil ich weiss, dass sie relativ schnell AD empfiehlt).

Sie sagt, ich schaffe es aus eigener Kraft und hat mir Vorschläge mitgegeben. Ich könnte auch Johanniskraut nehmen.

Jetzt versuche ich es mal mit den Tools, die sie mir an die Hand gegeben hat. Leider ist mein Sohn gerade so ausgelegt, dass er mich mehrmals am Tag triggert und es mir sehr schwer fällt, ruhig zu bleiben. Ich gebe ihm das auch als Feedback aber er ist so mit sich und der Pubertät beschäftigt, dass er es irgendwie gar nicht aufnehmen kann.

Heute morgen hatte ich keine Panikattacke beim Aufwachen. Ich hab mich in den Garten gelegt und ruhige Musik gehört und bewusst geatmet, während der Sprenger lief und es war ein guter Start in den Tag.

Die Therapeutin sagt, ich soll mich in erster Linie jetzt um mich selbst sorgen und kümmern. Das fällt mir schwer, da ich nie gelernt habe, mich selbst zu lieben. Wahrscheinlich ist genau das auch der Knackpunkt.

Ich wünsche euch einen schönen Tag!
undansonsten
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von undansonsten »

editiert, gehört eher in das Angehörigenforum
Katerle
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von Katerle »

Hallo undansonsten,

gut, dass dir deine Therapie hilft und du vorankommst. Ohne Medikamente ist immer besser, wenn möglich. (War bei mir anfangs auch so, später ging es aber leider nicht mehr anders). Es aus eigener Kraft zu schaffen und Johanniskraut eignet sich auch ganz gut erstmal.

Bewusst atmen mache ich auch und Entspannungsübungen, oder einfach nur Musik hören im Garten oder einfach nur ruhig liegen. Das entspannt wirklich.

Das ist wichtig, zu lernen, in erster Linie sich um sich selbst sorgen und zu kümmern. Vorallem, wenn du nie gelernt hast, dich selbst zu lieben braucht das auch seine Zeit und Geduld.

Dir auch einen schönen Tag,
Katerle
undansonsten
Beiträge: 227
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von undansonsten »

Ich war heute mal wieder beim Pferd, nachdem ich beim Einkaufen einen Anflug einer Panikattacke hatte.Ich will und werde mich nicht unterkriegen lassen! Es war schön, beim Pferd zu sein. Reiten schaffe ich zwar gerade nicht, aber bissi kuscheln ist auch schön! :-)
Lieblingsuli
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von Lieblingsuli »

Ich habe immer gerne gestriegelt. Was hast Du denn für ein Pferd?
"Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern"

Lothar de Maizière
undansonsten
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von undansonsten »

Ich habe eine Trakehnerstute, die ich sehr liebe. Wir hatten harte Zeiten, sie hat eine harte Kindheit und Jugend wie ich, was ich erst später erfahren habe und hatte viele Traumata, die wir miteinander heilen konnten. Sie galt als nicht reitbar, aber inzwischen ist sie einfach super und ich kann ihr jede Reitschülerin anvertrauen. Sie ist meine beste Lehrerin und hat mir sehr viel beigebracht. Merke auch, dass sie mich vermisst, weil ich oft im Kopf und auch physisch "nicht da" bin und sie doch gewöhnt ist, dass ich täglich lange Zeit mit ihr verbringe.

Ich habe mir vorgenommen, das jetzt wieder zu ändern, aber wenn es wie jetzt so heiss ist, sind wir beide einfach total ausgeknockt.
Zuletzt geändert von undansonsten am 26. Jun 2019, 00:09, insgesamt 1-mal geändert.
undansonsten
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von undansonsten »

Monchen12345 hat geschrieben:Hi undandonsten,

Du schreibst dass Depressionen in deiner Familie gehäuft vorkommen, warum sollst du dann Schuld haben an der Erkrankung deines Sohnes?

..
DANKE! Ganz ehrlich: ich habe das noch NIE so gesehen, manchmal bin ich so blind. Ich fühle mich für alles verantwortlich, was schief läuft, ist immer meine Schuld.

Danke für diese Anmerkung, das ist gerade sehr hilfreich für mich!
undansonsten
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von undansonsten »

Liebe Manu,

danke für deinen lieben Worte. Mein Sohn und ich reden viel miteinander (an den guten Tagen) und ich glaube, seine Depression ist nicht mehr so schlimm, weil er sich sehr allein gefühlt hat, jetzt aber zunehmend mit Leuten unterwegs ist. Außerdem hat er eine gute Begleitung durch die Therapeutin und ich denke, er ist auf einem guten Weg. Ich war auch Teil der Depression, weil ich ihn so stark kontrolliert habe, insbesondere, nachdem er in diese schlechte Clique gerutscht war und gekifft hatte.er musste mir jeden Schritt dokumentieren und ich habe dauernd hinter ihm her spioniert und seine Taschen durchsucht. Das war eine schlimme Zeit, ich konnte mich selbst nicht leiden.

Inzwischen habe ich meine Kontrollsucht durchschaut und versuche sie auszulachen. Jeder von uns geht auf den anderen zu und versucht, Kompromisse anzubieten. Er macht mir immer wieder Angebote, dass er sich meldet per WhatsApp und mir durchgibt wo er ist, wenn er unterwegs ist. Das will ich aber nicht (mehr), er wird in 5 Tagen 16 und ist ein grosser Kerl. Er weiss was richtig und falsch ist, er hat eine gute, liebevolle Basis und er ist kein waghalsiger Typ und ich muss akzeptieren, dass er vielleicht den einen oder anderen Fehler in seinem Leben machen wird. Eigentlich ist er aber sehr vernünftig, bis auf das Rauchen, was mich total triggert. Wahrscheinlich macht er es unterbewusst auch deshalb.

Ich habe verstanden, dass ICH einen grossen Anteil an seiner Depression habe, auch wenn die Disposition in unserer Familie liegt. Und ich muss halt meine Panikattacken aushalten, wenn er weg ist mit Freunden, die ich nicht kenne. Heute hatte er einen Kennenlerntag in der neuen Schule und er ist fröhlich und in Aufbruchstimmung. Ich bin sicher, dass es für ihn eine Zäsur sein wird, wenn er die alte Schule mit den vielen alten schrecklichen Dingen hinter sich lassen kann - übermorgen ist es so weit.

Ich freue mich für ihn, dass er Menschen gefunden hat, mit denen er Zeit verbringen kann. Er ist ein "Rudeltier" und versucht einfach nur seinen Platz zu finden. Sucht schon so lange und bekommt so häufig Zurückweisungen, ich muss lernen, davon nicht betroffen zu sein, denn er spürt es.

Eigentlich ist der Weg aus der Depression für jeden von uns beiden derselbe. Er muss sich ablösen und ich muss es zulassen. Hört sich einfach an, ist es aber nicht für einen Menschen, der niemals in seinem Leben geliebt wurde und dann den einzigen Menschen gehen lassen muss, zu dem es eine tiefe emotionale Bindung gibt. Aber das ist mein job als Mutter. Und den gehe ich jetzt.
binerchen
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von binerchen »

Hallo undansonsten,

ich kann dich so verstehen.

Als meine Tochter vor mir stand und gesagt hat: "Mama, ich glaub ich hab Depressionen" ist in mir eine Welt zusammengebrochen. Sie ist immer ein so fröhliches, offenes Kind gewesen. Wir hatten immer eine offene Beziehung. Sie hat immer die Nähe zu uns gesucht und wenn wir nur nebeneinander saßen und ferngesehen haben.

Auf einmal - letztes Jahr - fängt sie an sich zu ritzen, macht ihre Zimmertür zu, will nicht gestört werden, redet nicht mehr mit uns.

Ich finde das alles sehr schwer. Und noch schwerer ist es die Pubertätsmerkmale von Depressionsmerkmalen zu unterscheiden. Und dann fällt mir der Unterschied zwischen Freiräume lassen und Aufsichtspflicht verletzen auch sehr schwer.

Im Moment ist schulisch gesehen bei uns alles durch, deshalb brauch ich da keinen Druck ausüben was Hausaufgaben und lernen angeht. Aber dementsprechend macht sie auch gar nichts. Alles überhaupt gar nichts. Keine Hausaufgaben, kein Lernen, keine Pflichtlektüre lesen nix.
Bin ja schon um jeden Tag froh, den sie in die Schule geht, was sie häufig nicht macht.
Wie konntest du deinen Sohn motivieren? Meine hat an schlimmen Tagen Weinkrämpfe und sagt sie kann einfach nicht in die Schule gehen.
Wir sind jetzt so verblieben, dass sie an diesen Tagen während der Schulzeit die Elektronik abgeben muss um diesen Anreiz wegzunehmen.

Ihr Freundeskreis gibt ihr viel Halt und Kraft. Ihre engsten Freunde wissen Bescheid und passen auch auf sie auf, aber mit diesem Entwicklungsschub hat sie auch begonnen bei Treffen Alkohol zu trinken und Sex ist auch auf einmal ein Thema.
ich persönlich bin einfach mit der schnellen Entwicklung (die sicher eher mit der Pubertät als mit den Depressionen zu tun hat) total überfordert.

Achja, wir sind ja parallel bei einer Kinesiologin, die hat mir gesagt, dass Leah meint wir kümmern uns nicht genug um ihre Krankheit, aber zu uns sagt sie, wir sollen sie in Ruhe lassen. Sie nicht fragen, wie es ihr geht. Wie geht man denn damit um? Was ist Zuviel und was ist Zuwenig.
Bin oft sehr ratlos
undansonsten
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von undansonsten »

Guten Morgen!

Ja, diese Ratlosigkeit kenne ich. Deine Tochter ist im Verhalten meinem Sohn sehr ähnlich. Letztes Jahr ging es damit los, als er 15 wurde. Er war auch immer sehr fröhlich trotz des Mobbings, war im Sportverein, hat gesungen etc. Von einem auf den anderen Tag hat er alles hingeschmissen, statt der täglichen fröhlichen Gesänge aus seinem Zimmer: Stille und ein Kind, dass auf dem Bett liegt und an die Decke starrt oder auf sein Handy glotzt.

Das mit dem Freiräumen und der Aufsichtspflicht geht mir GENAU SO! Wir waren aber wohl immer sehr streng, bis zum Winter musste er abends bis 20 Uhr daheim sein. Wir haben jetzt auf 22 Uhr, seit 4 Wochen auf 23 Uhr und wenn er in ein paar Tagen 16 wird, auf 24 Uhr (am Wochenende) erhöht. Wir wohnen in einer Stadt, wo man abends nicht unbedingt allein auf die Strasse gehen sollte, weil es gefährlich werden kann, war auch schon in den Medien, wenn sich die Clans wieder mal ne Massen Messerstecherei vor dem Polizeipräsidium gönnen.... es gibt die Regel, dass noch zwei andere Leute dabei sein müssen und er jederzeit anrufen kann, wenn wir ihn abholen sollen mit dem Auto. Er hatte mal so Ideen, allein zu Fuss nachts heimzugehen... ein paar Kilometer. Das muss nicht sein, allein.

Wir haben unseren Sohn bezüglich des Schulbesuches nicht so stark motivieren müssen. eine Zeitlang habe ich ihn tageweise daheim gelassen, wenn er nicht mehr konnte, das hab ich ihm ansehen können. Dann gab es aber auch Medienentzug, das habe ich ihm dann auch erklärt. Im letzten Jahr habe ich ihm aber gesagt, dass er es lernen muss, diszipliniert mit den Auswirkungen der Depression umzugehen, hab ihn morgens liebevoll 10 Mal geweckt und mit leckeren Broten und liebevoller Ansprache angehalten, zur Schule zu gehen. Wir hatten glaube ich einfach Glück, dass er das dann auch gemacht hat. Bei jemandem anderen hätte das vielleicht nicht funktioniert, seine Depression ist m.E. auch nicht so ausgeprägt. Ich finde es allerdings sehr außergewöhnlich, dass mein depressives Kind in eine verhasste Schule geht, wo Mobbing auf der Tagesordnung steht. Er hatte immer die Option, auch im Schuljahr jederzeit die Klasse zu wechseln und wusste, dass wir ihn jederzeit unterstützen. Aber er wollte das nicht, auch nicht nach den Gesprächen mit der Therapeutin. Er sagt, er will das Thema beenden und es in der Schule dort lassen, sonst würde er es immer hinter sich her ziehen. Das hat er geschafft, im letzten Jahr hat er sogar mit Jungs aus seiner Klasse ab und zu etwas gemacht.

Es ist gut dass sie Freunde hat, die sie auffangen, das hat mein Kind nicht und genau das war immer sein grosses Problem. Alkohol, Sex und Drogen sind in seinem Umfeld ("Elitegymnasium der Stadt") ganz normal und viele hatten schon mit 13 oder 14 sexuellen Kontakt, wir kennen auch einige, die mit Alkoholvergiftung im Krankenhaus lagen und dann direkt weitergemacht haben, als sie wieder rauskamen. Die meisten haben sich wieder gefangen, eine seiner Freundinnen, die total eskaliert ist in jeglicher Hinsicht.... ist jetzt das bravste Kind ever - ich staune immer wieder, weil sie doch sehr am Abgrund balancierte.

Vielleicht ist deine Tochter von ihrer Pubertät auch komplett überrollt. Zwischen Kindheit und Erwachsenwerden gibt es ja große emotionale Schwankungen. Die Jugendlichen müssen ihren Platz in der Gesellschaft finden, das ist schwer und führt sicher zu starken inneren Konflikten. Wir Eltern sollten Stabilität und Liebe bieten und Geduld haben. Sie begleiten und auch Dinge aushalten.... für mich persönlich am Schwersten.

Ich finde das mit der Kinesiologin spannend. Mein Sohn braucht schon immer sehr viel Aufmerksamkeit, und die hat er jetzt bekommen.... vielleicht ist es ungerecht, so zu denken, aber manchmal bin ich auch wütend, weil er doch immer viel Liebe und Zeit bekommen hat und es anscheinend immer noch nicht gereicht hat. Aber vielleicht fehlte etwas essentielles... ich hoffe, wir finden es heraus. Es erfüllt mich mit Scham, mit Schuld, unermesslicher Trauer und mit Wut auf mich und die ganze Welt, und das sind Gefühle, die jetzt zu meiner Depression geführt haben.

Ich freue mich, mit dir im Austausch zu sein.
undansonsten
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von undansonsten »

Manu, was für eine schwere Geschichte mit deiner Tochter!!!! Ich hatte grosses Mitgefühl beim lesen, aber das Ende ist ja einfach sehr mutmachend und freut mich für euch zwei!!!!!!
Lieblingsuli
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von Lieblingsuli »

Wir hatten immer Westfalen.
"Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern"

Lothar de Maizière
undansonsten
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von undansonsten »

Lieblingsuli hat geschrieben:Wir hatten immer Westfalen.
:?
undansonsten
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von undansonsten »

Liebe Manu,

danke dir für deine lieben Worte. Ich glaube, er hat nur drei oder vier mal gekifft, bevor ich drauf gekommen bin, sagt er jedenfalls. Für mich war es quasi das Allerschlimmste.... inzwischen versuche ich, entspannter damit umzugehen, krieg ich allerdings nicht gut hin. Er hatte die Depression schon vor dem Kiffen. Ich glaub es war einfach Verzweiflung, weil er sein Leben nicht hinbekommen hat und keine Freunde hatte und dann plötzlich in dieser Clique "anerkannt" war (weil er immer schön das Zeug bezahlt hat). Nachdem er bei der Drogenberatung war und wir den Geldhahn abgedreht haben, hat das relativ schnell aufgehört. Als ihm dann einer aus der Clique noch das Handy geklaut hat (und wir es bei dem orten konnten), hat unser Kind glaub ich so einiges verstanden.

Es liest sich für mich, als habt ihr das ganz gut hinbekommen mit deinen Kindern alles! Toll!

Meiner ist glaube ich auch eher spät dran mit Pubertät, so richtig übel erst seit er 15 ist, da waren teilweise die schlimmsten Stürme bei den anderen schon durch... jetzt haben wir 1 Jahr durch aber ich denke, es werden noch weitere Stürme kommen und dann muss ich aber bei mir bleiben. Ich muss aber auch sagen, dass ich einfach entspannter bin, seit er seinen Schulabschluss hat, der ja sehr auf der Kippe stand. Dabei ist er in der Schule gar nicht schlecht... jedenfalls ist er jetzt mit mittlerer Reife und hat so eine Basis. Wenn er jetzt in die neue Schule wechselt hoffe ich ,dass er einen guten Anschub bekommt im neuen Umfeld und zumindest die 12 dann macht, wenn nicht sogar Abi. Die Intelligenz hat er. Fehlt das Engagement. Kann mir aber vorstellen, dass es jetzt besser wird, weil Neuanfang. Wie man immer noch einen 2,? Schnitt haben kann in der 10. Klasse Gymmi, obwohl man seit Jahren weder lernt noch Hausaufgaben macht... keine Ahnung. Was hat der Junge für ein Potential.
undansonsten
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von undansonsten »

Ja, so wie dein Neffe ist mein Sohn auch. Sagt gern offen seine Meinung, ganz die Mama : oooooops, Kommt oft nicht gut an... und er ist vollkommen chaotisch, aber erst seit der Pubertät. Ich hoffe, das gibt sich wieder etwas, wenn die Gehirnreifung eingesetzt hat.

War gerade bei seiner Prüfung zum Deutschen Tanzabzeichen in Gold und war einfach nur stolz als ich sah, dass dieser gutaussehende, toll tanzende grosse Junge meiner ist!!!! Und wenn ich Bilder sehe, nur 1 Jahr her... da war er noch total das Kind und erst so 1.70 gross, der ist mal eben in einem Jahr zum Mann geworden, jetzt fast 1,90 - irgendwie schon krass, was die leisten, allein an äusserem WACHSTUM:
Lieblingsuli
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von Lieblingsuli »

Ich bin nur bis zum Tanzabzeichen in Silber gekommen.
"Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern"

Lothar de Maizière
Waldbär
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Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von Waldbär »

Guten Morgen,

ich melde mich nach einer längeren Pause zurück. Das heisst, ich fange wieder von vorne an, und bin also auch NEU HIER.

Ich bin jetzt 59 Jahre, männlich, verheiratet, eine erwachsenen Tochter, und habe seit Jahrzehnten Depressionen. Ende März 2019 bin ich nach einer 6 wöchigen Reha wieder nach Hause gekommen. Ich arbeite 40 Stunden in der Woche.

Nach der Reha in der Hubertusklinik Scheidegg habe ich an 12 Abenden an einer Chatbrücke teilgenommen.

Nach den guten Erfahrungen mit der Chatbrücke möchte ich mich als Weiterführung dieses Modells hier im Forum austauschen.
undansonsten
Beiträge: 227
Registriert: 23. Jun 2019, 19:14

Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von undansonsten »

Hallo Waldbär,

willkommen. Was ist eine Chatbrücke, das kenne ich gar nicht!

Liebe Grüße
Waldbär
Beiträge: 120
Registriert: 1. Mär 2018, 09:38

Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von Waldbär »

undansonsten hat geschrieben:Was ist eine Chatbrücke, das kenne ich gar nicht!
Die Chatbrücke wird von einer Ärztin der Klinik moderiert. Es ist eine eigens eingerichtete Chatplattform, auf der zu einem bestimmten Termin, bei mir wars jeweils Mittwochs abends, für 1,5 Stunden ein Austausch über Textnachrichten möglich ist. Die Teilnahme wird schon von manchen Krankenkassen übernommen. Die Kosten sind ca. 250.- € für 12 Abende.

Die Chatbrücke wird von einem Institut angeboten und technisch betreut: http://psyres.de/" onclick="window.open(this.href);return false;

Die Chatbrücke für die Klinik Scheidegg: https://psyres.de/scheidegg/" onclick="window.open(this.href);return false;

Ich hoffe, dir damit die wichtigsten Informationen in aller Kürze mitgeteilt zu haben.
Lieblingsuli
Beiträge: 1253
Registriert: 28. Sep 2018, 12:22

Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von Lieblingsuli »

undansonsten hat geschrieben:
Lieblingsuli hat geschrieben:Wir hatten immer Westfalen.
:?
Du hast doch geschrieben, dass du eine Trakehnerstute hast. Meine Frau und ich hatten Westfalen. Was ist daran verwirrend für dich?
"Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern"

Lothar de Maizière
undansonsten
Beiträge: 227
Registriert: 23. Jun 2019, 19:14

Re: Neu hier und Lust auf Austausch

Beitrag von undansonsten »

Ah! JETZT verstehe ich. Ich hatte das nicht auf die Trakehnerstute bezogen. LOL
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