Tagebuch lesen

DieNeue
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Re: Tagebuch lesen

Beitrag von DieNeue »

Hallo Candless,

also ganz check ich immer noch nicht, was du meinst.
Candless hat geschrieben:Ich habe keineswegs gemeint, die Dinge, die ich der Therapeutin sagen würde, einer depressiven Tochter zu sagen. Das ist ein völlig anderer Fall, der hier aber nicht zur Diskussion stand.
Das heißt du würdest der Therapeutin sagen, es sei kein Vertrauensbruch, weil du der Meinung bist, dass du als Eltern für das Kind verantwortlich bist und deshalb auch nach Hinweisen suchen darfst.
Der Pflegetochter würdest du nicht groß was erklären, sondern dann eher sagen:
Candless hat geschrieben:Ich mache mir Sorgen um deine Sicherheit, ich liebe dich und kann deshalb nicht anders handeln. Alles weitere können wir später besprechen, wenn es dir besser geht.
Versteh ich dich diesmal richtig? ;)
Candless hat geschrieben:Es steht dort nichts, dass ein Gespräch mit der Pflegetochter über einen möglichen Vertrauensbruch stattfindet, sondern dass diese Frage im Raum steht im Kontakt mit der Therapeutin.
Nicht im ersten Posting, aber später schreibt Pflegemutter noch:
Pflegemutter hat geschrieben: sagte die Therapeutin zur Pflegetochter, dass wir in ihrem Notizbuch gelesen hatten.
Das erzählte mir die Pflegetochter am Tag nach dem Termin, bzw.sie warf es mir vor.
Also, die Pflegetochter vertraut uns nicht mehr.Wir vertrauen der Therapeutin nicht mehr. Und auch die Pflegetochter muss denken, wenn die Therapeutin ihr Sachen erzählt, die die Pflegeeltern ihr anvertraut haben, wird die Therapeutin die Dinge, die sie ihr anvertraut, den Pflegeeltern erzählen?
Die Pflegetochter wird ihre nächsten Abschiedsbriefe und Tablettensammlungen sehr gut verstecken...
Ich bin enttäuscht, wütend und noch ratloser.
So wie ich es verstanden habe, fand ein Gespräch zwischen Eltern und Tochter über das Notizbuchlesen statt, allerdings erst nachdem es die Tochter von der Therapeutin erfahren hatte und sie dann ihre Pflegeeltern darauf angesprochen hat und ihnen vorgeworfen hat, ihr Vertrauen gebrochen zu haben. Die Konsequenz ist, dass die Tochter den Eltern nicht mehr traut und Pflegemutter nicht weiß, was sie machen soll. Deswegen schreibe ich die ganze Zeit von einem nochmaligen Gespräch zwischen Eltern und Tochter oder Brief an die Tochter, wo man ihr zu verstehen gibt, dass man ihre Sichtweise auch versteht.

Deine Sicht zu dem Vertrauen und dem Vertrauensbruch verstehe ich nicht ganz, denn auf der einen Seite schreibst du
Candless hat geschrieben:Leider schenken uns viele depressive Angehörige ja keinerlei Vertrauen und deshalb kann man auch in dieser Situation keinen Vertrauensmissbrauch begehen
auf der anderen Seite aber
Candless hat geschrieben:Dass sie mit dir über die Tabletteneinnahme gesprochen hat, ist ebenfalls ein gutes Zeichen, denn das zeigt ja, dass sie Vertrauen zu dir hat und es vielleicht sogar ihre Absicht war, dass du liest, was sie geschrieben hat.
Hatte die Tochter denn nun Vertrauen zu ihrer Pflegemutter oder nicht? Meines Erachtens ja, allerdings nur, weil sie bei dem Gespräch über die Tabletteneinnahme noch nicht wusste, dass die Pflegemutter im Notizblock gelesen hatte. Danach war Schluss mit dem Vertrauen.
Und das ist jetzt Pflegemutters nächstes Problem. Erst war nur die Therapeutin mit dem Vorwurf, sie hätten nicht im Notizblock lesen dürfen, das Problem. Jetzt ist das neue Problem, dass die Tochter tatsächlich kein Vertrauen mehr zu ihr hat.
Wenn es aber so bleibt, dass sie weiterhin kein Vertrauen mehr hat, dann ist sie für die Mutter erst recht nicht mehr erreichbar und die Möglichkeiten ihr zu helfen sind wesentlich geringer.
Deshalb ist es meine Meinung, dass man versuchen sollte, dass die Pflegetochter wieder mehr Vertrauen zu einem aufbaut.
Candless hat geschrieben:Im Tagebuch einer gesunden 14-Jährigen zu lesen wäre ein grosser Vertrauensbruch, im Tagebuch einer möglicherweise suizidalen 14-Jährigen kann jedoch lebensrettend sein und ist unter gewissen Umständen sogar eine Pflicht.
Ich sehe auch, dass man da eine Verantwortung hat. Und auch dass man da Dinge tut, die man nicht tun würde, wenn keine Lebensgefahr bestehen würde. Vor anderen Leuten würde ich mich auch nicht dafür rechtfertigen, dass ich mich um das Leben meines Kindes sorge und alles dafür tue, dass es sich nicht das Leben nimmt. Wenn es wirklich brenzlig wird und ich nicht mehr weiter weiß, würde ich auch den Notarzt rufen oder sie "zusammenpacken" und mit ihr in eine Klinik fahren. Ich würde es mir nie verzeihen, wenn sie sich das Leben nimmt, weil ich irgendwas unterlassen habe.
Für das Kind ist und bleibt es aber ein Vertrauensbruch, denn sie hat den Eltern das Vertrauen geschenkt, dass sie nicht in ihren Sachen lesen (wie man es als "normale" 14-Jährige einfach erwartet), aber diese haben sie trotzdem gelesen.
Ich denke, wenn man diese blöde Situation mit dem Notizbuchlesen klärt und ihr zu verstehen gibt, dass man sie versteht, kann auch wieder mehr Vertrauen entstehen, als wenn man jetzt komplett über ihre Gefühle und ihre Meinung hinweggeht.
Sie war ja bereit, über die Tabletten zu reden. Vielleicht würde sie doch über ihre Suizidgedanken reden oder sich helfen lassen, wenn wieder mehr Vertrauen da wäre?

Hoffen wir mal, dass wenn wir uns schon nicht verstehen, dass wenigstens Pflegemutter uns beide versteht ;)

Mal ganz allgemein frage ich mich gerade aber, warum man sie nicht in eine Klinik bringt, wenn sie schon einen Suizidversuch hinter sich hat und die Gefahr so groß ist, dass sie es nochmal macht? Sagt da denn keiner der verantwortlichen Fachleute was dazu oder hab ich das jetzt überlesen? Das ist jetzt nicht als Vorwurf gemeint, sondern es wundert mich nur, weil es sonst ja immer gleich heißt, dass man bei Selbstgefährdung in die Klinik sollte.

Liebe Grüße,
DieNeue
DieNeue
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Re: Tagebuch lesen

Beitrag von DieNeue »

Hallo ßßßß,
ßßßß hat geschrieben: Was die Selbsttötungsgefährdung angeht ist die Ablehnung und Stigamtisierung heute noch genauso wie sie damals war.
Inwiefern? Welches Verhalten findest du ablehnend und stigmatisierend?
ßßßß hat geschrieben: Die Gesetzgebung in diesem Land stellt das zwar nicht mehr unter Strafe aber gibt die Möglichkeit zur völligen Entrechtung.
Was wären denn Beispiele für diese Entrechtung? Meinst du damit die Zwangseinweisung in die geschlossene Psychiatrie, das Recht selbst zu bestimmen, ob man lebt oder nicht?

Wie hättest du dir denn damals gewünscht, wie man mit dir umgeht?

Liebe Grüße,
DieNeue
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Re: Tagebuch lesen

Beitrag von DieNeue »

Hallo Pflegemutter,

ich wollte mal nachfragen, wie es dir denn mittlerweile geht? Der Thread ist ja teilweise schon etwas chaotisch und Candless und ich reden grade irgendwie aneinander vorbei. ;) Konntest du trotzdem für dich etwas hilfreiches mitnehmen?

Ich stelle mir die Situation echt schwierig vor. Mein Vater hatte vor ein paar Jahren einen Burnout. Er war zwar nicht suizidgefährdet (zumindest weiß ich nichts davon), aber trotzdem hatte ich manchmal Hemmungen in sein Zimmer zu gehen, wenn man schon länger nichts mehr daraus gehört hatte. Wer weiß, was einen hinter der Tür erwartete...
Meiner Mutter ging es in meiner schwersten Depression bei mir auch manchmal so.

Ich hoffe, die Lage hat sich etwas gebessert! Würde mich freuen von dir zu hören.

Liebe Grüße,
DieNeue
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Re: Tagebuch lesen

Beitrag von DieNeue »

Hallo Pflegemutter,

vielleicht wäre das hier eine Anlaufstelle für deine Pflegetochter:
https://www.u25-freiburg.de" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;

Liebe Grüße,
DieNeue
ßßßß

Re: Tagebuch lesen

Beitrag von ßßßß »

@dieneue

"Inwiefern? Welches Verhalten findest du ablehnend und stigmatisierend?"
Die Diskussion um die Niederländerin verfolgt?
Das Bfarm weigert sich auf Ministeranweisung, erst Gröhe jetzt Span, geltende Rechtsprechung umzusetzen.
Deutsche Ärzte weigern sich Gutachten zu verfassen.
Bei jedem der offen darüber spricht, steht immer die Drohung mit der Zwangseinweisung und Zwangsbehandlung im Raum. Hier am Anfang des Threads ja auch.
Ein Rechtvertigungsdruck.
Bei Ärzten herrscht der Irrglaube der eigenen Potenz.
Die Behauptung seitens der Ärzte es geben ja immer Therapiemöglichkeiten. Was streng genommen ja stimmt. Auch finale Tumorpatienten kann man immer noch operieren und bestahlen hilft den Betroffenen zwar nicht, aber die Weißkittel können schön verdienen.
Ablehnung der sozialen Interaktion.
usw.

"Was wären denn Beispiele für diese Entrechtung?"
baypsychkhg
Wobei die anderen auch nicht wirklich besser sind.

"Wie hättest du dir denn damals gewünscht, wie man mit dir umgeht? "
Wie kommst du auf damals?
DieNeue
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Re: Tagebuch lesen

Beitrag von DieNeue »

Hallo ßßßß,
ßßßß hat geschrieben:@
Wie kommst du auf damals?
Deshalb:
ßßßß hat geschrieben: Jeder ist anders aber wer hier auch mit 14 schwer depressiv und Selbsttötungsgefährdet war kann ja mal die Hand heben.
:hello:
So wie ich dich verstanden habe, warst du in der Zeit auch suizidgefährdet. Da würde mich interessieren, was für dich eine gute Reaktion deiner Umwelt gewesen wäre, wenn sie von deinen Suizidgedanken gewusst hätten.

Bist du denn froh, dass du noch lebst?

Viele Grüße,
DieNeue
ßßßß

Re: Tagebuch lesen

Beitrag von ßßßß »

@dieneue

"Jeder ist anders aber wer hier auch mit 14 schwer depressiv und Selbsttötungsgefährdet war kann ja mal die Hand heben."
das galt nur, weil zuvor ja davon ausgegangen wurde ich wüsste nicht wovon ich reden.
weiß ich leider doch. Wer meint zu wissen wie man schwer depressiven, suizidgefährdeten Teenager um geht. Sollte auch sagen wie sie/er darauf kommt.


" Da würde mich interessieren, was für dich eine gute Reaktion deiner Umwelt gewesen wäre, wenn sie von deinen Suizidgedanken gewusst hätten. "
ignorieren.
Schon zeigen das man weiß dass es im Raum steht. Aber ansonsten alles andere sein lassen. Sonst baut man einen unheimlichen Druck auf. Auf den kann man gut verzichten, man hat schon genug zu tun.
Candless
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Re: Tagebuch lesen

Beitrag von Candless »

ßßßß hat geschrieben: " Da würde mich interessieren, was für dich eine gute Reaktion deiner Umwelt gewesen wäre, wenn sie von deinen Suizidgedanken gewusst hätten. "
ignorieren.
Schon zeigen das man weiß dass es im Raum steht. Aber ansonsten alles andere sein lassen. Sonst baut man einen unheimlichen Druck auf. Auf den kann man gut verzichten, man hat schon genug zu tun.
Du sprichst erst von dir und dann verallgemeinerst du und sprichst davon, was "man" tun sollte, bleibst also nicht bei deinem damaligen Umfeld. Ich finde jedoch, das kann man nicht verallgemeinern, sondern da muss jedes Umfeld situativ selbst entscheiden. Niemand kann wissen, ob ein Teenager von ignorierbaren Suizidgedanken oder von nicht ignorierbaren Suizidabsichten spricht oder danach handelt. Und genau das ist das Dilemma von Angehörigen. Wir wissen nicht, wie ernst es gemeint ist und müssen trotzdem einen Weg finden, damit umzugehen.

Wie ich darauf komme, kann ich auch gerne sagen: Eine Freundin ghat sich im letzten Jahr beim zweiten Suizidversuch das Leben genommen. Selbst wenn das ein unverrückbarer Wunsch war, ist es für das Weiterleben des Umfeldes unzumutbar, dass sie in der Rückschau sich sagen müssen, sie hat Andeutungen gemacht und wir nicht reagiert. Die Zweifel bleiben, ob es sich nicht um Hilferufe gehandelt hat. Die Andeutungen und die -aus heutiger Sicht- verharmlosenden Kommentare sind noch heute auf ihrer Facebook-Seite zu lesen. Zu einem früheren Suizidversuch hatte sie mir erzählt, dass es ein Hilferuf war und sie froh war, dass sie noch lebte.

Wer möchte Angehörigen da den Rat geben, sie sollen Äusserungen in dieser Hinsicht ignorieren?
Ich bin hier, weil ich mich mit anderen Angehörigen offen über alles austauschen möchte.
ßßßß

Re: Tagebuch lesen

Beitrag von ßßßß »

@candless

"Wer möchte Angehörigen da den Rat geben, sie sollen Äusserungen in dieser Hinsicht ignorieren?"
lesen bildet.
die einzigen die das können sind die die mit dem thema aus erster sicht zu tun haben.

"Zu einem früheren Suizidversuch hatte sie mir erzählt, dass es ein Hilferuf war und sie froh war, dass sie noch lebte."
woher willst du wissen das sie die wahrheit sagte? der geglückte versuch deutet auf was anders hin. wer sagt eigentlich das es erst der zweite war? das mit dem druck habe ich nicht umsonst geschrieben. wenn die umgebung das eben nicht ignoriert, wird ein bestimmtes verhalten und bestimmte äußerungen abgenötigt. auch um nicht sozial isoliert zu werden. du lieferst da auch wieder ein schönes beispiel: "Die Andeutungen und die -aus heutiger Sicht- verharmlosenden Kommentare sind noch heute auf ihrer Facebook-Seite zu lesen." das eine weiße maus im raum ist, kann man bemerken nur wenn man sie zum elefanten aufbläst wirds problematisch.

"Selbst wenn das ein unverrückbarer Wunsch war, ist es für das Weiterleben des Umfeldes unzumutbar, dass sie in der Rückschau sich sagen müssen, sie hat Andeutungen gemacht und wir nicht reagiert."
ich habe oben schon mal von der egozentrik gesprochen. und genau das zeigt sich hier.
ES WAR IHRE ENTSCHEIDUNG!!! du bist mit deutlichen abstand 2 oder 3 rangig oder auch ganz unter ferner liefen. fühlst du dich auch verantwortlich wenn leute heiraten, kinderzeugen oder wo sie was für ein haus sie bauen? alles was menschen tun hat auch auf dich auswirkungen. nur immer sind es die in erster line handelnden welche verantwortlich sind. alle andere können zuschauen und kommentare abgeben sind aber eher unwichtig. denn die konsequenzen tragen nun mal die ersten nicht die zuschauer. d.h nicht man sollte gar nicht's tun nur die unterscheidung zwischen mögliche unterstützung signalisieren und nötigen kennen und beachten die meisten nicht.

"Du sprichst erst von dir und dann verallgemeinerst du und sprichst davon, was "man" tun sollte, bleibst also nicht bei deinem damaligen Umfeld."
ähm nein. sondern nur die zusammenfassung der gesammten psychosozialen umgebung
es gibt schöne untersuchungen dazu. solche gramatikkonstruktionen werden verwendet um sich von dingen/menschen/gedanken die unangenehm sind zu distanzieren. darüber lassen sich ua depressionen auch diagnostizieren, weil das bei davon betroffenen gehäuft vor kommt.
Candless
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Re: Tagebuch lesen

Beitrag von Candless »

ßßßß hat geschrieben: woher willst du wissen das sie die wahrheit sagte? der geglückte versuch deutet auf was anders hin. wer sagt eigentlich das es erst der zweite war? das mit dem druck habe ich nicht umsonst geschrieben. wenn die umgebung das eben nicht ignoriert, wird ein bestimmtes verhalten und bestimmte äußerungen abgenötigt. auch um nicht sozial isoliert zu werden. du lieferst da auch wieder ein schönes beispiel: "Die Andeutungen und die -aus heutiger Sicht- verharmlosenden Kommentare sind noch heute auf ihrer Facebook-Seite zu lesen." das eine weiße maus im raum ist, kann man bemerken nur wenn man sie zum elefanten aufbläst wirds problematisch.
Der erste Versuch, ja, sie bezeichnete ihn als ersten, lag viele Jahre zurück. Danach ging es ihr gut, so sagte sie selbst. Sie hatte eine neue Partnerschaft und viele Auftritte, sie war Künstlerin und viel positive Kritiken. Dann kam die Depression zurück.

Wie du es schreibst, wäre bei meiner Bekannten ja dann inkl. Suizid alles bestens gelaufen. Sie hat auf ihrer Facebook-Seite geschrieben, wie einsam sie ist, dass es niemanden interessiert, ob es sie gibt oder nicht, dass sie in ein schwarzes Loch schaut und nicht weiss, ob sie da lebend wieder herauskommt, und alle haben es bagatellisiert und ignoriert. Ihre Selbstaussagen sind mausgross geblieben, wie du es empfiehlst.

Sie hat sich letztlich entschieden, sich umzubringen.
ßßßß hat geschrieben: "Selbst wenn das ein unverrückbarer Wunsch war, ist es für das Weiterleben des Umfeldes unzumutbar, dass sie in der Rückschau sich sagen müssen, sie hat Andeutungen gemacht und wir nicht reagiert."
ich habe oben schon mal von der egozentrik gesprochen. und genau das zeigt sich hier.
ES WAR IHRE ENTSCHEIDUNG!!! du bist mit deutlichen abstand 2 oder 3 rangig oder auch ganz unter ferner liefen. fühlst du dich auch verantwortlich wenn leute heiraten, kinderzeugen oder wo sie was für ein haus sie bauen?
Natürlich hat sie die Verantwortung. Aber das Umfeld hat die Verantwortung, wie sie mit ihr umgegangen sind. Zuschauen und nichts tun, bagatellisieren und ignorieren ist auch jeweils eine Handlung und dahinter steht ebenfalls eine Entscheidung. Das zu hinterfragen ist doch keine Egozentrik! Die Art, wie du hier schreibst, empfinde ich als aggressiv. Welchen Grund gibt es dafür?
Ich bin hier, weil ich mich mit anderen Angehörigen offen über alles austauschen möchte.
ßßßß

Re: Tagebuch lesen

Beitrag von ßßßß »

@candless

ich denke hier muss ich mal einen Begriff einführen 'white lies'. Soziale Lügen übersetzt es nicht ganz aber hier für können die als identisch gelten.
Dahinter steht die auch immer wieder genannte große Anzahl an Lügen die die meisten Menschen am Tag tätigen.
Die meisten Menschen sagen häufig gerade in sozialen Interaktionen mit Absicht nicht die Wahrheit. Um vermeintlich anderen oder sich selber das Leben leichter zu machen. Das wird von vielen als gerechtfertigt betrachtet, weil ja keinem geschadet wird. Natürlich (Achtung Wortspiel!) lügen die sich damit selber in die Tasche. zwei schöne Beispiele: Ein Paar beim Therapeuten. Sie regt sich auf das er ihr nie Schmuck geschenkt hat sonder sie immer Haushaltsutensilien wie Töpfe bekommen hat. Und er sitzt bedröppelt daneben und stammelt. Aber du hast dich doch immer so gefreut.
Das Zweite sind die alternativen Fakten. wer damit arbeite ist ja klar.

Ich kann es natürlich nicht beweisen, aber all das kann muss nicht darunter fallen
"Der erste Versuch, ja, sie bezeichnete ihn als ersten, lag viele Jahre zurück."
"Danach ging es ihr gut, so sagte sie selbst."
"Dann kam die Depression zurück."
Ich kennen das aus erster und zweiter Hand. Das etwas was nicht stimmt erzählt wird um andere nicht zu beunruhigen, vermeintlich zu schützen auch einfach um Ruhe zu haben. Denn mit der Wahrheit kommt fast niemand klar. Den aller meisten nicht Depressiven, ausdrücklich eingeschlossen diejenigen zu deren Job das eigentlich gehört, kommen mit dem ganzen negativen auf Dauer nicht klar. Sie wollen was positives hören. Was ihnen dann als white lie geliefert wird.

"Sie hatte eine neue Partnerschaft und viele Auftritte, sie war Künstlerin und viel positive Kritiken."
Das ist wieder die Außensicht. Für jemand mit Depression ist das alles irrelevant. Wir jagen dem nach und versuchen alles inklusive schön reden um dieses positive erleben zu bekommen. Nur das Merkmal, der Depression ist ja gerade das es wir es nicht bekommen.

"Sie hat auf ihrer Facebook-Seite geschrieben, wie einsam sie ist, dass es niemanden interessiert, ob es sie gibt oder nicht, dass sie in ein schwarzes Loch schaut und nicht weiss, ob sie da lebend wieder herauskommt, und alle haben es bagatellisiert und ignoriert. Ihre Selbstaussagen sind mausgross geblieben, wie du es empfiehlst. "
Da hast du mich missverstanden. Es ging beim Ignorieren um die Selbsttötungsgefährdung nicht um die restliche Symptomatik.
Ob beim Rest du oder andere tatsächlich was hättest machen können, ist fraglich. Wie oben schon geschrieben. Wenn das positive nicht innerlich erlebt wird, kann das außen noch so toll sein. Bringt nix. Außer Aufwand ohne Ertrag. Und viel Druck.

"Wie du es schreibst, wäre bei meiner Bekannten ja dann inkl. Suizid alles bestens gelaufen."
Und wer sagt das nicht?
Klar es könnte ihre jetzt und auch noch bis 130 bestens gehen oder aber sie können auch leiden jeden Tag, jeder Stunde, jeder Sekunde. Wäre letzteres wirklich gut?
Es lässt sich im jetzt nicht sagen, was eingetreten wäre. Was aber feststeht ist das sie zum Todeszeitpunkt unglaublich gelitten hat. Das ist vorbei. Ihr Leiden ist vorbei endgültig.
Es wird auch immer gern auf eine positive Zukunft verwiesen. Nur ist das eben auch eine whit lie. Zur Selbstberuhigung von Angehörigen ,"Fachleuten", Gesellschaft. Es gibt nur keine Garantie, dass es besser wird.
Es war ja keine spontaner Kurzschluß das ging schon eine Weile und damit war die Wahrscheinlichkeit das es nicht immer wieder kommt oder auch gleich Dauerzustand ist im Grunde gleich null. Und damit war Ihr Entschluss in dem Augenblick richtig.

"Die Art, wie du hier schreibst, empfinde ich als aggressiv. Welchen Grund gibt es dafür?"
wer andere zum leiden verdonnert, darf sich nicht über die Reaktion wundern.
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