Paartherapie, Beziehung beendet

[Just01]

Meine Frau ist vor ca. sieben Jahren wegen einer schweren Depression + Persönlichkeitsstörung nach Besuch der Psychiatrie ausgezogen. Wir haben uns in dieser Zeit nie aus den Augen verloren, gemeinsame Urlaube verbracht (getrennte Betten), keinen Sex. Irgendwann kamen wir dann letztes Jahr beide auf die Idee eine Paartherapie zu machen um zu schauen, was noch gehen könnte. Die Therapie verlief eigentlich ganz gut, ich hatte aber immer das Gefühl, dass sie die negativen Dinge gesucht hat um irgendein Scheitern zu provozieren. Diese Woche war es dann so weit: wir haben eine Übung aufbekommen: eine Stunde Zeit für uns, Streicheln des Rückens, danach drehen und dann Streicheln der Vorderseite, ohne Sex und ohne Berühren von Brust etc. Wir haben das dann im Wechsel gemacht: 15 hat sie mich gestreichelt, 15 Minuten ich sie. Dabei dann nach fünf Minuten immer der Wechsel von Rücken zu Bauch. Die letzten 15 Minuten hatte ich dann und wir sind dann nicht mehr zum letzten Wechsel gekommen. Die Atmosphäre war so entspannend, dass ich nicht mehr auf die Uhr geschaut habe und den Wechsel vollzogen habe. Wir lagen auf dem Sofa, sie sehr entspannt, ich sehr entspannt. Ich habe ihr ein, zwei Küsse auf die Stirn gegeben und so ging eine sehr schöne Stunde, nach langer Zeit, zu Ende. Ohne Probleme etc. Ich habe sie noch nie so entspannt gesehen. Bei der nächsten Stunde in der Paartherapie kam dann das dicke Ende: sie möchte sofort die Sache beenden, Beziehung würde absolut nicht gehen, das hätte sie bei der Übung gemerkt und die Übung wäre schrecklich für sie gewesen. Weiter wäre sie nicht in der Lage gewesen, die Übung zu beenden. Sie konnte nicht für sich sorgen und eine Grenze setzen. Für mich war das total konträr zu dem, was geschehen ist. Sie war tiefen entspannt . und die Situation war alles Andere als schlecht, so habe ich es empfunden. Weiter haben wir noch fünf Minuten vor der Stunde über den Urlaub im Sommer gesprochen und Details geklärt. Sie würde sich sehr auf den Urlaub freuen . ne Woche vorher haben wir den angefangenen Tanzkurs um ein Jahr verlängert . und dann das. Ich kann das nicht mehr nachvollziehen. Ihre Diagnose war damals: schwere Depression + kombinierte PS (Abhängig+ emotional instabil + Ängstlich vermeidend). Sie nimmt seit Jahren keine Tabletten mehr und sieht sich als Gesund an. Mit ihrer Therapeuten trifft sie sich nun privat als Freundin. Therapeutin hat das vor ein paar Jahren angestoßen (was ich absolut nicht nachvollziehen kann). Sie sieht sich als gesund an.
Ich fühle mich z.Z. echt mies.

[Candless]

Lieber Just01

was du schilderst, hört sich sehr belastend und verletzend an.

Ich bin ja auch getrennt und warte immer noch ab, aber ich denke, in so einer Situation würde ich mir überlegen, ob nicht ein endgültiger Schlussstrich besser wäre. Das hört sich jetzt wahrscheinlich schlimm an, weil du ja auch schon so viele Jahre an ihrer Seite ausharrst, mit ihr wegfährst, Paartherapie machst usw.

Ich vermute, dass doch die Interessen hier ziemlich gegensätzlich sind. Sie fährt zwar mit dir in Urlaub, macht einen Tanzkurs, aber offenbar liegt mehr nicht drin oder es ist ihr einfach zuviel, zu nahe und zu kompliziert. Ich denke, gerade Menschen mit Depressionen haben sehr strikte Grenzen und Mauern aufgebaut, um andere von sich fernzuhalten. Diese Mauer scheint sich ja in den sieben Jahren verfestigt zu haben.

Ich glaube, meine persönliche Leidensfähigkeitsgrenze wäre an dem Punkt nun erreicht. Ich denke, wenn man selbst eine Beziehung möchte, aber sieben Jahre mit der eigentlich geliebten Partnerin nur freundschaftlich verbunden sein darf, sollte man das Ganze kritisch hinterfragen. Eine Paartherapie setzt ja voraus, dass beide wirklich noch Interesse haben. Insofern ist es konsequent, wenn sie das abbrechen will unter diesen Umständen.

Ich glaube, wenn man sieben Jahre auseinander ist, zeigt das in erster Linie, dass wirklich einer von beiden nicht mehr will.

Ich würde -spreche aber nur für mich- in diesem Fall einen Schlussstrich ziehen. Keine Paartherapie mehr, aber auch keine gemeinsamen Urlaube und sonstige Dinge mehr, die vielleicht blockieren, dass du jemanden triffst, mit dem das alles möglich ist, was du dir wünscht.

Ich glaube, die Beobachtung, dass sie entspannt war, heisst nicht, dass sie auch mehr will. Und dass sie das nicht will, hat sie ja deutlich artikuliert. Wenn meine Ex es mal so in aller Deutlichkeit sagen würde, wäre auch bei mir die Tür zu, mich weiter mit ihr zu beschäftigen. Sieben Jahre unter diesen Umständen sind ja schon extrem lange. Für mich wäre das "Schauen, was gehen könnte" hier an einem Ende. Ich würde mich nun auf mich besinnen und mein Ding machen und alleine in die Zukunft schauen. Dort gibt es sicher noch vieles zu erleben und zu entdecken.

Ganz liebe Grüsse!

[Just01]

Wenn das nicht alles so weh tun würde ...dieser Stimmungsumschwung von Jetzt auf Gleich hat mich so schockiert: wir reden fünf Minuten vor der Therapiestunde über den gebuchten Urlaub, wann wir bezahlen sollen etc. Da war alles vollkommen ok gewesen ....zwei Wochen vorher noch nen Tanzkurs verlängert, ein Jahr lang und fünf Minuten später schmeisst sie alles hin. Weiter kam ich mir in dieser Sitzung sehr manipuliert vor. Ich kenne meine Frau ganz genau, wir waren 30 Jahre zusammen. Ich spüre, wenn sie authentisch ist oder wenn sie eine Rolle spielt. Bei der Paartherapie hat sie eine Rolle in der letzten Stunde gespielt: immer wieder hat sie darauf hingewiesen, dass sie sich Sorgen machen würde, wie ich jetzt reagieren würde bezüglich Kind, Beeinflussung etc. Nur das ich das Kind schon sieben Jahre lang aufgefangen habe ....das kam nicht zur Sprache. Sie hatte so nen Zusammenbruch schon einmal vor drei Wochen im Urlaub: zuerst hat sie mir alleine im Auto gesagt, dass sie sich trennen würde etc. Keine Gefühle mehr da. Am Abend kam sie dann weinend zu mir und hat gesagt, sie hätte überreagiert und ich wäre doch ihre Familie etc ....genau der gleiche Ablauf wie vor der Therapiestunde.

[Candless]

Würdest du wirklich sagen, vor der Therapiestunde war alles ok... Ich verstehe dich so, das du sie noch liebst und mit ihr unbedingt wieder zusammen sein willst, aber sie seit sieben Jahren dich in der "Friendzone" braten lässt.

Dann ist doch seit sieben Jahren eigentlich nicht mehr alles ok, sondern du bist in einer Endloswarteschleife und kommst auch mit Paartherapie nicht dort heraus.

Ich würde nicht mehr mit mir spielen lassen und die Notbremse ziehen, sonst leidest du vermutlich noch viele Jahre länger.

Ich bin ja in einer ähnlichen Situation, was die Ungewissheit betrifft. Aber ich denke, es ist wichtig, sich realistisch zu überlegen, welche realen Möglichkeiten man hat. Wenn irgendwann alle ausgeschöpft sind, denke ich, ist es an der Zeit, sein Leben auf andere Füsse zu stellen. Dass man manchmal das Abschiednehmen trotz jahrelangem Stillstand nicht in Erwägung zieht, ist ja ein Weg, den ganz grossen Schmerz der Trennung nicht zu erleben und durch den kleineren der Annäherung nur bis an den Punkt, wo man gelassen wird, zu gehen. Das kleinere Leiden zieht sich aber bei dir ja schon sehr lange hin. Da frage ich mich, ob das ein Weg ist, der für dich in eine gute Zukunft führt.

Aber natürlich hat jeder eine andere Geschichte und auch andere Beweggründe. Insofern hoffe ich einfach für dich, dass du eine für dich lebbare Lösung findest.

Ganz liebe Grüsse!

[DieNeue]

Hallo Just01,

kann es sein, dass dieses schnelle Hin- und Herswitchen mehr von der Persönlichkeitsstörung kommt? Was stand denn damals mehr im Vordergrund?

Meine Eltern haben mal jemanden kennengelernt, dessen Frau hatte, meine ich, auch eine emotional-instabile Persönlichkeitsstörung/Bipolar und bei der war es so, dass sie es nicht ertragen konnte, wenn irgendwas perfekt/superschön war. Dann hat sie das wieder "kaputtgemacht". Sie hatten sich wohl ein schönes Leben aufgebaut und als alles fertig war inkl. Haus etc., hat sie sich getrennt oder es war irgendwas anderes schlimmes, weil sie das nicht ertragen hat. Ich weiß es nicht mehr genau, will mich jetzt auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber vielleicht findest du zu dem Thema Infos, die dir weiterhelfen könnten?

Aber wie gesagt, ich bin Laie und mich hat das nur spontan an diese Geschichte erinnert. Muss aber bei deiner Partnerin auch nicht zutreffen.

Liebe Grüße,
DieNeue

[Just01]

Ich war vorhin nochmal kurz bei ihr. Ich finde, man sollte immer nochmal ein kurzes Gespräch führen. Ich war echt schockiert: sie hat alles von mir weggepackt etc. Weiter sah sie mehr als "fertig" aus ...glaube, gut geht es ihr nicht. Mich hat dieses: 100% alles weg so schockiert. Das mit dem "kaputtmachen" habe ich auch so empfunden. Die Übung war bestimmt kein Grund, alles von 0 auf 100 wegzuwerfen. Ich habe sie gefragt, ob sie sich denn überhaupt bewusst wäre, was sich jetzt alles ändern würde. Sie kam super mit meinen Eltern da, war oft bei denen etc. Das wird sich jetzt alles komplett ändern aber darüber hat sie sich Null Gedanken gemacht. Sie hat wie vom Blitze getroffen reagiert und wegen einer harmlosen Übung ein wahnsinns Fass aufgemacht.

[Just01]

Kennt das von Euch auch jemand? Dieses von Jetzt auf Gleich zu reagieren, ohne vorher was gesagt zu haben etc und dann alles umzuwerfen? Ohne sich über die Folgen Gedanken zu machen?

[SebastianO]

Hallo Just01,

dein Schicksal tut mir sehr leid.
Habe es gerade das erste Mal gelesen und das ganze 7 Jahren mitzumachen, muss die Hölle sein.
Kamen dir nie die Gedanken es von deiner Seite aus zu beenden?

Zu deiner Frage, ob jemand das kennt von jetzt auf gleich alles wegzuwerfen, kann ich dir nur sagen ja.
Bei mir ist es ja leider auch immer wieder so. Wenngleich man eure Situation und 30 Jahre Ehe natürlich nicht mit einer einjährigen Liaison verglechen kann.
Wie ich in dem anderen Thema bereits geschrieben habe, haben wir 6,5 Stunden telefoniert und uns da definitiv angenähert. Es war herzlich warm und das hat sie definitiv genauso empfunden.
Dann haben einige Tage später nochmal recht normal geschrieben, ich habe ein Herz bekommen und einen Tag später beendet sie alles, blockiert mich überall und will keinen Kontakt mehr.
Ich kann es mir auch nicht erklären, ausser dass ich beim schreiben etwas von mir gegeben habe, was sie verstört, gekränkt und verletzt hat.

Ich wünsche dir alles Gute und viel Glück!

[Just01]

Bei uns gab es auch mal wieder ne Steigerung: sie ist verbal unglaublich frech geworden. Das kenne ich von ihr sonst überhaupt nicht. Kam erst, nachdem ich sie mit der Krankheit konfrontiert habe: da ist sie ausgeflippt. Ich werde mich jetzt komplett zurückziehen und mein Seelenleben erst mal versuchen zu heilen. Danach kann man schauen, was sich wie entwickelt hat. In dem Zustand kann ich sie nicht mehr erreichen.

[Just01]

Edit

[Lerana]

Hallo Just01,

in vielen Beiträgen im Angehörigenteil geht darum, wie es den Betroffenen geht, was sie tun und was sie gemeint haben könnten.

Ich vermisse oft den/die Threaderöffner*in. Wie geht es dir? Was tust du, um nicht selber in ein Loch zu fallen? Triffst du dich mit Freunden*innen? etc.

Ich denke, es ist wenig gewinnbringend zu orakeln, warum deine Freundin jetzt so ist, wie sie ist. Das liegt in ihrer Verantwortung, selbst wenn es "nur" depressives Symptom ist. Und auch, ob sie eine Rolle gespielt hat, ob sie entspannt war, als ihr euch gestreichelt habt etc. ist erstmal gar nicht so wichtig, glaube ich. Nimm sie ernst! Das hat mein Mann übrigens damals auch getan, als ich mich in einer Episode trennte.

Sie will nicht mehr mit dir zusammen sein zur Zeit, warum auch immer!

Zurück zu dir: Du könntest dich fragen:
Will ich das noch mitmachen?
Wie lange noch?
Warum will ich die Frau nicht loslassen?
Was fehlt mir zur Zeit?
Wie kann ich mich trösten?
Was müsste geschehen, dass ich es selber endgültig beende/weiter daran festhalten.
...

Dreh dich doch nach sieben Jahren Warteschleife ruhig mal um dich! Tu, was dir gut tut!

Herzliche Grüße
Lerana

[Just01]

So, ich habe den Kontakt zu ihr komplett eingeschränkt. Tut mir gut und zur Zeit bringt Kontakt sowieso nix. Was mich etwas erstaunt: unser Sohn möchte zur Zeit auch nicht mehr zu ihr. Er ist 14 Jahre und möchte zur Zeit nicht mehr zu seiner Mutter. Wir haben vorher das Wechselmodell praktiziert. Komischer Weise macht sie überhaupt keine Anstallten, näheren Kontakt zu ihm aufzubauen. Jeden Morgen kommt eine Whatsapp, das war es dann auch. Sie hätte genug Möglichkeiten, ihn real zu treffen, nimmt sie aber nicht wahr. Das finde ich schon mehr als komisch.

[Candless]

Komischer Weise macht sie überhaupt keine Anstallten, näheren Kontakt zu ihm aufzubauen. Jeden Morgen kommt eine Whatsapp, das war es dann auch. Sie hätte genug Möglichkeiten, ihn real zu treffen, nimmt sie aber nicht wahr. Das finde ich schon mehr als komisch.

Lieber Just01,

in einer Depression ist das nichts ungewöhnliches. Auch wenn sie sich als gesund ansieht, wie du geschildert hast, ist sie es sicher nicht, so wie du ja auch geschrieben hast. In einer Depression sind Gefühle blockiert und die Empfindungen oft widersprüchlich bis chaotisch, so wie ich es bei meiner Ex auch erlebt habe und erlebe.

Auch wenn du unter Liebeskummer leidest und wegen der Trennung sauer auf sie bist, wäre es fair, du würdest nun keine "Schuldfrage" daraus machen und evtl. so etwas dem Sohn mit auf den Weg geben. Es wäre für ihn eine grosse Verletzung. Besser wäre es, ihm zu vermitteln, dass sie eine Depression hat und ihn selbstverständlich liebt, auch wenn sie es nicht zeigen kann.

So habe ich es auch gehalten und inzwischen ist das Kind meiner Ex wieder häufiger bei ihr. Selbst wenn eine Beziehung in die Brüche geht, sollte man mithelfen, das Verhältnis zwischen Mutter und Kind zu schützen und aufrecht zu erhalten, soweit man dazu etwas tun kann. Die eigene Einstellung und ein grosses Verständnis für die Betroffenen spielen hier die grösste Rolle, meine ich. Fragen, die Zweifel schüren an der Mutterliebe, würde ich daher um jeden Preis vermeiden.

Ganz liebe Grüsse!