Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelskreis

Aurelia Belinda
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Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von Aurelia Belinda »

Katerle, wie meinst du das. Andere sind Angsteinflössend.?
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Katerle
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Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von Katerle »

Liebe Aurelia,

werde mal versuchen darauf zu antworten. Als zweieinhalbjähriges Kind wurde ich im Heim misshandelt... Und danach als vierjährige weiteren traumatischen Erlebnissen ausgesetzt... In meiner Pubertät hatte ich Angst vor meinem alkoholabhängigen Vater, der im Alkohol stark aggessiv wurde. Später hatte ich psychische und körperliche Gewalt erfahren. Das meinte ich, wenn andere angsteinflössend sind oder waren...

LG
Aurelia Belinda
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Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von Aurelia Belinda »

Oh weh, Katerle
Wie schlimm ist das denn?
Das zieht sich schön durch dein gesamtes Leben. Phuuuu.So viele Baustellen.
Traumata. Furchtbar.
Das tut mir sehr leid.
Menschen wie du, denen das widerfährt,
Haben natürlich ein Leben lang damit zu kämpfen.
Ganz schlimm.
Ich möchte dich einfach mal drücken,
Denn das hat einfach niemand verdient.
Viele hier haben ja ihre schlechte Kindheit, Vergangenheit, die ein Leben so arg prägt.

Ich habe auch Gewalt erfahren.
Psychisch und Physisch.
Deine Baustellen finde ich dennoch einen Tick gravierender.
Du warst auch im Heim......Aus welchen Gründen. Auch wegen dem alkoholkranken Vater. Du musst nur antworten wenn die danach ist. Es ist keine Pflicht Rede u. Antwort zu stehen.
Nur wenn du mal erzählen willst.
Hmmm. Geht mir gar nicht aus dem Kopf, was du hinter dir hast.
Erst mal vielen Dank für deine Offenheit.
Und jetzt versteh ich auch wenn du andere als angsteinflössend siehst.
Ja, es sind so viele ähnlich gelagerte Schicksale hier.
Es geht viel um missbrauchte Gefühle.
Missbrauch und Erniedrigung.
Muss deine Geschichte erst mal verdauen.
Mit Alkohol und Gewalt kam ich auch als Teenager in Berührung durch den damals neuen Mann meiner Oma.
Da waren wir oft mittendrin. Im Geschehen. Angst dass er unserer Oma schlimmstes antut. Panik dass er alles kurz u. Klein schlägt. Er war auch unberechenbar. Meine Oma ist sehr früh verstorben. An den Folgen einer Erkrankung die die nicht ernst genommen hat. Sie hat sich nie ernst genug genommen durch die ewigen Erniedrigungen. Sie starb auf der Strasse....

Der Grund warum ich versuche das alles hinter mir zu lassen, meine Welt mir schön zu machen, ist auch eben die Vergangenheit. Das mit dem Alkohol war jetzt nur ein Teil vom ganzen.
Durch meine Therapie könnte ich lernen vieles positiv zu nutzen, mir meine Selbstwahrnehmung verbessern.
Wir sind keine schlechten Kreaturen.
Wir wurden nur so behandelt.

Ich lebe mein Leben in Harmonie.
Das ist ein ganz großes Privileg.
War aber auch sehr viel Arbeit.

Und du versuchst ja auch, deine inneren Ressourcen zu nutzen, das Beste daraus zu machen.
Dir weiter ganz viel Kraft, bleib wie du bist, Du hast wie ich hier mitkriege gute Fortschritte gemacht beim Bewältigen der Ereignisse.
Weiter so. Auch wir haben ein Recht auf Freude. Positive Dinge....

Wünsche allen Mut u. Kraft um den mühsamen Weg weiter zu gehen.

Gute Nacht,
LG Aurelia
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Katerle
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Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von Katerle »

Danke liebe Aurelia für deine mitfühlenden Worte und fürs Drücken...

Tut mir leid, dass du auch Gewalt erfahren hast...

Soviel ich weiß, hatte damals meine Mutter eine schwere OP vor sich, als ich oder wir ins Heim kamen. Mehr kann ich dazu leider nicht sagen...

Mit deiner Oma, das war auch sehr schlimm, wie du beschreibst... Drück dich auch...
Und ja, ich versuche weiterhin das Beste draus zu machen.

Wünsche dir ebenfalls viel Mut und Kraft für deinen weiteren Weg,

Liebe Grüße und auch eine gute Nacht,
Katerle
Allegretto

Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von Allegretto »

Hallo BunteTupfen,

ich zupfe mal ganz vorsichtig an einem bunten Tupfen...
Wie geht es Dir? Bist Du noch da?

Ja, die Sache mit dem Kontakt-Knüpfen ist wirklich schwer. Und Kontakte mit dem Potential für echtes Interesse und Anteil-Nehmen am Gegenüber sind sehr rar. Das empfinde ich ähnlich wie Du. Und wenn ein solcher Kontakt sich dann doch einmal einstellt bzw. ergibt, ist es unsäglich traurig und schmerzhaft, wenn der Kontakt dann abbricht. Für mich fühlt sich das dann so an, als bliebe ich allein zurück. Dann fühle ich mich gleich wieder so anders, als zu schwer für andere.
Bei vielen - erstmal oberflächlichen Kontakten - habe ich den Eindruck, bei meinem Gegenüber gibt es nicht die Tiefe in der Persönlichkeit, die Tiefe und Sensibilität in der Wahrnehmung, die Intensität des Empfindens. Ich merke gerade, wie schwer es mir fällt, passende Worte für das, was ich zum Ausdruck bringen möchte, zu finden.
Ich wünsche mir weniger einen oberflächlichen Kontakt, solchen kann ich, wenn mir danach ist, mit "Smalltalk" durchaus herstellen (beim Einkaufen, Hundespaziergang, im Zug, etc.), sondern mehr das wertfreie Interesse am DU, das Nicht-Beurteilen, das Nicht-Urteilen über mein So-Sein.
(Meine Güte ist das jetzt kompliziert und dabei habe ich auch eine sehr humorvolle Seite!). Einen Kontakt, wie ich ihn mir in meinem Lebensumfeld wünsche, habe ich noch nicht gefunden. Für mich würde das Finden eines solchen so etwas wie Glück bedeuten.

Aber ich wollte weniger von mir schreiben, sondern nach Dir fragen. Kannst Du Dich vom Sprießen, Grünen, Wachsen der Natur anrühren lassen? Auch in unserer Seele gibt es Veränderung und Wachstum, und immer gibt es ein "Morgen" - auch für uns.
Alles Gute und im Minimum erträgliche, leichte und helle Ostertage. Das wünsche ich Dir,
Allegretto
BunteTupfen
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Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von BunteTupfen »

Liebe Allegretto,

über Deinen Beitrag und Deine Erkundigung nach meinem Befinden, habe ich mich sehr gefreut. Es tut einfach gut, wenn man selbst in einem Forum nicht einfach "vergessen" wird. Danke !

Gerade habe ich in Deinem eigenen Gesprächsstrang gelesen und war von den dortigen Beiträge außerordentlich angerührt, denn die Tiefe und die Sensibilität die dort spürbar ist, würde ich mir auch in meinem realen Leben in dieser Form wünschen.

Genau diese Tiefe sprichst Du auch oben an und Du hast - wie so oft - einmal mehr sehr passende Worte für das gefunden, das Du zum Ausdruck bringen möchtest. Ich kann Deine Worte sehr detailreich nachempfinden. Es ist, als würden Deine Beschreibungen meinem Inneren entspringen.

Ich finde das auch gar nicht kompliziert, und es steht auch nicht im Widerspruch zu einer humorvollen Seite, die man dennoch in sich tragen kann.
Allegretto hat geschrieben:Ich wünsche mir weniger einen oberflächlichen Kontakt (...) sondern mehr das wertfreie Interesse am DU, das Nicht-Beurteilen, das Nicht-Urteilen über mein So-Sein. (...) Einen Kontakt, wie ich ihn mir in meinem Lebensumfeld wünsche, habe ich noch nicht gefunden. Für mich würde das Finden eines solchen so etwas wie Glück bedeuten.
Dies würde ich als DAS GLÜCK schlechthin empfinden.


Wenn Du an anderer Stelle geschrieben hast:
Allegretto hat geschrieben:Neben dem Alleinsein bleibt die Einsamkeit - und auch das wird vermutlich so bleiben.
Dann will ich Dich darin bestärken, vorsichtig aber stetig jenen Weg weiter zu beschreiten, doch noch das Glück seelenerfüllender Kontakte zu finden. Wenn wir völlig verharren, sei es aus Furcht oder Resignation, kann es keine Annäherung an das gewünschte Ziel geben.
Und Du schreibst auch selbst: "Auch in unserer Seele gibt es Veränderung und Wachstum, und immer gibt es ein "Morgen" - auch für uns."

Ich habe diese Woche einiges erledigt, das erledigt werden musste und mich auch durch "dieses Tun" bestärkt. Das derzeitige traumhafte Wetter und die Natur sind mir ohnehin stützende Pfeiler. Ich verusche der Deppression also Leben und positive Pünktchen (seien sie noch so zart und klein) entgegen zu setzen. An den trist-kalten Tagen letzte Woche war mein "Stand" wackeliger. Im Forum habe ich ab und an vorbeigelesen, brauchte aber auch etwas Abstand zur Thematik.

Ich hoffe sehr, dass es Dir wieder etwas besser geht, als offenbar noch vor einigen Tagen!
Ich wünsche Dir schöne Ostertage, mit viel Sonne, positiven Gedanken und möglichst mit Leichtigkeit.

Herzliche Grüße
BunteTupen
Zuletzt geändert von BunteTupfen am 19. Apr 2019, 16:23, insgesamt 1-mal geändert.
Allegretto

Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von Allegretto »

Lieber BunteTupfen,

ich freue mich, von Dir zu lesen. Danke!
Habe Dir eine PN geschrieben. Da hat sich ein Fehler eingeschlichen, im vorletzten Abschnitt unten:
Einsamkeit, soziale Isolation..... liegen ganz nah beieinander.

Schöne Grüße
Allegretto
Camille
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Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von Camille »

Liebe Allegretto, lieber Bunte Tupfen

und alle anderen

Ich lese hier interessiert mit - bin dankbar, dass ihr euch auseinandersetzt mit diesem Thema, das mich auch so sehr belastet -

Euer Austausch ist für mich sehr hilfreich - zumindest, um all diesem "diffus wahrnehmbaren Chaos" in mir im Hinblick auf Ursachen und Auswirkungen ein bisschen Struktur geben zu können oder zumindest benennen zu können.

Herzliche Grüße
Camille
Aurelia Belinda
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Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von Aurelia Belinda »

Hallo Bunte Tupfen,
Hallo alle die lesen und schreiben hier.

Besonders an so Feiertagen wird einem bewusst, wie einsam mal lebt.
Alle Unternehmen etwas miteinander, oder fahren weg.
Dazu hätte ich momentan gar nicht die Kraft, selbst wenn ich morgen Geld hätte.

Ich mache mir da immer so meine Gedanken. Wie das weiter geht.

Traurig bin ich heute nicht.
Ich genieße den Tag, die Ruhe.
Aber es kam oft an Feiertagen oder auch Weihnachten vor, dass ich mich auch nach “ Normalität “ sehne.
Irgendwo mit eingebunden zu sein.
Wir haben ja selbst keine Kinder.
Und mit der Herkunftsfamilie meines Mannes ist kein Kontakt.
Und meine Angehörigen, na ja.
Flüchten vor uns, weil man es mit uns nicht aushalten kann....
Krankheit ist da Schwäche. Die kann man nicht akzeptieren.
Freunde haben wir längst nicht mehr.
Heute ein paar Grüße über WhatsAp, von einer aus der SHG. Das war's.

Das was oben zitiert war von Allegretto, auch Camille sagt das oft, Wünsche auch ich mir. Einfach dazu gehören.
Keine nur oberflächlichen Kontakte, sondern schon tiefgründige Gespräche und echtes Interesse aneinander.

Ich selbst entwickle gern echtes Interesse, vielleicht erwartet man das dann umgekehrt auch.

So viel für heute,
Schönen Tag noch.
Setze mich in die Sonne.
Gruß Aurelia
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Allegretto

Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von Allegretto »

Hallo an alle, die hier vorbeischauen,

ich bin alleine heute - obwohl, heute Vormittag habe ich in der Kirche bei einer Messe von Schubert mit musiziert. In der katholischen Kirche werden hohe Feiertage ja gerne musikalisch ausgeschmückt. Das finde ich sehr schön (ich selbst bin evangelisch, was jetzt nicht weiter wichtig ist). Weniger schön war das frühe Aufstehen. Morgen das gleiche noch einmal, jedoch in einer anderen Gemeinde und mit einer Mozart-Messe.

Nach viel Gesellschaft, Besuch, Familie ist mir momentan nicht, auch Wegfahren oder etwas zu unternehmen wäre mir zu viel. Aber wenn der Kontakt zw. meinem Bruder samt seiner Familie und mir besser wäre (zumal sie im selben kleinen Ort wohnen), wäre das schön.
Gegen das Alleinsein lässt sich, meiner Meinung nach, sehr viel leichter etwas unternehmen als gegen Einsamkeit.

Schöne Ostergrüße,
Allegretto
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Alegretto,
da hast du recht bezüglich der Einsamkeit und des Alleinseins.
Ich finde es schön, dass du mit musiziert hast. Ich wünschte, ich könnte das. Habe es leider nie gelernt.
Ich werde mich wieder etwas um Tapetenwechsel vor Ort kümmern. Tut ja auch gut, wieder mal ein paar Gesichter zu sehen.
LG Gertrud
heutesomorgenso
Beiträge: 43
Registriert: 1. Okt 2015, 15:39

Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von heutesomorgenso »

Hallo an alle ...
ich war schon lange nicht mehr hier im Forum, gestern habe ich mal geschaut, weil mir die Tage die Decke auf den Kopf fällt.

Das erste Thema war das hier und ich habe gleich gelesen, vieles, aber nicht alle Seiten.
Dieses Thema trifft meinen Seelenzustand komplett. Ich bin zur Zeit berentet, noch bis Anfang nächsten Jahres. Dann wird erneut geprüft.

Diese soziale Isolation begleitet mich jetzt schon lange Zeit. Immer wieder versuche ich, ihr irgendwie zu entkommen, aber es ist sehr schwer. Mein Freundeskreis ist fast nicht mehr vorhanden, über die Jahre kam das so langsam schleichend. Ein paar lose Bekannte, aber selbst die sind inzwischen kaum noch existent. Es gibt auch Phasen, da möchte ich auch keinen sehen. Die finanzielle und die berufliche Situation tun ihr übriges. Ich habe es ja mehrfach gelesen, man will sich nicht outen. Das geht mir auch so, denn ich schäme mich und kann auch in gewisser Weise nicht mithalten. Es ist schon so, wenn die Sprache auf Reisen, Hobbys etc kommt, dann werde ich ganz schnell still. Ich klinke mich aus, gehöre nicht dazu. Das Leben zieht an mir eigentlich komplett vorbei.
Bei Kontaktversuchen die Wahrheit verschweigen, dass geht mir irgendwie auch gegen den Strich und ist auf gewisse Weise auch anstrengend. Von der Partnersuche mal ganz abgesehen. Da blocke ich ja mittlerweile komplett ab. Sind wir mal ehrlich, wer will denn eine Partnerin mit Erwerbsminderungsrente die mit Grundsicherung aufgestockt werden muss?
Und so schließt sich der Kreis, zumindest bei mir.

Das Gefühl immer daneben zu stehen bzw. nicht dazu zu gehören begleitet mich schon seit meiner Schulzeit, dass ist mir alles in der letzten Zeit so richtig bewusst geworden.
Da gab zwar hin und da noch eine oder zwei Freundinnen, aber auch Zeiten da war gar nichts.

Zur Zeit habe ich wieder eine Verhaltenstherapie angefangen, weil ich merke das mittlerweile seelisch zugrunde gehe.
Wie das alles noch werden soll, da habe ich überhaupt keine Ahnung.

Ich schaffe es ja noch nicht mal, alleine was zu unternehmen. Das einzige was noch läuft ist der Sport. Mein Auto ist letzten November komplett kaputt gegangen, dann war das letzte was mich noch etwas vor der Tür brachte auch weg.

Sorry, ich möchte euch nicht den Ostersonntag verderben mit meiner Geschichte.

Viele Grüße
Aurelia Belinda
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Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von Aurelia Belinda »

Hallo heutesomorgenso,
Danke für deinen Beitrag dazu.
Das ging mir auch immer so,
Die Themen passen nicht.
Die “ Allgemeinheit “ passt nicht zu mir.
Und ich nicht zu ihnen.
Gespräche über Hobbies, Ausflüge, Job.
Urlaub. Freizeitaktivitäten.
Anstrengend für unser eins....

Hattest du denn vorher einen Partner als du noch nicht berentet warst?
Ja, das Stelle ich mir schon schwierig vor. Jemand neues kennen lernen, noch dazu als Kranker u. Frührentner.
Da gibt's so viele Vorurteile.
Das habe ich bei unserer Wohnungssuche erlebt. Frührente ist gleich faul, doof. Assi, Gesockse die Lärm machen und und.
Schwierig dann zu überzeugen dass dem nicht so ist.
Am ehesten findet man da vielleicht einen Partner unter Gleichgesinnten.
Vermute ich jetzt so.
Wenn man wenig raus geht, ist es ja alleine deswegen schon schwierig.
Im Internet, ja. Gibt's immer mal, dass da auch Paare zusammen finden.
Wie viele Therapien hattest du bisher?

@ Allegretto. Du warst heute zumindest in Gesellschaft. Ist doch schön.

@ Gertrud u. Allegretto,
Wie genau meint ihr das....
Alleine sein ist leichter zu überwinden als Einsamkeit.
Da blicke ich gerade nicht durch.

Gruß an alle die sich einsam fühlen.
Aurelia Belinda
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Aurelia Belinda
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Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von Aurelia Belinda »

Ich finde es auch schön mit dem musizieren Allegretto.
Das verbindet ja auch so etwas.
Das zerrissene Band mit deinem Bruder und seiner Familie ist echt schade.
Da wohnt man im selben Ort. Und geht sich aus dem Weg.
Aber ist bei uns ja auch so.
Selbes Haus. Jeder flüchtet.

Weg fahren hab ich auch keine Energie und Kohle ist knapp.
Es ist nicht so dass wir kein Angebot hätten. Ein ehemaliger Kumpel vom Mann versucht es immer wieder mal uns “ irgendwie unter zu bringen “.
Sprich Verein in dem er ist. Mittlerweile ist er in vier verschiedenen. Undenkbar für uns.
Auch läd er uns ab und an ein.
Wir können aber nicht.....
Da liegt das Problem.
Regelmäßige Termine in Gesellschaft gehen nicht mehr.
Man ist körperlich und vor allem mental zu arg erschöpft.

Selbst bei der SHG ist nicht mehr alles möglich. Bin froh wenn wir noch Kontakt halten. Uns ab und zu sehen lassen können.
Auch keinen Schimmer wie das so weiter geht.

@ Gertrud, was stellst du dir so vor als Tapetenwechsel.??
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
fatrate
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Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von fatrate »

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Zuletzt geändert von fatrate am 27. Aug 2019, 05:40, insgesamt 1-mal geändert.
Aurelia Belinda
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Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von Aurelia Belinda »

So ist es fatrate,

Ich verbringe auch gern Zeit mit meines Gleichen. Das andere ist mir viel zu fern.
Urlaub hier, Erfolge da, ständige Aktivitäten dort. Dann noch Planung für die Zukunft ( die übrigens bei jedem Morgen anders aussehen kann )....
Durch Unfall. Krankheit.
Das wird nicht gern gehört bei den Gesunden. Die täglich ihr Pensum schaffen. Noch nicht auf sich achten müssen. Nicht wissen was es heisst “ eigentlich zu leben “ anstatt einem Trotz hinterher zu rennen.
Sehr viele Leute glauben wirklich wir sind hier auf Erden um zu arbeiten.....

Das ist schon richtig.
Aber jedem das seine.
Etwas schaffen womit man auch mit wenig Geld zufrieden ist, können sich solche Spezies nicht vorstellen.
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Aurelia Belinda
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Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von Aurelia Belinda »

Trott nicht Trotz....
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Camille
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Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von Camille »

Hallo zusammen

@Aurelia - ich möchte weder Allegretto noch Gertrud vorgreifen. Ich meine mit allein sein, dass ich für mich alleine bin, also keine anderen Menschen um mich habe. Einsamkeit ist dagegen ein inneres Gefühl. Ich kann unter Menschen sein und mich trotzdem einsam fühlen, weil ich mich fremd fühle oder die anderen nicht verstehe. Ich weiß nicht, ob ich es verständlich erkären konnte. Weißt du jetzt, was wir damit meinen - wenn wir sagen, alleine sein (also kein Kontakt zu anderen Menschen haben) sei leichter zu überwinden - als Einsamkeit (also Kontakt zu einem Menschen zu haben, dem ich mich nahe fühle, den ich verstehe, der mich mag usw.)

@Bunte Tupfen - es freut mich, dass dein Thread immer wieder von Neuem unterschiedliche Forianer anspricht und dazu veranlasst zu schreiben. Es ist ein ganz wichtiges Thema - das ganz viele angeht und betrifft. Für mich sehr hilfreich - über das Lesen und Schreiben hier verstehe ich mich schritt für Schritt besser. Ich hoffe, es findet sich auch für dich noch viel Hilfreiches.

Ich lese, dass sich viele Schreiber einsam fühlen unter Menschen, weil es keine gemeinsamen Gesprächsthemen - z.B. Urlaub, Hobbies, Freizeit. Oder um Themen über die man ungern redet, wie z.B. Arbeit EM Rente. Und ja da erkenne ich mich wieder - zumindest in vielen Teilbereichen. Auch ich habe keine "Hobbies", keine Interessen. Und das trennt. Ich glaube nicht, dass es ist von "Nichterkrankten" bewusst ausgrenzend oder entwertend gemeint ist, wenn sie solche Themen ansprechen wie z.B. Urlaub. Ich glaube, dass es Themen sind über die gerne geredet wird, weil sie auch beim Erzähler schöne Erinnerungen wachrufen und - in der Regel beim Gegenüber auch. Ich denke sogar, dass z.B. meine ausbleibende positive Resonanz auch meinen Gesprächspartner zumindest kurz stutzig macht - vielleicht erlebt er mich sogar als ablehnend, wenn ich nicht mit der üblichen Begeisterung auf sein Thema eingehe.


@Bunte Tupfen - ohne, dass ich das damals hätte so formulieren können, war das auch schon in einer meiner Nachrichten an dich, der Grund gewesen, dir z.B. den BUND als Anlaufstelle zu empfehlen. Aus der Annahme, dass es über ein "gemeinsames Interesse" oder eine Tätigkeit leichter ist erste Gespräche aufzubauen - sich kennen zu lernen. Ich selbst erlebe es zumindest so - vielleicht könnte das dem ein oder anderen auch helfen.


Es ist so vielschichtig dieses Thema - gerade in letzter Zeit, war ich wieder so sehr in mir vergraben. Alles um mich herum war so weit weg - als ginge es mich gar nichts an. Mir ist das bewusst - wie einsam sich andere da auch neben mir fühlen müssen. Ich spüre nicht, was sie fühlen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht - was sie von mir bräuchten oder erwarten. Das sehe ich - und ja das tut mir sehr leid. Oft frage ich mich dann auch in wieweit bin ich für andere zumutbar. Vor allem in Phasen in denen in mir soviel Schmerz und Schwere ist - wie hat es mein Mann kürzlich formuliert - ich bekomme es nicht mehr ganz zusammen. Es ging so in die Richtung: "Manchmal möchte ich einfach entspannen und genießen - ich möchte nichts SChweres oder Depressives um mich haben". Und das tut mir unendlich weh - obwohl ich weiß, dass er genau solche Momente auch braucht. Und ich auch versuche, sie ihm zu zugestehen.


Das sind gerade so meine Gedanken -

Vielleicht kann der ein oder andere etwas damit anfangen.


Freue mich auf alle Fälle auf weitere Beiträge


Liebe Grüße

Camille
fatrate
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Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von fatrate »

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Zuletzt geändert von fatrate am 27. Aug 2019, 05:39, insgesamt 1-mal geändert.
Allegretto

Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von Allegretto »

Hallo ,

es freut mich ebenfalls sehr, dass dieses Thema viele anspricht, ich empfinde diesen Austausch als sehr anregend.
Ich kann leider heute Abend nicht auf jeden Beitrag des heutigen Tages eingehen, obwohl ich es so gerne würde. Deshalb jetzt nur kurz:

@ Gertrud,
danke für Deine Zustimmung bzgl. Unterschied Alleinsein und Einsamkeit.
Es freut mich auch, dass Du das Musizieren wert schätzt.
Ja, ein "Tapetenwechsel" ist ab und an gut. Ich war heute Nachmittag doch noch bei einer Bekannten (auch allein lebend, aber mit Hund) zum Kaffee und Kniffel-Spielen. Das war ganz schön, aber ich bin jetzt müde.
Dir gute Tage und vielleicht hier bis bald,
herzliche Grüße
Allegretto

@ heutesomorgenso,

Deine Geschichte weist Ähnlichkeiten zu meiner, wahrscheinlich zu denen vieler anderer auf.
Ich wünsche Dir, dass Du spüren kannst, dass Du nicht allein bist und dass es hier Menschen gibt, die Dich wirklich verstehen können.
Für heute wünsche ich Dir eine gute Nacht,
herzliche Grüße
Allegretto

@ Aurelia Belinda,

gerne teile ich Dir meine Gedanken zum Thema Alleinsein und Einsamkeit hier mit, allerdings nicht mehr heute Abend. Vielleicht hast Du indirekt auch schon eine Antwort in "meinem Thema: Nicht zugehörig" bekommen? Das Thema von BunteTupfen und mein eigenes liegen ja teilweise recht nah beieinander.
Auch Dir eine erholsame Nacht,
herzliche Grüße
Allegretto

@ fatrate,

auf Klassentreffen gehe ich auch nicht, da geht es mir wie Dir!

@ Camille,

Du greifst mir nicht vor, ja da stimme ich Dir zu, so würde ich Alleinsein und Einsamkeit auch beschreiben. Ich werde Dir demnächst noch ausführlicher schreiben. Heute bin ich nur noch müde. Lieben Dank für Deine PN!! Habe mich sehr gefreut.
Wünsche Dir auch eine gute Nacht,
herzlichst
Allegretto
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo ihr,

Camille du hast es so erklärt, wie ich es auch meine.

Alleinesein heißt für mich sein, mit niemandem zusammen sein. Einsamkeit ist für mich auch eher ein Gefühl. Wobei die Einsamkeit an sich nichts schlimmes ist. Es kommt eher darauf an, wodurch sie zustande kommt. Kommt sie durch Ausgrenzung zustande, durch das Erleben von schlimmen Dingen und das Verarbeiten müssen, ist das schwer.
Die erzwungene Einsamkeit durch Arbeitslosigkeit, Armut, psychische Krankheit, und ähnliches finde ich mit am schlimmsten. Manche Kommentare machen einem dann auch sehr zu schaffen.

Ich glaube, am einsamsten habe ich mich gefühlt, als ich als Teenie keine Reaktion auf meinen Abiturwunsch bekam, als ich sehr jung meinen Vater verlor, als ich nach erfolgreichem Studium in die Überschuldung und dadurch für längere zeit die Anlerntätigkeiten "gesteckt" wurde, als ich dann auch noch die psychiatrischen Diagnosen bekam, als ich dann in Rente geschickt wurde, als ich dann festellte, was wahrscheinlich wirklich Sache ist bei mir, nach vielen Jahren Therapien und anderen Maßnahmen für psychisch Kranke.

Ich bin auch so eine mit Mini-Erwerbsminderungsrente und Sozialhilfe-Aufstockung, vorher auch nix gescheites zustande gebracht und lange arbeitslos. Angenommen, ich lerne mal jemanden kennen, und derjenige fragt genauer. Ich weiß noch nicht, ob ich dann überhaupt erzählen kann. Denn da gibt es eigentlich nur Seltsames Tragisches zu berichten, was auch noch sehr skurill anmutet und sehr abschrecken wird, das ist mir heute schon klar. Und ich wäre finanziell mit durchzuziehen, ohne wirklich belastbar zu sein und mit einem Bedürfnis nach Aufarbeiten, welches Zeit und Kraft erfordert, wahrscheinlich sogar sehr viel davon.

Einsamkeit ist also immer vorprogrammiert.
Daran fange ich an mich zu gewöhnen.

Jetzt mit über 50 aber ist es ein Alter, wo viele schon an die Rente denken, von daher wird es etwas leichter.

Aurelia Belinda, mit Tapetenwechsel meinte ich einfach mal raus zu gehen.
"Vom Eise befreit sind Strom und Bäche..."
Ich bin dann aber im Sessel eingepennt. Dann hab ich wenigstens noch mit meiner Schwester telefoniert.

Camille, dein Mann hat recht. Er hat in der Arbeit schon die "Schicksale" und Krankheiten, und daheim die Frau auch krank. Verständlich, wenn er sich es anders wünscht. Du dir aber auch. Vielleicht meinte er auch mit, er wünscht es sich um deinetwegen, dass es dir besser geht.
Und glaube nicht, dass so viele Menschen so viel fühlen von anderen Menschen wie du es tust.

LG Gertrud
BunteTupfen
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Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von BunteTupfen »

Hallo Ihr Lieben,

es wäre mir viel lieber, wenn uns alle dieses Thema nicht beträfe, und dieser Gesprächsstrang damit überflüssig wäre. Wie ich sehe, gab es viele neue Beiträge.

Ich habe den Samstag und Sonntag genutzt, aktiv zu sein, und die Natur war wieder mal mein bester Freund. Zwar war ich (einmal mehr) allein unterwegs, aber ich wollte auf andere Gedanken kommen, Abstand zu den Dingen gewinnen, die mich momentan belasten, Abstand von der Depression bekommen, die mich schon seit einer ganzen Weile massiv im Griff hat. Und obwohl ich engergielos aufgebrochen bin, habe ich den Kopf wenigstens etwas frei bekommen und mir geht es insgesamt etwas besser - die Natur eben! Und das traumhafte Osterwetter!
Noch schöner wäre es natürlich, hätte ich diese Eindrücke, diese Augenblicke, mit jemandem teilen können. Mit jemandem, mit dem man auf einer Frequenz schwingt. Mit jemandem, dem gegenüber man sich nicht "erklären muss".


@heutesomorgenso

Liebe heutesomorgenso,
ich bin mir recht sicher, dass Du niemandem den Sonntag verdierbst, denn jeder der hier liest, tut das freiwillig. Und viele fühlen sich durch Deinen Beitrag bestimmt in gewisser Weise mit Dir verbunden, weil sie ähnlich betroffen sind, ähnlich fühlen, ähnlich ohnmächtig dieser Situation gegenüberstehen. Der offene, ungeschminkte Austausch über dieses Thema ist vielleicht ein Lichtblick, den dieser Gesprächsstrang bietet: Denn geteiltes Leid ist halbes Leid. Und es ermöglicht vielleicht einen Eindruck zu bekommen, wie andere mit sozialer Isolation umgehen. Wie andere diese erleben. Wie andere versuchen, diese zu überwinden.

Dass man an den Folgen sozialer Isolation, an dem Alleinsein, der Einsamkeit, dem einsam-sein mit seinen Gedanken und Gefühlen, dem Rückzug , und auch an der Scham langsam seelisch zugrunde geht, empfinde auch ich so. Zumal, wenn dieses "Abgeschottet-sein" nicht aus einem eigenen Wunsch heraus resultiert, sondern aufgrund von depressiven Symptomen, Ängsten vor Ablehung und Beurteilung, Ängsten vor "nicht-mithalten-können" (bzgl. Leitugnsfähigkeit, finanziellen Einschränkugen), oder der Beobachtung, dass sich auch andere von einem entfernen.

Auch mir geht es "gegen den Strich" Tatsachen verbergen oder schön reden zu müssen, weil die Wahrheit beim anderen vielleicht auf Ablehung oder Unverständnis stößt. Es sind gesellschaftliche Zwänge, die teilweise folteränlichen Charakter aufweisen. Eine Folter, die man sich teils selbst auferlegt, weil man nicht schief angesehen werden möchte, nicht ausgegrenzt werden möchte. Weil man ein "ganz normaler Teil der Gesellschaft" sein möchte.

Ich habe mich der sozialen Isolation zeitweise fast schon ergeben, möchte diesen Zustand aber doch noch überwinden, da mir in den letzen Jahren immer mehr bewusst wurde, dass tiefgreifende zwischenmenschliche Beziehungen, echte Freundschaften, die eigentliche Essenz des Lebens ausmachen. Fast alles, das Du beschrieben hast, ist mir allzu vertraut, und daher ein Grund mehr, dies nicht einfach als gegeben hinzunehmen. Und wenn es noch so schwer sein mag, diesen Zustand zu beenden.


@Allegretto

Liebe Allegretto,
es freut mich zu lesen, dass Dein musikalischer Einsatz Dein Osterfest positiv bereichert und Du einen schönen Nachmittag mit einer Bekannten verlebt hast. Ich wünsche Dir viel Freude bei der morgigen (bzw. heutigen) Messe.


@Camille

Liebe Camille,
mein Schlafbedürfnis hält mich gerade von einem Weiterschreiben ab! Werde morgen auf Deine Zeilen eingehen.


Ich wünsche Euch allen einen sonnigen, schönen Ostermontag

Herzliche Grüße
BunteTupfen
Camille
Beiträge: 602
Registriert: 3. Nov 2018, 21:35

Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von Camille »

Liebe Gertrud,

Einsamkeit - es gibt so viele Gründe dafür
Für jeden unterschiedlich

Ich sehe die "Schuld" nicht nur in meinem Umfeld oder in unserer Gesellschaft. Für mich fühlt es sich eher so an, als dass die Ursachen z.T in uns und z.T. in unserem Umfeld liegen - und wie der Titel des Threads schon sagt, kann sich daraus ein verhängnisvoller Teufelskreis entwickeln. Erfahrungen die ich gemacht habe, beeinflussen mein künftiges Verhalten - mein eigenes Verhalten beeinflusst wieder die Reaktionsweise meines Umfeldes.

Gertrud hat das schön beschrieben - vielleicht wird darüber klarer was ich meine:
Camille, dein Mann hat recht. Er hat in der Arbeit schon die "Schicksale" und Krankheiten, und daheim die Frau auch krank. Verständlich, wenn er sich es anders wünscht.
Ich selbst finde auch, dass mein Mann recht hat - und auch ein Anrecht seine Bedürfnisse zu äußern und auch einzufordern. Das sehe ich - und versuche auch, sie ihm zu zugestehen.

Trotzdem ein Konflikt - da unsere Bedürfnisse durch meine "Störung" zunehmend auseinander weichen. Ich habe ein enormes Ruhebedürfnis - er wünscht sich Anregungen und Austausch. Es lässt sich oft nicht anders lösen, als dass wir getrennt voneinander unsere "Freizeit" verbringen.


Ein Konflikt zwischen dem, was für den anderen zumutbar ist und dem was ich für mich einfordern kann und möchte. Ich persönlich kann es nicht ertragen, mein Gegenüber zu belasten oder einzuschränken. Die entstehenden Schuldgefühle übersteigen den vermeintlichen Nutzen für mich - deshalb ist es für mich eher eine egoistische Entscheidung, meine "eigenen Bedürfnissen" nicht durchzusetzen - die trotzdem auf Dauer sehr viel Instabilität in Beziehungen bringt - Beziehungen egal welcher Art, ob Bekannte, Familie, Freunde... Innerlich bleibt doch Enttäuschung und Frust - und Einsamkeit in dem Gefühl nicht gesehen zu werden.

Das ist noch so ein Aspekt - meiner Einsamkeit. Aus Gründen nicht ständig "zu belasten", übergehe ich auch sehr oft - sogar eher meistens - im Kontakt mit anderen Menschen mein innere "Stimmung" und meine Leere und Interessenlosigkeit. Es ist nicht nur eine "Maske" zum Selbstschutz - sondern auch um mein Gegenüber nicht zu überfordern und zu kränken. Und gleichzeitig ist dieses Verhalten wiederum Ursache, dass ehrliches und offenes Miteinander nicht möglich ist - durch meine "Täuschung".


Ich weiß nicht, ob jemand das nachvollziehen kann? Es fällt mir so schwer - Worte zu finden. Und noch viel schwere Lösungen dafür.


Ich bin dankbar, dass ich über meine Arbeit und über die "Hobbies" meiner Kinder ständig in KOntakt mit Menschen bleibe. Gespräche über "Organisatorisches" oder "gemeinsame Erlebnisse" ermöglichen mir nicht ganz alleine zu sein.


Innere Nähe - vielleicht gelingt das tatsächlich nur unter auch selbst Betroffenen - kann sein.


Herzliche Grüße

Camille
DieNeue
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Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von DieNeue »

Hallo Camille,


ich habe nicht den ganzen Thread gelesen, nur die letzten Beiträge. Ich hoffe, ich schreibe jetzt nicht am Thema vorbei.  

Camille hat geschrieben:Ich spüre nicht, was sie fühlen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht - was sie von mir bräuchten oder erwarten. Das sehe ich - und ja das tut mir sehr leid.
Mein spontaner Gedanke dazu war: Wieso sollst du spüren können, was sie fühlen? Du bist nicht sie! Wieso sollst du wissen, wie es ihnen geht? Du kannst keine Gedanken lesen! Woher sollst du wissen, was sie von dir brauchen oder gar erwarten? Kannst du in ihren Kopf reinschauen? Nein! 


Meine Mutter hat immer wieder irgendwas erwartet, was wir im Haushalt machen sollten. Aber nichts gesagt. Keiner von uns Kindern hat dann das gemacht, was sie erwartet hat. Und irgendwann war sie sauer. Hat aber nichts gesagt. Und irgendwann hat sie sich dann bei unserem Vater ausgekotzt und dann gab's ein Familiengespräch mit allen. Und eben Anschiss, weil wir ja nie was machen. Es waren immer wieder die gleichen Sachen, aber irgendwie hat es nicht wirklich gekappt. Aber es lief immer so: Einmal sagen. Wochenlang zuschauen, wie es nicht funktioniert, aber nix sagen. Drauf warten, dass die Kinder selber merken, dass der Müll neben der Tür steht und man den mit zur Mülltonne nehmen könnte, wenn man schon aus dem Haus geht... Wir hatten keine Ahnung und plötzlich gab's den Anschiss. Keine Ahnung, warum man als Kind so faul oder blind für den Haushalt ist, aber es war immer wieder so. Was aber auch immer wieder war, war, dass wir uns bemüht haben, manche Sachen gut gemacht haben, aber das waren eben dann nicht genau die Sachen, die sie gerade von uns erwartet hat. Oder es war halt nicht so gut, dass es gepasst hätte. Und dann gab's den Anschiss, weil wir ja nie was machen. Den ganzen Anschiss hätte es aber nicht gebraucht, wenn wir uns vielleicht noch mehr bemüht hätten, aber auch, wenn sie einfach immer wieder mal was gesagt hätte, was sie gerade erwartet und es nicht jedes mal drauf ankommen hätte lassen, ob ihre Kinder selber mit denken und dann immer wieder enttäuscht zu werden. (Dann sieht man nämlich irgendwann auch nicht mehr, was alles funktioniert hat...)

Irgendwann ging es mir zuhause so, als würde ich immer wie auf rohen Eiern laufen. Irgendein falscher Tritt, irgendeine ungeschriebene Regel missachtet und meine Mutter war sauer. 

Natürlich kann ich mein Bestes geben und alles machen, was ich weiß, was sie von mir erwartet. Aber wenn ich ewig den Müll neben der Tür nicht sehe und irgendwann trägt ihn jemand anders weg, dann ist der erst Recht nicht mehr in meinem Kopf -schließlich ist er weg. Aber meine Mutter schleppt es ewig mit sich rum. 

Was ich damit sagen will: Du kannst ewig rumraten, was die anderen von dir erwarten. Du kannst machen und tun und vielleicht ist ja das richtige dabei. Vielleicht kann man es irgendwann auch mal erraten, wenn der Andere es einem oft genug eingebläut hat. Aber wirklich wissen, kann man es nur, wenn der Andere es einem sagt. Und wenn er es nicht von selbst sagt, hilft fragen. 


Anderes Beispiel: Als ich noch daheim gewohnt habe, hat meine Mutter oft meine "schlechte Laune" oder meinen "blöden Blick" gleich auf sich bezogen. Hat gedacht, sie hat irgendwas falsch gemacht. Dann hatte sie natürlich schlechte Laune. Das hat dann manchmal den Rest der Familie auch noch mitangesteckt. Und sie hat sich die ganze Zeit gefragt, was sie jetzt wieder falsch gemacht hat. 

Irgendwann haben meine Schwester und ich ein ernstes Wort mit ihr geredet, dass sie bitte was sagen soll, wenn was ist. Dass sie einfach die Frage stellen soll "Hat das was mit mir zu tun?" Mehr nicht. Wenn es nichts mit ihr zu tun hat, dann ist die Sache für sie abgehakt oder ich sag ihr, was ist. Und wenn es was mit ihr zu tun hätte, könnte man drüber reden. Das hat sie dann auch immer wieder gefragt, am Anfang zögerlich, aber es wurde dann schon klar, dass es meistens NULL mit ihr zu tun hat. 

Manchmal war ich einfach müde, oder nachdenklich, und manchmal schaut man halt einfach doof ;) 

Ich saß auch mal einem Bekannten beim Essen gegenüber, der so geguckt hat, als würde es ihm schlecht gehen, als hätte er ein riesen Problem, das ihn beschäftigt. Als ich gefragt hab, ob alles ok ist, hat er gemeint: "Ja, ja... ich überleg nur, ob ich nochmal ein Schnitzel ess." 

Voll daneben gelegen mit meiner Vermutung. 


Wenn man jemanden sehr gut kennt, dann sieht man manchmal gleich, wenn irgendwas mit der Person ist. Aber deshalb weiß man noch lange nicht, was los ist. 

Wenn es dir schwerfällt einzuordnen, wie es einer Person geht, dann hast du auch die Möglichkeit zu fragen "Wie geht es dir?" 

Ich denke, es würde dir vielleicht helfen nachzufragen, auch in Hinblick darauf, dass du dir in deiner Wahrnehmung so unsicher bist. Wenn du jemanden fragst, wie es ihm geht, kannst du dir z.B. vorher überlegen, was du für einen Eindruck hast und erhältst dann die Rückmeldung, ob du richtig gelegen hast. Und gewinnst damit an Sicherheit.

Was ich dir noch sagen möchte, ist, dass deine Wahrnehmung generell begrenzt ist, genauso wie bei Gesunden auch. Niemand kann in den Anderen reinschauen. Niemand weiß, was der Andere denkt oder fühlt. Manche Leute können auch so eine gute fröhliche Maske aufsetzen, dass niemand auf die Idee kommen würde, denen könnte es gerade schlecht gehen. 

Auch bei Gesunden ist die Wahrnehmung nicht unbegrenzt oder perfekt. 


Jeder interpretiert auch Dinge anders, denn jeder hat einen anderen Hintergrund, hat andere Erfahrungen gemacht, aufgrund deren er Dinge einschätzt. 

Einmal wurde ich z.B. in der Klinik von meiner Zimmernachbarin kritisiert und kaum war sie aus dem Zimmer raus, hab ich angefangen zu heulen. Dabei wusste ich genau, dass ich nur heule, weil ich so kritikempfindlich bin, dass das also MEIN Problem war und nichts mit ihr zu tun hatte, und war froh, dass sie gegangen war und nicht mitbekommt, dass ich heule. Irgendwann kam sie wieder, ich war immer noch am Heulen und hab mich zusammengerissen, dass sie das nicht merkt. Hab mich dann stattdessen geschnäuzt, damit mein Geschniefe nicht gar so auffällt. Später musste ich dann zur Schwester kommen, weil meine Zimmernachbarin bei ihr war und über die Situation reden wollt. Aber nur aus dem Grund, weil sie mit meinem Geheule nicht klarkam. Denn sie hat das so interpretiert, dass ich ihr durch das Heulen ein schlechtes Gewissen machen wollte. Was aber ja überhaupt nicht stimmte - im Gegenteil. Ich wollte, dass sie es gar nicht mitbekommt. Ich wäre nie im Leben auf die Idee mit dem schlechten Gewissen gekommen! So ein manipulatives Verhalten kenne ich gar nicht. Aber sie eben schon. Deswegen hat sie mein Verhalten falsch interpretiert. Das war schon echt krass, wie sehr die Interpretation von einander abwichen. War sehr interessant für uns beide.

Zwei Leute können ein und dieselbe Situation völlig anders bewerten. 

Noch eine andere Situation zu dem, was andere brauchen: Wenn es mir schlecht, dann tut es mir gut, wenn man mich in den Arm nimmt. Eine Mitpatientin hat gleich alle vorgewarnt, dass sie ja keiner anfassen soll, wenn es ihr schlecht geht. Denn das würde alles noch schlimmer machen. 

Wie soll ich wissen oder spüren, was sie braucht?? 

Was ich dir mit dem allen sagen will, ist, dass du nie 100% wissen kannst, was andere von dir erwarten oder brauchen. 

Wenn es dir schwerfällt Gefühle wahrzunehmen oder du deinen nicht traust, dann kannst du zum einen daran arbeiten, deine eigenen Gefühle besser kennenzulernen, was du ja in der Therapie schon tust. 

Gleichzeitig könntest du aber auch die Fähigkeiten nutzen, die du schon hast und in denen du gut bist. Nutze z.B. deinen Verstand, um da nachzuhelfen, wo du dich weiterentwickeln möchtest. Auch wenn du vielleicht den Eindruck hast, dass der manchmal auch nicht ganz funktioniert: Du KANNST denken, du bist intelligent, sonst wärst du nicht Ärztin und würdest hier auch keine solchen differenzierten Beiträge schreiben. ;)

Frage nach, um zu verstehen. 

Es liegt nicht nur an dir, rauszufinden, wie es anderen geht, was sie brauchen und erwarten. Es kommt auch immer auf den Anderen an, was er dir mitteilt! Wenn vom anderen nichts kommt, wirst du wahrscheinlich eher die Gewissheit haben, was los ist, wenn du direkt nachfragst. Für viele ist es sauschwer, von sich aus zu sagen, was sie brauchen oder was sie gerne hätten. Das muss man auch erst lernen. Ich kann das auch noch nicht, aber es wird etwas besser. 

Aber da ist dann auch deine Grenze, wo du oft nicht weiterkommen kannst mit deinem Bestreben, den anderen zu verstehen. Es muss auch was vom Anderen kommen. 

Von daher bist du nicht komplett dafür verantwortlich, ob deine Kommunikation mit anderen funktioniert oder nicht.

Es ist nicht gleich deine Schuld, wenn du jemanden nicht verstehst. Es sind immer zwei Leute betroffen.

Ich möchte dir nicht zu nahe treten und dich hier kritisieren, so ist es nicht gemeint. Ich möchte dir nur aufzeigen, dass du nicht solche Schuldgefühle haben musst, weil du so "unfähig" wärst, andere richtig einzuschätzen. Und dir auch den Druck nehmen, das jetzt alles perfekt können zu müssen. Auch Gesunde haben ihre Grenzen in ihrer Wahrnehmung! 
Camille hat geschrieben: hat es mein Mann kürzlich formuliert - ich bekomme es nicht mehr ganz zusammen. Es ging so in die Richtung: "Manchmal möchte ich einfach entspannen und genießen - ich möchte nichts SChweres oder Depressives um mich haben".  Und das tut mir unendlich weh - obwohl ich weiß, dass er genau solche Momente auch braucht. Und ich auch versuche, sie ihm zu zugestehen.
Meine Mutter hat auch mal gesagt, sie wollte mal was ohne mich machen. Einfach mal was machen, ohne auf irgendwen Rücksicht nehmen müssen... Das hat mich schon auch getroffen. So eine Last für andere zu sein. Und ich verstehe sie auch, dass sie mal was machen will, wo sie machen kann, was sie will. 

Du bist da auf jeden Fall nicht allein. 

Ich hoffe, dass ich dir ein bisschen weiterhelfen konnte. Wenn nicht, dann verwirf den Text einfach wieder :) 

Liebe Grüße,
DieNeue
DieNeue
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Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Tabu soziale Isolation - und d. verhängnisvolle Teufelsk

Beitrag von DieNeue »

@ Camille: Unsere Beiträge haben sich überschnitten. Hatte deinen letzten Beitrag noch nicht gelesen, als ich geschrieben habe. Ich habe es jetzt trotzdem mal abgeschickt.
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