Nicht zugehörig

Camille
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Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Camille »

Liebe Allegretto,

Dein Schreiben hat mich auch sehr berührt. Und so schmerzlich es ist, es tut auch mir gut zu spüren, dass du meine Worte verstehen konntest - weil du manchmal alles ähnlich wahrnimmst. Danke.

Deine Wünsche gehen mir ganz nah. Woher spürst du das ? - ich staune
Liebe Camille, ich wünsche Dir von Herzen Kraft, Vertrauen und Nachsicht, Wohlwollen Dir selbst gegenüber, Mitgefühl für das verletzte, einsame Wesen in Dir. Ich denke, es braucht Dich, die Erwachsene, es möchte gehört werden.
Ja und du hast Recht. Ich bin erwachsen -

Ich möchte Dir gerne schreiben. Sehr viel sogar.

Zuerst einmal - vielen Dank

Herzliche GRüße
Camille
Katerle
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Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Katerle »

Allegretto hat geschrieben:Hallo Aja216 und Katerle,

auch Euch beiden vielen Dank für Eure Beiträge.
Ich fühle mich nun nicht mehr so sehr allein.
Das Wissen, dass es hier Menschen gibt, denen so vieles, was mich beschäftigt, nicht fremd und unverständlich ist, begleitet mich in Gedanken immer wieder durch meine Tage.
Euch alles und viel Kraft,
lG Allegretto
Freut mich sehr, dass dich nun nicht mehr so allein fühlst durch all die Beiträge.

Dir ebanfalls weiterhin alles Gute und auch Kraft,
Katerle
Allegretto

Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Allegretto »

Hallo an alle, die hier lesen,

zwar habe ich in den vergangenen Tagen immer wieder mal hier gelesen, aber "einklinken" konnte ich mich nicht. Ich fühle mich von allem ganz weit entfernt. Eigentlich gäbe es so viel zu tun, aber ich schaffe nur das Nötigste: Heute Tätigkeit im Mini-Job und meinen Hund versorgen. Ihr kennt das ja auch, wenn Antrieb, Energie und Kraft gegen Null tendieren. Vor allem diese vorherrschende Antriebslosigkeit, einhergehend mit großer Erschöpfung und Tagesmüdigkeit, stürzt mich immer wieder in Verzweiflung. Kleinigkeiten, ein Termin oder eine anstehende Aufgabe werden in solchen Phasen zu schier unüberwindbaren Bergen. Dass das möglicherweise nie mehr besser wird, davor habe ich Angst. Was bleibt dann noch? Traurigkeit, Einsamkeit, innere Leere empfinde ich momentan sehr stark und auch das Gefühl, mit all dem total allein zu sein. Es gibt hier (in meinem Lebensumfeld ) niemanden, an den ich mich, so wie es mir momentan geht, wenden könnte.

Allegretto
Katerle
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Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Katerle »

Guten Morgen liebe Allegro,

das Gefühl sich von allem weit entfernt zu fühlen ist mir ebenso bekannt (zur Zeit gottseidank nicht) und auch ich schaffe auch nicht viel, was ja auch nicht weiter schlimm ist. Immerhin hast du einen Mini-Job und deinen Hund zu versorgen.
Verzweifle bitte nicht, für mich sind Termine oder andere Aufgaben auch nicht einfach zu überwinden. Wenn ich es dann geschafft habe, freue ich mich. DU BIST NICHT ALLEIN!
Viele hier können dich verstehen und auch deine Angst nachvollziehen.
Könnte dir evtl. eine Therapie weiterhelfen? Oder gibt es in deinem Ort Selbsthilfegruppen oder Vereine? Dort könntest du Kontakte knüpfen und manchmal entwickelt sich auch eine feste Freundschaft.

Wünsche dir weiterhin viel Kraft
und alles Gute,
Katerle
Allegretto

Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Allegretto »

Liebe Katerle,

danke für Deine Anteilnahme und Deine Ermutigung.
Zuerst einmal: Ich bin in ambulanter Psychotherapie, und das ist gut so.
Aber diese Tatsache verhindert nicht, dass es immer und immer wieder starke depressive Einbrüche gibt, die manchmal nur wenige Tage, manchmal mehrere Wochen andauern. Außer mich versuchen abzulenken, meinen Blick immer wieder auf schöne, positive, und seien es noch so kleine Dinge zu lenken und ansonsten abzuwarten, auszuhalten bis es wieder besser wird, weiß ich nichts anderes. Und, wie schon gesagt, einen Menschen hier, an den ich mich wenden könnte (wohlgemerkt in solch dunklen Zeiten), habe ich nicht.
Ich lebe recht ländlich, am Ort gibt es das Allernötigste, um sich selbst zu versorgen (Bäcker, Metzger, kleiner Discounter, Apotheke, Sparkasse). Zu Fuß in die nächste Stadt (über einen Berg) sind es gut 75Min. oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Hin- und Rückfahrt kosten über 10€!).Bei meiner kleinen EU-Rente (deshalb ja der Mini-mini-Job) will jede Fahrt überlegt sein.
Eine Selbsthilfegruppe gibt es nicht hier im Umkreis (nur für anonyme Alkoholiker).
Ich habe mir ja bewusst einen Hund, der Auslauf benötigt - am besten tägl 1 1/2 bis 2 Stunden - zugelegt, damit ich gezwungen bin rauszugehen. Auch wenn mir das oft sehr schwer fällt, habe ich das bisher nicht bereut. Es kommt dadurch oftmals zu kurzen, durchaus netten Begegnungen mit anderen Hundebesitzern (denen würde ich aber niemals etwas von meinen Depressionen etc. erzählen), zudem mag ich die Natur, den Wald und kühle, frische Luft.
Nun hast Du vielleicht einen kleinen Einblick in meine Lebensumstände, danke Dir für`s Lesen.

Ich wünsche Dir einen angenehmen und leichten Tag.
Herzliche Grüße
Allegretto (= das kleine und weniger schnelle Allegro)
Aurelia Belinda
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Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Aurelia Belinda »

Liebe Allegretto,

Deine Verzweiflung ist deutlich spürbar.
Hier bist du erst mal nicht alleine.
Wir können es sehr gut nachvollziehen.
Deine Ängste, deine Einsamkeit, und die Überfoderung des täglichen Alltags.

Oh ja. Oft sind mir schon zwei, drei Termine die Woche zu viel.
Kommt dann noch einkaufen etc, dazu ist man so geschlaucht wie nach deinem Marathon. Die Kräfte reichen oft nicht mal für Kleinigkeiten.

Es ist bewundernswert dass du es schaffst dich um einen Hund zu kümmern.
Auch da wäre ich überfordert.
Ich kümmere mich oft um die Tiere meiner Schwester, in der Vergangenheit waren es Katzen, jetzt ein kleines Hündchen.
Täglich könnte ich es aber nicht schaffen.

Alle Achtung für dich von mir.

Klar, eine Therapie ist nicht gleich so erfolgreich dass man Mut seiner Problematik gut Leben kann.
Sollte aber schon das Ziel sein.

Ich persönlich bin froh dass es bei uns hier viele Selbsthilfegruppen gibt.
Vor 5 J. Haben mein Mann u. Mich einer angeschlossen.

Du beschreibst dass du ziemlich ländlich lebst. Und auch einsam.
Einsamkeit kenne ich sehr gut.
Trotz dass wir zu zweit leben.

Wie ist es bei dir mit Kontakten zur Familie, kannst du dich da mal mitteilen. Oder eher nicht.

Vielleicht ist deine Therapie noch ziemlich am Anfang, weiss es nicht.
Aber da werden bestimmt auch noch Strategien besprochen wie man dir in Punkto Einsamkeit helfen kann.

Wie viele Stunden machst du den Mini Job??
Ich bewundere jeden der so was noch macht bei eben den wenigen Kräften die wir zur Verfügung haben.

Dieses “ weit weg sein von Geschehen “ hab ich auch immer wieder mal.
Momentan ist es etwas im Griff.
Aber ich weiss genau was du damit meinst.

Ich hoffe u. Wünsche mir für dich dass deine Therapie kleine Erfolge erzielen kam. Erst mal gute Besserung.
Wenn dir danach ist, schreib dir deinen Kummer einfach hier von der Seele.
Viel Kraft für dich,

Alles Liebe,
LG Aurelia Belinda
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Allegretto

Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Allegretto »

Liebe Aurelia Belinda,

danke für Deine Einfühlung und dass Du so ausführlich auf mein Schreiben eingehst.
Die Therapie, die ich mache, ist nicht meine erste und setzt nicht vorrangig bei meinen Depressionen an - es gibt da noch anderes, was bearbeitet werden möchte. Aber es ist natürlich so, dass die depressive Symptomatik davon nicht unberührt bleibt. Aber ein "direktes Mittel" gegen Depressionen gibt es durch eine Therapie nicht. Die Therapie macht ja nicht, dass ich mich weniger einsam, verlassen, innerlich leer und traurig fühle. Es ist eher die Frage, wie kann ich besser zurechtkommen, wenn ich in der Dunkelheit bin. Und in der Therapie geht es auch darum, nach den eigenen Ressourcen, Kraftquellen zu schauen, diese zu stärken, wie ich diese für mich besser nutzen kann.
Klar gilt es auch zu schauen, was ich hier vor Ort in die Wege leiten, aktiv angehen kann, damit ich mich, wenn es mal wieder schlimm ist, nicht zu der innerlichen Einsamkeit nicht auch noch so alleine fühle. Und das finde ich schon eine schwierige Sache. Im Thema von "Bunte Tupfen: Tabu - soziale Isolation" und meinem eigenen "Nicht zugehörig" sind die Schwierigkeiten und Hürden ja schon gut beschrieben.
Ja, Familie ist so eine Sache. Vor knapp 4 Jahren bin ich hierher gezogen, weil mein Bruder mit seiner Familie im selben Ort wohnt. Anfangs schien das auch gut, aber es hat sich dann gezeigt, dass er mit der Krankheit Depression nicht viel anfangen kann. All meine Erklärungsversuche (Gespräche, Briefe) haben nicht verhindert, dass zunehmend weniger Verständnis von seiner Seite kam. Als dann nurmehr stichelnde, abwertende und verletzende Äußerungen von ihm kamen, musste ich mich von ihm distanzieren - leider. Mir tut das sehr weh und es macht mich auch ziemlich traurig. Umziehen möchte ich aber nicht mehr, ich habe eine relativ günstige Wohnung, in der auch Hundehaltung erlaubt ist, was beides ja schon ein Glücksfall ist. Zudem habe ich die Natur quasi vor der Nase.
Soweit erst mal.
Danke nochmals für Deine tröstenden Worte.
Ich wünsche Dir einen leichten und hellen Tag.
Ich muss mich jetzt mit meinem Hund nach draußen begeben. Gestern kam er schon absolut zu kurz, weil es den ganzen Tag doll geregnet hat. Heute ist der Himmel immer noch tief grau und wenn ich Pech habe, regnet es wieder, aber es hilft nichts. 1 Stunde Auslauf braucht mein Hund jetzt einfach.
Ach ja mein Mini-Job ist 8-10 Stunden arbeiten in dem kleinen Discounter - Ware einräumen etc.
Da muss ich nicht denken, Angst haben, nicht gut genug zu sein...

Aber jetzt: Herzliche Grüße
Allegretto
Katerle
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Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Katerle »

Gerne Allegretto,

danke für den Einblick in deine Lebensumstände,

zu solchen depressiven Einbrüchen wird es wohl immer mal wieder kommen, mal stärker oder auch weniger. Und das machst du prima, zu versuchen dich abzulenken und deinen Blick wieder auf schöne, positive Dingen zu lenken oder auszuhalten, bis es wieder besser wird. Kenne das nur zu gut. Es ist auch positiv, dass du ne Psychotherapie machst. (Mache ich auch wieder). Einfach ist das nicht, wenn man mehr ländlich lebt und auch bei mir ist es zu Fuß leider viel zu weit bis in die Stadt. Verstehe dich da gut, auch wegen den öffentlichen Verkehrsmitteln und den Kosten bei einer EU-Rente.
Das mit dem Hund ist eine super Idee, damit du mehr rauskommst. So ein Tier braucht ja auch Auslauf. Und so hast du wenigstens ein paar nette Begegnungen. Natur ist auch was Schönes, wenn man sie geniessen kann...
Das ist wirklich schwierig, gar niemanden zu haben, an den man sich wenden kann... Aber vielleicht geht es ja den anderen Hundebesitzern ähnlich wie dir...

Herzliche Grüße
Katerle
lt.cable
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Re: Nicht zugehörig

Beitrag von lt.cable »

Ahoi, Allegretto!

Kurz: Die Entfernung zwischen mir und einem Leben der anderen Menschen kann ich gut nachvollziehen. Ich fühle mich auch häufig nicht mehr zugehörig oder kompatibel zu dem, was die "Normalen" um mich so veranstalten. Es gibt wenig gemeinsame Themen und das, was die Hauptsorgen der Mehrheit (Vollzeit-Arbeitsplatz, Geld ranschaffen, Geld ausgeben, Familie gründen) sind, scheint mir zunehmend fremd. Auch aus Situationen im Kreise der Familie möchte ich häufig einfach weggehen, wenn da meine Altersklasse wieder ihr Leben inklusive der Enkelkinder für die eigenen Eltern vorführt.

Es grüßt
lt.cable
Ein Nilpferd wollte zum Ballett
als schönster aller Schwäne.
Nur war es fürs Ballett zu fett.
So scheitern viele Pläne.
- Charles Lewinsky
Camille
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Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Camille »

Liebe Allegretto,

Du hast mir angeboten Dir zu schreiben - ich hätte es gerne gemacht. Aber ich habe keine Worte - immer noch nicht.

Vielleicht hast du Worte, die du mir schicken möchtest. Du darfst mir gerne erzählen - wenn es Dir hilft gegen das Gefühl total allein zu sein.
Traurigkeit, Einsamkeit, innere Leere empfinde ich momentan sehr stark und auch das Gefühl, mit all dem total allein zu sein.
Herzliche Grüße
Camille
Aurelia Belinda
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Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Aurelia Belinda »

@ lt. Cable,

Genau. Empfinde ich auch so.
Bei Festen ( Vergangenheit ),
Auch Familienfeier, oder Abenden, Ausflügen, mit Bekannten ( was schon gar nicht mehr vorkommt ),
Fühl ich mich auch wie eine Aussätzige.
Die Themen passen nicht zueinander, die Werte nicht, die Vorstellung von Glück, Zufriedenheit nicht, die allgemeine Einstellung zum Leben nicht.

Themen wie ständige Ausflüge, Urlaub, Konzertbesuche und und sind mir fremd.
Wie aus einer anderen Welt.

LG Aurelia Belinda
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
BunteTupfen
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Re: Nicht zugehörig

Beitrag von BunteTupfen »

Allegretto hat geschrieben:(...)zwar habe ich in den vergangenen Tagen immer wieder mal hier gelesen, aber "einklinken" konnte ich mich nicht. Ich fühle mich von allem ganz weit entfernt. Eigentlich gäbe es so viel zu tun, aber ich schaffe nur das Nötigste: Heute Tätigkeit im Mini-Job und meinen Hund versorgen. Ihr kennt das ja auch, wenn Antrieb, Energie und Kraft gegen Null tendieren. Vor allem diese vorherrschende Antriebslosigkeit, einhergehend mit großer Erschöpfung und Tagesmüdigkeit, stürzt mich immer wieder in Verzweiflung. Kleinigkeiten, ein Termin oder eine anstehende Aufgabe werden in solchen Phasen zu schier unüberwindbaren Bergen. Dass das möglicherweise nie mehr besser wird, davor habe ich Angst. Was bleibt dann noch? Traurigkeit, Einsamkeit, innere Leere empfinde ich momentan sehr stark und auch das Gefühl, mit all dem total allein zu sein. Es gibt hier (in meinem Lebensumfeld ) niemanden, an den ich mich, so wie es mir momentan geht, wenden könnte.
Liebe Allegretto,

mit dem, was Du beschreibst, bist Du nicht allein - wenn die Kraft gegen Null tendiert, und selbst Kleinigkeiten zu schier unüberwindbaren Herausforderungen mutieren.
Und ja, auch die Angst und Verzweifelung, die Du benennst sowie die Tatsache, mit dieser Situation völlig allein zu sein, ist mir - und sicher auch vielen Anderen hier - leider viel zu vertraut.

Auch ich bin seit längerem in einer Phase, die ich nur versuche, irgendwie durchzustehen.
Ich verstehe sehr genau, was Dich so sehr plagt.
Ich gebe mir immer Mühe (ich weiß, diese Wortwahl ist Mist), mich wenigstens etwas aus meiner Gefühlslage zu befreien, immer ein paar der anstehenden Aufgaben zu erledigen, ganz bewusst, eines nach dem anderen. Versuche mich abzulenken, wenn mich Traurigkeit, Ängste, Erschöpfung..... maltertieren. Und mitunter versuche ich mich diesem Schwermut durch (kurzzeitiges) Schlafen zu entziehen, etwas Ruhe und Erholung zu finden, sofern ich schlafen kann.
Aber da sind wir sicher wieder alle sehr verschieden, durch diese dunklen Phasen hindurchzukommen.

Ich wünsche Dir ganz viel Kraft, und dass Du bald wieder etwas festeren Boden unter den Füßen verspürst !!!

Herzliche Grüße
Bunte Tupfen
Aurelia Belinda
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Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Aurelia Belinda »

Liebe Allegretto,
Liebe Bunte Tupfen,

Ich schließe mich auch an.
Auch mir ergeht es so.
Es ist weder ein normaler Schlaf möglich.
Noch ein annähernd normaler Alltag.
Mein Leben hat absolut nichts mit einer Lebensqualität zu tun.

Wir brauchen für kleinste Aufgaben enorm viele Kräfte.....
Bei mir ist es so, dass ich z.Z. versuche, bevor ich ganz nach unten rutsche, ganz tief rein falle, mich kurz vor knapp irgendwie zu motivieren.
Mit positiven Gedanken einmal.Das alleine genügt aber nicht.

Ich muss mich ganz arg aufraffen um den Alltag zu bestehen.
Ich brauche ja auch Kraft für meinen Mann ( er hat es verdient ), es ist so verdammt schwer selbst betroffen zu sein, und jetzt die Ehefrau eines Betroffenen.


Sowie Allegretto Kraft braucht um mit ihrem Hund raus zu gehen. Und du Bunte Tupfen Kraft brauchst um eine Wanderung in der Natur zu machen, obwohl es dir gut tut, so möchte ich für meinen Mann da sein. Diese Energie die da nötig ist, fehlt täglich an anderer Stelle. Leider.

Auch Dinge die einem “ Freude “ bringen......Wenn man dann überhaupt von Freude reden kann, sind oft unüberwindbar. Kaum zu bewältigen.
Einkauf mach ich immer seltener,achte auf die Zeit, in der wenig los ist wie Mittag. Termine muss ich meinen Mann seit Jahren fahren, schaffe es nicht mehr meine eigenen wahr zu nehmen.
Da sind auch große Ängste wie das weiter gehen soll.....


Bei uns kommt noch erschwerend dazu dass die Angehörigen im Haus und ständig mit Worten u. Blicken spüren lassen, dass wir nichts wert sind.
Es wird gefragt warum wir gähnen, wir haben doch keine Anstrengung....
Es wird gesagt, wir trinken angeblich den ganzen Tag Kaffee....
Es wird sich gewundert warum der Haushalt nicht mehr zu schaffen ist..
Es wird gestaunt, warum wir nach RUHE schreien obwohl wir die doch angeblich haben, wir haben laut denen keinen Stress, wir arbeiten ja nicht.....

Es ist einfach alles zu mühsam.
Wie hier gut beschrieben wird.
Manchmal sitzt man es einfach aus.
Oft bin ich kurz vor der Kapitulation.

Das waren ein paar Zeilen von mir.
Lasst euch nicht unterkriegen.
Es wird wieder heller werden.

LG Aurelia Belinda
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Allegretto

Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Allegretto »

Lieber Bunte Tupfen,

an der Uhrzeit Deines Beitrags habe ich gesehen, dass Du wenig und vermutlich schlecht geschlafen hast... Das tut mir leid. Ich kenne das auch, manchmal liege ich ewig lange wach, Musik hören, Sudokus lösen - nichts hilft. Manchmal schreibe ich dann einen Brief bzw. einfach auf, wie es mir geht, welche Gedanken mich beschäftigen. Irgendwie hilft mir das wohl (gedanklich) loszulassen, Ruhe zu finden. Manchmal "füge" ich mich auch, d.h. ich nehme es so an, wie es ist.

Danke für Dein Verstehen und Deinen Zuspruch.
Mir hilft das Lesen (und Schreiben) hier in diesem Forum. Das Wissen nicht allein zu sein mit Depressionen fühlt sich dadurch für mich realer an.

Ich wünsche Dir einen guten, leichten und hellen Tag!
Bei mir regnet es schon den dritten Tag in Folge, und der Himmel ist tief und grau verhangen.
Herzliche Grüße
Allegretto
Allegretto

Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Allegretto »

Guten Morgen liebe Aurelia Belinda,

Du bist ja auch schon früh aufgestanden.
Danke für Deinen gedanklichen Beistand, das tut mir sehr gut.
Überhaupt nimmst Du ja an vielem hier großen Anteil und hast doch selber schwer zu tragen.
Gerade was Du bzgl. Eurer Angehörigen schreibst, kenne ich auch. Mein Bruder hat in der Vergangenheit viele solcher "spitzen" Kommentare von sich gegeben. Ich musste schließlich auf Distanz gehen - auch innerlich. Das schmerzt mich sehr.

Lass auch Du Dich nicht unterkriegen.
Gehe immer einen Schritt nach dem anderen und lege Pausen ein, so wie es nötig ist.
Herzliche Grüße
Allegretto
Allegretto

Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Allegretto »

Guten Morgen liebe Katerle,

danke für Deine bestärkende Rückmeldung gestern. Da habe ich mich sehr gefreut.
Ja, ich weiß dass es diese depressiven Einbrüche bei mir immer, immer wieder geben wird, mal sind sie schwerer, tiefer und sehr lange anhaltend, mal weniger.... Das ist so. Ja, ich versuche trotzdem oder gerade dann gut mit mir umzugehen. Das gelingt mir schon etwas besser, vor allem seit ich in EU-Rente bin und meine Kinder erwachsen sind und mich GsD längst nicht mehr so brauchen.
Trotzdem hadere ich manchmal...
Ich versuche auch, bewusster oder achtsamer zu leben, möchte die Phasen, in denen es leichter geht, nutzen und ja auch ein Stück weit genießen - so wie die Maus Frederick in dem bekannten Kinderbuch die Sonnenstrahlen gesammelt hat, während seine Artgenossen die Wintervorräte aufgefüllt hatten, um dann seinen Freunden im kalten Winter davon zu erzählen und ihnen dadurch über den nagenden Hunger zu helfen.
Die Sonne hat sich durch das Himmelsgrau schon länger nicht sehen lassen, aber ich denke, jede und jeder hat davon etwas im Innern und im Herzen.
Herzliche Grüße
Allegretto
Allegretto

Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Allegretto »

Hallo lt.cable,

lebst Du im hohen Norden? Bei Ahoi denke ich ans Meer...
Danke für Deinen Beitrag, über den ich mich auch gefreut habe.
Ja, was Du beschreibst, empfinde ich oft.

Alles Gute für Dich,
herzliche Grüße
Allegretto
Aurelia Belinda
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Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Aurelia Belinda »

Ja, Allegretto
Das kennen viele hier auch.
Das von seitens der Angehörigen
Kein Verständnis da ist.
Das darf man wohl auch gar nicht erwarten.
Das musste ich auch lernen.
Du hast recht. Auf Distanz gehen.
Sich schützen ist das Beste.
Am Anfang war das gar nicht leicht.
Ich hab mich immer wieder versucht mitzuteilen, zu erklären.

Keine Chance. Manche wollen es auch gar nicht begreifen.
Ich dachte eine Zeit lang, unsere Angehörige sollten doch sehen, begreifen wie schlecht es uns geht, wie es wirklich um einen steht....aber dem war nicht so. Trotz dass sie den gesamten Verlauf hautnah mitgekriegt hatten. Uns auch bei der Reha besucht haben....
Heute habe ich mich auch “ innerlich “ davon distanziert.
Wohntechnisch ging es noch nicht. Keine Kraft für nochmal einen Umzug.
Sind schon zweimal aus gesundheitlichen
Gründen umgezogen.

Hast du denn mit deinen Kindern Kontakt?
Vielleicht hast du es schon mal erwähnt, ich weiss es gerade nicht.

Schönen Tag,
Aurelia Belinda
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Allegretto

Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Allegretto »

Aurelia Belinda, ich bin ja vor bald 4 Jahren hierher gezogen, auch weil ich etwas Familienanschluss und Vertrautheit mir wünschte. Mein Bruder und seine Familie lebt ja im gleichen Ort. Da war das für mich eine bittere, schmerzhafte Enttäuschung, dass mein Bruder so gar kein Verständnis zeigte, mich und das Leben, das ich nun führe, nicht nur nicht respektiert, sondern so abwertet.
Ich habe ja drei erwachsene Kinder, jetzt 24, 22 und 20 Jahre alt. Sie sind ziemlich selbständig, die beiden Großen studieren, ich sehe sie so 3 bis 4 mal im Jahr, die Jüngste lebt noch hier bei mir, wird aber im Sommer nach Beendigung ihrer Ausbildung zusammen mit ihrem Freund weiter weg ziehen. Ich habe ja meine Kinder weitgehend alleine groß gezogen. Dass ich das geschafft habe, darauf bin ich auch etwas stolz. Alle drei gehen ihren Weg, wir haben einen guten Kontakt, worüber ich auch sehr froh und dankbar bin. Trotzdem war und ist es mir immer wichtig, dass sie nicht das Gefühl haben, sie müssten für mich da sein. Jetzt müssen, sollen, dürfen sie ins Leben gehen, ihren Möglichkeiten und Neigungen entsprechend leben, frei sein, ausprobieren, gestalten, ihren Weg finden (und sich nicht um ihre Mutter kümmern müssen).
Dir auch einen schönen Tag
Allegretto
Katerle
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Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Katerle »

Liebe Allegretto,

sowas ist auch bitter und sehr schmerzhaft, wenn von nahen Angehörigen null Verständnis entgegengebracht wird und auch sehr traurig für Betroffene, hat man ja so schon mit seiner Erkrankung zu tun hat und damit zurechtzukommen. Wenn dann noch Abwertung hinzukommt, dann ist das noch schlimmer... (ich weiß, wovon ich spreche).

Da kannst du wirklich sehr stolz sein, deine Kinder alleine zu selbständigen Menschen großgezogen zu haben. Ich habe auch zu meinen Kindern einen guten Draht, worüber ich auch sehr dankbar und glücklich bin. Genau das war mir bei meinen Kindern auch wichtig, dass sie ihren Weg gehen können, ohne das Gefühl zu haben, für mich da sein zu müssen.

Im übrigen, das Kinderbuch kenne ich garnicht. Aber ich würde es gerne mal kennenlernen. Damals hatte ich keine Kinderbücher, aber heute lese ich Kindern gerne vor.

Wünsche auch einen angenehmen Tag,
Katerle
BunteTupfen
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Re: Nicht zugehörig

Beitrag von BunteTupfen »

Liebe Aurelia,

wenn Euch von Angehörigen, mit denen Ihr auch noch auf so engem Raum zusammenlebt, derartige Ablehnung entgegenschlägt, ist das sicher nur schwer zu ertragen. Wie Allegretto schon geschrieben hat, hilft da nur, auf innere und äußere Distanz zu gehen - des Selbstschutzes willen. Versuche, solche Blicke und Kommentare einfach zu ignorieren.

Übrigens: Dinge die mir Freude bereiten kosten mich i.d.R. keine Überwindung, ganz im Gegenteil. Es sind meine "Leuchttürme", auf die ich zusteuere, und auf bzw. an denen ich mich erfreue, die mir Kraft geben weiter zu machen. Das gilt auch, wenn ich mich in die Natur begebe, sei es mit dem Rad, per pedes, oder auch nur, um draußen etwas frische Luft, die Farben der Natur, und ein paar Sonnenstrahlen/Tageslicht zu genießen. Diese Dinge erhalten mich am Leben und bringen mir auch Kraft und Freude. Ohne diese "Kraftspender" wäre ich verloren.

Euch einen sonnigen Tag, mit vielen positiven Momenten.

Herzliche Grüße
Bunte Tupfen
Zuletzt geändert von BunteTupfen am 11. Apr 2019, 19:41, insgesamt 1-mal geändert.
BunteTupfen
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Re: Nicht zugehörig

Beitrag von BunteTupfen »

Liebe Allegretto,

vielen Dank für Deine lieben Worte.
In unserer Region haben wir das Glück, seit gestern Mittag (wieder) von der Sonne verwöhnt zu werden.
Zunächst sende ich Dir ganz viele dieser Sonnenstrahlen, für einen sonnigen Tag, als auch um Deine Seele aufzuhellen.

In aller Kürze:
Wie Du, bin auch ich erst vor kurzem zu diesem Forum hinzugestoßen. Und auch mir tut das Lesen und Schreiben in diesem Forum sehr gut. Zu sehen, dass andere ähnlich fühlen, dass man mit bestimmten Dingen nicht alleine ist. Und auch die Wertschätzung untereinander und die Sensibiltät füreinander finde ich bemerkenswert für den virtuellen Raum.
Übrigens rühren mich Deine Beiträge sehr an und ich kann viele Dinge, die Du schreibst, gut nachvollziehen, bzw. teilen.

Auch Dir einen hoffentlich leichten, sonnigen Tag mit "Mutmachern" und vielen positiven Momenten.

Herzliche Grüße
Bunte Tupfen
Zuletzt geändert von BunteTupfen am 11. Apr 2019, 19:41, insgesamt 1-mal geändert.
Aurelia Belinda
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Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Aurelia Belinda »

Hallo ihr Lieben alle,
Sicher versucht man das durch innere Distanz, die Beleidigungen der Angehörigen abprallen zu lassen.
Gelingt mittlerweile ganz gut.
Bei mir zumindest.
Mein Mann tut sich da noch schwer.
Weil er immer noch alles in Verbindung bringt mit seinem “Arbeitsleben “.
Da war er angesehen, für sich. Für andere, für meine Angehörigen.
Er denkt wenn er noch arbeiten könnte......falsches Denken halt.
Ab und an tun doofe Kommentare schon zwischendrin ( leicht weh ). Durch meinen eigenen Umgang damit wird es mir aber nicht mehr Schaden zufügen.

Warum auch. Ich weiss wer ich bin, was ich will, was ich wert bin.

@ Bunte Tupfen, ah, okay. Bei dir ist es dann so dass Dinge die Freude machen, machbar sind.

@ Katerle, ich weiss bei dir waren auch viele verletzende Kommentare bezüglich Krankheit, nicht mehr so belastbar sein.

@ Allegretto, danke für die ausführliche Antwort. Ja, da kannst du auch stolz sein. 3 Kinder groß ziehen alleine ist schon eine Meisterleistung.
Und klar gehen die ihre Wege, muss auch so sein.

Schönen Abend,
Aurelia Belinda
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Allegretto

Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Allegretto »

Liebe Katerle,

ich freue mich, dass Du mir geschrieben hast und Anteil nimmst!

Ich habe den einen oder anderen Beitrag von Dir auch schon gelesen. Du hast auch Deine innere Not und Dunkelheit. Das Zusammenleben mit Deinem Mann scheint über lange Zeit recht schwierig für Dich gewesen zu sein, es hat sich aber wohl dahingehend verändert, dass es heute etwas leichter ist. Das braucht viel, viel Energie, die man eigentlich so kaum hat.
Deine Kinder sind alle schon groß und aus dem Haus(?).

Ich wünsche Dir jetzt erst mal einen gemütlichen Abend
Allegretto
Allegretto

Re: Nicht zugehörig

Beitrag von Allegretto »

Lieber Bunte Zupfen,

danke für Dein Lesen meiner Beiträge und Anteilnehmen, was mich "so umtreibt"
Es freut mich, dass manches, was ich schreibe, Dich innerlich berührt und Du mit mir teilst.
Das ist keineswegs selbstverständlich!

Gestern hat sich die Sonne tatsächlich doch noch über Mittag blicken lassen.
Ich bin auch heute sehr erschöpft und nur müde (oft frage ich mich, von was eigentlich?)
Da kann ich mich auch zu schönen Dingen nicht aufraffen - leider.

Nun wünsche ich Dir einen angenehmen Abend und erfreuliche Gedanken.
Herzliche Grüße
Allegretto
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