An die Verlassenen - wieviel Hoffnung habt ihr noch?

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Candless
Beiträge: 190
Registriert: 7. Okt 2018, 22:10

An die Verlassenen - wieviel Hoffnung habt ihr noch?

Beitrag von Candless »

Hallo in die Runde,

ich wurde vor fast einem Jahr von meiner depressiven Partnerin verlassen.

Wir haben noch Kontakt, aber Gefühle sind bei ihr nicht da, was mich betrifft. Sie sagt immer "derzeit"...

Ich liebe sie noch immer, aber frage mich, wie und woraus noch Hoffnung schöpfen?

Wie geht es euch, die in derselben Situation sind? Und wie beantwortet ihr das für euch?
Ich bin hier, weil ich mich mit anderen Angehörigen offen über alles austauschen möchte.
Sybilix
Beiträge: 79
Registriert: 11. Mär 2018, 23:58

Re: An die Verlassenen - wieviel Hoffnung habt ihr noch?

Beitrag von Sybilix »

Hallo Candless,

gute Frage und seltsamer Zeitpunkt, da ich gerade heute morgen eine Nachricht von meiner Ex-Frau erhalten habe, die mich (ansatzweise) emotional berührt hat (nicht im Positiven).

"Getrennt von Tisch und Bett" ist bei uns auch schon >12 Monate, auch wenn sie zu der Zeit in der Klinik war und ich "formal" erst im Mai ausgezogen bin.

Auch ich liebe sie noch immer, obgleich sich die Art der Liebe gewandelt hat. Ich bin mir bewusst, dass bis auf weiteres und unter Umständen nie mehr etwas von ihr zurückkommen könnte, was für mich aber kein Problem darstellt. Sofern das aber ein Dauerzustand ist, möchte ich nicht mit ihr unter einem Dach leben. Und warum sollte man in Zukunft (nochmals) eine Beziehung führen, wenn von einem nichts empfunden wird?

Aufgrund Kinder und anderer Verstrickungen haben wir regelmäßig Kontakt und ich sehe unausgesprochen wenn etwas "anders" ist bzw. wenn es ihr wieder schlechter geht. Wobei schlecht auch relativ ist, da mehr als 2h / Woche mit den Kindern ihrerseits i.d.R. nicht drinn ist. Was für meine Auffassung weit entfernt von "gut" oder "normal" ist.

Wie gehe ich damit um?
Siehe oben, ich liebe sie weiterhin weil ich das möchte / mich damit wohl fühle, nicht weil ich es muss, nicht weil ich es für richtig halte und auch nicht weil man bei der Eheschließung "in guten wie in schlechten Zeiten" gesagt hat. Einfach weil es mir ein Anliegen ist.
Aber mit dieser Liebe sind keinerlei Verpflichtungen mehr verbunden. Es ist keine Exklusivität gegeben, ich muss nicht auf mein eigenes Verhalten achten "tue dies nicht oder das nicht, weil sie das nicht mochte" o.ä. Ich mache das was ich für richtig halte und es geht mir gut damit.

Wenn ich irgendwo die Wahl habe, "die Tür aufzulassen" (bildlich / beziehungsmäßig) ohne mich zu verbiegen, dann tue ich das. Hin und wieder fragt sie mich um Rat bzw. ich darf meinen Senf dazu geben und oft hört sie gar darauf bzw. setzt dieses zeitnah um. In allem Anderen gehen wir getrennte Wege. Dass es sie noch mehr belastet, als sie sich das eingestehen möchte sehe ich daran, wenn sie mich (temporär) zusätzlich meidet. Z.b. Kinder abholen von Schule/Kiga und die Autositze sind bei mir (im Umkreis von 500m von den besagten Einrichtungen). Stattdessen kauft sie lieber neue...

Ich habe bisher mit fast allen Vorahnungen richtig gelegen und mein aktuelles Sammelsurium sagt: Es muss das und das geschehen, bevor es auch nur ansatzweise wieder zusammen funktionieren könnte. Davon gibt es ca 3-5 Events, die alle (1-3 Jahre) in der Zukunft liegen .
Und solange es ihr nicht durchweg gut / besser geht (ja ich weiss, mitunter kann sich Depression chronifizieren), ist es aus Selbstschutz, Schutz der Kinder und aus anderen Gründen besser dass sie nicht bei uns wohnt.

Hoffnung? Ja und nein. Rational nüchtern glaube ich bis auf weiteres, unbefristet nicht an einen 2. Anlauf. Emotional wünschen: Ja. Sehnsüchtig: Nein. Ich bekomme so eine Vision von einer erneuten Hochzeit nicht aus dem Kopf. Wenn ich sie nicht loswerde, die Vision, dann lasse ich diese einfach gewähren und sehe es als ein mögliches (positives?) Zukunftsszenario.
Was am Ende kommt, zeigt allein die Zeit.

Wenn ich auch nur ansatzweise so etwas wie einen Rat aussprechen wollen würde, was mich rückblickend am meisten weiter gebracht hat: Vorsätzlich Dinge angehen, die man vorher (als Partner in einer Beziehung) nicht tun konnte, wollte, durfte o.ä.
Vieles davon verliert seinen Reiz wenn es nun vorsätzlich erlaubt ist, man lernt sich selbst anders kennen.

Liebe Grüße,
Sybilix
Stinker1512
Beiträge: 71
Registriert: 29. Nov 2018, 17:14

Re: An die Verlassenen - wieviel Hoffnung habt ihr noch?

Beitrag von Stinker1512 »

Hallo Candless,

Bei uns ist es nun schon der fünfte Monat. Ich weiß irgendwie selber nicht wo die ganze Zeit geblieben ist.

Um ehrlich zu sein habe ich keine Hoffnung mehr. Bis jetzt hat sich bei uns nicht viel geändert. Und jetzt wo ich mich erstmal nicht mehr bei ihm melden werde, da mir das im Moment gut tut, und er sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht melden wird, fällt jegliche Kommunikation weg.

Da ich auch sehr viel in der gesamten Zeit über die Krankheit im Internet gelesen habe, fällt es mir schwer irgendwo noch Halt an allem zu finden. Es läuft oft auf eine Trennung hinaus. Gründe dafür sind viele. Hier im Forum lese ich dann, dass die Kommunikation stimmen muss. Doch wie soll das gehen, wenn der Betroffene jegliche Kommunikation meidet?

Manchmal wünschte ich mir, dass er die Trennung aussprechen würde, damit ich "einfacher" damit abschließen könnte. Im nächsten Moment hasse ich mich für diesen Gedanken, weil ich ihn doch liebe. Aber würde das alles wirklich einfacher machen?
Ich habe das Gefühl vor eine Wand zu rennnen.

Also zur Zeit fällt es mir schwer irgendwo noch Hoffnung zu schöpfen.

Liebe Grüße
Tom76
Beiträge: 14
Registriert: 8. Dez 2017, 16:41

Re: An die Verlassenen - wieviel Hoffnung habt ihr noch?

Beitrag von Tom76 »

Also ich bin im August 2018 ausgezogen. Ich habe im Moment nur Kontakt zu meinem Sohn. Sie zweifelte ihr Leben an und alles war ein Fehler.
Ob sich ihrer Meinung nochmal ändert und wieweit sie in der Depression ist weiß ich nicht.
Das Lied von den Toten Hosen: alles passiert......ist so passend und macht mich sehr traurig. Echt der Wahnsinn wie der Partner urplötzlich s o verändern kann.
Candless
Beiträge: 190
Registriert: 7. Okt 2018, 22:10

Re: An die Verlassenen - wieviel Hoffnung habt ihr noch?

Beitrag von Candless »

Vielen Dank für eure Beiträge.

Mich würde interessieren, inwieweit eure Ex-/Partner/innen wissen, dass ihr sie noch liebt. Geht ihr offen damit um oder behaltet ihr das für euch?

Durch die ganze Depressionsgeschichte ging es jetzt fast ein Jahr nur um sie und ihre Gefühle und Stimmungen, Probleme etc., aber nie um mich. Ich frage mich, ob es angebracht ist, sich ins Spiel zu bringen und das Muster mal aufzubrechen. Für mich müsste ich vorab klären, ob ich noch genug Hoffnung habe, denn wenn ich die nicht habe, wäre es ja eine ganz furchtbare Aussage, ich liebe sie noch, aber habe keine Hoffnung mehr. Sowas trostloses will ich dann auch nicht sagen und würde das dann sowieso für mich behalten....

Ganze liebe Grüsse
Ich bin hier, weil ich mich mit anderen Angehörigen offen über alles austauschen möchte.
lalle
Beiträge: 7
Registriert: 2. Apr 2019, 20:00

Re: An die Verlassenen - wieviel Hoffnung habt ihr noch?

Beitrag von lalle »

Hallo.
Mein Partner weiß von meiner Liebe und den Gefühlen, die ich für ihn trotz dieser schwierigen Zeit habe. Problem ist, dass er sie nicht erwidern kann. Ich selber habe aufgehört, ihm von meinen Gefühlen zu erzählen. Zu einem, um mich selber zu schützen. Zum anderen, weil es bei ihm unerträglichen Druck und Angst auslöst. Ich denke, dass es Abhängig vom Schweregrad/Zustand der Depression ist, ob du mit ihr drüber sprichst. Meist sind die Betroffenen so mit sich selbst beschäftigt, dass man sie auf emotionaler Ebene nicht erreicht.
LG
Candless
Beiträge: 190
Registriert: 7. Okt 2018, 22:10

Re: An die Verlassenen - wieviel Hoffnung habt ihr noch?

Beitrag von Candless »

Ja mir geht es ja auch so, ich habe seit mindestens 10 Monaten über mich so gut wie nichts mehr erzählt, aus den gleichen Gründen, an erster Stelle, weil es Druck ausüben könnte.

Nun ist es aber so, dass wir ja lange getrennt sind - um Beziehung oder so geht es lange nicht- und ich auch meine, dass es ihr ein kleines bisschen besser geht, auch wenn sie noch lange nicht arbeitsfähig usw. ist.

Ich möchte weiterhin keinen Druck aufbauen, aber finde, die absolute Einseitigkeit, dass es nur um ihre Themen geht (wir schreiben uns fast täglich), möchte ich langsam aufbrechen, damit ich nicht nur ihr "Spiegel" bin, sondern auch eine Person mit einer Meinung, mit Gefühlen und einem Leben.

Ob das gelingen kann, frage ich mich aber und bin auch stark am Zweifeln....
Ich bin hier, weil ich mich mit anderen Angehörigen offen über alles austauschen möchte.
Petra2312
Beiträge: 25
Registriert: 3. Nov 2018, 21:24

Re: An die Verlassenen - wieviel Hoffnung habt ihr noch?

Beitrag von Petra2312 »

Hallo, ich wurde vor 2 1/2 Jahren von meinem Mann verlassen. Ich weiß nicht wirklich ob ich noch Hoffnung habe. Manchmal ja, manchmal nein. Ich finde es einfach nur so Schade, dass man nicht in gesundem Kontakt bleiben kann. Alles ist nur abgestimmt auf seine Bedürfnisse. Es muss nur an sich denken, dabei haben wir zwei Töchter und haben schließlich 20 Jahre unser Leben gemeinsam verbracht. Heute trifft man sich zufällig beim Einkaufen und das wars. Für mich ist das sehr schwer. Bei ihm war ich angekommen. Wir konnten immer über alles sprechen hatten so viel Gemeinsamkeiten und Spaß miteinander. Er fehlt mir sehr als Partner und Freund. Der Zauber der Hoffnung hat so unendlich viele Lichter, die sich nicht löschen lassen. Liebe Grüße an euch und weiterhin ganz viel Kraft
Aurelia Belinda
Beiträge: 7997
Registriert: 23. Aug 2018, 20:03
Wohnort: Mittelfranken

Re: An die Verlassenen - wieviel Hoffnung habt ihr noch?

Beitrag von Aurelia Belinda »

Hallo Petra,
und alle anderen.
Ja. Die Depression kann wirklich viel zerstören. Viel Leid anrichten.
Ist zwar mit jeder Krankheit so,
Man muss immer lernen damit umzugehen.
Aber schwer bleibt es.
Für den Betroffenen natürlich auch.
Aber man darf auch das Leid der Angehörigen nicht außer acht lassen.
Das ist traurig bei dir.
Und auch bei Candless.

Liebe Grüße,
Aurelia Belinda
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Stinker1512
Beiträge: 71
Registriert: 29. Nov 2018, 17:14

Re: An die Verlassenen - wieviel Hoffnung habt ihr noch?

Beitrag von Stinker1512 »

Hallo,

Zur deiner Frage Candless, inwiefern mein Partner von meinen Gefühlen weiß.

Also gesagt habe ich es ihm während der schweren Phase sehr oft. Ebenso dass ich für ihn da sein werde und ich ihn vermisse. Aber das scheint nicht viel zu bringen deswegen lasse ich es von nun an.
Ich bin mir sehr sicher, dass mein Partner über meine Gefühle Bescheid weiß. Bei unserem letzten (eigenartigen) Treffen schrieb er ja auch, dass er weiß wie schwer es für mich gerade alles ist.
Aber ich habe das Gefühl nichts ändern zu können, wenn ich es ihm immer wieder sage. Außer dass es mich weiter belastet. Ein weiter Grund wieso ich versuche es zu vermeiden. Weil ich weiß, dass mich das wieder weit zurück werfen würde.

Liebe Grüße
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