Schwester

Lieblingsuli
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Re: Schwester

Beitrag von Lieblingsuli »

Wie kommst du zu der These, dass ich keine Verantwortung für meine jüngere Schwester habe? Ich weiss, dass ich sie habe. Das reicht.
"Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern"

Lothar de Maizière
Candless
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Re: Schwester

Beitrag von Candless »

Für mich ist es ein Lernprozess, dass man nur soviel Verantwortung für eine andere, erwachsene und nicht in gesetzlicher Betreuung befindliche Person übernehmen kann, wie derjenige möchte. Das ist auch die Aufgabe, die wir hier als Angehörige depressiv Erkrankter für uns erfüllen müssen. Und in deinem Fall ist es genauso. Wenn deine Schwester dich um Hilfe oder Mitverantwortung bittet, ja, dann kann sie dir sagen in welcher Form usw., aber wenn sie es nicht will, hast du keine Möglichkeit ausser ihr auf Augenhöhe Kontakt anzubieten. Auch das wäre doch eine Art, an ihrem Leben Anteil zu haben ohne ihr zu nahe zu treten, ihr negative Urteile über ihre Partnerwahl mitzuteilen oder sogar von ihren Lebensereignissen aus Protest fernzubleiben.

Mir geht es hier darum, dass ich glaube, dass jeglicher Kontaktversuch, der das Selbstwertgefühl unterminiert, wie etwa Infantilisierung (sie ist wie ein Kind, dass auf eine heisse Herdplatte fasst), Pädagogisierung (ich weiss, welche Fehler sie begehen wird und kann sie davor schützen, wenn sie nut auf mich hört), Sanktionen (ich bleibe deiner Hochzeit fern, weil ich Kritik an deiner Partnerwahl habe) zum Scheitern verurteilt ist. Ich glaube, ihre Entscheidung, nicht auf deine Kontaktversuche einzugehen, zeigt, dass sie der Meinung ist, es tut ihr nicht gut. Und das muss man respektieren und kann doch nur versuchen, dann anders an sie heranzutreten. Wenn ich jemand ein Kontaktangebot mache und er es ablehnt, ist das auch eine Reaktion. So viel steht fest. Und diese Reaktion kann mich zum Nachdenken bringen und mir sagen, dass ich vielleicht selbst etwas ändern muss.
Ich bin hier, weil ich mich mit anderen Angehörigen offen über alles austauschen möchte.
Lieblingsuli
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Re: Schwester

Beitrag von Lieblingsuli »

Ich weiss nicht, welche Rolle der Glauben in deinem Leben spielt. Für mich ist er Richtschnur und Halt. Im Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche findest du folgende Formulierung: "Wir haben eine Verantwortung für die Sünden anderer Menschen, wenn wir schuldhaft daran mitwirken."
"Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern"

Lothar de Maizière
Candless
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Re: Schwester

Beitrag von Candless »

Inwiefern meinst du, dass sie eine "Sünde" begeht?
Der Satz trifft sicher auf Mitwisser von Straftaten zu, die nichts unternehmen und Täter damit decken, oder ähnliche Fälle.

Aber eine "schuldhafte Mitwirkung" an ihren "Sünden", das finde ich etwas weit hergeholt. Wie im Prinzip der "Ehre", bei dem "unehrenhaftes Verhalten" einer Person auf die ganze Familie wirkt, steckt doch dahinter das Prinzip Sippenhaft. Ich meine, wenn so ein Satz dafür sorgt, dass man nicht mehr unvoreingenommen miteinander umgehen oder nicht mehr wirklich aufeinander wertschätzend eingehen kann, sollte man überdenken, ob das wirklich zum Guten beiträgt.
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Lieblingsuli
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Re: Schwester

Beitrag von Lieblingsuli »

Das Kompendium gibt leider nicht mehr her. Vielleicht sollte man mal im Katholischen Erwachsenenkatechismus Bd. 2 nachsehen. Da gibt es mehr und ergänzende Informationen.

Ich bin weit davon entfernt, mich mit dem Begriff "Ehre" auseinanderzusetzen. Ich weiss, dass es zum Beispiel im Islam noch ganz andere Vorgehensweisen gibt.
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Lothar de Maizière
Candless
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Re: Schwester

Beitrag von Candless »

Ich würde dir eher empfehlen, dieses Buch wegzulegen und nicht noch zu einem zweiten Band zu greifen. Ich glaube nicht, dass es zu einer Verbesserung führt, wenn du sie nicht nur als schwach und hilfsbedürftig, sondern auch noch als "Sünderin" interpretierst, die dann auch noch dich zu einem Sünder macht, wenn du sie nicht von irgendwas abhalten kannst, das du als Sünde siehst.

Ich denke, es sind einige Baustellen, die du auch ganz alleine erst einmal anschauen könntest, um dann neu auf sie zuzugehen. Das negative Bild über sie und ihre Handlungsweisen, auch noch in Kombination mit religiösen Bewertungen, scheint mir für dich nicht gesund, und auch für sie zuviel, um das zu tragen.

Als religiöser Mensch gibt es geistliche Begleiter, zu denen man mit solchen Fragen gehen kann. Dort wird es aber dann um dich und nicht um deine Schwester gehen. Ich glaube, das täte dir auch gut.

Wünsche dir auf jeden Fall viel Kraft und ganz liebe Grüsse!
Ich bin hier, weil ich mich mit anderen Angehörigen offen über alles austauschen möchte.
Lieblingsuli
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Re: Schwester

Beitrag von Lieblingsuli »

Es ist nicht an mir, jemanden der Sünde zu bezichtigen. Diese Entscheidung trifft noch nicht einmal der Papst. Vielleicht ist es schwierig zu verstehen, wenn du nicht denselben Hintergrund hast, aber ich habe im Katholischen Erwachsenenkatechismus Bd. 2 doch etwas gefunden:

"Unsere Würde unterscheidet uns von allen anderen innerweltlichen Wesen; in ihr erfahren wir unsere Verantwortung; wir tragen Verantwortung für uns selbst und für andere. Diese Fähigkeit engt nicht ein, sondern befreit zu verantworteter Bindung. Die in Freiheit getroffenen Entscheidungen sind unsere persönlichen Entscheidungen. Es sollen überlegte Entscheidungen sein, denn für sie sind wir verantwortlich."

Gefällt mir sehr gut ;)
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Lothar de Maizière
Gertrud Star
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Re: Schwester

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Lieblingsuli,
du findest, mit viel Einmischung bewahrst du ihre Würde?
Da würde ich unabhängig vom Katechismus (den ich nicht kenne) mal drüber nachdenken, so rein von der Lebenspraxis aus gesehen.
Oder andersrum gefragt: Würdest du wollen, dass du so behandelt wirst als erwachsener Mensch?
LG Gertrud
Lieblingsuli
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Re: Schwester

Beitrag von Lieblingsuli »

Ich mische mich doch gar nicht ein. Geht ja auch nicht, wenn meine Schwester "tote Eule" spielt. Thema sind ja, wenn du dir die Ausgangsfrage ansiehst, die Minderwertigkeitskomplexe meiner Schwester. Diesen Zustand möchte ich ändern.

Bist du gläubig?
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Lothar de Maizière
DieNeue
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Re: Schwester

Beitrag von DieNeue »

Hallo Lieblingsuli,

erstmal vorweg: Ich komme aus einem christlichen Elternhaus, allerdings evangelisch. Deshalb kenne ich mich mit dem Katechismus nicht aus, aber das christliche Denken an sich ist mir sehr gut bekannt. 

Zudem habe ich drei jüngere erwachsene Geschwister. Als Älteste fühle ich mich trotz des Erwachsenenalters meiner jüngsten Schwester immer noch etwas verantwortlich für sie und würde sie vor vielem gerne bewahren. Sie war einfach immer die Kleine bei uns. 
Insgesamt habe ich den Eindruck, dass bei mir das Verantwortungsgefühl für andere Menschen ausgeprägter ist als bei meinen Geschwistern. Habe auch schon öfter gelesen, dass das bei den ältesten Kindern in einer Familie oft so ist.

Zu dem, was du geschrieben hast:
Es beißt sich etwas, wenn du schreibst: 
Lieblingsuli hat geschrieben:Im Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche findest du folgende Formulierung: "Wir haben eine Verantwortung für die Sünden anderer Menschen, wenn wir schuldhaft daran mitwirken."
aber gleichzeitig schreibst:
Lieblingsuli hat geschrieben:Es ist nicht an mir, jemanden der Sünde zu bezichtigen. Diese Entscheidung trifft noch nicht einmal der Papst.
Wenn du nicht bestimmen darfst/kannst, ob das, was sie tut, eine Sünde ist oder nicht, wie kannst du dann schuldhaft an der Sünde mitwirken? 
Lieblingsuli hat geschrieben:"wir tragen Verantwortung für uns selbst und für andere.
Genau diese Verantwortung trägt auch deine Schwester, nicht nur du. Sie trägt ihre für sich, du deine für dich, und jeder eine gewisse Verantwortung gegenüber dem Anderen. Diese ist aber begrenzt, denn die Verantwortung des Anderen steht dem gegenüber. 

Und noch was allgemeines zum Thema "Sünden": Gerade wenn in einer Situation nicht klar ist, wo deine Verantwortung aufhört und ihre anfängt, wo du jetzt was sagen sollst und wo nicht, dann verlass dich darauf, dass dein Gott gnädig ist! 

Liebe Grüße,
DieNeue
Lieblingsuli
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Re: Schwester

Beitrag von Lieblingsuli »

Das hat aber alles nichts mit der Ausgangsfrage zu tun.

Als netter Mensch möchte ich, dass sich jeder, seinen Möglichkeiten gemäß, entwickelt. Dies gilt natürlich erst einmal für die eigene Familie. Dabei trage ich in erster Linie Verantwortung für meine Kinder, die nach dem erfolgreichen Abitur alle ihren Weg gehen. Das gilt für meine Ehefrau, die zwar nicht mit mir in einem Haushalt lebt, aber wir haben engen Kontakt.

Was meinst du denn, wie jemand mit Minderwertigkeitskomplexen Stärkung erfährt? Loben kann ich meine Schwester ja nicht, da sie keinen Kontakt mit mir will oder haben darf.
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Lothar de Maizière
Sybilix
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Re: Schwester

Beitrag von Sybilix »

Hallo zusammen,

ich lese hier oft mit und selten bewegt es mich etwas zu schreiben. Lange hatte ich hier keinen Bedarf, aber jetzt schon:

Viele vor mir haben versucht es durch die Blume zu sagen. Ich versuche es auch nochmal freundlich (manchmal ist es der besagte Tropfen der die Einsicht bringt...)

Mir sind wenige Mitmenschen bekannt, welche mit einer oder mehreren Personen schier unendliche, unlösbare Probleme haben. Bei längerer Betrachtung könnte ich diesen nur eines raten: "Du musst in den Spiegel sehen um das Problem zu erkennen".

Mit anderen Worten, explizit auf deinen Fall / Eingangsfrage: Unwillkommene Fürsorge und Einmischung wird nicht als solche, sondern als Beobachtung, Bevormundung, Nachspitzeln etc. aufgefasst. Egal was man tut, die Bewertung findet immer beim/vom Gegenüber statt.

Ich hoffe Du erlangst diese Einsicht, andernfalls wirst Du dich argumentativ in einer Endlosschleife bewegen. Je mehr Du dich engagierst, desto weiter wirst Du dich von der Lösung entfernen.

Alles Gute,
Sybilix
Nico Niedermeier
Moderator
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Re: Schwester

Beitrag von Nico Niedermeier »

Hallo an Sie alle:-),
wir von der Moderation ahnen nach zwanzig Jahren hier, dass dieser Thread nicht gut ausgehen wird....deshalb beenden wir ihn hier mal sicherheitshalber:-)
Beste Grüße
Die Moderation
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