Liebe und Depression

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kool2
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Liebe und Depression

Beitrag von kool2 »

Hallo,
mein erster Thread.
Zur Erklärung: Ich bin depressiv, nehme dagegen Remargil (30 mg). Habe gerade eine Psychotherapie angefangen.
Vor 3 Monaten trennte sich meine Freundin von mir und unserer vierjährigen Beziehung. Das Schlimme war u.a., dass sie daraufhin mit einem ehemals besten Freund poppte und sich damit die Geschichte wiederholte, weil dieser Eremit (wohnt noch bei Mammi und kifft) vor 4 1/2 Jahren meine damalige Ex-Freundin nach 3 Jahren "übernahm".
Scheinbar isses meine Art, denn zwischen meinen bislang 3 festen Beziehungen vergingen nur wenige Wochen, denn ich habe eine neue "Freundin". Ich merke aber, wie ich dazu neige, sie wegzuschicken und den Kontakt mit ihr zu begrenzen. Ich fühle mich wie ein Schuft. Sie öffnet sich mir und laut ihrer Aussage mehr als jemals zuvor, sie hat sich in mich verliebt. Aber ich kann ihre Nähe nicht dauerhaft ertragen. Ich stoße sie immer wieder von mir weg, weil ich immer wieder in diesen Zustand gerate, wo ich gar nichts mehr fühle. In diesem Zustand habe ich nicht mal mehr Lust auf Sex. Das versteht sie dann als Zurückweisung. Ich kann ihr dann nicht erklären, woran es liegt. Ich bin in diesem Moment nicht impotent, ich wünschte, ich wäre es dann. Das würde vielleicht die Diskussionen ersparen. Ich bin zwar steif, aber habe keine Lust auf Sex. Genauso wenig wie Appetit auf Essen. Ich fühle mich tot und leer.
Mittlerweile füge ich ihr mehr Frust als Spass zu. Ich habe das Gefühl, dass ich sie mit meiner Depression langsam vergifte.
Ich mag sie und genieße es mit ihr zusammen zu sein. Aber andererseits bin ich ein ungenießbarer Knochen und sie wird das nicht mehr lange mitmachen können.
Vielleicht sollte ich mich ausdrücklich von ihr trennen.
Liebe und Depression - was sind Eure Erfahrungen? Kennt Ihr so ne Situation ?
Holgerman
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von Holgerman »

Hallo!

Da stellt sich erst mal die Frage für mich, ob deine jetzige Freundin von deiner Depression weiß und sie versteht, bzw. mit ihr umgehen kann. Ich glaube ja nicht, dass das so ist, sonst würde sie sich nicht zurückgewiesen fühlen.
Wieso hat sich denn deine Ex von dir getrennt?

Gruß
Holgerman
Dini
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von Dini »

Hallo Kool,

ich denke, dieses Thema kennen viele. Wer an einer Depression leidet KANN auf einmal nicht mehr jene Gefühle empfinden, die zuvor selbstverständlich waren. Falls du deine Freundin noch nicht über deine Krankheit aufgeklärt hast, solltest du das schleunigst tun. So wie ich das aus deinen Zeilen rauslese, scheint sie dich wirklich zu lieben und sehr viel Geduld mit dir zu haben. Ich glaube, dass auch sie erleichtert wäre, den wirklichen Grund der Zurückweisung zu kennen. Wie der Partner dann auf längere Zeit damit umgehen kann, wird sich rausstellen.

Mit deinen Therapieansätzen hast du bereits den Weg einer Besserung beschritten. Falls deine Depression nicht tiefer veranlagt ist, wirst du bestimmt bald Besserung erfahren.
Es geht immer irgendwie weiter!




Liebe Grüße Dini.
Surfer
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von Surfer »

Hallo Kool2,
ich kann Dich schon in gewisser Weise verstehen. 2x auf die fast gleiche Art und Weise beschissen zu werden stelle ich mir furchtbar vor. Vielleicht ist dies auch der Grund, warum Du Deine neue Freudin abweist. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Ob Deine Freundin von Deiner Depression weiß ? Wohl eher nicht und ich würde es ihr auch nicht sagen. Könnte sein, dass sie sich überfordert fühlt - ist halt' doch keine Krankheit wie jede andere.
Nun aber zu Deiner Frage: Auch ich nehme zur Zeit 30mg Remergil, immer Abends. Ich habe zu vielem Lust, aber nicht zu Sex. Vorteil für mich: Ich bin seit 10 Jahren verheiratet, habe eine verständnisvolle Frau, mit der ich über die Depression reden kann, wie andere über Grippe reden. Meine erste Krisenzeit war 1999 und auch da hatte ich keine Lust auf Sex. Nach dem Absetzen der Medikamente kam das aber wieder zurück. Ich an Deiner Stelle würde mich über die neue Freundin riesig freuen und sie nicht abweisen. Vielleicht ist es gerade die neue Freundin, die Dir über diese Zeit hinweg helfen kann.
nemoninchen
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von nemoninchen »

Hallo ihr,

ich habe ein ähnliches Problem, seit ca. vier Monaten hab ich evtl. Depressionen (siehe andrer Thread), war aber bis jetzt noch nicht beim Arzt, aber hoffe, dass ich bald einen Termin bekomme. Ich habe einen Freund und der hat mich immer unterstützt und tut es auch jetzt noch, aber ich habe das Gefühl, dass er unter meiner Situation fast noch mehr leidet als ich, immer wenn es mir mal wieder schlecht geht, wenn ich in die Luft starre und mich nicht mehr bewegen geschweige denn reden will oder wenn ich mal wieder einen Heulanfall bekomme, dass alles nimmt ihn immer sehr mit, nur schaff ich es nicht es vor ihm zu verbergen. Ich habe Angst, dass er durch mich auch Depressionen bekommen könnte und wie man sieht, gebe ich mir natürlich immer die Schuld daran, wenns ihm schlecht geht, was mich wiederum noch trauriger macht und mich mit Schuldgefühlen plagt, wie seht ihr das? Kennt ihr diese Situation und kann mir jmd helfen?
Ich würde mich freuen wenn ihr mir eure Meinung dazu sagt

Liebe Grüße
eure Nina
tomroerich
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von tomroerich »

Hallo Nina,

dass es deinem Freund wahrscheinlich schlechter geht als dir selbst ist eine ziemlich typische depressive Sichtweise und lediglich eine Fantasie von dir. Natürlich ist er besorgt um dich, auch verwirrt, weiß keinen Rat, ist hilflos. Es ist sehr häufig bei Depressionen, dass sich Abwärtsspiralen entwickeln, wie du sie beschreibst. Du fühlst dich schuldig, was deine Depr. vertieft, dein Freund spürt das und fühlt sich nun seinerseits schuldig, dass er dir nicht helfen kann sondern im Gegenteil u.s.w. So etwas verwirrt beide und verkrampft eine Beziehung. Es ist wichtig, das zu vermeiden durch gegenseitige Offenheit und vor allem sachlichen Informationen für deinen Freund, wie sich Depr. nun mal äußern, wie sie einen Menschen verändern und wie man als Angehöriger am besten damit umgeht. Man muss das auf eine sachliche Ebene bringen, so wie man es mit einem gebrochenen Bein auch täte, denn da gibt es diese Form von Schuldverstrickung ja auch nicht obwohl die Einschränkungen für den nicht kranken Partner genau so gravierend sein können.
Vielleicht hast du ja etwas Schriftliches, was sich dafür eignet, sonst kannst du das von mir bekommen.


Gruß von

Thomas
Betroffene für Betroffene

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geborgenheit
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von geborgenheit »

Hallo zusammen

ich kann Thomas nur zustimmen, als Angehörige(r) ist man oft überfordert und wenn man das Ganze auf eine sachliche Ebene kriegen kann, dann wirds verständlicher.

Mich als Angehörige hat nicht die Krankheit oft überfordert, sondern eher, dass ich wohl spürte, wie es meinem Partner schlecht geht, auf mein Nachfragen hin aber immer kam: Es ist nichts...

Ich kann verstehen, dass man die Krankheit vertuschen möchte, aber genau das machts wohl schwierig. Denn ein Partner spürt doch ganz genau, dass irgend etwas nicht stimmt. Das Vertuschen-Wollen gibt dann eher das Gefühl von Ausgeschlossen-Sein oder gar von Nicht-Würdig-Sein. Und ich denke, dass genau das so nicht stimmt. Aber alles Unausgesprochene belastet und regt zu Spekulationen an.

Es ist schwer, zu seinen Depressionen zu stehen, die man ja selber auch kaum versteht. Aber ich weiss von mir, dass ich noch so froh gewesen wäre, wenn mein Partner mir eingestanden hätte: Es geht mir schlecht, ich weiss nicht weshalb und kann es noch nicht einordnen. Es braucht keine fertigen Lösungen, aber es braucht einen Dialog. Beide "Seiten" sind betroffen, beide haben zu leiden. Aber mit Schweigen wird alles nur noch schlimmer.

Darum möchte ich allen Betroffenen Mut machen, mit Euren Partnern zu sprechen, auch wenn es schwer ist. Und wenns nötig ist, könnt ihr Eure Partner auch einmal mitnehmen in eine Therapiestunde. Dann wird die Krankheit Depression verständlicher.

Viel Mut und Offenheit für diesen Weg

Geborgenheit
nemoninchen
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von nemoninchen »

Vielen lieben Dank, dass ihr so schnell geschrieben habt. Ich werde mich heute mal mit ihm zusammensetzen und ihn fragen, ob es für ihn wirklich so schlimm ist, wie ich mir das immer ausmale (mit meiner abwärtsspirale).
Ich denke auch, dass ich oft genug gesagt habe, dass nichts ist, wenns mir schlecht ging, einfach nur um ihm auszuweichen, weil ich ja selbst nicht wusste warum ich überhaupt schlecht drauf war und da kommt man sich irgendwie blöd vor. Ich habe mich sogar dabei erwischt, wie ich allmählich böse wurde, dass er mich dauernd fragte was mit mir los ist... ich werde dass wohl versuchen müssen zu ändern (puhhh).
Ich habe noch eine Frage an euch, also zu deinem Vorschlag Thomas mir Info-Material zu geben, fände ich sehr gut, ich habe zwar schon sehr viel gelesen, aber ich würde doch gern noch mehr erfahren und etwas Handfestes haben, um meinem Freund das alles näher zu bringen. Könntest du mir vllt. per email schreiben nina_noenen@web.de? Und noch eine Frage, mein Freund hat auch Angst, dass ich, wenn ich jetzt zum Arzt gehe Antidepressiva nehmen muss und mich verändere zum negativen... ich kenne mich da ja leider auch nicht aus :/, deswegen würde ich gerne von euch wissen, ob euch die Medis helfen und ob die Nebenwirkungen schlimm sind, usw.
Ihr habt diese Fragen bestimmt sehr oft beantwortet, aber ich würde mich sehr freuen wenn ihr mir helft. Von dir Geborgenheit würde ich auch gerne wissen ob dein Partner Medikamente eingenommen hat und wie er sich für dich verändert hat. Falls ich irgendjemand zu Nahe trete dann tut es mir leid und ihr müsst mir ja auch nicht antworten... naja ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende

Alles Liebe
Nina
merline123
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von merline123 »

Hallo Kool!
Ich habe einen Freund der nicht mit mir über seine "Probleme" reden will. Ich fühle mich ausgegrenzt und verstehe die Zurückweisung nicht. Durch Hartnäckigkeit und Beobachtung habe ich mir einiges zusammengereimt.

Wenn Dir etwas an Ihr liegt und Sie Dir gut tut, dann rede mit Ihr. Nur wenn man weiß, woran es liegt - nämlich an einer Krankheit, Medikamenten oder was auch immer - nimmt man diese Abgrenzung oder Zurückweisung nicht persönlich, sondern kann sie einordnen. Es ist deshalb nicht einfach, aber ohne dieses Verständnis, wird die Krise sich in der Beziehung immer weiter steigern. Und irgendwann ist es nicht mehr zu kitten. Wenn Sie durch Dir durch positive Erlebnisse helfen kann, mach nicht Schluß (um Ihr zuvor zu kommen), sondern nimm Sie als Partner ernst und sprich mit ihr.
Ein wichtiger Punkt ist, das Du mit der Therapie und den Medis selbst etwas tust, um aus der Depression herauszukommen.

Alles Gute
Petra
merline123
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Registriert: 26. Dez 2003, 10:00

Re: Liebe und Depression

Beitrag von merline123 »

Hallo Nina,

zum Thema Medis kann ich Dir nicht weiterhelfen.
Was das "ich kann meine Depression nicht vor ihm verbergen" betrifft - mache es nicht!
Es ist als Angehöriger, insbesondere als Partner natürlich schwer, zu sehen, wie der Mensch, den man liebt leidet. Das es ihm schlecht geht. Aber Du kannst doch nichts dafür, Du machst es doch nicht, um ihn zu verletzen. Also ist es wichtig, ihm begreiflich zu machen, was mit Dir passiert.

Versuche in guten Phasen mit ihm zu sprechen. Wenn es Dir so richtig schlecht geht, kannst Du es wahrscheinlich nicht. Dann ist es um so wichtiger, das er weiß, was mit Dir los ist und was Dir dann gut tut (ob Du in Ruhe gelassen werden möchtest, oder ob er da sein soll...?). Daher kommen doch die Fragen, was mit Dir los ist, wie es Dir geht. Er merkt das ist etwas und möchte helfen, weiß aber nicht wie?!

Geht den Weg möglichst offen gemeinsam.
Liebe Grüße
Petra
bidi
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von bidi »

Hallo!

Also was ich an anderer Stelle schon einmal gesagt habe, es ist so mit das Wichtigste mit dem Partner / der Partnerin über die Krankheit zu reden. Depressionen sind letztendlich ein gesundheitliches Problem und wie jedes andere auch. Und doch soviel anders, weil man sich eben verändert. Ich habe es oft bedauert, dass ich im letzten Jahr nicht wusste, was mit mir los ist. Mir ging es schlecht (ständig innere Unruhe, Angst, traurigmiese Stimmung, Selbstzweifel, etc.) Ich habe mit meinem Freund darüber geredet, zu viel leider. Er war in der Zeit sowas wie mein "Rettungsanker" und doch hab ich ihm erklärt, er soll sich was "Besseres" suchen. Da er aber nicht wusste was los ist, also das es eine Krankheit ist, hat er es noch weniger verkraften können. Also das Wichtigste ist wirklich reden. Klar ist es für die Angehörigen nie ganz leicht verständlich, es ist nunmal kein gebrochenes Bein, aber es hilft sicherlich diese schwere Zeit gemeinsam zu meistern.
tomroerich
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von tomroerich »

Hallo Nina,

ja, diese Angst vor Antidepr. ist sehr weit verbreitet und es gibt ganz unterschiedliche Gründe dafür. Meine Angst war z.B., die Mittel könnten mich meiner Aufgabe entheben, mein Leben in Ordnung zu bringen. Ich wollte es unbedingt alleine schaffen und meine Probleme nicht mit Pillen lösen. Schließlich habe ich doch zu den ADs gegriffen weil ich verstand, dass die körperlichen Aspekte der Krankheit nicht durch Arbeit an sich selbst zu besiegen sind, jedenfalls nicht in einem kurzfristigen Zeitrahmen.
Die andere Angst, dass man durch AD jemand anderes wird, dass die Persönlichkeit sich verändert, man gar mit einem Dauerlächeln durchs Leben schwebt, diese Angst ist gänzlich unbegründet. Um das zu verstehen muss man sich im Klaren darüber sein, dass Depr. in erster Linie ein Zusammenbruch der Vitalität ist, man hat ein Energieproblem, ein sehr heftiges. Erst wenn man eine Depr. durchlebt hat weiß man, für wie viele Dinge wir Energie brauchen- zum Lesen, zum Denken, zum Fühlen, selbst zum Lieben. Ohne Energie geht nichts. ADs wirken wie eine Enthemmung dieser Energiequelle, sie verändern keine spezifischen Eigenschaften deiner Person. Denk an die Wirkung von Kaffee, auch da würdest du nicht sagen, dass er dich manipuliert, oder? Freilich, ADs wirken komplexer als Kaffee, aber mir gehts nur um die Grobrichtung. Manchmal kann es so aussehen, als würden ADs einen Menschen verändern, wenn dieser z.B. ein erhöhtes Selbstbewusstsein entwickelt. Aber auch dann muss man sagen, dass das AD das unterdrückte Selbstbewusstsein befreit hat, es hat es nicht erschaffen (das kann kein Medikament!).

Ja und die NW, da ist eine allgemeine Aussage schwierig. Ich persönlich habe niemals ernsthaft beeinträchtigende NW gehabt (nahm Fluctin und Trevilor). Besonders moderne ADs wirken sehr spezifisch nur dort, wo sie sollen, in der Regel erwarten dich ehr harmlosere NW wie Mundtrockenheit, Appetitveränderungen, manchmal Kopfschmerzen- das meiste vorübergehend. Was fast alle ADs bewirken ist ein Nachlassen der Libido, das ist individuell verschieden stark ausgeprägt und kann natürlich unschön sein. Aber du musst dir immer den Gewinn vor Augen halten und mit den Nachteilen vergleichen. Wenn du ein für dich wirksames Medi hast, wird der Gewinn ohne Zweifel groß sein.

Ich schicke dir die Broschüre zu, sie hat den Vorteil, in geraffter Form über die wesentlichen Aspekte zu informieren, ohne dass man gleich ein ganzes Buch lesen muss.

Thomas
Betroffene für Betroffene

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kool2
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von kool2 »

Lieber Thomas,

zu dem Thema Abwärtsspiralen der Depression gibt es einschlägige musikalische Literatur. Nämlich "The downward spiral" von Nine Inch Nails. Die CD kann mir heute aber gar nicht mehr helfen, weil sie diesen Zustand vertont und zusätzlich dramatisiert. Dennoch eine Platte, die diese für die meisten Menschen abseitigen Gefühlszustände aufgreift.
Es gibt viele "PatientInnen", die diese Band hören und eine Bekannte von mir bekam die CD während einer stationären psychiatrischen Behandlung "beschlagnahmt".
Karoshi
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von Karoshi »

Hallo kool,
ich kann das sehr gut nachvollziehen. Als meine schwere Depressionszeit anfing, bin ich mit meiner jetzigen Freundin zusammengekommen. Nach kurzer Zeit ging im Bereich Sex garnichts mehr, was nicht minderstark auf meine Medikaente zurückzuführen war. Remergil habe ich unter anderem auch bekommen und das nehme ich auch heute noch. Remergil bewirkt irgendwie (zumindest bei mir) einen Abfall der Libido, aber die Depression selbst tut natürlich das übrige dazu. Ich hatte mit meiner Freundin arge Probleme, weil ich sie abgewiesen habe, und das über einen langen Zeitraum. Und als es dann bei mir wieder ging, wolltte/konnte sie nicht. Somit lebe ich seit eineinhalb Jahren Sexlos (OhMeingott..).
Wenn beide es verstehen die Ursachen zu akzeptieren, dann sollte das kein Problem sein, aber ich denke du bist auch noch nicht lang genug mit deiner aktuellen Freundin zusammen. Nur glaube mir: Ich habe ähnlich schlechte Erfahrungen gemacht wie du und trotzdem (auch wenn es JEDEN Tag hart ist) kann es klappen, auch wenn du depressiv bist und deine Freundin nicht.

PS: ich weiß schongarnicht ehr wie das geht
geborgenheit
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von geborgenheit »

Liebe Nina

ja, mein Mann nimmt Medikamente. Glücklicherweise. Aber es war ein jahrelanges Ringen bis es soweit war. Er sah es als sein Schicksal an, dass er nicht in diese Welt passe und nun halt leiden müsse... Für mich war es eine riesengrosse Erleichterung, als er sich endlich helfen lassen wollte.

Und, als er mit den Medis begann und auch eine Therapie anfing, da konnte er das erste Mal beginnen zu leben. Vorher wars einfach nur Qual und Überleben. Tagtäglich, lange. Die Medis haben ihm einen gewissen Schutz gegeben, er bekam etwas Luft um zu spüren, wer er eigentlich ist, und noch mehr, welche Bedürfnisse er hat.

Heute leben wir getrennt. Wir haben heraus gefunden, dass mein Mann lieber alleine wohnt. Er beginnt jetzt, sich kennen zu lernen. Er nimmt immer noch Medikamente und geht zur Therapie. Alles in Allem geht es ihm heute viel besser. Und das freut mich sehr. Er schaut täglich bei uns vorbei, aber nach einer kurzen Zeit schon merkt er, dass ihn die Lebendigkeit hier überfordert und er ist glücklich und froh, wenn er sich wieder in seine Ordnung zurück ziehen kann.

Für mich war das Mittragen überhaupt nie eine Frage. Ich war einfach froh, wenn es mir gelang, meinen Mann auf seinem nächsten Stück des Weges zu begleiten. Auch die fehlende Sexualität war zwar manchmal schwer zu ertragen, aber es ging. Schliesslich hatten wir ein gemeinsames Ziel: Diese Sch*Depressionen zu überleben.

Wir haben dieses Ziel erreicht, wenn auch anders als ich mir das je vorgestellt hätte. Und dass wir überlebt haben hängt zu einem grossen Teil an dem medikamentösen Sicherheitsnetz, welches Schutz geboten hat vor den allzu tiefen Abgründen.
Noch ist mein Mann nicht gesund und ich denke, dass er noch einen weiten Weg machen muss. Aber es ist deutlich ersichtlich, dass er nun sichereren Boden unter seinen Füssen hat und endlich beginnen kann, sich kennen zu lernen und zu leben.

Ich hoffe, dass ich Dir in diesen paar wenigen Zeilen mein Erlebnis zu Deiner Frage aufzeigen konnte. Sonst frage bitte nach.

Dir möchte ich Mut wünschen, zu Dir zu stehen. Medikamente sind ein oft nötiges Hilfsmittel, um überhaupt eine Therapie beginnen zu können. Es ist wie mit einem Beinbruch, da nimmst Du auch ohne zu überlegen Krücken, um das Bein zu entlasten. Bei seelischen Fragen ist es manchmal auch nötig, eine Krücke zu verwenden. Sicher immer in Absprache mit einem guten Therapeuten und mit der notwendigen fachlichen Unterstützung. Es kann sein, dass Du verschiedene Medikamente ausprobieren musst, bis Du das passende gefunden hast. Aber es lohnt sich.

Liebe Grüsse
Geborgenheit

Übrigens: Es ist für Angehörige manchmal sehr hilfreich, wenn der/die Betroffene mitteilt, dass er sich mies fühlt, aber nicht einordnen kann, warum. Sei es luftleerer Raum oder unendliche Trauer oder was auch immer. Aber zu wissen, dass der Parnter etwas hat, auch wenn er es nicht benennen kann, ist einfacher, als zu spüren, dass der Partner etwas hat und sagt, es sei nichts.
Dini
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Registriert: 2. Jan 2004, 14:46

Re: Liebe und Depression

Beitrag von Dini »

Hallo Geborgenheit,

ich möchte dir an dieser Stelle ein ganz dickes Dankeschön aussprechen, wie ausführlich du die Situation der Angehörigen hier erläuterst. Wenn man eigentlich auf der anderen Seite steht und nun mal aus erster Hand erfährt, wie der "GEgenüber" so denkt, erkennt man, dass man vieles falsch angeht, um den anderen vermeintlich zu verschonen, die ganze Angelegenheit so aber nur noch schlimmer zu machen.
Es geht immer irgendwie weiter!




Liebe Grüße Dini.
geborgenheit
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von geborgenheit »

Liebe(r) Dini

danke für Dein Dankeschön... *lächel*...
ob ich für alle Angehörigen stehe, wage ich zu bezweifeln. Aber mir hat es ebenfalls sehr geholfen, hier auszutauschen, zu lesen und zu hören, wie es Betroffenen ergeht. Es ist also ein Geben und Nehmen, hat seine Balance und das finde ich gut so.

Liebe Grüsse
Geborgenheit
yes
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von yes »

Lieber Markus,
...ich hoffe, dieser Beitrag kommt noch bei dir an, obwohl die Diskussion über Liebe und Depression ja bereits etwas zurück liegt. Aber es ist im Moment mein Thema und ich bin seit einem halben Jahr mit einem depressiven Mann zusammen. Wie hast Du das mit deiner Freundin hinbekommen (und ich habe Dich so verstanden, daß ihr immer noch zusammen seid?) Wie genau hast Du für Deine Partnerin während der Depression empfunden? Warst Du froh, daß sie da war oder war es eher belastend? und kannst Du sagen, wodurch dann irgendwann Deine Lust wiedergekommen ist? Als Du die Medikamente abgesetzt hast? oder aus heiterem Himmel? Sorry, wenn sich meine Frage dämlich anhört.

würde mich über Antwort sehr freuen.

beste Grüße

Smilla
yes
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von yes »

Hallo Kool,

es ist schon eine Weile her, daß Du geschrieben hast, es würde mich interessieren, wie es mit Deiner Beziehung weitergegangen ist. Du schreibst: "ich habe eine neue "Freundin". Ich merke aber, wie ich dazu neige, sie wegzuschicken und den Kontakt mit ihr zu begrenzen. ...sie hat sich in mich verliebt. Aber ich kann ihre Nähe nicht dauerhaft ertragen.

Erlebst Du das zum ersten mal mit einer Freundin oder war das in deinen vorherigen Beziehungen ähnlich? Und führst Du das auf die Einnahme von Medikamenten zurück?
In jedem Fall rate ich Dir, mit ihr darüber zu sprechen. Aber das hast Du hoffentlich bereits getan. Alles, was man ans Licht bringt, kann man einfach besser betrachten. Nur wenn man über etwas sprcicht, kann man auch etwas verändern. und dann hast Du vielleicht auch weniger Schuldgefühle, denn Du gibst ihr die Möglichkeit zu handeln.

"Ich stoße sie immer wieder von mir weg, weil ich immer wieder in diesen Zustand gerate, wo ich gar nichts mehr fühle. In diesem Zustand habe ich nicht mal mehr Lust auf Sex. Ich fühle mich tot und leer."

Tja, dieser Satz könnte von meinem Freund stammen, der auch unter Depressionen leidet, allerdings nicht in Behandlung ist. Seit wann genau hast Du diese Gefühle und wann hast Du Dich zu einer Therapie entschlossen?

wär schön, von Dir zu hören

beste Grüße, und alles Gute!

Smilla
yes
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von yes »

Lieber Markus,
...ich hoffe, dieser Beitrag kommt noch bei dir an, obwohl die Diskussion über Liebe und Depression ja bereits etwas zurück liegt. Aber es ist im Moment mein Thema und ich bin seit einem halben Jahr mit einem depressiven Mann zusammen. Wie hast Du das mit deiner Freundin hinbekommen (und ich habe Dich so verstanden, daß ihr immer noch zusammen seid?) Wie genau hast Du für Deine Partnerin während der Depression empfunden? Warst Du froh, daß sie da war oder war es eher belastend? und kannst Du sagen, wodurch dann irgendwann Deine Lust wiedergekommen ist? Als Du die Medikamente abgesetzt hast? oder aus heiterem Himmel? Sorry, wenn sich meine Frage dämlich anhört.

würde mich über Antwort sehr freuen.

beste Grüße

Smilla
Karoshi
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von Karoshi »

Hallo Smilla,
ja die Beiträge kommen noch bei mir an und ich finde es auch toll, daß sich auch jetzt noch etwas auf den Beitrag tut

Deine Frage ist garnicht leicht zu beantworten, da ich auch viel von damals garnicht mehr in meinem Kopf in Worte fassen kann, aber ich versuche es mal...
Also erstmal hast du Recht, ich bin mit meiner Freundin noch zusammen, was nicht minder dazu beigetragen hat ist natürlich daß wir eine gemeinsame Wohnung haben, die wir auch schon damals hatten, wir sind etwa 3 Monate nach dem kennenlernen zusammengezogen, was viele nicht verstanden haben uns aber eigentlich schnuppe war. Oft haben wir selbst angezweifelt, ob das das richtige war, aber im Endeffekt ist es doch eher positiv zu sehen. Darüber hinaus haben wir uns auch einen kleinen Chihuahua zugelegt und der bindet irgendwie auch aneinander, weil der so erzogen worden ist, daß eine Bindung an nur ein Herrchen nicht gegeben ist. Der hat mich auch schon oft hochgerissen
Nun die schwierigere Frage: wie und was habe ich in der Medikamenten-Haumichum-Zeit empfunden. Also ich habe eigentlich ziemlich wenig empfunden, ich war sozusagen gedämpft, von den Medikamenten uund meiner ganzen Lage. Mein Tag bestand irgendwie darin morgens spät aufzustehen, mich ins Wohnzimmer zu schleppen, ein paar nötige Worte über den Tag mit meiner Freundin zu wechseln, sie um mehrere Sachen zu bitten, weil ich ihr möglichst logisch klargemacht habe, warum ich etwas nicht schaffe, dann ab an den PC und dann wars irgendwann abends und ich bin ins bett gegangen. Nicht wirklich aufregend und von Beziehungsleben kaum eine Spur. Dazu kam natürlich noch, daß sie mehr wollte und ich es ihr nicht geben konnte, weil meine Medikamente alle Lust im kein erstickt haben. Wir haben lediglich viel darüber geredet, und ich habe ihr viel erklärt, alles in allem ist aber oft ein heftiger Streit vom Zaun losgebrochen, weil ich auch einfach zu sensibel war in der Zeit und nichts schlucken konnte. Die Belastung war unheimlich groß, auch für Sie. Aber sie liebt mich eben, und dafür habe ich mich dann später mehr als einmal bedankt. Wir haben eigentlich fast nichts mehr zusammen gemacht in der Zeit, ausser wir saßen beiden am PC und haben gespielt. Sex war nicht und rausgehen konnte ich damals auch nicht, weil meine Ägnste dermaßen überhand nahmen, daß ich es nicht schaffte.
Ich finde es auch heute teilweise noch belastend, wenn sie da ist. Das darf man jetzt aber nicht falsch verstehen. Wenn man in tiefen Depressionen steckt, grübelt man sich tief in sich hinein. Es ist für den Aussenstehenden nicht nachvollziehbar, um was es da geht. Man selbst kann es vielleicht nicht in Worte fassen, weil man beim grübeln nicht auf einen grünen Zweig kommt. Ich habe das immer noch, und ich verzweifle dann, wenn ich über einem Problem grübele und auf keine Lösung komme. Das macht mich wahnsinnig und mir gehts dann schlecht. Bei fast allen depressiven, die ich kenne kommt sofort das absolut Schlimmste dazu, Das "schlechte Gewissen" !
ich grübele, ergo ziehe ich mich zurück, ergo tue ich ja nichts produktives - Fazit: schlechtes Gewissen, der Umwelt, dem Partner und sich selbst gegenüber. und das ist wirklich das schlimmste. Ich habe ab und an dann meine Freundin angesprochen, und sie sagte ich müsse keine schlechtes Gewissen haben, wenn ich mich wieder mal in Bett packe und die Rollos runtermache, aber das kann mir jemand sagen, ändern tut sich dieses geisselnde Gefühl wenig. Dementsprechend ist es mittlerweile auch ganz schön, wenn sie mal nicht da ist, denn dann habe ich mein Tun oder besser "Nichttun" nur vor mir selbst zu verantworten. Nur deshalb ist es manchmal belastend wenn sie da ist, und damals gings mir halt anders und noch schlechter, und somit hatte ich das Bedürfnis allein zu sein noch öfter. Die Frage die sich dabei stellt ist natürlich: War da noch Liebe?
Das ist wirklich schwer zu beantworten, weil ich nur das wirklich sagen kann, was ich für mich klar habe. unnd damals hatte ich wenig Klarheit in mir. Ich weiß nur, daß als es besser wurde, ich froh war, daß ich die Beziehung hatte und die Liebe uund die Gefühle dazu, die lange gedämpft oder weg waren, kamen wieder. Also folgere ich, daß unter meiner Depression noch alles da war, nur keinen Weg nach aussen fand.
Meine Lust ist eigentlich erst nach der Medikamentenumstellung wiedergekommen. Ich habe es irgendwann nicht mehr ausgehalten, meine Freundin immer abweisen zu müssen, weil ich gemerkt habe, wie sie sich immer mehr von mir distanziert. und das hat sie ja auch....hmmmm... ich glaube ein halbes bis 3/4 Jahr durchgemacht. ich bin dann zum Arzt und habe ihm das Dilemma erzählt. Leider war ich auf die starke Medikation angewiesen, es schien ziemlich aussichtslos. Ich habe mich dann in so eine Art "Versuchskaninchen" verwandelt und 3 neue Medikamente ausprobiert, wovon jedes erstmal 2 Wochen brauchte bis es anschlägt. Das war wirklich hart, aber ich wollte meine Freundin nicht verlieren, weil sie mir halt gab (soviel wieder zu dem Thema, da musste ja was sein an Gefühlen). Und ich hatte wenn ich ehrlich bin auch fürchterliche Angst, allein zu sein, dann könnte ich mir gleich die Kugel geben. Man ist leider doch etwas abhängig, aber eben nicht nach Schema F. Nach etlichen Nebenwirkungen habe ich mich dann erstmal auf eine neues Medikament eingeschossen. ich war einen Deut stabiler und meine Libido kam relativ schnell zurück. Was dann passierte weiss ich ehrlich gesagt nicht mehr so genau.
Ich weiss nur daß ich dann angefangen habe nach einem Therapeuten zu suchen, weil ich das Gefühl hatte, nach der Medikamentenumstellung müsste ich mal nochwas neues versuchen und irgendwie habe ichs probiert. warum weiss man meist nichtmehr, aber ich habe dann auch ein halbes Jahr nach einem Therapeuten suchen müssen, ständig Wartelisten, es war ernüchternd.
Je nachdem wie schwerwiegend und woher die Depression bei deinem Freund kommt, musst du wohl damit leben, daß das Leben schwieriger werden wird, aber Menschen die sowas durchmachen halte ich für "bessere Menschen", weil sie ihre oberflächlichkeit ablegen und stärkere Bindunngen aufbauen können als andere.
Ich hoffe es klappt bei euch und ihr solltet euch nicht verunsichern lassen, wenn mal so richtig die Fetzen fliegen, das ist kein Grund für eine Trennung.
Ich hoffe ich konnte dir helfen (puuuh, Dauertipperalarm

Gruß, Markus
yes
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von yes »

Lieber Markus,

ich danke Dir so sehr für Deine mail. Es ist für mich eine solche Bereicherung, die Krankheit besser zu "sehen", damit meine ich: Das, was Du beschreibst über die Situation Deines Leidens, das fällt meinem Freund einfach schwer, wahrscheinlich würde es Ihm wiederum leichter fallen, DEINER Freundin zu erklären, was in ihm vorgeht. (Ich weiß es nicht...)
Es ändert natürlich nichts an der Tatsache, daß es schwer ist, mit Aussagen wie: "Ich weiß halt nicht, ob ich dich will" umzugehen. Der Schritt zu differenzieren zwischen "die böse Krankheit ist Schuld" und "womöglich wäre er mit einer anderen Frau glücklicher" das muß ich erst lernen. Ich fange gerade erst an, mich mit der Krankheit zu beschäftigen und muß ein wenig aufpassen, denn gestern war ich vermutlich 8 Stunden im Internet. Aber im Moment hilft es mir unheimlich. Letztendlich ändert sich nichts an meinem Gefühl für meinen Freund- im Gegenteil. Im Moment lerne ich auch sehr viel über mich selbst. An seine eigenen Grenzen zu stoßen als "Angehörige" das kann in guten Momenten auch eine enorme Bereicherung sein. Ich mußte mich von dem Gedanken verabschieden "den Mann mit den breiten Schultern zum Anlehen gefunden zu haben", denn das ist er nicht. Was ich aber gefunden habe ist ein Mann, der einzigartig, sensibel und liebevoll ist. Das ist er, auch wenn er selber es nicht so erlebt oder "den Konventionen entsprechend" äußern kann. Er überrascht mich und er bereichert mein Leben durch sein "anders sein". Ich werde enorm herausgefordert: denn ich werde auf meine Verantwortlichkeit für mich selbst gestoßen. Und ich habe insgeheim immer den Traum vom "WIR" als Einheit geträumt, vom "aufgehen und verschmelzen" in der Beziehung. Wenn Du verstehst, was ich meine. Ich habe keine Ahnung, wohin mich diese Liebe trägt, aber ich weiß, daß mein Kapitel zu lernen ist: Angst zu überwinden: Angst vorm Scheitern der Beziehung, Angst vor dem Versagen. Wenn ich es schaffe, diese Angst wirklich abzulegen, dann kann ich vielleicht meine eigene Stärke besser entfalten. Und ich weiß, das ist das einzige, was einen weiter bringt.

Ach ja, ich habe noch eine Frage: mein Freund hat auf meine Äußerung: er sollte vielleicht jemanden aufsuchen, der ihm helfen kann (das war im Januar) ziemlich gereizt reagiert. Er habe keinen Bock auf Therapie und keine Zeit, Thearpie habe er schon hinter sich (hat er glaube ich Mitte der 90er über ca. 3 Jahre gemacht, nach einem Unfall). Ich trau mich da jetzt auch gar nicht weiter nachzubohren. Hab im Moment eh das Gefühl, ihn unter Druck gesetzt zu haben, denn am Sonntag hab ich das mit dem Sex noch mal angesprochen- was wieder Tränen bei ihm ausgelöst hat...Ich bin so verunsichert, weil ich mir einfach manchmal Luft verschaffen muß, was meine eigenen Bedürfnisse betrifft und dann schäme ich mich wieder, daß ich ihn unter Druck gesetzt habe. Einerseits glaube ich immer an die Wichtigkeit von wohl dosierten Gesprächen, denn man kann nicht immer so tun als habe man keine eigenen Bedürfnisse mehr. Andererseits habe ich dann immer Angst: die Gespräche führen dazu, daß er an uns zweifelt, weil er denkt, er kann mich nicht glücklich machen und fühlt sich schuldig.

Ich würde mich freuen, von Dir zu hören.
Grüß bitte Deine Freundin ganz herzlich von mir und Ich wünsche euch viel Kraft und Liebe.

beste Grüße,

Smilla
Michi61
Beiträge: 63
Registriert: 7. Nov 2003, 09:39

Re: Liebe und Depression

Beitrag von Michi61 »

Hallo Kool,
ich kenne dass was du gerade durchlebst.
Mir geht es auch so.
Hab nen Freund,und hab so gar kein Bock auf Sex.Aber eines wollte ich Dir sagen,nehme auch Remergil bin jetzt von 45mg auf 30mg runter.Und dass hat mir mein Psychiater gesagt,ist eine von vielen Nebenwirkungen dass man kein Bock auf Sex hat.
Auch,dass du oft die Lust verspürst allein zu sein,finde ich normal(hast ja auch Depressionen)
Ich finde du solltest deine Freundin sagen,dass die Nebenwirkungen eintreten,damit Sie sich nicht vor den Kopf gestossen fühlt.
Ich habe es auch ganz ehrlich meinem Freund gesagt,der kann jedoch nun gar nicht mehr damit umgehen.Hat keine Geduld mehr.
Aber ich habe soviele Jahre unter meinen Depris gelitten,dass ich eine Trennung in Kauf nehme.
Nun geht es mir besser von den Depris,und ich will nicht mehr wie früher vor mich hinwegitieren.
Auch dass du oft gar kein Gefühl mir hast,ist eine Nebenwirkung von Remergil.
Nehme dass Zeug nun schon seit Juli letzen Jahres.
Sicherlich geht es mir von den Depris besser,aber halt die Nebenwirkungen schlagen voll bei mir zu.
Dazu kommt noch die enorme Gewichtszunahme.
Trotzdem ich HIV bin,habe ich fast 15 Kilo zugenommen,aber ist mir egal.
Spreche einfach mit deiner Freundin,und ich denke,Sie wird Dich verstehen,zeige Ihr alle Möglichkeiten von Nebenwirkungen auf!
Dann wird Sie dich verstehen.
Ich habs versucht bei meinem Freund,aber alles vergebens!
Ein grosser Fehler habe ich gemacht,habe meinem Freund nichts von meiner HIV Infektion erzählt.
Hatte Angst Ihn zu verlieren,habe schon viel im Leben verloren.
Irgendwie ist mir seit 2 Wochen unsere Beziehung einfach "Wurscht"
Er macht sein Ding ich meins,und wir Reden kaum noch miteinander,und so vergeht ein Tag nach dem anderen.
Nun war ich so glücklich,und denke halt dass ich Ihn nicht mehr liebe.Was heisst denken,ich merks ganz einfach.
Wünsche Dir auf jedenfall viel Glück,und sei Mutig und viel Kraft.
Michel
Karoshi
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Re: Liebe und Depression

Beitrag von Karoshi »

Hallo smilla,
freut mich,daß dir meine Erfahrungen etwas geholfen haben. Zu deiner Frage kann ich mal ein wenig ausholen:
Daß dein Freund so gereizt reagiert, wenn du ihn auf eine Therapie ansprichst, ist denke ich normal. So ähnlich erging es mir auch, allerdings ist es einfach ein Problem bei Depressiven Menschen, daß sie sich, wenn nichts mehr klappt, verraten und verkauft und absolut hilflos fühlen. Ich habe ja auch ewig gebraucht, bis ich wirklich eine Therapie angefangen habe. Und als dann einen Tag nach meiner Entlassung, nach der ich eigentlich recht gefestigt war, meine Oma gestorben ist, habe ich noch 2 Monate gpowert und dann ist mir mal aufgegangen, daß ich eigentlich mit meinen Problemen und meiner Trauer von der fachseite her wieder allein gelassen wurde. Anstatt das mich jemand an die Hand nimmt und mir sagt, ich könne Übergangsweise aufgefangen werden (Tagesklinik?) passierte nichts. Wenn einem innerlich sowas aufgeht und belastet, wird man den Tharpien, Ärzten und sonstigen Fachkräften gegenüber verbittert. Mich hat es jetzt erst wieder ein Stückchen hochgezogen , als ich von heute auf morgen einen Therapeuten gefunden habe, und nicht wieder 6 Monate über Wartelisten warten musste. Der Schritt eine Therapie wieder zu beginnen hängt sowohl von der eigenen Überzeugung, aber auch von der Unterstützung durch das nahe Umfeld ab. Ich denke nicht, daß du ihn unter Druck setzt, wenn du ihm eine Threapie nahe legst, aber vielleicht kannst du ja alles mit ihm zusammen besorgen.
Meine Bezugsperson hat mir mal gesagt, es ginge mir nur noch nicht schlecht genug, um in eine Klinik zu gehen. Und so ganz Unrecht hatte sie nicht. Man muss wirklich ziemlich am Ende sein, um einen wichtigen Schritt zu machen, denn einfacher ist es natürlich, sich lieber ins Bett zu legen, die Jalousien runter zu machen und zu verkümmern.
Reden wirkt wunder. Biete ihm an, er soll zu dem Zeitpunkt am Tag zu dir kommen, wenn er sich fit genug fühlt zu reden und zu planen.
Dadurch gibst du ihm etwas Freiraum.
Oder legt definitiv fest, wann und an welchem Tag ihr immer Gespräche führt. Feste Kompromisse entlasten unterschwellig das eh schon fiese Grübeln von depressiven Menschen.
Ein bisschen Druck kann auf jeden Fall nicht schaden, denn sonst macht sich dein Freund langsam aber sicher kaputt. Biete ihm nur immer deine Hilfe an, wenn du es mit dir vereinbaren kannst. Zum Thema Sex müsstest du leider erstmal zurückstellen, denn das kommt höchstwahrscheinlich alles wieder, es braucht nur Zeit. Auf jeden Fall ist meiner Meinung nach professionelle Hilfe auf eurem Weg unerläasslich.
PS: Wenn es deinem Freund schwer fällt zu reden, dann habe ich einen Vorschlag, der vielleicht albern klingt, aber sehr gut hilft: Biete deinem Freund an, 2 Schilder zu erstellen, die er z.B. an die Zimmertür hängen kann oder dir irgendwo hinlegen kann, wenn er es nicht schafft, zu reden. Auf diesen Schildern steht "Ich brauche Ruhe" und "Ich brauche Hilfe".
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