Zeitgefühl

Monchen12345
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Zeitgefühl

Beitrag von Monchen12345 »

Hallo zusammen,

Wie sieht es denn bei Euch mit dem Zeitgefühl aus?

Als ich heute das Datum notiert habe, hab ich mich ein bisschen erschrocken, dass schon der 15. ist. Klar weiß ich gestern war der 14. aber so gefühlt lebe ich da in meiner eigenen Welt mit anderer Zeitrechnung.
Wochentage muss ich manchmal echt überlegen. Und so insgesamt hab ich den Eindruck, draußen läuft alles in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit weiter und ich bin in einem Slow-Motion-Parallel-Kosmos.
Also so gefühlt ist es für mich eher so 5. bis 7. März.

Bin neugierig auf Eure Antworten.
DieNeue
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Re: Zeitgefühl

Beitrag von DieNeue »

Hallo Monchen,
Monchen12345 hat geschrieben:Und so insgesamt hab ich den Eindruck, draußen läuft alles in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit weiter und ich bin in einem Slow-Motion-Parallel-Kosmos.
So komme ich mir auch vor. Mein Leben läuft viel, viel langsamer ab als das anderer. Andere schaffen in der gleichen Zeit mehr, weil sie mehr Kraft haben, erleben mehr, weil sie alles schneller verarbeiten können (müssen).

Die Wochentage weiß ich im Normalfall schon (stehen ja außen auf meiner Pillendose drauf ;) ), aber die Zeit vergeht wie im Flug, nur der Tag manchmal nicht. Ich fand es erschreckend, wie schnell das letzte Jahr vorbei war. Es ist ständig irgendein anderer Scheiß passiert, ich bin irgendwie gar nicht wirklich zur Ruhe gekommen.

Bin mal gespannt, wie es bei den Anderen ist.

Liebe Grüße,
DieNeue
Morgensee
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Re: Zeitgefühl

Beitrag von Morgensee »

Hallo!

Ich habe heute auch schon mal gesagt, "ich hab ja Zeit" im Sinne von: "Ich nehme mir Zeit". Das fühlt sich gut an, Zeit zum Leben.

Die Situation war folgende: Ich war im Supermarkt einkaufen. Hatte mir ein Nachrichten-Journal genommen und hatte mich, während ich darin herumblätterte, hingesetzt. Da kam ein Mann und sprach mich auf den Titel der Titelstory an und erzählte, was er damit verbindet (so was ist mir noch nie passiert). Erst wollte ich automatisch - so wie früher - das Gespräch abblocken oder weggehen, aber dann dachte ich: Okay, hör Dir doch mal an, war er zu sagen hat. Du hast doch Zeit. - Es wurde ein angeregtes Gespräch (nicht sehr lang) und er brachte mich sogar zum Lachen und ich dachte nachher: Siehste, diesen Kontakt, der ein angenehmes Gefühl hinterlassen hat, hättest Du sonst verpasst.

Wünsche Euch ein möglichst gutes Wochenende!
Morgensee
Löwengazelle
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Re: Zeitgefühl

Beitrag von Löwengazelle »

Hallo Monchen,

als ich in der Klinik war, hatte ich auch das Gefühl, die Zeit sei stehen geblieben und alle und alles andere hätten in einem anderen Tempo weitergemacht.

Mittlerweile gehe ich wieder ein Jahr arbeiten und jetzt sehne ich mich nach einer langsameren Zeit. Ich versuche jetzt ganz bewusst, meine Zeit wieder anzuhalten, um mal durchzuatmen und ruhiger zu werden. Am Wochenende läuft meine Zeit viel langsamer und ich genieße es.

Vielleicht kann ich es auch gut annehmen, weil in der Woche mein Leben zwar noch deutlich langsamer als vor der Erkrankung und dennoch vergleichbar schnell mit dem Leben der anderen abläuft.

Liebe Grüße und schönes Wochenende,
Petra
Aurelia Belinda
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Re: Zeitgefühl

Beitrag von Aurelia Belinda »

Hallo ihr,

Sehr gutes Thema.
Bei mir fast eins zu eins wie oben bei ( Die Neue ) beschrieben.

Ich hole mal etwas aus. Die Zeit ist mir schon immer ein Dorn im Auge. Seit ich denken kann. Ich war oft im Leben noch bei alten Geschichten, Gedanken während die anderen schon bei der nächsten Planung waren. Das hat auch im beruflichen, und in der Freizeit Folgen gehabt. Ich wurde belächelt. Habe mich in Zweifel gebadet warum ich nicht so schnell sein kann....diese Gedanken haben zu immer mehr Druck geführt.

Der natürlich einmal von Außen bestimmt wird. Du musst ja eine gewisse Anforderung und Geschwindigkeit beim Job erfüllen. Immer wieder gescheitert.

Hatte da noch keine Lust mich meinem eigenen TEMPO anzupassen. Man will mithalten, fällt immer wieder auf die Schnauze weil unmöglich.

Lange nicht akzeptiert bis zu einem Zusammenbruch. Dann mit Thema Zeit auseinandergesetzt. Gar nicht einfach. Bücher über Depression war hilfreich. Dort ist beschrieben, dass unser eins praktisch ein anderes Raum u. Zeit Fenster hat. War logisch erklärt.

Aber wie damit umgehen? Viele von uns haben mehr Zeit weil man krank geschrieben ist, oder in Rente.
Diese Zeit hilft uns aber nicht mehr zu schaffen. Weil unsere Konzentration gestört ist.

Aber erkläre das mal einem Gesunden.
Ich musste mir oft anhören, was tust du den ganzen Tag, wenn ich wieder mal wenig geschafft habe.
Die private Seite. Im beruflichen denke ich kann man NUR mithalten wenn es Anpassung gibt. Weniger Stunden, oder bei mir dann Schichtarbeit. Hat am Ende aber nicht funktioniert. Weil die Arbeitgeber keine Lust hatten.
Obwohl sie sogar gesetzlich dazu verpflichtet sind beim Grad der Behinderung. Da haben wir bei meinem Mann unser blaues Wunder erlebt wie unmenschlich da Arbeitgeber sind.

Bei mir war es so dass ich bei der Reha registriert habe ( keine psychische ) dass bei mir ein anderes Zeitgefühl vorliegt. Brauchte viel mehr Pausen als Mitmenschen für alles.

Das ist erstmal beunruhigend.
Konnte mich schlecht damit anfreunden.
Also weiter mit dem Phänomen Zeit beschäftigt.

Heute bin ich mir ganz bewusst, dass bei unserem Empfinden der Zeit die Erde still stehen muss. Um Gedanken zu sortieren. Alles dreht sich rasend schnell um uns. Wir können aber nicht Folgen.
Sind zu langsam.

Gesunden muss man das so erklären, es ist wie ganz schnell Achterbahn oder Karrusell fahren. Du willst an einem bestimmten Punkt unbedingt aussteigen. Geht nicht. Fährt ja immer weiter.

Das Konzentrieren auf einen einzigen Punkt ( bei gleichbleibender Geschwindigkeit ) ist unmöglich.

Hängt also alles mit unserem Gehirn zusammen. Gestörtes Verarbeitungszentrum.

Ursachen gibt's viele. Gehirn Stoffwechsel Prozess gestört durch Krankheit. Jahrelange Überforderung ohne etwas richtig verarbeitet zu haben.

Heute ist es so. Mit meinem Reduzierten TEMPO komme ich mal gut, mal weniger zurecht. In Zeiten wo viel Belastung immer neu dazu kommt, schlecht. Weil ich dann fast nichts geregelt kriege. Haushalt. Einkauf. Termine.
Zeit zu haben, nicht nutzen können weil man ausgebremst wird, zieht Frust nach sich. Ist wohl normal.

Wiederum ist neu gewonnene Zeit damals, als das berufliche weg gefallen ist, Befreiung gewesen. Der Druck war weh.

Jetzt hat man NUR noch den eigenen Zeitdruck. Den man sich selber macht.
Da muss ich aufpassen. Das reduzierte Leben hat viele Nachteile.....

Bei anderen gilt man als faul weil man in selber Zeit nichts schafft. Oder ganz wenig. Da hadert man etwas. Faul ist denke ich was anderes.

Manchmal denke ich die Zeit ist so kostbar. Warum liegst du dann nur hier, kannst es nicht nutzen.

Fakt ist aber. Ich nutze sie. Nur anders. Mental.nicht körperliche Leistung.

Klar ist es doof weil vieles liegen bleibt. Sucht man sich aber nicht aus.
Für mich Stelle ich fest. Jeder der arbeitet wie ein Tier, ständig was erlebt, unternimmmt, kann nie die Welt mit meinen Augen sehen.

Sich mit Kleinigkeiten zufrieden geben.
Inne halten. Zeit für das Wesentliche haben. Den Ursprung. Wer sind wir. Was wollen wir. Was ist uns wichtig.
Ist es wirklich ein guter Job, oder vielleicht doch nette Menschen um sich.
Ist es das gute Geld....

Oder ist es Dur Erkenntnis dass wir nicht geboren werden um zu ackern. Es geht immer um andere Dinge. Früher gab es ja nicht mal Lohn. Da gab es Tausch Handel.

Der größte Teil glaubt wir sind hier um zu arbeiten. Den ist nicht so.

Wir sind hier um unsere Zeit für Dinge zu nutzen die in unserem inneren wichtig sind.

Manchmal gehe ich ganz lässig mit Zeit um. Dadurch dass man eh nicht belastbar ist, auf vieles verzichten muss, beobachte ich in der Stadt öfter die gestressten Leute die vom Job zum Einkauf, dann zum Sport Rennen. Male mir aus wie lästig das ist. Freue mich Zeit für meine Gedanken zu haben.

Anderes Beispiel, Supermarkt. An der Kasse Schlange. Alles muss ja ratz, fatz gehen, komme oft kaum hinter her wie schnell die mit dem Scanner sind.
Löst Beklemmung aus. Muss Panik u. Druck vermeiden....gehe dann tief in mich. Verlangsame die Atmung u. Sage ich bin heute nicht so schnell....

Zuerst blicken alle mürrisch. Jeder hat es ja eilig. Kann ich aber nichts für.
Kassierer sagt dann plötzlich, nur mit der Ruhe....alle sind froh gestimmt.
Warum. Weil sich tief innen jeder nach weniger Tumult sehnt. Selbst der oder die an der Kasse ist froh mal ein paar Sekunden das TEMPO runter zu fahren.

Es grüßt euch,
Aurelia Belinda
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
DieNeue
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Re: Zeitgefühl

Beitrag von DieNeue »

Hallo ihr,

@ Aurelia Belinda: Du beschreibst genau das, was ich auch empfinde. Ich bin sehr froh und auch dankbar, dass ich in Rente bin. Ich könnte nicht mehr mithalten. Ich bin froh, dass der Druck von außen weg ist. Mir reicht schon der, den ich mir selbst mache und der, der durch die Krankheit entsteht.
Heute habe ich es endlich geschafft, mich zu duschen. So wie heute wollte ich echt nicht mehr aus dem Haus gehen. Selbst dieses eine Mal duschen beschäftigt mich schon seit Tagen. Ich denke immer wieder dran und versuche mich aufzuraffen. Klappt aber nicht. Immer und immer wieder. Aber das mit dem Duschen kann man ja echt fast niemandem erzählen...

Ich habe vor Kurzem im Internet gegoogelt, wie man es schafft Ordnung zu halten. Aufräumen kann ich gut, nur die Ordnung zu halten fällt mir extrem schwer.
Ich hab dann in einem Forum gelesen und da hieß es immer wieder "dann wische ich noch schnell über Waschbecken", "dann räume ich noch schnell die Spülmaschine aus", "dann stecke ich noch schnell die Wäsche in die Waschmaschine" usw. Irgendwann ist mir aufgefallen, dass immer alles "schnell" geht. Klar ist man dann auch schneller fertig und der Haushalt nicht so ein Problem, wenn einem alles so leicht von der Hand geht. Bei mir geht aber nix schnell! Wenn ich Stunden brauche für etwas, wofür andere ein paar Minuten brauchen, ist klar, dass mir mein Haushalt reicht. Ich bin ja die ganze Zeit beschäftigt. Zumindest im Kopf. Wenn andere duschen gehen wollen, dann denken sie vielleicht noch drüber nach, wann sie dafür Zeit haben oder ob sie Lust drauf haben. Aber wenn ich vorhabe zu duschen, dann überlege ich zwar auch wegen der Zeit und ob ich Lust habe. Aber noch dazu denke ich drei Tage vorher schon ständig über das duschen nach, ärgere mich, dass ich es nicht schaffe, verzweifle, weil ich einen Termin habe und so nicht weg kann, weil es schon seit Jahren ein Problem ist, weil es so unnormal ist usw. Und sitze dabei die ganze Zeit blockiert und wie festgeklebt auf meinem Sofa...

@ alle: Ich finde den Gedanken gut, dass man das schnelle Leben der anderen auch nicht unbedingt möchte. Ich denke, man will einfach gesund sein, Leichtigkeit und das sieht man eben bei den anderen.
Ich denke, manche beneiden mich schon um meine viele freie Zeit. Eine Freundin von mir hat kleine Kinder und als ich mal sagte, wann ich in der Früh aufstehe (war damals sehr spät), hat sie gemeint "Du hast ein Leben!" Ich hab ihr das aber nicht übel genommen, ich denke, sie würde einfach nur gerne mal wieder in Ruhe ausschlafen können, und das ist ihr rausgerutscht, aber sie weiß, was mein Preis dafür ist. Das ist halt ein Aspekt, den andere gerne hätten Ich beneide auch niemand, der sich die halbe Nacht um ein plärrendes Kleinkind kümmern muss oder Leute, die sehr früh aufstehen müssen, um auf die Arbeit zu gehen.
Ich bin sehr froh, dass ich schlafen kann, wann ich will und verstehe auch jeden, der nachts nicht schlafen kann.

So, ich hoffe, ich schaffe es heute noch ins Bett zu gehen...

Liebe Grüße,
DieNeue
Bittchen
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Re: Zeitgefühl

Beitrag von Bittchen »

Liebe DieNeue,liebe Mitleser ,liebe Monchen,

natürlich ist Duschen hin und wieder wichtig ,aber der Druck der heute ausgeübt wir, wegen der Körperhygiene ist total übertrieben und auch für die Haut ungesund.
Wenn die Haare nicht total verfettet sind und kein unangenehmer Geruch dich begleitet,reicht ganz normales Waschen und Zähne putzen auch.
Die Gefahr,dass man die Nacht zum Tag macht ist ja sehr groß,wenn du viel Zeit hast und uns das ständige Grübeln,nicht entscheiden können usw. lässt dich nicht zur Ruhe kommen.
Das ist ja der Teufelskreis,wenn früheres Aufstehen zu schwer fällt,weil zu wenig Schlaf in der Nacht war.
Das kenne ich auch von mir sehr gut.
Da wieder eine Struktur zu finden,habe ich lange geübt.
Mir hat da die letzte Reha geholfen,am Anfang habe ich gedacht ich sterbe ,wenn ich so frühe Anwendungen hatte,wie Schwimmen um sieben Uhr morgens.
Nach 2-3 Stunden unruhigen Schlaf der Horror,aber mir ging es da nicht alleine so.
Es wurde mit den Wochen immer leichter und ich habe diese Zeiten auch Zuhause beibehalten,mit einigen Abstrichen.
Vielleicht wäre für dich auch eine Reha zumindest ein Anfang, in einen geregelten Tagesablauf zu finden.
Meiner Tochter ging es genauso,nachdem sie nach sehr langem Klinikaufenthalt zurück kam, hatte sie Angst davor ,wenn sie keine Aufgabe hat,versumpft sie wieder.
Bei allein stehenden Betroffenen eine noch größere Gefahr,wie bei Betroffenen, die in einer Partnerschaft leben.
Die ersten Monate lebte sie bei uns und wir haben immer Mal was mit ihr unternommen.
Auch nicht so toll mit den Eltern mit fast 30 Jahren immer zusammen zu sein.
Da gab es auch Konflikte,aber die Vorteile haben für eine begrenzte Zeit überwogen.
Dann ist sie Schritt für Schritt in ihre Wohnung zurück gezogen.
Hat ihre Katze wieder zu sich geholt,da war es leichter alleine zu wohnen.
Sie selbst hat dann für ein paar Stunden in der Woche um eine Arbeit gebeten beim Arbeitsamt.
Das war für diese Behörde eher ungewöhnlich.
Sie hatte vorher durch die Depression alles Amtliche schleifen lassen.
Durch die neue Tätigkeit als 1 Euro Jobberin hat sie fast nichts dazu verdient.
Aber es hat ihrem Selbstbewußtsein sehr gut getan,sie war auch wieder unter Menschen.
Das war auf ein Jahr begrenzt,ein sogenannter 1 Euro Job.
Nach dem Jahr hat sie eine 20 Stunden Stelle antreten können,ihr Arbeitgeber wünschte dass sie blieb.
Das haben wir richtig gefeiert.
Ab 1.Mai,jetzt nach 3 Jahren,hofft sie auf einen Festvertrag über Vollzeit.
Sie kann nicht mehr in ihrem Beruf als MFA arbeiten,viel zu stressig.
Im Pflegeheim ,als Alltagsbegleitung für die Bewohner,nicht als Pflegekraft,da ist sie gerne und wohl auch beliebt.
Sie kann da auch etwas langsamer sein,denn da ist vor allen Dingen Empathie gefragt.
Keiner weiß da ,auch ihr Chef nicht,warum sie bei ihrer Ausbildung unter ihrer Qualifikation arbeitet.
Klar dass spekuliert wird,bei den langen Lücken im Lebenslauf.
Obwohl sie als Arzthelferin immer wieder gefragt wird ,ob sie nicht in die Pflege wechseln will,da wird ja händeringend Personal gesucht, hat sie immer abgelehnt.
Sie kann aber durch ihre Fachkenntnisse medizinisch,(Wundverbände und usw. )immer Mal in der Pflege behilflich sein,aber nur wenn sie will und kann.
Das ist der kleine aber wichtige Unterschied.
Sie hätte zwar doppeltes Gehalt,aber sie weiß ,es würde sie überfordern.
Täglich diesem Druck ausgesetzt zu sein,da machen auch psychisch gesunde Menschen oft schlapp.
Sie macht jetzt ihren Führerschein und will bald fertig sein,obwohl sie auch dabei länger braucht.
Aber mit einem Vollzeitjob könnte sie sich nicht auch noch darauf konzentrieren.
Das sie nicht so belastbar ist,hat sie schweren Herzen akzeptiert.
Es geht nur mit ganz kleinen Schritten da raus zu kommen und meine Tochter hatte das Glück. Sie ist sehr lange in einer Klinik gewesen(6 Monate) ,die versucht,wenn es zu verantworten ist,ohne Medikamente zu behandeln.
Sie lebt jetzt schon lange ohne Psychopharmaka,auch da hatte sie hinreichend Erfahrung.
Zeit ist einer der wichtigsten Faktoren bei der Genesung von einer depressiven Störung!!!

Liebe Grüße
Bittchen
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
Aurelia Belinda
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Re: Zeitgefühl

Beitrag von Aurelia Belinda »

Hallo an alle,

Bin auch froh wie Coeko, es hier zu lesen. Beruhigt etwas dass es anderen auch so geht.

@ Bittchen, bist du auch selbst betroffen und Angehörige.? Hab das mit deiner Tochter gelesen. Sie scheint auf einem guten Weg zu sein mit ihren Fähigkeiten und ihrem angepassten Tempo wieder Fuss zu fassen.

Man erkennt dass die Zeit, Geschwindigkeit der Gesellschaft, und vor allem das Arbeitsleben nicht zu unserer Krankheit passt.

Habe da auch die bittere Erfahrung gemacht. Wollen wir mithalten, geht der Schuss nach hinten los. Bleibt am Ende nur sich mit der Krankheit zu arrangieren, seinen eigenen Rythmus finden und Leben.

Ich denke Nachteile hat man genügend dadurch. Man ist gesellschaftlich gesehen “ wenig wert “ auch wenn man versucht stundenweise zu arbeiten.

Selbstzweifel sind immer wieder mal an der Tagesordnung. Ist normal.

@ DieNeue, ja es deckt sich vieles wenn ich dich mit mir vergleiche. Und auch ich bin absolut froh nicht mehr dem Druck der Arbeitswelt hinter Rennen zu müssen. Ginge gar nicht mehr. Habe erst Samstag wieder Post gekriegt dass die Rente für weitere 3 Jahre bezahlt wird.

Die haben aber auch die psychosomatische Reha abgelehnt u. Sind ja der Meinung bei mir wird sich nichts durch Reha verbessern.....richtig. nicht für ein Arbeitsleben. Notwendig wäre die Reha trotzdem. Komme im Haushalt nicht mehr klar und die Belastung mit meinem Mann der ständig meine Hilfe braucht ist auch nicht ohne.

Schaffe kaum noch mal einzukaufen. Wenn dann hinterher so kaputt wie bei einem Marathon. Außenstehende glauben weil wir Rentner Zeit haben sollten wir alles spielend im Handumdrehen schaffen. Von wegen. Wir sind ja nicht umsonst ( in jungen Jahren oft ) aus der Arbeitswelt gefallen.

Habe auch das Problem, immer soll alles “ schnell “ und “ noch schneller “ gehen. Anstrengend. Erzeugt Druck. Den hab ich schon genug durch die Folgen der Krankheiten Mannes, und meinen eigenen.

Irgendwer hat hier geschrieben mit der Körper Hygiene wird es auch übertrieben....ja stimmt schon. Früher gab es auch nur eine Badewanne da hat die Familie am WE dann gebadet. Heute erwartet man tägliches duschen.

Aber wenn selbst einmal die Woche es nicht möglich ist sich darum zu kümmern gilt man als faul. Dabei leidet man selber drunter. Oft ist allein der Gedanke daran mit Ängsten verbunden. Weil man viel denken muss was nicht immer geht. Man überlegt was ziehe ich an, was brauche ich, Handtuch, schaffe ich es von der Energie her, von der Bewegung her....phuuu.

Die Neue, ich habe mir gestern ein Beispiel an dir genommen und abends endlich geduscht. Danke. War immer wieder verschoben.

Glückwunsch dass auch du es geschafft hast. Und mir das Gefühl gegeben hast es endlich auch anzugehen.

Allgemein war gestern nämlich ein schwieriger Tag. Nichts gemacht. Viel nachgedacht. Nervös. Kaputt. Duschen und hier lesen war alles u. Mein Highlight.
Schlafe z. Zeit mies u. Meine ständig DIE ZEIT rennt, ich komme nicht hinterher.

Es grüßt euch,
Aurelia Belinda
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Gertrud Star
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Re: Zeitgefühl

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Aurilia Belinda,

wer sollte denn für die Reha der Kostnträger sein, sprich bei welchem wurde beantragt?
Im ersten Anlauf wird oft abgelehnt, auch bei Arbeitenden (wenn auch nicht so oft).

Mit dem Duschen, da übertreibe ich auch nicht. Im Hochsommer bei Hitzeperioden ist es etwas anderes. So wie du es mit dem Baden am WE kennst, kenne ich das auch noch. Einmal in der Woche Badeofen oder Waschkessel anheizen und alle da nacheinander hinein, und bei dieser Gelgenheit auch Wäschewechsel. Heute wird etwas überzogen. Außerdem muss ständig etwas am Körper gemacht werden, als wäre er ein Werkstück oder Kunstwerk. Hier duschen, da epilieren, dort cremen, da verschönern - und das als Pflichtprogramm. Bei manchen könnte man schon vermuten, die würden die Kunstnägel als Pflege betrachten. Ich nicht, wobei meine auch schon wieder eine Woche lang fällig wären....
Auch die Sortkleidung muss stylisch sein... Watn Zeugs! Praktisch und etwas schick reicht doch, zur Not auch nur praktisch.
Nochmal zum Duschen: Seit ich so etwa einmal in der Woche im Hallenbad bin, dusche ich daheim kaum noch. Zwischendurch waschen reicht mir da aus.

Das mit dem verlieren von Zeitgefühl kenn ich auch. Ich schüttele nur noch den Kopf, welchen Zeitaufwand ich da so zum Studieren und Arbeiten aufgebracht habe. Also viel Arbeitszeit und immer nebenbei sehr viel Fahrtaufwand.
Momenteweise kann ich sehr schnell, aber meist nicht. Brauche viel zuviel Zeit für alles.
Überall Abstriche zu machen, das ist sehr gewöhnungsbedürftig.
Aber es muss ja.... Leider.... Obwohl es irgendwie auch gegen meine Natur geht.

LG Gertrud
Aurelia Belinda
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Re: Zeitgefühl

Beitrag von Aurelia Belinda »

Hallo Gertrud,

Der Kostenträger sollte die DRV sein.
Weil die Krankenkasse gesagt hat sie sind nicht zuständig weil Rente auf Zeit vorliegt. Die DRV sagt der Zustand wird durch Reha nicht verbessert. Ablehnungsgrund!!! Also war niemand zuständig. Die haben sich beide einfach enthalten. Bei der DRV noch verständlich weil ich nicht mehr arbeitsfähig werde durch Reha.....bei der Kasse wohl mehr eine Ausrede um nicht zahlen zu müssen.
Die Reha hat der Neurologe befürwortet.

Zur Teilhabe am Leben.
Also wäre die KK zuständig.

VdK sagt meine Rente müsste längst auf Dauer bewilligt werden, dann wäre automatisch die KK Kostenträger.
Problem ist also ( Rente auf Zeit ).
Die wir aber seit Ewigkeiten immer nur für 3 J. Befristet genehmigt.

Zur Körperpflege, sehe ich auch so.
Wird übertrieben, auch dieses Schicki Micki gehabe bei Frauen. Sogar Männern.
Bei machen meint man die haben in Parfüm gebadet, grins....
Und die Kosmetik Industrie freut sich.
Alle wollen schön, perfekt sein.

Ich nicht. Jage keinem Wahn hinter her.
Auch keiner ständig wechselnder Mode. Markenware, nein danke!

Na ja. Täglich duschen. Immer perfekt gestylt, ist für mich nicht authentisch.
Sondern verschreckt mich.
Der Mensch darf ruhig mal auch zerzauste Haare haben und zerrissene Jeans sind ja wieder “ in “. Alles übertrieben.

In der Tat würde ich sagen einmal Baden pro Woche reicht wie früher. Waschen täglich. Aber du hast die sehr heißen Sommertage angesprochen, da ist es mal öfter nötig.

Aber für mich nicht mehr möglich. Nicht zu schaffen. Manchmal nicht mal 1 mal pro Woche. Schlimm. Aber wahr.

Die Energie dazu reicht nicht aus.

Mein Mann war vor zwei Jahren in der Psychiatrie. Da waren sehr viel gemischte Diagnosen. Da wurde ein jüngerer Kerl zwangseingeliefert weil er sich 4 Wochen nicht geduscht hat. Betreuer haben dann Alarm geschlagen.
Als erstes wurde er in die Wanne gesteckt.

Ja, es ist nicht einfach. Kann niemand verstehen das die Zeit, obwohl wir ( Rentner ) diese haben trotzdem nicht ausreicht für alltägliche Dinge.

Ich leide drunter mit dem duschen.
Hätte ich morgen mehr Kraft, und das Denken, konzentrieren wäre einfacher, würde ich auch nicht täglich duschen aber doch viel regelmäßiger.
Ich muss auf vieles achten.
Früher hätte ich am selben Tag duschen können als mein Mann....
Heute undenkbar.
Muss alles in Raten gehen. Er braucht Hilfe, Pflegegrad Antrag steht uns bevor. Mir fehlt die Energie.

Zumindest zur Zeit. Muss alles getrennt gehen. Auch im Haushalt. Kommt auch vor dass nichts eingekauft wird.
Mein liebster kann u. Darf medizinischer Sicht längst nicht mehr Auto fahren. Bleibt alles an mir. Deshalb glaube ich das wir bald Unterstützung von außen brauchen. Bei der Reha hätte ich dies alles angesprochen.

Zum Thema sich nutzlos vorkommen wenn man nicht arbeitet, sein Geld nicht selbst verdient...oder seine Würde verliert. Seine Selbstachtung. Sogar einem zu Hause die Decke auf dem Kopf fällt.....Kann ich sagen war bei mir nicht direkt so. Anfangs schon, warum bist du in jungen J. Nicht mehr leistungsfähig, fragt man sich. Man hadert schon. Man verkriecht sich. Habe mich aber lange genug verrückt gemacht. Hilft auch nichts. Habe die Rente anfangs heimlich gehalten bei Bekannten.
Man schämt sich.

Das schlimmste ist und war für mich die Gesellschaft die damit nicht umgehen kann. Ich habe ja nie einen Antrag damals gestellt, wäre mir nicht in den Sinn gekommen. Aber ein Amtsarzt hat wieder mal eine Reha verlangt u. Die würde prompt in Rente umgewandelt.
Bin aus allen Wolken gefallen.

Dem voraus ging aber eine 15 jährige Krankengeschichte, mit vielen chronischen Dingen. Schwerem Behandlungsverläufen....( ging ein paar j. An Krücken ), und dann eben das psychische.was zuerst auch nicht richtig behandelt wurde, darf an die Anfänge gar nicht denken...ja. Und ein Geburtsschaden liegt auch vor. Körperlich. War als Kind immer schon in Kliniken. Die Folgen in Summe haben dann zur Rente geführt.

Siehst du, ich will mich schon wieder rechtfertigen. Komisch. Weil ich in jungen J. Aus dem Arbeitsleben gefallen bin. Krankheit ereilt nicht nur Alte Leute. Manchmal wenn ich beim Doktor im Wartezimmer hocke u. Die ganz alte Generation etwas jammert über das Knie, laufen geht schwerer....dann aber erzählt wo sie im Urlaub waren, wandern hier, und was noch alles heute im Haus u. Garten zu machen ist, schmunzel ich u. Denke mir meinen Teil.

Davon kann ich bloß träumen. Urlaub. Letzte mal vor 10 J. Dann ging nichts mehr. Mein Mann war ständig, Klinik, Reha. Finanzen wurden immer weniger. Erschöpfung pur. War gar nicht an weg fahren zu denken.

Und wie ist es bei dir so.
Kommst du noch zurecht mit Zeiteinteilung. Und was hast du studiert?

Es grüßt euch,
Aurelia Belinda
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Aurelia Belinda
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Wohnort: Mittelfranken

Re: Zeitgefühl

Beitrag von Aurelia Belinda »

Das ist übrigens richtig. Ein wahres Wort Gertrud. Wir machen viele Abstriche. Geht einem schon ab und an gegen den Strich. Und genau deshalb
Hasse ich es wenn andere, oder gesunde ohne Ahnung meinen wir hätten ein Leben wie Gott in Frankreich mit so viel Zeit. Was man aber für Opfer bringt.
Bei uns ist nicht nur das berufliche Aus. Auch Hobbies musste man aufgeben.

Musste ich noch schnell los werden.
Gute Nacht
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Bittchen
Beiträge: 5430
Registriert: 2. Feb 2013, 18:02

Re: Zeitgefühl

Beitrag von Bittchen »

Liebe Aurelia Belinda,

ja,ich bin auch Angehörige,das ist nicht immer leicht, doppelt belastend,bei mir kommt auch viel zusammen.
Aber das ist bei dir ja auch so und macht dir ja auch das Leben noch schwerer.
Aber heute,geht es meiner Tochter und auch mir recht gut,toi,toi,toi.
Sie hat gestern die theoretische Prüfung für ihren Führerschein bestanden.
Wir haben über dieses Erfolgserlebnis alle Freudentränen geweint.
Erkläre das Mal nicht Betroffenen,die halten uns bei solchen Selbstverständlichkeiten für verrückt.
Sie ist bald 33 Jahre und hat mit 18 Jahren die erste schwere Episode gehabt.
Damals hatte sie sich schon ein Hochhaus ausgesucht,ich habe durch eigene Erfahrungen da richtig und auch schnell reagieren können.
Sie lebt heute wieder sehr gerne,es ist eine sch....Krankheit.
Die nächste Herausforderung ist die praktische Prüfung,da geht es ja um schnelle Reaktion, Konzentration usw,für sie auch immer wieder schwierig.
Wie wir Betroffenen immer wieder unser Leben nur mit sehr viel Kraftaufwand und mehr Zeit bewältigen können,kann sich ein psychisch gesunder Mensch nicht vorstellen.
Ich hatte mir schon ausgemahlt,woher ich selbst wieder die Kraft nehmen soll, meine Tochter bei einer erneuten Niederlage trösten und aufbauen zu können.
Ihre Schwestern stehen mir dabei aber immer sehr zur Seite.
Depressionen sind ja immer auch eine Familienkrankheit.
Wir,mein Mann und ich, sind körperlich, noch den Alter und Umständen entsprechend, in einer akzeptablen Verfassung.
Zeit ist in unserm Alter nicht mehr ein so wichtiger Faktor,die hat man dann ja.
Das war in jüngeren Jahren,wenn noch der Lebensunterhalt irgendwie rein kommen musste, viel belastender,auch das habe ich ja erlebt.
Wenn ich daran denke,dass ich schon vor dem Herd stand , kochen wollte und nicht mehr wusste wie das geht,dann bin ich heute sehr zufrieden mit mir,auch wenn es länger dauert.
Dass Tätigkeiten,die ich schon tausendmal auch in meinem Beruf ausgeführt hatte,einfach nicht mehr gingen,das hat mir ungeheure Angst gemacht.
Das ist bei mir durch die Frühverrentung auch vorbei gewesen.
Das zu akzeptieren hat bei mir eine gefühlte Ewigkeit gedauert.
Heute ist es immer noch eine positive Aktivität,wenn ich meine gerne Körperpflege mache und das sogar genießen kann.
Aber ich habe keine Druck mehr,zu der festen Uhrzeit musst du fertig sein.
Das ist ,außer bei wichtigen Terminen ,ein Luxus den ich mir heute oft gönne.
Wenn ich im Forum schreibe und lese, verliere ich sehr oft das Zeitgefühl.
Da mache ich mir kein schlechtes Gewissen mehr.
Immer mehr kommt die Einsicht, auch von Profis,dass Langsamkeit sehr viel gesunder ist.
Dir wünsche ich ganz viel Zuversicht und positive Gedanken.

Liebe Grüße
Bittchen

PS.Wenn ich etwas länger schreibe, speicher ich zwischendurch immer ab .
Mir ist das auch schon oft passiert ,dass meine Antworten weg waren,das ist echt nervig.
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Zeitgefühl

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Aurelia Belinda,

das mit deiner Reha klingt ja ganz schön nach Behördenpingpong, keiner will zahlen und sich zuständig fühlen. Das kann man notfalls per Gericht feststellen lassen, wer zahlen muss.
Ach... Eigentlich gibts ja in einem der Sozialgesetzbücher einen Paragraphen. In dem steht, dass der zuerst angegangene Kostenträger (sprich das Amt, wo der Antrag einging), den an den richtigen weiter leiten muss. Also müsste in eurem Fall, wenn ihr die DRV zuerst angeschrieben habt, eigentlich die zahlen (habs nicht mehr so mit der Merkfähigkeit, sorry falls ichs mir verkehrt rum gemerkt hab). Könnte man einklagen. Irgendein Paragraf 16e oder so im SGB I oder X, wenn ich mir das richtig gemerkt hab.

Ihr mit eurer Familienproblematik passt da wohl in kein bekanntes Schema, was den Behörden vorgegeben wurde. Da könnte ein Betreuer den Behördenkram abnehmen, dann klappt das eventuell besser mit dem Alltag, weil mehr Zeit und Kraft da ist.

Du hast da eine lange Leidensgeschichte.
Das zerrt an den Kräften, oder? Und dann wenn man das Zusammennehmen als Hauptstrategie gelernt hat, ja dann.... leider....

Ich hab mal ein Igenieursstudium in einer der zahlreichen Leichtindustriebranchen in der DDR gehabt, die Branche ging dann gleich nach meinem Abschluss nach Fernost.
Nach einigen Jahren Schulden abbezahlen mit Hilfsarbeiten samt Pendeln war ich fertig.
In der Schule war ich mal die Beste, im Abi auch immer ganz weit vorne und im Studium auch ganz gut, habe immer nochwas nebenbei gemacht aus Spaß.
Aber immer auch Ängste, besonders seit dem Tod meines Vaters während meines Studiums.
Wie ich jetzt bemerke, wurde die Therapie bei mir völlig falsch angefangen, und keiner merkte es. Hatte auch so mehrere Therapien und Medikamente durch, und 2mal Reha.
Hartz IV brachte noch psychosomatische Geschichten dazu. Da wurde ich 6 Jahre lang begutachtet, wo ich nun hin sortiert werden soll.
Berentung mit etwa 40, wäre wohl schon minimum 10 Jahre früher notwendig gewesen.
Lebe jetzt von Mini-Rente und aufstockender Sozialhilfe.
Mich zusammen reißen sollte ich auch immer.
Im letzten Jahr habe ich alles mögliche abgestoßen, was mir nicht mehr gut tat.
Riesenerschöpfung folge auf dem Fuße, und seit einigen Monaten wird es besser, Aber auch weil ich sehr wenig mache.

Ich finde es für euch beide nicht schlecht, wenn ihr Entlastung bekommt.

LG Gertrud
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Zeitgefühl

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Bittchen,

wenn ich so lese, dass ihr mit eurer Tochter noch feiert...
Ich kann mich gar nicht so recht erinnern, dass meine Familie die wichtigen Erfolge mit mir gefeiert hat.
Klar, es wurden Geburtstage gefeiert, Namensgebung, Schulanfang, Jugendweihe. Aber dann schien echt Schluss zu sein.
Meine guten Schulabschlüsse samt gutem Abi... Ach nach der 10ten gab es eine Feier, wo alle Schüler und Eltern dabei waren, oder die Eltern auch nicht. Beim Abi wurde ich dann mit meinen Sachen aus dem Internat abgeholt, aber gefeiert, gelobt oder so? Eher nicht. Mein Studienabschluss ging in den Grenzöffnungszeiten völlig unter, schien irgendwas zu sein. Mama schon in Abschiedslaune: Das letze Kind hat die Ausbildung gepackt, jetzt kann sie ausziehen und sich ein eigenes Leben machen.
Meinen Führerschein machte ich in ungefähr dem gleichen Alter wie deine Tochter, mit ähnlichen Belastungserfahrungen wie gerade geschrieben wurden. Um zu feiern, fehlte die Zeit und die Feier-Tradition. Ich war ja so zeitlich eingespannt und fast nicht daheim, da wirkte das alles eher wie ein belastendes Pflichtprogramm. Abghakt, nicht drum kümmern, wie schwer es fiel und wieviel Ängste....
Fällt mir gerade dazu ein, dass mir da ein Stück Würdigung meines Tuns und Seins fehlt. *tiefseufz*
Schön zu lesen, dass ihr das mit eurer Tochter macht. Meine das Feiern.
LG Gertrud
Bittchen
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Re: Zeitgefühl

Beitrag von Bittchen »

Liebe Gertrud ,

wir haben in unserem engsten Familienkreis schon von klein auf die Erfolge unser Kinder gewürdigt und auch gefeiert.
Lob ist so wichtig für Kinder,das machen wir auch bei unseren Enkeln so.
Bei unserer jüngsten Tochter ist es ja noch Mal eine ganz besondere Situation.

Liebe Grüße
Bittchen
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Christiane1
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Re: Zeitgefühl

Beitrag von Christiane1 »

Hallo Monchen, hi all,

ich habe ein sehr deutliches Zeitgefühl bei Stunden, nur verwechsle ich ab und zu das Jahr beim Aufschreiben, ich muss dann kurz nachdenken immer.
Bei meinem Alter habe ich versehentlich neulich auch geschummelt und mich ein Jahr jünger gemacht, vielleicht war das ja so eine Art heimlicher Versuch, die Zeit ein bisschen anzuhalten, wer weiss.

Schmaler Spass beiseite, wer wundert sich ernsthaft und ist das überhaupt wichtig?
Wenn das eigene Leben gefühlt viel langsamer abläuft als das anderer Menschen, bedeutet es doch eher, dass wir glauben, dass es so ist. Es geht nicht um die Zeit an sich, sondern um das
Hineinpressen von so viel wie möglich Leben und Erleben in einer bestimmten Zeit und
da die angeblich immer kürzer wird, um etwas vorzuweisen (was ich persönlich als Unsinn empfinde), entsteht Druck.

Ich sehe mein Leben als Gesamtbild und unterteile es in Jahrzehnten, darunter wieder in Episoden und darunter in Übergänge je nach Lebenslage und Tagen. Mein Tempo nur für mich.

Meine Empfehlung für Jüngere wäre, das ganze Zeugs wie Facebook, Instagram, Twitter und Ähnlichem wirklich mal für eine ganze Woche ruhen zu lassen und sich nicht anzuschauen, was andere angeblich in ganz kurzer Zeit so alles schaffen. Die Beeinflussung durch diese Medien ist so gross, dass andauernd der Eindruck entstehen muss, man sei zu langsam für alles.

Das ist nicht der Fall und eine Täuschung.

In diesem Sinne, liebe Grüsse
Christiane
Aurelia Belinda
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Re: Zeitgefühl

Beitrag von Aurelia Belinda »

Hallo Bittchen, Gertrud, Christiane,

Ich finde das Thema Zeit so spannend.
Weil ich genau damit immer anecke im Umfeld, Angehörige, Bekannte....
Weil jeder denkt, wir Kranke haben doch so viel Zeit, warum ist dann z.Beispiel der Haushalt nicht zu schaffen.

Ich erkläre immer es liegt nicht an der ZEIT. Woran es wirklich liegt.....Will ja keiner hören.

Bittchen u. Gertrud,

Bei euren Berichten fand ich vieles lesenswert. Vielen Dank.
Komme noch drauf zurück.
Für jetzt ist es mir zu spät.

Gute Nacht u.
Liebe Grüße

Aurelia Belinda
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Lieblingsuli
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Re: Zeitgefühl

Beitrag von Lieblingsuli »

Coeko hat geschrieben:Was den Haushalt betrifft, so war ich schon immer "steigerungsfähig", weil es mir relativ egal ist, ob der Boden frisch geputzt ist.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es da einen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt. Ist wohl erziehungsbedingt.
"Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern"

Lothar de Maizière
Lieblingsuli
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Re: Zeitgefühl

Beitrag von Lieblingsuli »

Klischees sind dazu da, widerlegt zu werden ;)
"Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern"

Lothar de Maizière
Bittchen
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Re: Zeitgefühl

Beitrag von Bittchen »

Hallo,

eine sehr positiv eingestellte Freundin von mir hat mir Mal den Satz gesagt ,wie ich wieder über
das "nicht Putzen können" gejammert habe:"Ich verbringe doch meine wertvolle Lebenszeit nicht damit dem Staub hinterher zu rennen."
Bei ihr ist es nie sehr "clean"aber jeder kommt gerne,wenn sie einlädt.

Liebe Grüße
Bittchen
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lt.cable
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Re: Zeitgefühl

Beitrag von lt.cable »

Ahoi, Monchen!

Da bist du ja noch ein ganz harmloser Fall. Beim Erstgespräch für den letzten Klinikaufenthalt (Anfang des Jahres) habe ich mich erschrocken, als der Arzt sagte, ich sei vor rund zehn Jahren zuletzt dagewesen. Was? Kann doch nicht sein. Wo sind die geblieben? Später, beim Vorgespräch für eine mögliche Reha, hatte ich schon meine Probleme damit, mir meinen Lebenslauf zeitlich gesehen so richtig zu vergegenwärtigen. Wann das Abitur gemacht? Wann und wie lange (erfolglos) studiert? Wie lange schon wieder aus der Arbeit raus? Schwieriges Thema. Muss ich mal in meine Unterlagen schauen.

Als ich völlig abgewirtschaftet aus dem Callcenter raus war, habe ich rasch das Gefühl bekommen, zeitlos zu sein. Entgegen der öffentlichen und vielleicht auch ärztlich-therapeutischen Meinung ist das für mich jedoch keinesfalls so negativ belegt und pathologisch, wie stets behauptet wird. Gerade das war ja ein Wunsch von mir: Nicht ständig nur zur Arbeit rennen und von den nächsten zwei freien Tagen in der Woche, dem nächsten Urlaub, der Rente träumen. Es gibt kaum etwas, das mir mehr Ruhe und Wohlgefühl verschafft, als die Gewissheit, morgen nirgendwo zu einer bestimmten Zeit sein zu müssen und nicht auch noch an einem Ort oder in einer Tätigkeit über Stunden gegen meinen Willen festgehalten zu werden.

Die Welt der zeitlich Orientierten ist mir fremd geworden und weckt in mir auch nur noch wenig Interesse. Ob ich dem ganz normalen Wahnsinn wieder beitreten möchte, kann ich derzeit noch nicht sagen. Wahrscheinlich wäre mir ein eigener Weg lieber. Um in diesem Leben noch ein "Normalo" zu werden, fehlt mir auch einfach die Kraft.

Grüße

lt.cable
Ein Nilpferd wollte zum Ballett
als schönster aller Schwäne.
Nur war es fürs Ballett zu fett.
So scheitern viele Pläne.
- Charles Lewinsky
Aurelia Belinda
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Re: Zeitgefühl

Beitrag von Aurelia Belinda »

@ Coeko,
Hmmm. Lecker. Schmecker.
Bärlauchrezepte....da Krieg ich
Glatt wieder Bock auf Frikadellen, gefüllt mit Bärlauch u. Käse.

Das mit den Spinnweben. Die Versuch ich ab und an mit dem Sauger Rohr weg zu saugen. Musste aber schmunzeln, als du
Bittchen ermahnt hast, dass sie dich an dein Schlafzimmer erinnert hat ( natürlich ungewollt und ohne jede böse Absicht ) gell Bittchen.

Ach Leute, das Thema Zeit liegt mir so am Herzen. Weil es genau mein größter Faktor ist. Wir werden einfach keine Freunde in diesem Leben. Ich passe nicht zu ihr, und sie nicht zu mir.
Zeit ist nur Füllen von Raum.

Eine spannende Doku sagte mal. Zuerst war nichts. Dann war Raum. Dann Zeit.

Und dann erst hat irgend ein Idiot die Zeit erschaffen ( grins ).....also Uhrzeit. Messbare Zeit. Vorher ist die gar nicht in solchen Einheiten gemessen worden.

Ganz früher hat man nach dem Rythmus gelebt, Sonnen Aufgang, Untergang.
Der Mensch macht sich zum Sklaven der Zeit. Zeitdruck ist in unserer Gesellschaft jedes zweite Wort.
Stimmt also was nicht mehr. Macht ja krank.genau wie Zeitverschiebung bei Jetleg. Wenn ich an meine Schichtarbeit zurück denke....mit der Verschiebung kam ich nie klar.

Hab viele Gedanken zum Thema Zeit.
Beim nächsten mal wieder.
Bin jetzt müde.
Ärger mich dass ich jetzt wieder abgeschweift bin.

Kein Wunder bei Bärlauch u. Spinnweben, hihi.

Wollte doch eigentlich noch euch antworten Gertrud u. Bittchen....
Kommt noch.

Gute Nacht,
Aurelia Belinda
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Gertrud Star
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Re: Zeitgefühl

Beitrag von Gertrud Star »

Hi,

ich kann mit engen Zeittakten und so Sachen nicht mehr gut umgehen, auch mit Terminen. Es ist immer sehr schwer.
Auch ich frage mich, wo die vielen Jahre hin sind, und was inzwischen aus all meinen Plänen und Wünschen wurde, bevor die überhaupt erstmal formuliert werden durften.
Zum Problem wird es meistens bei der Hausordnung, die ja bis.... gemacht sein muss. Na da war es diesmal erst am Dienstag, dafür aber mit Fensterputzen und Türenputzen.
Wenn mir etwas sehr wichtig ist, kann ich oft auch pünktlich sein.

Ich hatte lange Strecken meines Lebens den Alltag sehr eng getaktet und dazu noch fremdbestimmt und fast ohne Freiraum, vielleicht kommt das ja auch alles etwas daher.

Vielleicht ist dieses Gefühl, aus der Zeit zu fallen, ja ein Teil der Heilung, bei manchen Menschen. Heilung hat für mich etwas einen eigenen inneren Fahrplan, den ich oft nicht verstehe. Solange es nicht völlig ausufert...

LG
DieNeue
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Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Zeitgefühl

Beitrag von DieNeue »

Hi ihr,

Termine ist ein gutes Stichwort... Ich komme damit überhaupt nicht mehr klar. Egal, was für ein Termin es ist, ich werde davor nervös. Oft ist es so, dass mich das dann so lähmt und blockiert, dass ich mich auch nicht für den Termin fertig machen kann. Da geht alles andere, aber nicht Sachen einpacken, Haare waschen, Klamotten rauslegen usw. Entweder ich mache dann irgendwas anders oder ich sitze da und hab Angst. Das ist so ätzend.
Mich fertig machen schaffe ich dann noch einigermaßen auf den letzten Drücker, es wird voll der Zeitdruck, ich werde fahrig und total gestresst, komme dann völlig abgehetzt zum Termin und bin trotzdem zu spät. Hinterher bin ich dann fix und fertig.
Ging mir gestern und heute so und ich hab das Gefühl ich Krieg das nie hin. Mache immer wieder den gleichen Fehler.
Ich musste gestern zum Arzt, eigentlich wollte ich das Auto von meinen Eltern ausleihen, aber ich habe dann niemand mehr erreicht, wann sie mir das Auto übergeben wollten. Und da schönes Wetter war, hab ich beschlossen, ich könnte ja mit dem Rad fahren... Aber allein schon meinen Eltern per Whatsapp abzusagen und Bescheid zu geben, dass ich mit dem Rad fahre und das Auto definitiv nicht brauche, hat mich unter Druck gesetzt. Deswegen hab ich dann nur geschrieben "Ich glaube, ich fahre mit dem Rad..."
Kaum hatte ich das dann beschlossen, hat dann der Stress extrem angefangen. Ich hab's irgendwie geschafft mich fertig zu machen, bin viel zu spät los und bin dann in 16 min in den Nachbarort gerast. Immer wieder innerlich fluchend über alle, die zu langsam vor mir gefahren sind.
Laut Google braucht man mit dem Rad 18 min. Keine Ahnung, was die für eine Geschwindigkeit zugrunde legen, aber ich bin echt sehr schnell gefahren...
War natürlich völlig abgehetzt, als ich dort ankam.
Heute das gleiche wieder: Ich hatte nen Termin bei der neuen Physiotherapeutin... nachdem ich da nicht ungeduscht hinwollte, wurde es noch hektischer. Früh aufgeräumt, gegessen, 20min aufs Bett gelegt. Dann festgestellt, dass ich 10min früher los muss. In Turbogeschwindigkeit geduscht, fertig gemacht, mit 30 Sachen dort hingerast, auch noch verfahren, und dann viel zu spät gekommen. Den Papierkram konnte ich dann nach der Therapie erledigen. Therapie war in Ordnung war halt sehr abgehetzt, verschwitzt und total genervt von mir selber.
Aber ich kriegs irgendwie nicht hin mit den Terminen. Ich bin vorher immer blockiert und dann artet es in Stress aus.
Ist das bei euch auch so?

Liebe Grüße,
DieNeue
Lieblingsuli
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Registriert: 28. Sep 2018, 12:22

Re: Zeitgefühl

Beitrag von Lieblingsuli »

Die Termine, die mich in Zukunft interessieren, sind Bewerbergespräche. Und da sollte man sich tunlichst an die zeitlichen Vorgaben halten.
"Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern"

Lothar de Maizière
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