Pflegegrad 1 bei Depression?

Christiane1
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Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Christiane1 »

Liebe Bittchen,

ich sehe es ähnlich wie Malu und ich glaube ja, dass die Chancen auf zumindest Pflegegrad 1 ganz gut stünden. Du musst dir klarmachen, ob du Hilfe brauchst oder nur willst, denn dieser Gedanke verändert bereits dein Bewusstsein auf deine Situation unabhängig von dem Brand und alles.
Du solltest ähnlich wie Malu es seinerzeit getan hatte, zeigen, wie es dir wirklich geht und was nicht mehr geht und mal vergessen, stark zu sein. Den MDK interessiert das alles nicht.

Diesen Optimismus habe ich trotz eigener negativen Erfahrungen deshalb, weil mit der Pflegegesetzänderung von 2017 erstmals auch psychische Einschränkungen wie Depressionen oder leichte Demenz berücksichtigt werden. Hole dir die Punkte!

Liebe Grüsse
Christiane
Bittchen
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Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Bittchen »

Danke liebe Malu,liebe Christiane,

ich weiß wie sehr ihr mir gut zusprechen wollt und ich werde das wieder in Angriff nehmen.
Viele Dank dafür ,ihr seid wirklich lieb,auch an Irma.
Heute fahren wir wegen der Polyneuropathie zu dem anthroposophischen Allgemeinmediziner nach Fulda.
Ein Strohhalm,an den ich mich klammere.
Am Montag soll hier nebenan weiter abgerissen werden.
Mein Mann hat heute schon mindestens 10 Anrufe getätigt, was das angeht.
Stress ohne Ende,ich kann mich nur noch ausklinken.
Es ist ein Wunder,dass ich es irgendwie hin bekomme,immer wieder aufzustehen und weiter mache.
Wäre ich alleine,dann wäre ich schon längst in einer Klinik unter die Käseglocke.
Das Chaos hier und dann wieder Jemanden vom MDK , das bedeutet noch mehr Stress.
Schon alleine die Vorstellung treibt mir den Schweiß auf die Stirn und die Tränen in die Augen.
Ich kann das im Moment nicht auch noch,aber ich mache es ,wenn ich innerlich wieder bereit bin.

Seid ganz lieb gegrüßt
Eure Bittchen
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
Christiane1
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Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Christiane1 »

Liebe Irma,

überall liest und hört man von Frust in Sachen Pflege und das geht ja schon los mit diesem Unsinn, einen wildfremden Menschen per Module bestimmen zu lassen, ob jemand Hilfe braucht oder nicht.
Ich glaube nach wie vor, dass die meisten MDK-Leute ihren Job gut machen, ich will es glauben.

Unsere Pflegeberaterin sagte ganz klar, dass die Auslegungsmöglichkeiten ganz schön vielfältig sind, je nachdem, wer die Pflegebedürftigekeit gerade bestimmen soll. So hätte vor zwei Jahren die erste MDK-Begutachterin, wenn sie gewollte hätte, ihren Laptop auch zuschlagen können und den Fall meiner Mutter nach Aktenlage bestimmen können. Aber sie hielt sich an ihre Werkzeuge und übersah das grosse Ganze und kreuzte minutengenau die Tätigkeiten an, die meine Mutter an Hilfe benötigt aus IHRER Sicht.
Immerhin kamen damals 60 Minuten pro Tag heraus, für die Pflegestufe 1 seinerzeit haben aber noch 30 Minuten gefehlt. Zwei Widersprüche meinerseits, beide abgelehnt.

Im Folgejahr, als das neue Pflegegesetz das alte ersetzte und nun in Punkten gerechnet wurde, hatte ich grosse Hoffnung, dass diese hochgelobte Innovation nun auch Menschen berücksichtigt, die vorher immer durchgerauscht waren. Ich sagte noch zu meiner Mutter, diesmal klappt es, ich war voller Zuversicht und Vertrauen.
Es kam stattdessen noch beschissener und die zweite Begutachterin, die ich genau so wie die erste richtig nett fand, kam auf 5 Punkte. Widerspruch abgelehnt.

Was habe ich nicht alles an guten Tipps erhalten und auch leisen Vorwurf seitens der Familie, dass ich da ja wohl etwas falsch gemacht hätte usw. Das war aber normal, weil alle in dem Glauben steckten, dass man selber Schuld ist, wenn es nicht klappt. Dann hat man etweder kein Pflegetagebuch geführt oder sich nicht genug verbogen beim MDK-Besuch, jedenfalls, und das sehe ich ja auch bei euch und mir, suchen die meisten zunächst die Ursache einer Ablehnung bei sich selber.

Ich hatte dieses Jahr, als meine Mutter endlich vollständig richtig bewertet wurde und rückwirkend ab Antrag Pflegegeld bekam, den Gedanken von Malu, so, jetzt aber verklage ich den ganzen Verein. Aber es blieb bei diesem innerlich befreienden Gedanken.

Wie es mir bei allem ging und geht, wenn die Mutti sich auch noch den Arm bricht nach einem Stolpern und ich sechs Wochen lang täglich in den letzten Wochen auf Achse war, muss ich nicht gross erzählen.
Auch ohne Armbruch hätte der MDK sehen müssen früher, was das los ist bei ihr.
Inzwischen entspannt sich die Lage aber wieder insgesamt.

Ich bin strukturell bedingt gar nicht in der Lage, einen hilfebdürftigen Menschen linksliegen zu lassen.
Manchmal bedaure ich das sehr.

Übrigens Bittchen, ich habe seit April mein Citalopram 30mg nach sechzehn Jahren selbstständig ausgeschlichen. Ich hatte die Nase voll von allem, es ging gerade nochmal gut. Entzugserscheinungen ohne Ende, schlimme Sache. Und nebenbei die bedürftige Mutti und Alltag.
Aber es geht mir für meine Verhältnisse ganz gut.

Einen guten Tag euch allen, ich denke an euch.

Christiane
Bittchen
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Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Bittchen »

Das ist ja eine tolle Entscheidung liebe Christiane!!!
Schon seit April ohne Citalopram ?
Das freut mich sehr für dich.
Es ist doch nicht schlechter wie mit, oder ?
Das es nicht leicht war,kann ich mir sehr gut vorstellen,das hatte ich auch 8 Monate lang, die volle Bandbreite Absetzerscheinungen.
Für mich war es eine Horrorvorstellung ,dass ich aus irgendeinem Grund kalt absetzen müsste,
dann aber vollkommen am Rad drehen würde.
So konnte ich das noch 4 Monate steuern,aber es war doch zu schnell.
Da reagiert auch jeder anders.
Bei mir ist es jetzt 16 Monate ohne und ich bereue keinen Tag.
Jetzt sind es eher wieder die äußeren Umstände ,die mich so fertig machen.
Wir werden immer anfällig bleiben,aber da helfen keine Pillen.
Sorge für dich und nehme dir deine Auszeiten.
Ich spüre immer wieder,wie Stress ,egal welcher Art,mich triggert.
Im Moment weiß ich nicht, wie ich mich dem entziehen kann.
Für dich weiterhin viel Kraft,denn Angehörige zu versorgen ist auch Hardcore.
Der Verhinderungspflegeantrag ist da eine Möglichkeit auch durchschnaufen zu können und neue Kraft zu tanken.
Ich nehme an du weißt,dass dir einige Wochen bezahlte Auszeit zustehen.
Denke auch an dich selbst,denn wenn es dir schlecht geht,dann kannst du auch für deine Mutter nichts mehr regeln.
Ganz liebe Grüße
Deine Bittchen
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
Christiane1
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Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Christiane1 »

Liebe Bittchen,

ich wollte auch einmal endlich wissen, wie es ist ohne das Medikament zu leben, ob sich da gross etwas verändert bei mir. Die ersten zwei, drei Wochen sah ich richtig Sterne und hatte Kopfweh, was beides aber nachliess, und da dachte ich noch "Von wegen keine Abhängigkeit", aber mehr noch war es das innere Loslassen, das mir am meisten zu schaffen machte.
Über die ganzen Jahre war das Medikament tröstend anwesend wie der morgendliche Kaffee (auf den ich NIE verzichten würde) und mir erschien es absurd eines Tages.

Ich habe eine seltsame Logik als Grund für das Verzichten auf das Citalopram gewählt. Im Grunde wollte ich auf meine Psychiaterin verzichten, die ich mehr und mehr als belastend empfand, also musste ich zunächst einmal auf das Medikament verzichten lernen. Beides loszuwerden war der Jackpot. Das muss ja nicht für immer sein, nur will ich kein Citalopram mehr, eher würde mir ab und zu ein Schlafmittel helfen oder etwas, das die Gedankenflut in Schach hält. Gegen die Traurigkeit hat das Zeugs mir sowieso nie geholfen, es sollte am Anfang den Antrieb stärken und das hatte es auch getan.
Ich habe nach dem Entzug schnell festgestellt, dass ich die gleichen Probleme habe wie vorher und ähnliche Stimmungsschwankungen, es hat sich also nichts verändert.

Wahrscheinlich muss man durch bestimmte Situationen irgendwie durch und ich kann gut verstehen, dass du unruhig bist. Das ist angesichts deiner Lage aber auch normal.
Wenn das eigene Zuhause so bedroht ist wäre ich auch gespannt wie ein Flitzebogen am Anschlag.

Liebe Grüsse
Christiane
malu60
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Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von malu60 »

Hallo in die Runde,
ich wollte nochmal darauf hinweisen,dass seit 2017 der Pflegegrad 1 auch bei psychisch Erkrankten,
hier Depression, beantragt werden kann.Die Begutachtung erfolgt auch durch den MDK.
Bei mindestens 12,5Punkten,die werden durch Fragemodule errechnet,werden monatlich 125 Euro von
der Pflegekasse bereitgestellt.Über einen Pflegedienst kann abgerechnet werden.In meinem Fall wird wöchentlich 1Stunde geholfen.Dies ist meist Wohnung mit mir zusammen saubermachen,auch schonmal
Großeinkauf,oder Fahrt zum Arzt,dies ist aber nicht immer möglich.
Haushaltsnahe Hilfen werden meist von 450 Euro Kräften,die beim Pflegedienst eingestellt sind erbracht.
Mein Pflegedienst ist klein und da kann ich gut was mit bereden,wenn was Schwieriges ansteht und da
das Geld angespart wird,bis zu 1Jahr,wenn man es mal länger nicht braucht,oder vom Zeitpunkt der Antragstellung,bis zur Genehmigung,hatte ich da schon eine größere Summe gespart,sodas wir anfangs
die Wohnung richtig gut in Schuß bringen konnten.(Bei mir auf dem Land 25Euro,die Stunde.


Gerade bei langen Depressionszeiten,oder gar chron.Depression bleibt ja da Vieles unerledigt,was uns sehr belastet und zur Scham und in die Isolation führen kann, darüber wird ja hier auch oft berichtet.


Antrieb dazu,und ein viel besseres Selbstwertgefühl hab ich da schon entwickelt.

Seit 1Jahr ist es für mich richtig gut,dass ich diese Hilfe ,neben Ergotherapie instaliert habe.

Fast besser als VT,weil es direkt ins Handeln führt und meine Struktur und die Lebensqualität
spürbar verbessert hat und ich nun gerne Besuch einlade ,daher auch in Kontakte gekommen bin.

Möchte es empflehlen und ermuntern es in Anspruch zu nehmen,es läuft automatisch und es wird
auch nicht überprüft,da es ja nur erstattet wird,wenn der Pflegedienst das Protokoll erstellt,wenn nicht,
bleibt der Betrag stehen.Einmal festgestellt,bleibt Pflegegrad 1 bei psychischer Erkrankung/Alzheimer,wird nicht erneut überprüft,steht auch auf dem Bescheid,es sei denn man wird alt und kränker ,bräuchte mehr...
War mir wichtig,grad in der nun beginnenden,dunklen Jahreszeit nochmal darüber zu schreiben.
Schönen Gruß malu
P.S.Liebe Bittchen,ich denk da besonders auch an Dich,wenn,s einmal läuft,ist das Prozedere bei unserer
Kasse wirklich easy,wir müssen nur etwas auf die Erstattung warten,wir können es mit anderen Arztrechnungen zusammen einreichen,nur Pflege mit ankreuzen,lieben Gruß malu
Leben ist mehr
Bittchen
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Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Bittchen »

Liebe Malu,danke für deinen Hinweis.
Das ist ganz lieb von dir.
Es geht mir wieder besser und ich will hier erst das Chaos hinter mich bringen.
Ich hatte ja schon 8,5 Punkte und ich hätte nur Widerspruch einlegen müssen,der VDK wäre da auch in den Startlöchern gewesen.
Jetzt werde ich abwarten bis ich einen neuen Antrag stellen kann,mit der neuen Diagnose Polyneuropathie bin ich da ganz schnell über die geforderte Punktzahl.
Es ist bei mir ja nicht der Fall,dass ich alleine lebe,das wäre für mich nicht gut aushaltbar.
Ich habe trotz sehr vielem Stress durch den Brand,immer wieder viel Halt in meiner Familie.
Mein Befinden kann sich wieder ändern, mir kann es auch wieder schlechter gehen,aber ich habe jetzt einfach kein Bedürfnis auf noch mehr Stress.
Denn der lässt sich nicht vermeiden wenn der MDK käme,ich kann damit noch nicht so gut umgehen.
Seit ein paar Tagen läuft es ganz gut,ich bin wieder unterwegs und der Haushalt ist eher Nebensache,denn es ist sowieso staubig hier.
Außer dass ich für saubere Wäsche sorge und wieder lecker koche für uns zwei ist nicht viel zu machen.
Mein Mann ist ja auch für jede Abwechslung dankbar und macht hier das Nötigste.
Wir bekomme auch Besuch von unseren Kindern,Freundinnen,Nachbarn,es ist egal wie es hier aussieht,denn es herrscht sowieso Chaos durch die Baustelle.
Dadurch bleibt aber keiner weg,es ist wie es ist.
Wenn hier wieder Normalität herrscht kommt eine Firma und macht eine Grundreinigung,das zahlt die Versicherung.
Die ausgelagerten Möbel und Klamotten werden dann auch von einer Firma wieder eingeräumt.
Ich bin hier in einer sehr schwierigen Ausnahmesituation und wunder mich über mich selbst,dass ich doch wieder verhältnismäßig bald aus dem Loch gekommen bin.
Ich vermute es hängt damit zusammen,dass ich mich ohne Medikamente diesen Schwierigkeiten stelle.
Für dich freut es mich sehr,dass es so gut läuft bei dir.
Du hast Alles richtig gemacht.
Ganz liebe Grüße
Deine Bittchen
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
irma
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Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von irma »

Liebe Manu, liebe Bittchen,

@ Manu, ich finde es toll, dass du dir die Mühe machst und alles nochmal für die Betroffenen hier aufschreibt.
Das ist für viele eine gute Hilfe.

@Bittchen, ich finde dich klasse. Du bist ein Stehauffrauchen. Dir geht's wieder besser. Ich freue mich. Manchmal ist man über sich selbst verwundert, was man alles schaffst. Und du hast Recht, du hast eine tolle Familie, die zusammenhält. Das kommt ja auch nicht von irgendwoher. Sondern man muss erst mal für dieses Glück sorgen.

Du schreibst, es kommen alle, egal wie es aussieht, auch im Chaos. Das ist wunderbar. So soll es sein. Sie fühlen sich trotzdem wohl. Das muss ja dann wohl an euch liegen. :D

Bei euch wird eine Grundreinigung gemacht und wieder eingeräumt. Ich finde, das ist auch viel wert und du kannst gelassener sein, weil nicht alles an dir hängen bleibt.

Hoffentlich geht's bald vorwärts. Vielleicht klappt's ja doch noch mit Weihnachten? Aber nicht unter Druck setzen.

Einen schönen Abend wünsche ich allerseits.

Eure Irma
artig musst du nicht sein; es reicht, wenn du grossartig bist. (dieter becker)
Bittchen
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Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Bittchen »

Liebe Irma,

danke für deine aufbauenden Worte,ja, immer wieder aufstehen habe ich gelernt.
Aber da stehst du mir nichts nach,wir lassen uns nicht unterkriegen,wie wir Alle die hier schreiben.

Na ja,Weihnachten ist evtl.die Außenmauer wieder Ok,dass es hier nicht mehr so kalt ist.
Aber die Instandsetzungsarbeiten werden bis zum Sommer dauern.
Ich glaube,es gibt keinen Handwerker,der hier nicht tätig werden muss.
Vom Installateur,Schreiner ,Verputzer usw.bis ich weiß nicht wer noch alles.
Da brauche ich sehr viel Geduld und das ist bekannterweise eine Schwachstelle bei mir,lach.

Ganz liebe Grüße
Bittchen
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
Bittchen
Beiträge: 5430
Registriert: 2. Feb 2013, 18:02

Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Bittchen »

Liebe Christiane ,

ich habe den Thread noch Mal hoch geholt.
Du warst ja da für die Rechte deiner Mutter einzutreten,viel erfolgreicher wie ich für mich selbst.
Wenn auch dein Weg dahin sehr Kräfte raubend war.
Aber das ist auch nicht das Thema im Moment für mich.
Obwohl ich für Pflegebedürftige sehr oft früher für ihre Rechte gekämpft habe,habe ich für mich selbst ja schnell resigniert.
Aber auch mit dieser Entscheidung komme ich im Moment gut zurecht und wenn nötig,werde ich mich erneut auch um mich kümmern.
Um sich um andere zu sorgen ist ja viel leichter,da kenne ich mich auch gut aus.
Aber ich habe das Gefühl,dass es dir nicht gut geht und du bei der Pflege deiner Mutter eine Auszeit brauchst.
Ohne Wenn und Aber,nur Erholung für dich!!!
Oft wird da das Geld von den pflegenden Angehörigen verschenkt,was die Pflegekassen zur Verfügung stellen.
Ein Ersatz für die pflegende Person wird von der Pflegekasse finanziert,auch wenn es die engsten Angehörigen sind die sich um die zu versorgende Person kümmert.
Auch wenn du nicht weg fährst,stehen dir trotzdem 6 Wochen Auszeit zu.
Die Pflegekasse verschenken ja nichts,die wissen schon,dass diese Erholungszeiten bitter nötig sind,damit pflegende Angehörige nicht ganz ausfallen.
Da kann dir Krankenkasse Auskunft geben,ich glaube noch zu wissen,dass es da auch die Anträge gibt.
Im Netz kannst du dich vorab auch gut informieren.
Wenn du schon gut darüber Bescheid wissen solltest,sehe es einfach als Fürsorge von mir an,damit dein Leben etwas leichter werden kann.
Oft finden Angehörige auch hilfreiche Personen im näheren Umfeld ,die privat nach den zu Versorgenden schauen und den Antrag unterschreiben.

Alles Gute für dich und ganz liebe Grüße
Bittchen
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
Christiane1
Beiträge: 583
Registriert: 19. Dez 2013, 09:10

Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Christiane1 »

Liebe Bittchen,

mit diesen konkreten Dingen habe ich mich bisher nur oberflächlich befasst, also was die Hilfe für Angehörige betrifft. Das liegt sicherlich daran, dass ich es ausser mit Versorgen und Begleitungen
mit so unklaren Dingen wie einer Not zu tun habe, die hauptsächlich den 90%igen Sehkraftverlust meiner Mutter betrifft und dessen seelische Folgen. Da gehe ich regelrecht in die Knie. Es fällt mir unglaublich schwer das richtig zu beschreiben bzw. sogar noch zu delegieren, aber man kann es sich ja vorstellen wie das ist.

Dennoch, und da danke ich dir für deine Fürsorge und Kenntnisse, es muss sich etwas für mich ändern und das weiss ich auch. Von den klassischen Dingen wie Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege habe ich schon gelesen und da demnächst wieder der Termin mit der Pflegeberaterin dran ist, werde ich das Thema ansprechen und im Beisein meiner Mutter meine Not mal äussern. Solange ich es zulasse, selber nicht wahrgenommen zu werden kann sich auch nichts verbessern, allmählich begreife ich das.

Heute morgen am Telefon äusserte sie fröhlich den Wunsch, mit mir nach Büsum zu fahren, halb im Ernst, halb im Scherz, an ihre geliebte Nordsee so wie sie es früher mit meinem Vater oft tat. Sofort war ich wieder alarmiert, da ich mittlerweile nur noch misstrauisch bin und es sowieso nur um sie geht, sie braucht ja Blindenbegleitung und jemanden, der die O2-Versorgung und den Transport organisiert. Habe ich Lust dazu, könnte ich mir das vorstellen, das wären normale Fragen an die Tochter gewesen.
Da das nie kommt, war das Gespräch über dieses Thema dann auch ganz schnell zuende für mich.

Ich suche momentan die grösstmögliche (innere) Distanz zu ihr, um das Gute zwischen uns nicht ganz zerstören zu lassen. Kleine Schritte in Richtung Wahrnehmung ihrerseits, ein wenig mehr Eigeninitiative von ihr, vielleicht mal Kontakt zu einem Blindenverein, der durchaus Ausflüge unternimmt mit Gleichgesinnten, all das wäre möglich, wenn sie wollte.
Die Basis dazu habe ich gelegt durch alle möglichen Hilfen bei Pflegegrad, Taxifahrten und Putzhilfe, aber bei Bespassung bin ich irgendwie raus. Sie ist meine Mutter und was sie macht mit mir, ähnelt ihrem Verhalten, als ich klein war und ständig von ihr vorgeschickt wurde, um den wütenden Vater zu beruhigen. Diese ewige Feigheit - ich kann es jetzt endlich so nennen - tut mir weh. Seit gestern bin ich eigentlich nur noch am Weinen, aber das tut so gut und empfinde ich als normal, da geht viel Druck raus jetzt.

Ähnliches erleben so viele Angehörige zeitgleich jetzt und man kann ja in Angehörigengruppen gehen und sich austauschen, was ich momentan für mich als die beste
Lösung sehe. Nur bisschen quatschen und ratschen, das wäre toll.
Ich nehme das in Angriff, habe ich fest beschlossen, ich brauche noch ein, zwei Tage und dann rufe ich dort an.

Ich glaube, es ist immer leichter sich für die Rechte anderer einzusetzen, weil wir die Nöte
direkt sehen. Es tut auch gut anderen zu helfen, ich habe meine Entscheidung auch nie bereut.

Du hattest ja schon einmal für dich Hilfe beantragt und da war ich gleich neidisch auf so viele Punkte beim ersten Versuch und das war sowas von saudumm von mir.
Versuche es dieses Jahr nochmal, da möchte ich dich ermutigen. Du weisst jetzt, worauf es bei
der Begutachtung ankommt. Selbstständigkeit bei der Körperpflege steht ganz oben bei der Bewertung, alles andere ist fast nebensächlich.

Viel Glück und liebe Grüsse
Christiane














Liebe Bittchen,

mit diesen konkreten Dingen habe ich mich bisher nur oberflächlich befasst, also was die Hilfe für Angehörige betrifft. Das liegt sicherlich daran, dass ich es ausser mit Versorgen und Begleitungen
mit so unklaren Dingen wie einer Not zu tun habe, die hauptsächlich den 90%igen Sehkraftverlust meiner Mutter betrifft und dessen seelische Folgen. Da gehe ich regelrecht in die Knie. Es fällt mir unglaublich schwer das richtig zu beschreiben bzw. sogar noch zu delegieren, aber man kann es sich ja vorstellen wie das ist.

Dennoch, und da danke ich dir für deine Fürsorge und Kenntnisse, es muss sich etwas für mich ändern und das weiss ich auch. Von den klassischen Dingen wie Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege habe ich schon gelesen und da demnächst wieder der Termin mit der Pflegeberaterin dran ist, werde ich das Thema ansprechen und im Beisein meiner Mutter meine Not mal äussern. Solange ich es zulasse, selber nicht wahrgenommen zu werden kann sich auch nichts verbessern, allmählich begreife ich das.

Heute morgen am Telefon äusserte sie fröhlich den Wunsch, mit mir nach Büsum zu fahren, halb im Ernst, halb im Scherz, an ihre geliebte Nordsee so wie sie es früher mit meinem Vater oft tat. Sofort war ich wieder alarmiert, da ich mittlerweile nur noch misstrauisch bin und es sowieso nur um sie geht, sie braucht ja Blindenbegleitung und jemanden, der die O2-Versorgung und den Transport organisiert. Habe ich Lust dazu, könnte ich mir das vorstellen, das wären normale Fragen an die Tochter gewesen.
Da das nie kommt, war das Gespräch über dieses Thema dann auch ganz schnell zuende für mich.

Ich suche momentan die grösstmögliche (innere) Distanz zu ihr, um das Gute zwischen uns nicht ganz zerstören zu lassen. Kleine Schritte in Richtung Wahrnehmung ihrerseits, ein wenig mehr Eigeninitiative von ihr, vielleicht mal Kontakt zu einem Blindenverein, der durchaus Ausflüge unternimmt mit Gleichgesinnten, all das wäre möglich, wenn sie wollte.
Die Basis dazu habe ich gelegt durch alle möglichen Hilfen bei Pflegegrad, Taxifahrten und Putzhilfe, aber bei Bespassung bin ich irgendwie raus. Sie ist meine Mutter und was sie macht mit mir, ähnelt ihrem Verhalten, als ich klein war und ständig von ihr vorgeschickt wurde, um den wütenden Vater zu beruhigen. Diese ewige Feigheit - ich kann es jetzt endlich so nennen - tut mir weh. Seit gestern bin ich eigentlich nur noch am Weinen, aber das tut so gut und empfinde ich als normal, da geht viel Druck raus jetzt.

Ähnliches erleben so viele Angehörige zeitgleich jetzt und man kann ja in Angehörigengruppen gehen und sich austauschen, was ich momentan für mich als die beste
Lösung sehe. Nur bisschen quatschen und ratschen, das wäre toll.
Ich nehme das in Angriff, habe ich fest beschlossen, ich brauche noch ein, zwei Tage und dann rufe ich dort an.

Ich glaube, es ist immer leichter sich für die Rechte anderer einzusetzen, weil wir die Nöte
direkt sehen. Es tut auch gut anderen zu helfen, ich habe meine Entscheidung auch nie bereut.

Du hattest ja schon einmal für dich Hilfe beantragt und da war ich gleich neidisch auf so viele Punkte beim ersten Versuch und das war sowas von saudumm von mir.
Versuche es dieses Jahr nochmal, da möchte ich dich ermutigen. Du weisst jetzt, worauf es bei
der Begutachtung ankommt. Selbstständigkeit bei der Körperpflege steht ganz oben bei der Bewertung, alles andere ist fast nebensächlich.

Viel Glück und liebe Grüsse
Christiane
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Gertrud Star »

Liebe Christiane,

ich habe deinen Beitrag gerade gelesen. Das klingt alles sehr stimmig, was du schriebst.
Das Verhältnis zwischen dir und deiner Mutter ist durch das, was du in der Kindheit erlebt hast in deinem Elternhaus, noch sehr belastet. Da ist das Aufpassen auf sich selber absolut Pflicht sich selbst gegenüber. Zumal ja mit deiner Mutter nicht unbedingt ein Gespräch darüber möglich ist.
Wenn so heftige Gewalt nicht aufgearbeitet wird, gemeinsam und jeder für sich, wird das auch meist nix.

Du hast da schon sehr viel gesunde Distanz aufgebaut. Passe da weiter auf dich auf.
In diesem Sinne würde ich dir auch die Selbsthilfegruppe empfehlen, und auch (speziell wegen eures belasteten Verhältnisses und der Ignoranz deiner Mutter diesbezüglich) einige Gespräche mit dem Therapeuten nahelegen.

Bei eurer Vergangenheit finde ich es fast schon ein Wunder, dass du das übehaupt machst und dazu in der Lage bist.

Ich selbst bin nie in die Verlegenheit gekommen, pflegen zu müssen oder mich zu kümmern. Mein Vater starb sehr jung. Meine Mutter war sehr selbstständig, starb dann sehr schnell und war bis dahin einige Monate im KKH. Ich wohnte sehr weit weg, mehrere 100km. Schwesterchen wohnte nebenan, musste fast nicht arbeiten, und die beiden verstanden sich eh besser.

Pflegeberatung finde ich auch super. Vielleicht gibt es für dich eine Möglichkeit, auch mal weg zu kommen. Das würde ich dir wünschen. Denn dann wärst du garantiert nicht "auf Abruf".

Ich denke, du bist auf dem richtigen Weg.

off topic:
Ich habe vor einigen Tagen den Film über die weiblichen Mitarbeiterinnen der NASA angesehen, von dem du mal schriebst. (Bücherei ausgeliehen). Sehr beeindruckend, und gut gemacht. Ich habe sogar extra den großen PC-Monitor dafür geputzt :)
Da sieht man auch sehr gut, wie die Mütter ihre Kinder stärken, und die Frauen sich gegenseitig.

LG Gertrud
Christiane1
Beiträge: 583
Registriert: 19. Dez 2013, 09:10

Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Christiane1 »

Liebe Gertrud,

danke für deine Worte, capture.

Ich komme mir ab und zu vor, als wäre ein bissiger Hund hinter mir her und ich müsste schnell zusehen, wo ich in Sicherheit komme.
Ich bin so wütend, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Diese Wohnung, wenn meine Mutter mal stirbt, ist ja nicht nur locker nur aufzulösen für mich (die Geier in dem Haus und der Strasse rotieren schon), das ist für mich gar nicht möglich.

Sei froh, wenn du von dieser Aufgabe verschonst bleibst, es ist wirklich besser so.

Ich warte nun auf den Film "Aufbruch ins All" frei verfügbar, wo der wunderbare Ryan Gosling den Neil Armstrong verkörpert. Darüber können wir uns später mal austauschen, wenn du magst.
Beim Film "Hidden Figures" dachte ich oft an meine Mutter und an die verpassten Gelegenheiten, denn sie wäre sehr geeignet gewesen für den neuen IBM Computer bei ihrem phänomenalen Zahlengedächtnis, das ich von ihr geerbt habe.

Ich passe auf, du aber auch auf dich.

Lieber Gruss
Christiane
Simone18
Beiträge: 8
Registriert: 12. Jan 2019, 18:22

Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Simone18 »

Ich empfehle es immer zu versuchen einen Pflegegrad zu bekommen mit Depression. Bei meiner Mutter ist da sogar Pflegegrad 2 bewilligt worden. Also es lohnt sich! Auch die Sozialarbeiter der Akut- Klinik wo meine Mutter schon drei Mal war, haben immer dazu geraten es zu beantragen, weil es realistische Chancen gibt auf Erfolg.
Peter1
Beiträge: 3399
Registriert: 15. Apr 2018, 12:06

Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Peter1 »

Hallo Christiane
Du schreibst weiter oben, das Selbstständigkeit bei der Körperpflege die meisten Punkte bringt. Das kann so nicht ganz stimmen. Ich, besser gesagt, meine rechtliche Betreuerin hatte Pflegegrad 1 beantragt. Bei der Begutachtung sagte ich, das ich die Körperpflege alleine mache. Natürlich habe ich beim anziehen einige Probleme gehabt, weil ich die Arme nur eingeschränkt hoch heben kann. Heraus kam sogar Pflegegrad 2.
Man muss nur die richtigen Antworten geben, das haben meine Betreuerin und ich vorher geübt.

VlG Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Christiane1
Beiträge: 583
Registriert: 19. Dez 2013, 09:10

Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Christiane1 »

Hallo Peter,

bei dir ist das etwas anderes, da du aufgrund deiner Erkrankung eine Betreuerin zur Seite gestellt bekommen hast und der Schwerpunkt bei dir auf anderen Dingen liegt. Es ist schön und ich freue mich für dich wie gut das bei dir ablief.

In Fällen, wo es rein um körperliche Einschränkungen geht, macht das Bewertungsmodul Nummer vier von insgesamt sechs Modulen allein schon 40% aus, und dabei geht es tatsächlich nur um den Bereich "Selbstversorgung" (Körperpflege, Zahnpflege, Ernährung).
Deshalb gebe ich immer den Rat, sich vorher zu informieren, worauf es ankommt.

Da kann also ein seelisch gesunder Mensch, der trotz aller möglichen körperlichen Einschränkungen jedoch noch in der Lage ist sich den Pulli selber aus-und anzuziehen und den Lappen zu nehmen zum Oberkörperwaschen, durchfallen mit 0 Punkten. Und die anderen fünf Bewertungsmodule reichen dann manchmal nicht mal für Pflegegrad 1 aus, wenn man in jedem nur einen Punkt bekommt.

Ist bei meiner Mutter zweimal passiert, ganz ohne ges. Betreuer, dafür sie aber hochgradig sehbehindert und mit 24h Sauerstoffbedarf durch eine Nasenbrille.
Wir wurden auch weder vorbereitet noch wurde mit uns geübt, wie man sich dem MDK gegenüber zu verhalten hatte, weil keiner da war zum Üben.

Liebe Grüsse
Christiane
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Gertrud Star »

Liebe Christiane,

das mit dem bissigen Hund ist nachvollziehbar. Der symbolisiert Gefahr, Angriff. Der ist darauf dressiert.

Und genauso ist das mit deiner Mutter, die greift ständig an und merkt es nicht.
Das was du schreibst, würde ich aus Sicht des Kindes mit dem Wort Gewalt beschreiben. Das war emotinale Gewalt. Gleichzeitig schützte sie dich nicht vor der Gewalt durch deinen Vater. Sie war Täterin und Mitläuferin.
Kein Wunder, dass du heute so reagierst.
"Mama jetzt höre auf mit dem Mist, merkst du nicht, was du anrichtest?" wäre da die Standardantwort.
Du bist keine Zielscheibe, und kein Fußabtreter.
Obwohl deine Mutter wahrscheinlich auch psychsich krank und Opfer/Überlebende von Gewalt ist.

Was ich auch immer wieder bemerke ist, dass die Leute meinen, man könnte doch so viel erledigen, weil man doch so viel Zeit hat. Der Schritt zur Erwartung und zum Druck, sich da um die Leute zu kümmern, ist da nicht weit. Und das vor allem bei den Töchtern, bei den ältesten ganz besonders, und sind sie berentet, umso mehr.
Alle können das somit auf die am meisten Beschädigten abwälzen, die Arbeit und die Verantwortung.
Dass diejenige ja nicht umsonst berentet ist, und wenige Mittel hat um die Belastung auszugleichen, wird dabei meist übersehen.
Ich selbst habe einmal vor wenigen Wochen in anderem Zusammenhang mal auf schwere Krankheit und Berentung hinweisen müssen. Danach wurde die Kommunikation wieder viel normaler, relativ schnell.

Es kann sogar für dich mal notwendig werden, eine Reha zu machen als Entlastung von der gesamten Situation, und das regelmäßig. Denn so wie es ist, schadet es dir vielleicht doch, ist aber zumindest sehr belastend. Viele machen alleine schon wegen der normalen Belastung eine Reha, auch ohne solch eine Geschichte im Hintergrund.

Ich hatte vor Jahren mal Einblick in das Leben eines älteren Ehepaares, wo beide körperbehindert waren, die Frau auch psychisch eingeschränkt. Da kümmerte sich der Opa um alles, soweit er konnte. Es kam auch der Pflegedienst täglich. Dann fragte jeden Morgen der Nachbar, ob er behilflich sein kann (so Kleinigkeiten, die man mal schnell oder nebenbei mit erledigen kann), da war meist nichts.
Minimum einmal die Woche schaute jemand von den Kindern vorbei oder deren Partner. Jedes Wochenende kam abwechselnd eine der Familien auch mit den Enkeln, um zu putzen, zu handwerkeln und zu kochen. Alle genossen das.
Die gingen aber auch normal miteinander um, da war niemand so geschädigt und fies.

Du scheinst ja ein richtiger Raumfahrtfan zu sein. Den Film über Neil Armstrong könnte ich mir auch angucken. Der Typ war doch der, der nur den Berechnungen von Katherine Johnson vertraute und ohne diese nicht fliegen wollte.
Erinnerst du dich noch an die Szene aus Hidden Figures, wo Kathrines Mann sie fragte, ob er sie küssen dürfe, weil er davon ausginge, dass er dürfe, weil sie ihn sonst schon längst davon gejagt hätte?

LG Gertrud
Christiane1
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Registriert: 19. Dez 2013, 09:10

Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Christiane1 »

Liebe Gertrud,

obwohl ich den Film schon zweimal geschaut habe, kann ich mich an diese Szene momentan nicht erinnern, aber sie passt sehr gut zu Katherine.
Was dieser Film auch noch als Botschaft vermittelt ist, dass das Bild eines rein weiss-männlichen
Raumfahrtprogrammes schlichtweg falsch ist. Es gab schon immer Männer und Frauen aller
Couleur, die daran mitwirkten, aber die Öffentlichkeit sollte es seinerzeit nicht wissen.
Bei den Russen lief es ähnlich diskriminierend, sie schickten versuchsweise zuerst einen Hund ins All und dann eine Kosmonautin, Schwarze hatten sie nicht. Die Hündin hiess Laika;-).

Du hast sicherlich aufgrund deiner eigenen Erfahrungen von früher ein feines Gespür mit jeder Menge Antennen entwickelt, das ist dir anzumerken.
Ich war eigentlich selber ganz gut davor mich nicht mehr zu oft im Schlamm meiner kindlichen Erfahrungen zu wälzen, dieser heftige Rückstoss jetzt tut richtig weh und ich muss mich da erst wieder berappeln.

Bei mir geht es, denke ich, momentan nicht so sehr um eine Reha für Angehörige, ich würde das vielleicht auch gar nicht schaffen und das auch nur wieder als Stress empfinden. Wohin mit der Katze, was muss ich tun, um wieder fit zu werden, worum geht es dabei, eigenartige Gedanken, aber für mich steht mein Kontrollverlust ziemlich weit vorne, ich will nicht wegfahren und mich um alles kümmern müssen vorher, damit meine Mutter bestens versorgt ist in dieser Zeit.

Ich bin am Überlegen, wie ich die Wucht der Verletzungen reduzieren kann und das geht nur über deutlich mehr Abstand und weniger Abrufbereitschaft. Meine Mutti spürt schon etwas, wir haben uns gestern gesehen und ich habe sie später nachhause begleitet und wusste, dass um 14.00 Uhr noch der neue Helfer zu ihr kommen würde. Ihn haben wir seit wenigen Monaten erst zusätzlich zu mir und der Putzfrau, um den bei einem Pflegegrad mitgelieferten Entlastungsbetrag über 125 Euro im Monat nicht sausen zu lassen, sondern irgendwie noch sinnvoll einzusetzen.

Der war nun mit ihr nochmal los gestern zu netto als Begleiter und Einkäufer, obwohl sie schon vollkommen kaputt und kurzatmig war, und hat gleichzeitig
das gemacht, was sie brauchte. Sie wollte seit drei Wochen schon, dass ich alleine mal kurz zu dem netto gehe und den netten Bäckereifrauen vorne sage, dass nun noch eine Nachbarin gestorben sei, was meine Mutter traurig macht und belastet, klar, aber ich sollte denen das erzählen. Als wäre ich eine nette Nachbarin, die ja mal loslaufen kann und später berichten, was die anderen so an Mitgefühl mitgegeben haben. Brrr, gruselig, da wird mir ganz kalt.

Das tat ich nicht und daraufhin wurde es wieder deutlich kühler mit uns, denn mich erneut vorzuschicken ist ihr Muster, ihre Symptomatik, mein Missbrauch an mir.
Sie hat übersehen, dass auch ich sehr traurig bin über den Tod dieser Nachbarin und dabei war, als die Nachricht kam. Die Kinder dieser Nachbarin sind einige von vielen meiner ehem. Sternenguckerkinder von damals und ich habe sie gedrückt und umarmt, die Rücksichtnahme galt nun aber der kranken Heidi, die ihre Freundin verloren hat. Und dann, weil die beiden alten Damen samstags gerne zusammen zu netto gingen, das kleine A-Team, wer erzählt es nun den Bäckereidamen, was passiert ist. Ob die das überhaupt interessiert, dachte ich. Da gehst du ja erneut in die Knie und dennoch wollte ich keine Todesbotin sein, wofür ich ja gar kein Verständnis bekam. Wahrscheinlich bin ich wieder zu empfindlich, der Ausspruch kommt hin und wieder mal, wenn ich aus "Verletzen-Sicht" und sie aus "Keine- Ahnung- was-los-ist" sprechen, im Grunde zwei verschieden Sprachen. Dieses Gleichgewicht, das ich aufrechterhalten habe bei beiden Elternteilen, kippt jetzt ganz stark zur Seite.

Es ist für mich nicht mehr normal alles. Du hast schon zweimal erwähnt, dass dich meine Normalität erstaunt, aber das gebe ich gleich mal zurück an dich. Mein Bruder hat mit 8 schon erkannt "Die sind bekloppt" und ebenso wie ich diese Ambivalenz der Gefühle erlebt. Man kann selber normal bleiben, man leidet nur unverhältnismässig viel und das beeinflusst das ganze Leben.

Als unser Vater starb 2011, war mein Bruder noch zwei- dreimal bei unserer Mutter, hat ihr Schlafzimmer gestrichen und eine neue Kommode aufgebaut und er hat die Kälte dann nicht mehr ausgehalten und kam nie wieder. Er wohnt nur 300m weg von der elterlichen Wohnung, joggt dreimal die Woche daran vorbei, aber er will sie nicht sehen, was schwer ist für ihn, aber er schafft und will es nicht. Neulich beim Griechen (er erkundigt sich dann doch immer mal ganz vorsichtig bei mir) sagte er wütend, die war doch keine Mutter.

Noch eine Geschichte, wie jemand damit umgeht und ich bin so in der Mitte und wenn ich nicht aufpasse bei meinen Handlungen, verliere ich alles. Unerträglich, wie die Mutti über meinen Bruder spricht, wenn sie denn mal spricht, er ist DER, der war schon immer so, hart wie der Vater. War er nicht, er ist auch nur unter massivem Stress gestanden und hat exakt das gleiche erlebt wie ich. Gesund bzw. arbeitsfähig und zu einem guten Leben fähig ist er geblieben bis heute, weil sein Selbstschutz gut funktionierte, er hat seine Wut besser kanalisieren und in
aktive Bahnen umlenken können, aber heiraten und Kinder bekommen waren für ihn genau so wie für mich ausgeschlossen. Lieber Katze oder Hund haben, das ist sicherer.

Ich kann nach einigen Tagen, wo ich mich im Forum richtig ausgekotzt habe und dankbar bin für
deine und auch Bittchens Mühe, nur sagen, dass ich langsam wieder Licht sehe. Mir kocht die Wut über, aber kontrolliert, ich bin ja schon froh, dass ich wieder klarer denken kann.

Lieber Gruss
Christiane
Bittchen
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Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Bittchen »

Liebe Aurelia Belinda,

ich habe das Thema Mal hoch geholt.
Vielleicht bekommst du ja einige Tipps die du beachten kannst.

Liebe Grüße
Bittchen
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
anna54
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Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von anna54 »

Liebes Bittchen
ich lasse liebe Grüße hier für dich!
Habe den Pflegrad eins nicht bekommen,Widerspruch nicht zu Ende gebracht.
Das wird eine neue Baustelle.
Schicke Sonne!
anna54
Gertrud Star
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Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Gertrud Star »

Gute Idee, Bittchen.
Wo wenn nicht bei Aurelia Belinda und ihrem Mann wäre das angebracht.

Hallo Aurelia Belinda,
Schwierig soll es werden, wenn körperliche und psychische Beeinträchtigungen zusammen auftreten. Das muss irgendwie damit zusammen hängen, dass das schwer zu begutachten sein soll, und nicht so recht ins Abrechnungskonzept passen soll (jedenfalls schwieriger, als wenn nur körperliche oder nur psychische Beeinträchtigung vorliegen soll).
Ihr seid ja mittlerweile auch älter geworden, das dürft ihr nicht vergessen. Da wird es bei vielen körperlich Beeinträchtigten schonmal schwerer, merkt man eben früher als bei Gesunden.
Was die Verwandten sagen, kann euch egal sein.

LG Gertrud
Aurelia Belinda
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Wohnort: Mittelfranken

Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Aurelia Belinda »

Liebe Bittchen,
Du bist ein Schatz. Vielen lieben Dank für das Thema.
Werde ich morgen mal in Ruhe inspizieren.
Ihr seid Gold wert.
Danke.

Liebe Gertrud,
Vielen Dank für deinen Bericht.
Leider sind wir halt körperlich u. Psychisch echt beeinträchtigt.

Danke euch herzlich.
Wenn ich die Ablegung von anna lese, graut mir vom MDK.
Aber da muss man durch.

@ anna, machst du einen neuen Versuch?

LG Aurelia Belinda
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
Bittchen
Beiträge: 5430
Registriert: 2. Feb 2013, 18:02

Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Bittchen »

Liebe Aurelia,

den Pflegegrad beantragen war für mich anstrengend.
In erster Linie aber war ich innerlich nicht dazu bereit.
Das hat dazu geführt ,dass ich die Punktzahl nicht erreicht habe.
Irgendwie hatte ich dann in meinem Kopf," so krank bist du ja auch nicht."
Das war echt blöde und ich fand die Bestätigung,das es ja nicht soooo schlimm ist, von der medizinischer Seite her ganz ok.
Aber ich hätte es besser wissen müssen,mit welchen Mitteln da gearbeitet wird, das ist mir ja auch klar.
Später ging mir da ein Licht auf.
Da habe ich berufliche Erfahrung und auch hier haben sich mir die Haare hoch gestellt ,wenn ich da einige Vorgänge gelesen habe.
Aber es ist leider so,dass ich dass Gefühlt hatte, mir unehrlich etwas erschleichen zu wollen,was mir nicht zusteht.
Ich glaube diese Einstellung gehört auch zum Krankheitsbild Depressionen.
Mach du es bitte besser!!!
Ich wollte das Geld für Hilfe im Haushalt,Pflegegrad 1 würde mir zustehen,da bin ich mir heute wieder sicher.
Der Haushalt fällt mir zunehmend schweren und ich bin ja nicht mehr jung.
In einer depressiven Krise,die ich gerade auch wieder durchmache , bin ich sehr antriebslos.
Dann setz ich mich von einer Ecke in die andere ,lesen und schreiben im PC geht
gerade noch so.
Aber auch das fällt mir im Moment schwerer.
Dieser Antrag auf einen Pflegegrad war für mich das Eingeständnis meine Beeinträchtigungen offiziell zu machen.
Da habe ich nur in meiner engsten Familie drüber gesprochen und nur mein Mann war bei dem Termin dabei.
Ja,ich habe mich geschämt und wollte nicht,dass Nachbarn da was mit bekommen.
Ich war bei dem Termin nicht ganz ehrlich und habe mein Befinden beschönigt.
Außerdem hatte ich wie der Psychiater kam gefühlt, einen besseren Tag.
Die Baustelle war ja auch schon da und er sah darin die Ursache für das Chaos hier .
Was ja auch nur teilweise stimmt.
Im Moment kann ich mich schlecht konzentrieren und kann dir wenig sagen, worauf du achten sollst.
Aber da gibt hier und auch im Internet viel Information.
Ich wünsche dir und deinem Mann ehrlichen Herzens, einen schnellen positiven Erfolg bei dem Antrag.

Alles Gute und liebe Grüße
Bittchen
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
Aurelia Belinda
Beiträge: 8335
Registriert: 23. Aug 2018, 20:03
Wohnort: Mittelfranken

Re: Pflegegrad 1 bei Depression?

Beitrag von Aurelia Belinda »

Liebe Bittchen,
Vielen lieben Dank fürs Aufraffen mir hier zu schreiben. Ich weiss wie tief du momentan unten bist.
Wundern tut mich das gar nicht bei all seinen starken Belastungen.

Ja, mein Mann ist auch so einer der gern mal “ beschönigt “ anstatt die Fakten auf den Tisch zu legen wie es wirklich um uns steht.
Wir kriegen den Haushalt nicht mehr geregelt. Der Einkauf ist für mich eine Qual. Oft ein Spiessrutenlauf.

Ich denke auch dass dir der Grad 1 auf jeden Fall zusteht.
Und du brauchst nicht drüber grübeln,
Ob du dir unrechtes erschleichst. Sicher nicht.
Es gibt viele die das System ausnutzen.
Ich denke wir gehören nicht dazu.
Eher sind wir so dumm u. Gehen wieder über die Grenze des machbaren.

Aber das dürfen wir nicht!!
Du nicht, ich nicht.
Ich werde den Antrag versuchen.
Egal erst mal wie es ausgeht.
In der Vergangenheit haben wir etliche Niederlagen erlebt mit Ablehnung, Widerspruch und und. Aber auch manchmal Erfolge.
Traurig trotzdem dass man mit so wenig Energie hält immer so arg kämpfen muss.
Wirst du es in absehbarer Zeit nochmal versuchen......oder ist daran gar nicht Tu denken. Bei Euch ist ja so viel im Argen.

Bei uns ähnlich. Eigentlich ständig am Limit. Ohne Ruhetage geht gar nichts.
Nach dem gestrigen Tag wenn ich meinen Mann Baden muss, Plus Termine, Plus kochen, brauche ich einige Tage zur Erholung.

Ostern würde ich gar nicht mitkriegen wenn ich es nicht im Radio hören würde.
Alle planen wieder Urlaub.
Fahren weg. Wir sitzen weiterhin im Elend.

Dieses Jahr habe ich die Oster Deko nicht geschafft. Nur zwei verlassene Hasen. Aber wenn ich an dich denke,ist es bei euch noch weitaus schlimmer. Unerträglich.

Ja, versteh schon. Du musst dich nicht rechtfertigen, dass du nicht viel schreiben kannst. Ist eben jetzt so.
Du versuchst trotzdem dich hier gut einzubringen, bist mir auch ein guter Beistand, und hast gute Tipps. Dafür Dankeschön.

Habe auch wieder Konzentrationsprobleme aktuell. Konnte heute morgen auch meine Tageszeitung nicht lesen.
Lese ja hier täglich etwas.....Aber lange nicht soviel wie ich es gern möchte.

Jedenfalls tausend Dank für deine Bemühungen für meine Situation.
Der Pflegegrad wird uns schon über 1 Jahr angeraten. Mein Mann kann bestimmte Bewegungen gar nicht mehr ausführen.
Auch beim anziehen muss ich helfen.
Und vieles mehr.
Und das psychische greift jetzt so arg
Ein, er könnte sich alleine nicht versorgen. Und ich bin genau so krank. Am Limit. Null Ahnung wie das weiter gehen soll. Aber wem sag ich das.....
Du weisst wovon ich rede.

Ich denke wir beide lassen uns dennoch nicht unterkriegen. Nicht wahr?
Wir werden das Kind schon irgendwie schaukeln, wir lassen es einfach eine Weile wild umher rennen.
Und dann....im richtigen Moment, nehmen wir es an die Hand und zeigen ihm wo es lang geht.....( zwinker ).

Wird schon werden.
Alles Liebe euch,
Danke für deine Mühe,
LG Aurelia Belinda
Alle eure Dinge lasset in Liebe geschehen
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