Anfälle von Selbsthass

Bittchen
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Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Bittchen »

Liebe Camilla,liebe Frau Würz,

Psychotherapeuten/Psychiater sprechen ja heute von einer depressiven Störung ,nicht von Krankheit.

Dadurch wird ja das schwere Krankheitsgefühl, was unbestritten auftreten kann, nicht verharmlost.

Im Literatur- Unterforum habe ich einen interessanten Artikel rein gesetzt.

LG Bittchen
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
Ziege04
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Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Ziege04 »

Hallo Frau Würz, auch von mir ein Willkommen.
@ Camille und @ Frau Wal ein Danke.

Aktuell ist es bei mir so:
Feiertage vorbei; ohne Erwartungen angesagt und damit erstmals ohne Stress.
Es gab einfach lecker Essen und Zeiten der Gemeinsamkeit, doch auch den Schnitt; nun ist für heute genug.
Was ich damit wagte, ist gelungen; es waren ruhige Tage.
Doch trotzdem bleibt ein Gefühl - es hätte eigentlich anders sein sollen; mehr traditionell... was es nicht war und auch nicht gefordert oder vermisst; das bekam ich als Rückmeldung.
Und für den Weg, den ich sonst gehe im Leben; oft kommt Zustimmung, und es ist mein Ding, was ich da angehe; trotzdem bleibt dieses Gefühl-
es geschafft zu haben und doch nicht; diffus und ohne Worte der Erklärung; doch mit Selbsthass....
Ein schwebender Ansatz darüber, woher auch immer, sagt nur: 'Das haste ja schön hingekriegt' ....
So zynisch- humorvoll ich auch bin; das passt nicht!

Ich gebe das für heute von mir so mit;
LG Ziege04
dunkelblau96
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Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von dunkelblau96 »

Wer kennt das Gefühl, nicht gut genug zu sein, etwas zu müssen, was man nicht mag, ein schlechtes Gewissen zu haben, weil man sich verweigert, nicht in der Realität unterwegs ist?
LG dunkelblau
Frau_Wal
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Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Frau_Wal »

Hallo ihr Lieben,

ich denke bei dem Thema geht es auch viel um Erwartungen, vor allem um die Erwartungen an einen selbst. Wenn ich so richtig selbstzerstörerisch drauf bin, erwarte ich von mir, dass ich alles, was anfällt, schnell, absolut korrekt und sehr ordentlich erledige und dabei bitte auch noch toll aussehe und gut gelaunt bin. Das ist natürlich völlig utopisch, aber alles, was unter dieser Erwartung bleibt, ist für mich dann ein Totalversagen, für das ich mir auch noch Vorwürfe mache. Bei manchen Aufgaben blockiert mich diese Erwartungshaltung. Dann möchte ich gar nicht erst damit anfangen, weil meine Messlatte so hoch hängt, dass ich ja nur versagen kann.

Es fällt mir schwer, mir zuzugestehen, dass ich einfach nur ein normaler Mensch bin, der manches besser kann und anderes nicht so gut, der manchmal unkonzentriert ist oder mehrere Versuche braucht oder einfach mal keine Lust hat, etwas zu erledigen. Das Schlimme ist: wenn mir etwas gut gelingt, hilft mir das auch nicht weiter. Darüber kann ich mich nicht freuen, denn das ist selbstverständlich und ich habe ja nur gerade so meine Erwartung erfüllt. Irgendwas hätte ich bestimmt noch besser oder schneller machen können. Das war schon in der Schule so. Eine 1 war normal, eine 2 ging in einigen Fächern gerade noch so und alles andere war undenkbar schlecht. Leider habe ich inzwischen in allen Lebensbereichen viel Übung mit dieser Art von Selbstsabotage und es ist gar nicht so einfach, das abzulegen.

Daher versuche ich jetzt zu lernen, dass man die meisten Dinge im Leben gar nicht perfekt machen muss. "Gut" oder "zufriedenstellend" reicht schon völlig aus und je nach Anlass reicht auch ein "geht gerade noch so durch". Ich übe, nachsichtig mir mir zu sein, wenn ich mich wie ein normaler Mensch verhalte und keine zu hohen Anforderungen an mich zu stellen. Außerdem bin ich dabei, mir einen anderen Umgang mit mir anzugewöhnen. Statt mir Vorwürfe zu machen oder mich innerlich zu beschimpfen, versuche ich freundlich und ermutigend mit mir zu reden.

Erstaunlicherweise komme ich mir gar nicht doof vor, wenn ich mir innerlich sage:
* Du lahme Ente, kannst du eigentlich noch was anderes außer sinnlos rumzutrödeln?
* Zu blöd zum Leben und scheiße siehst du auch noch aus!
* Du könntest schon längst damit fertig sein, aber du musst ja aus allem ein Problem machen!
* Jetzt mach halt, andere können das doch auch!
Zu anderen Menschen würde ich das nicht sagen und ich empfehle es auch absolut nicht zur Nachahmung, aber mit mir selbst gehe ich so um. :twisted:

Ich komme mir aber ziemlich eigenartig vor, wenn ich mir sage:
* Du schaffst das: zuerst A, dann B, immer schön hintereinander.
* Du hast genug Zeit: mach einfach so wie du kannst, das wird schon.
* Ich weiß zwar nicht genau, wie das geht, aber ich fange einfach mal an. Der Rest ergibt sich.
Und falls ich nicht weiterweiß, kannn ich jemanden fragen.
* Das ist jetzt gut so, mehr Arbeit musst du nicht investieren. Jetzt gibt's einen Tee!
Anderen Menschen gut zureden kann ich, nur bei mir selbst hakt es gewaltig. Diese Sätze könnt ihr euch gerne klauen, wenn ihr sie brauchen könnt. :D

Ich hoffe, dass ich das mit der Zeit umkehren kann und mir irgendwann die ermutigende Redeweise leicht fällt, während mir die abwertende Art unangemessen vorkommt. Da hat der Wal noch viel zu tun!

@Ziege04: eventuell spielt bei deiner Bewertung der Feiertage doch die unterschwellige Erwartung eine Rolle, dass solche Feiertage nach bestimmten Traditionen ablaufen sollen. Dabei war doch offenbar alles gut und alle waren zufrieden. Das spricht dafür, dein Vorgehen aus dem letzten Jahr als neue Tradition zu etablieren. Jede Tradition hat irgendwann einmal als Neuerung angefangen (sonst würden wir immer noch in Höhlen hocken und Weihnachten gäbe es gar nicht). Deine neue Feiertagstradition beginnt 2018. ;)

Viele Grüße,
Frau_Wal
Camille
Beiträge: 602
Registriert: 3. Nov 2018, 21:35

Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Camille »

Hallo Frau Wal,

Ich bin die erste, die sich die Sätze klaut. ;)

Genau daran versuche ich mich nämlich auch gerade - nach 49 Jahren ganz schön schwierig.

Danke Camille
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo ihr,
ich reihe mich mal ein. Früher immer schön die 1er geschrieben, und die 2er waren schon schlecht, naja fast zumindest. Ich denke viel darüber nach derzeit, wie einen sowas prägt.
Das Dilemma der Einserschüler war oft, dass von ihnen erwartet wurde, dass sie das komplexe Leben genauso leicht und begreifen, wie sie es angeblich in der Schule taten mit dem Schulstoff. Physik ist aber einfacher. Besonders wird das so gemacht in überlasteten Familien. Bei den Mädchen kommt noch dazu, dass von ihnen erwartet wird, dass sie dann erraten sollen, was die Mütter so wollen könnten, selbst aber nicht wissen, dass sie wollen und nicht dürfen. Kompliziert. Und so wächst man auf, mit einer Kommunikation, die vor allem eins kann: Selbstzweifel schüren und nähren. Man lernt, dass man außergewöhnlich schlau und doof ist, sein Leben in der Hand hat und trotzdem total ohnmächtig, stark und schwach - alles in viel stärkerem Ausmaß. Achso, das Erwachsenwerden ist total easy, aber "diese Mädchen" haben es immer schwer. Absolut fähig und unfähig zugleich.
So oft angeschrien werden.
Das ist eine total schizophrene Situation! Und keiner merkt es.
Ich dachte vorhin im Sessel, bevor ich ins Forum ging darüber nach, wie mir bei der Jugendweihe mulmig war, ich mich schämte und so tat, als wäre alles in Ordnung. In Wirklichkeit wusste ich wahrscheinlich vom Gefühl her schon, dass nix in Ordnung war außer meinen guten Noten (einziger Quell von Stolz, haltgebend und zukunftshoffnunggebend). Nur hatte ich keine Worte für das und so vieles, weil man ja nur dieses Leben und diese Familie kannte, keinen Vergleich hatte.
Ich schaffte auch Lehre mit Abi und anschließendes Studium. Aber anschießend war ich arg angeknackst. Obwohl es mir vom geistigen Niveau her vielleicht sogar noch etwas zu leicht war.
Dann einige Jahre Arbeit in Helfertätigkeit, um Schulden abzubezahlen, mit Fernpendeln, wiedermal. Mit 30 war ich wohl zu kaputt. Nur erkannte das wohl niemand.
Mich wunderte es dann selber, warum ich mein Elend nicht verhindern konnte, so machtlos war, trotz all der Schlauheit. Bis mir mal jemand sagte, ich war eine normal-lebensunerfahrene Mittzwanzigerin nach dem Studium, da kann fast niemand solch einen Blödsinn verhindern oder sich gegen soviel Übereifer von anderen wehren, wenn man keinen Plan hat schon 3mal nicht.
Ich sage mir auch solche Sätze.
Ich komm mir auch blöd dabei vor. Man war ja so gut in Schule und Studium und hat soviel durchgehalten, man war immer die Große und Schlaue, und dadurch geschützt.
Vielleicht, für mich, würde ich es nicht Selbsthass nennen. Es ist eine Mischung von Selbstzweifeln, Ohnmacht, Demut, Anspruchshaltung, Wollen und Verzagtsein, Wut und anderem. Das fühlt sich auch körperlich oft heftig unruhig an.
Jemand sagte mir mal, das wäre nur das Lebenwollen (und Fühlenwollen).
Und ja, oft genug gehts dabei auch um Idealismus.
Soviel dazu.
LG Gertrud
Katerle
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Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Katerle »

Ziege04 hat geschrieben:Hallo an das Forum;

Habt Ihr auch schon mal das Gefühl gehabt, sich selbst zu hassen?
Am liebsten, alles, was das selbst betrifft, einfach mit dem Selbst in die Dunkelheit des Nichts zu werfen, damit man nicht mehr aufwachen muss?

Wo ordnet sich dieses Gefühl ein?

Fragt Ziege04
Oh ja liebe Ziege, dieses Gefühl kannte ich...
Mir wurde das so nahegelegt, wie Camille schon beschrieben. Die Wut/Aggression richtet sich gegen sich selbst...

LG Katerle
Zuletzt geändert von Katerle am 24. Jan 2019, 15:55, insgesamt 1-mal geändert.
Emma52
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Registriert: 4. Nov 2016, 00:01

Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Emma52 »

Ihr Lieben,

oh ja, ich kenne das alles so gut, wie Ihr das beschrieben habt. In wundervollen Worten. Ich bin mittendrin, obwohl ich es besser weiß. Das Allerbeste für Euch alle.

Alles Liebe, Emma
Frau_Wal
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Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Frau_Wal »

Hallo Gertrud Star,

ich sitze gerade mit weit heruntergeklappter Kinnlade vor deinem Post und erkenne: ich bin auch eins von "diesen Mädchen", die du beschreibst. :o

Einerseits bin ich erleichtert, dass ich damit nicht alleine bin, andererseits bin ich entsetzt, weil es offenbar noch mehr Menschen gibt, die unter einer überlasteten Familie leiden.

Das trifft es bei mir ziemlich gut. Es ist eigentlich nichts wirklich "Schlimmes" passiert in meiner Kindheit und Jugendzeit. Es waren ganz normale Lebensereignisse, aber eben viel auf einmal und für meine Familie und für mich einfach zu viel.

Leben- und Fühlenwollen sind gute Stichworte. Darüber muss ich noch ein bisschen nachdenken...

Viele Grüße,
Frau_Wal
Gertrud Star
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Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Gertrud Star »

Ja liebe Frau Wal,

ich dachte mal, ich setze das Posting hier rein, weil ich mir dachte, hier tummeln sich viele von "diesen Mädchen". Die meisten davon dürften viele Jahre lang versuchen, mit sich klar zu kommen. Von manchen Frauen sagt man, dass sie mit etwas über 50 Jahren ihre Depressionen los werden, bei anderen werden sie sehr viel besser. Ich vermute dabei, dass da oft eine Doppelbelastung weg fällt, oder für überdurchschnittlich inteligente Frauen das Rentenalter näher kommt (sprich ein Ende dieser Last in Sichtweite kommt).

Das Anschreien in der Jugend hat hauptsächlich 2 Gründe:
Der erste ist die Überlastung der Mütter selbst und deren Lebenseinengung. Der andere ist, dass diese Mädchen, sind sie sehr intelligent, trotzdem in das übliche Frauenleben hinein bugsiert werden sollen, und ihre Schlauheit dabei bestenfalls nicht bemerkt, schlimmstenfalls schlecht geredet wird.
Sie sollen die üblichen Rollenerwartungen erfüllen, ohne dass man mit ihnen darüber spricht.

Ich las neulich in einem Buch über Hochbegabung, dass für sehr intelligente Mädchen die Psychiatrie ein guter Schutzort wäre. Als ob es gesund wäre, immer nur beschützt zu werden, mit Sozialhilfe zu leben und die Wahrheit über einen selbst verschwiegen zu bekommen (betrifft die Männer auch).

Bei uns war es die Kinderzahl (nur 3), der frühe Tod der Oma, und die Bedürfnisse des (vermutlich) hochbegabten Vaters, der wegen Studium sehr oft weg war, was die Familie überlastete. Es kamen dazu, dass Mutter das Geld heimbringen und sich um die Kinder kümmern musste, und keine Hilfe hatte.
Dazu kommt, dass einem niemand beibringt, mit sich und der Schlauheit umzugehen, oder den Eltern mit ihren schlauen Kindern.

Die schlauen Mädchen vom Land oder aus einfachen Arbeiterhaushalten zählen, was psychische Krankheiten angeht, zu den Hochrisikogruppen. Nur weiß das keiner. Bei mir persönlich rätselten die Profis immer nur rum. Aber keiner kontne mir mal etwas über meine Herkunftsfamilie sagen, und ein IQ-Test blieb aus. (mittlerweile ist der krankheitsbedingt niedrig).
Schlaue Mädchen aus Einwandererfamilien (die zweite Generation) gehören ebenso dazu.
Bei mir selbst fehlte auch ein Ansprechpartner von außen, Oma, Tante, Lehrerin oder so, oder beste Freundin. Ich fraß alles in mich rein, und sammelte Kummerspeck an.

Es kommt der Stress des eigenen Anders-Seins zusammen mit dem großen Stress der Familie. Von den ältesten Töchtern wird recht früh verlangt, sich zurück zu nehmen. Fleißig die Hausarbeiten machen oder mit den Kleinen spielen, ansonsten schick aussehen und nichts sagen, also Vorbereitung auf die Hausfrauenrolle, vorher natürlich Heiratskandidatin. Arbeitstier, mit Mehrfachbelastungen (und sei es nur als Akademikerin 70 Stunden für Hilfsarbeiten unterwegs sein, unter einer Schuldenlast fast zusammen brechen und dabei noch aushalten zu müssen, dass einem gesagt wird, irgendwer wird einen schon wegheiraten und wenn die Kinder kommen, wirds gut, dabei verabschiedet sich gerade die Periode vor Überlastung wie bei mir).

Das Thema Begabung und Psychiatrie steckt sowas von in den Anfangsschuhen, wie ich erfahren habe.

Und was Überlastung von Kindern und Teenies angeht, wird man bisher fündigt bei den Kindern psychisch kranker Eltern. Neuerdings wird auch diskutiert, was pflegende Kinder auszuhalten haben.
Da kennt man die Belastung. Oberstes Prinzip ist, denen erstmal zu sagen, dass das was sie erleben, eben nicht normal ist (im Sinne von nicht üblich, und eine Belastung).
Ich wünsch mir rückwirkend, das mir das mal jemand gesagt hätte.
In keinem der Behandlungs- und Therapieräume hatte ich das Gefühl, ausreichend gesehen und verstanden zu werden. Das kommt jetzt erst.

Und genau deshalb schreibe ich darüber, eben weil das bis ins jetzige Alter so ungute Gefühle macht.
Damit sich eventuell jemand was raus lesen kann, zur Inspiration.

Buchempfehlung:
Wanhnsinnsfrauen
Schlaue Mädchen
Doppeldiagnosen-Fehlldiagnosen

So nun gebe ich allen mal Zeit zum Nachdenken.
LG Gertrud
Christiane1
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Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Christiane1 »

Hallo Gertrud,

kann ich deine Begrifflichkeit hochbegabte oder überdurchschnittlich intelligente Mädchen mal ersetzen bzw. ergänzen durch "ambitionierte" Mädchen? Mir würde das besser gefallen.
Es geht mehr um das Anderssein- und fühlen und ich würde das nicht nur ausschliesslich am IQ festmachen, sondern allgemein am Übersehen von Fähigkeiten und Talenten bei solchen Mädchen wie uns.

Ich weiss ja längst, dass echte Hochbegabte sich gerne als nochmal anders sehen als nicht so Hochbegabte, aber diese Abgrenzung klammert alle Zwischentöne aus, wenn man sich rein auf die Schnelligkeit einer Auffassungsgabe verlässt oder die Verlässlichkeit beim logischem Denken.
Also ich sehe dich klar und deutlich, weswegen mir man jetzt emotionale Intelligenz unterstellen könnte, aber ich bin eher interessiert als tief beteiligt, was völlig normal ist für unsereins.

Wir hatten früher das gleiche Rollenmodell zuhause wie du es bei dir beschreibst und ich bin im Westen grossgeworden, wo eines Tages der Zauberwürfel Rubiks`Cube auf die Platte kam und, naja, ich habe den stur gelöst irgendwann. Mithilfe eines von irgendwoher stammenden Lösungszettels mit über vierzig Schritten beim Drehen und den habe ich auswendig gelernt.
Hat nichts genutzt, mein einziger Fan war mein kleiner Bruder, ansonsten musste ich mich als Mädchen ordentlich benehmen und abwaschen und Treppe putzen und ich war ein Mädchen,
das in eine harte Welt hineingeboren wurde. Wie ein kleines Hündchen musste ich um jedes Quentchen Liebe betteln und daraus entstehen ja erst die Probleme leider.

Ich denke überhaupt nicht, dass nur die schlauen Mädchen vom Land oder aus einfachen Arbeiterhaushalten zu den Hochrisikogruppen bezüglich psychischer Krankeiten gehörten, sondern logischerweise auch viele Normalbegabte, die ausbrechen wollten und vehementen Widerstand erfuhren.

Das Problem des Andersseins macht mir auch zu schaffen, eigentlich, seit ich denken kann und
mir fehlten immer Vorbilder (eine Mama) für das Gefühl von Richtigsein in Bezug auf mein Frausein. Das ist viel besser geworden, aber wie lange hat das gedauert, man, man, man.

Ich finde es gut, dass du ein so wichtiges Thema ansprichst, wobei ich nach wie vor nicht deiner Meinung bin, dass es hauptsächlich Hochbegabte betrifft. Das ist mir zu "einfach".

Liebe Grüsse
Christiane
Gertrud Star
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Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Christiane,
ich stimme dir absolut zu, vor allem was die "Zwischenräume" angeht, und nicht nur die absoluten Ausnahmen, und die die irgendwie anders sind. Die meinte ich sogar mit.
Weil du das Helfen daheim ansprachst: Genau darum ging es bei mir ja auch, dass ich das sollte und nicht kapierte, dass ich das sollte. Eben weil es vor lauter Erwartungshaltung nicht konkret gesagt wurde, sondern unkommuniziert erwartet (keine konkrete Bitte, Aufforderung, konkreter Hilferuf oder ähnliches). Und fing man an, etwas zu tun, schien es auch nie rechtens zu sein: Immer das Falsche, nicht gut oder schnell genug. Und der Tonfall so, als ob man alles schon immer perfekt hätte gekonnt haben sollen, am besten schon als Baby kochen, und als Schulanfänger schon den kompletten Haushalt schmeißen und organisieren, oder so (mal etwas überspitzt) Als ob dieses Mädchen einfach nicht richtig ist und komplett unfähig.
Mensch, wir Dorfkinder waren ja auch mit Schule samt Schulwegen fast 50 Stunden die Woche unterwegs (nein, so gut wie keine freie Zeit dazwischen zum Hausaufgaben machen). Dazu noch ein paar Stunden Hausaufgaben und Lernen, und wir waren auch schon bei über 50 Stunden Zeitbeanspruchung in der Woche. War das bei euch auch so viel?

LG Gertrud
Gertrud Star
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Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Gertrud Star »

PS:
Liebe Ziege, falls das komplett am Thema vorbei geht, bitte sag bescheid.
Dann hör ich sofort auf (und fange an, ein Buch zu schreiben ;-) )
Ziege04
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Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Ziege04 »

Danke Gertrud, dass Du fragst.
Ich lese mich gerade durch und finde viel...

ielleicht, für mich, würde ich es nicht Selbsthass nennen. Es ist eine Mischung von Selbstzweifeln, Ohnmacht, Demut, Anspruchshaltung, Wollen und Verzagtsein, Wut und anderem. Das fühlt sich auch körperlich oft heftig unruhig an.
...Ein Zitat von wem, weiß ich nicht...



Erstaunlicherweise komme ich mir gar nicht doof vor, wenn ich mir innerlich sage:
* Du lahme Ente, kannst du eigentlich noch was anderes außer sinnlos rumzutrödeln?
* Zu blöd zum Leben und scheiße siehst du auch noch aus!
* Du könntest schon längst damit fertig sein, aber du musst ja aus allem ein Problem machen!
* Jetzt mach halt, andere können das doch auch!
Zu anderen Menschen würde ich das nicht sagen und ich empfehle es auch absolut nicht zur Nachahmung, aber mit mir selbst gehe ich so um. :twisted:
( von Frau Wal, 23.01.19)
Und da, bei Frau Wal, knüpft mein Selbsthass an....

Ich finde mich nicht auf der Ebene versagter Begabungen; vielleicht hätte ich eine, doch die ist nicht mein Problem....; ich möchte einfach nur das Gefühl haben, als Mensch, so wie ich bin, einen Platz zu haben im Leben.. Gerne auch mit Tiefsinn....
Dazu Freunde und Nähe; die alle gestorben sind in den letzten 5 Jahren...

Sorry, es Übersteigt....
Christiane1
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Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Christiane1 »

Hallo Gertrud,

ich bin ehrlich froh, dich richtig verstanden zu haben.
Das sind wahnsinnig viele Stunden für ein Kind und bei uns lief es etwas entspannter ab durch den kurzen Schulweg. Nur, wenn man die Haustür aufschloss, wusste man nie, welcher Stress
dahinter wieder lauerte, es war einfach niemals berechenbar mit unseren Eltern. Dieses Gefühl der Unberechenbarkeit im eigenen Zuhause mit Eltern ist sowas von schrecklich und ich wusste intuitiv zum Beispiel, dass ich eigenen Kinder gar nicht die notwendige Sicherheit geben könnte.

Dafür habe ich einen Ausbilderschein gemacht mit Ende zwanzig im Rahmen eines zweijährigen
Abendstudiums, ähnlich dem Techniker. Das war auch mein bestes Fach im Gegensatz zur Pneumatik. Unter 30 Teilnehmern, die zuvor durch einen schriftlichen Test mussten, war ich die einzige (erste) Frau und das prägt nachhaltig, kann ich dir aber sagen. Unbewusst habe ich innere Muster wiederholt und mich in Gefahr begeben, so würde ich es heute bezeichnen. Mit dem schwachen Rüstzeug von zuhause in eine Männerdomäne einzubrechen, wo man in den 80ern noch von "Modellversuch für Mädchen in technischen Berufen" sprach, war schon verrückt. Dieser Modellversuch für Mädchen war mir urvertraut, kannte ich ja von zuhause. Es hat mir keinen Spass gemacht in der Abendschule, ich bin nur irgendwie durchgekommen und das Mädchen, das so gerne mal nur in Ruhe lernen wollte wie auch die meisten Jungs, durfte sich von ein, zwei Dozenten, die offenbar überfordert waren von der Anwesenheit einer jungen Frau, ordentliche Häme gefallen lassen.

Dafür können die ja nichts, die waren ja schon immer so, da muss man durch, so die allgemeine Meinung. Ich war das Problem, das auffällige Ding aus einer anderen Welt. Solche Leute wissen in dem Moment gar nicht, was sie da anrichten, vor allem, wenn man neben dem Vollzeitjob im Grunde nur eine ganz normale Weiterbildung macht abends und der einzige Unterschied darin bestand, dass ich ein Mädchen war.

Es gab nach zwei Jahren Abendschule eine Situation, die mir ermöglichte, die mangelnde
Loyalität mir gegenüber als junge Frau wettzumachen. Nicht vergessen, es waren die
80er-Jahre, Gleichberechtigung oder blosse Akzeptanz "einer Frau" nur von ganz wenigen verinnerlicht.
Die Abschlussprüfung in Mathe in der Abendschule bestand ich, etwas über die Hälfte der
Männer im Kurs jedoch nicht und da sollte diese wichtige Prüfung laut einiger Durchgefallener wiederholt werden so wie man das an normalen Schulen kannte. Dafür wurden Unterschriften gegen den Mathedozenten gesammelt und es kam zu heftigen Diskussionen. Ich unterschrieb natürlich nicht, denn ich hatte ja bestanden und die ganze Prüfung war auch gültig so wie sie abgelaufen gewesen war. Es war einfach lächerlich, das ganze Aufgeplustere erwachsener Männer und ich war froh, dass die, die bestanden hatten, ähnlich dachten wie ich und damit war das Thema durch, die Noten gültig.

Viele Frauen kennen das oder kannten es früher, was ich versuche gerade zu beschreiben. Man legt in so einem Umfeld nicht nur eine Prüfung ab, sondern eine zweite dank seines Geschlechtes gleich mit. Noch immer aber war ich der Meinung dank meines Trainings im Trainingszentrum Elternhaus, dass ich als Mädchen schon doch ein bisschen Schuld hatte und ich fühlte mich auch schuldig. Immer und immer wieder.

Vermutlich gab die klare Rollenverteilung zuhause ein Stückchen Sicherheit für uns alle, aber meine Lektion aus dieser Form von Erziehung (Ich nannte es später "Dressur".) war, dass es sich auf jeden Fall lohnte davor wegzulaufen so weit die Füsse nur trugen.

Da waren die Anfälle von Selbsthass und Selbstzweifel aber schon so tief verwurzelt, so dass ich zumindest im Berufsleben gut zurechtkam (äusserlich), jedoch ohne echte Ambitionen. Privat ging es sehr schlecht, da sich dort auch wieder die inneren, widerlichen Rollenbilder bemerkbar machten hin und wieder und ich nicht für meinen Lebensunterhalt sorgen UND eine stabile Beziehung für ganz lange gleichermassen schaffen konnte. Mit Mitte vierzig krachte mein wackeliges Gebäude mangels festem Fundament dann endgültig zusammen und es wurde Zeit für brutale Ehrlichkeit mir gegenüber, anderen gegenüber und vor allen meinen Eltern gegenüber.

Zu meiner grössten Verwunderung hielten die beiden das aus, bis heute noch die Mutter. Ich habe im sehr späten Leben eine Stabilität mit den beiden erfahren dürfen und Unterstützung, wahrscheinlich sind deren Schuldgefühle die Ursache, aber egal, ich gestatte auch gerne die Aufarbeitung auch von anderer Seite und vor allem: Keine Lügen mehr.
Einer meiner Lieblingssätze war und ist "Verkauf du mir keine schöne Kindheit, die ich erlebt haben soll, ich war dabei!". Und was ich mache ist, ich gehe nicht weg, ich bleibe, aber
ich lasse mich nicht verscheissern in Sachen "Wahrnehmung".
Naja, meiner Mutter gebe ich mit der Konfrontation mit mir als komplizierte Tochter kostenlose Therapie, wenn man es genau nimmt, aber das weiss sie ja nicht.

Ich wünsche euch allen, auch dir, liebe Ziege, zweifelt nicht so sehr an euch.
Man kann sich unheimlich stark verlieren im Kampf um gute Gefühle, aber wenn sie nicht da sind,
hat das Gründe. Ich möchte auch meinen alten, ständig interessierten Papa wieder, den vermisse ich am allermeisten und die Angst um die Mutti ist jeden Tag präsent. Ich fände es unfair, wenn sie mich verlässt.
Wir müssten theoretisch noch mindestens zwanzig Jahre zusammen haben müssen, damit ich
sie verstehe und ich mein Guthaben auffüllen kann bezüglich lieber Momente mit ihr, aber so ist es auch schon ganz erstaunlich. Vielleicht ein Fall von Liebe oder - je oller, umso doller.

Liebe Grüsse
Christiane
Ziege04
Beiträge: 1329
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Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Ziege04 »

Ihr Lieben, Gertrud, Christiane, Emma, Frau Wal, und Andere,

ich beschreibe nun komplementär aus meiner Kindheit; man möge sich ein Bild machen...

Geboren und aufgewachsen im " Westen" der Anfang 70er, als uneheliches Kind. Mutter damals nicht volljährig, alleinerziehend, unter Beweislast -
Trotz Ausbildung/Beruf versuchte meine Mutter das zu geben, was damals verlangt wurde; Kindergarten, Hort, Schlusselkind...
Es hat mich geprägt.
In der Schule war ich nur mittelmäßig, aber die Ziele, welche mir mitgegeben wurden, heißen unabhängig sein.
Dieses habe ich, wenn auch mit staatlicher Hilfe, bis heute geschafft.
Aber es bleibt ein Gefühl der Schuld:
Meine Mutter musste arbeiten, um mich/damit uns zu ernähren. Damals gab es kein Hartz4..
Da hatte ich es leichter; mit/trotz Kind/ern seit 1993/96 und Heirat/Scheidung (1995/2005) ...
Das Sozialsystem wird so oft bemängelt; doch es ist besser denn je..
Okay, weiter zu mir:
Mit 17 ausgezogen, auch um damit diversen Übergriffen des damaligen Partners meiner Mutter zu entgehen, zu meinem heutigen Ex- Mann.
Wir heirateten nach dem ersten Kind, nach 5Jahren ON/Off - Beziehung,
Zogen endgültig zusammen 1995; bekamen ein weiteres Kind und trennten uns endgültig 2002...
Diese Jahre der Ehe, mit der auch finanziellen Abhängigkeit vom Ehepartner, waren autonom gesehen, die Schlimmsten; weil ich immer nach Haushaltsgeld fragen musste... Von Arbeit oder Amt ging immer alles auf mein Konto; ich konnte es einteilen, wie ich's gelernt habe; zuerst Miete, Nebenkosten, dann Leben....
Solange ich einen Überblick über die regelmäßigen Einkünfte und Verpflichtungen habe, ist das kein Problem.
So lebte ich auch mit meinem Freund; jeder hat Seins; Wohnung, Essen, Sonstiges. (wir lernten uns bei meiner Arbeit nach Trennung, 2004 kennen; diese Arbeit hatte ich noch bis 2013- ..)
Mein Ex nannte mich einmal materialistisch. Bin ich das? Nur, weil ich eine finanzielle Basis brauche, um damit Leben zu können? Auch wenn es ergänzende Leistungen oder, wie heute, eine Rente ist?

Das ist ein Teil meiner Lebensgeschichte; womit auch immer sich das vereinigt.
Fazit: auch wenn ich damit leben kann,
das Finanzielle ist Meins...; nun in EM - Rente; das ist es, was mich auch in den Selbsthass führt; ich nutze dieses soziale Netz als Ruhematte, und weiß nicht, wie ich wieder leistungsfähiger werden kann... obwohl ich nach 3-4 Std an meine Grenzen komme...bei dem, was ich nebenbei mache, wie Zeitung verteilen und Ehrenamt...

Somit grüßt auf gute Nacht
Ziege04
Peter1
Beiträge: 3399
Registriert: 15. Apr 2018, 12:06

Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Peter1 »

Hallo Ziege
Du nutzt das soziale Netz nicht als Ruhekissen !!!
Es wurde extra für Menschen, wie wir es sind, geschaffen. Für Menschen, die krank oder behindert sind, und darum nicht die Leistung bringen können, die der Arbeitsmarkt fordert. Du gehörst definitiv nicht zu denen, die Hartz 4 ausnutzen!!

VlG Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Ziege,
vielen Dank für deinen Bericht, da kann man sich mehr vorstellen.
Bezüglich des sozialen Netzes, da stimme ich Peter zu.
Mir ist nach einigem Nachdenken aufgefallen, dass wir alle recht jung uns zumindest teilweise aus den großen Belastungen heraus nehmen mussten aus der Familie, entweder mental, oder durch Zusammenziehen oder Internat, und das wohl damals nicht richtig aufarbeiten konnten. Das schleppt man dann unter Umständen das ganze Leben mit. Es macht bei den meisten Leuten dann doch dank aller Bemühungen auch Selbstabwertung und eine entsprechend nicht so positive Haltung dem Leben gegenüber. Bei mir auch Momente des Selbsthasses.
Wir sind alle in dem Alter, wo dank Erkentnnis und Alter und auch veränderter Lebenssituation uns wieder anpassen müssen, und wo viele Leute erkennen, was sie bisher prägte. Es geht auf den letzten Lebensabschnitt zu, der bei den Menschen unterschiedlich lang ist, bei manchen nur noch 10 Jahre, bei anderen fast 50. Je nachdem, ob man noch Eltern hat, oder überhaupt Kinder, sind da die Herausforderungen verschieden.
Das ist auch für das Gehirn ein riesen Umbau, fast wie in der Pubertät. Manchmal meine ich, dass man teilweise schon altert, teilweise diesen Pubertätskram nachholt (das schöne wie auch das belastende).
Ich selbst bin schon älter geworden als meine einzige mir bekannte Oma, mein Vater und 2 liebe Freundinnen, sowie eine Kinderzeit-Nachbarin, obwohl ich gerade mal knapp über 50 bin und so viele Leute nicht kenne. Das prägt auch sehr.
Meine Mutter pflegte bei Todesfällen zu sagen, dass derjenige es jetzt geschafft hat (also nicht mehr sich so plagen müssen mit dem Leben).
Und Abhängigkeit vom Amt ist auch belastend, weil sich das niemand wünscht und auch niemand dafür erzogen wird.
Das alles macht sehr viele Gedanken und Gefühle.
Ich wünsche mir oft, dass Leben nicht so schwer wäre und schöner.
LG Gertrud
Ziege04
Beiträge: 1329
Registriert: 1. Feb 2016, 17:56

Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Ziege04 »

Danke Peter1 und Gertrud.

Was es für mich mit dem Selbsthass zusammen bringt, ist die Tatsache, dass ich vorher ( vor Erkrankung) , auch mal 3 -4 Wochen am Stück in der Pflege (wegen Urlaub/Krank) durcharbeiten konnte; es war zwar anstrengend aber auch erfüllend. Und daneben ging auch so viel.....

Diese Power ist einfach weg und ich finde sie auch nicht mehr, egal, was ich nebenbei mache; nach 3-4 Stunden ist Ende, dann kann ich einfach nicht mehr....
Das kann's doch nicht sein ?!?!
LG Ziege04
Bittchen
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Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Bittchen »

Liebe Ziege,

wenn du nicht akzeptierst nicht mehr so belastbar zu sein, immer weder zu dem Zustand wie vor der depressiven Störung zurück willst,wird es dir nicht besser gehen können.
Denn dieser Zustand hat dich ja krank gemacht.
4 Stunden arbeiten,das habe ich auch in jüngeren Jahren immer wieder versucht und bin immer wieder auf die Nase gefallen.
Ruhe ,positive Aktivitäten,maßvolle Pflichten im Haushalt, Pausen,Kontakte usw.das ist der Weg.

Hartz 4 als Ruhekissen ?
Wenn das so wäre,würdest du hier nicht schreiben und du könntest einen acht Stunden Tag gut bewältigen.
Was sind das für Gedanken?
Ist Hartz 4 für unschuldig Betroffene nicht demütigend genug ?
Warum muss es Tafeln geben,damit genug zu essen da ist ?
Gestern war ich wieder bei meinem Sozialverein zum Neujahrsempfang für Mitglieder.
Händeringend werden neue Paten gesucht für sozialschwache Familien.
Warum müssen immer noch so viele ehrenamtliche Helfer sein in unserem so reichen Land ?
Dazu habe ich eine ganz andere Meinung und mag sehr viele dekadente Aussprüche von unseren Politikern nicht.

Liebe Grüße
Bittchen
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
Peter1
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Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Peter1 »

Hallo
Doch Ziege das kann sehr wohl sein !
Ich Habe früher, bei größeren Reparaturen oft 12 bis16 Stunden am Stück gearbeitet.(schwere, körperliche Arbeit) Heute bin ich schon nach einer Stunde Gemüse schnippeln total fertig.
Als erstes musst du akzeptieren, das du krank bist !
Welchem Kranken würdest du verbieten, weniger zu leisten als ein Gesunder ?
Wenn du nicht akzeptieren kannst, nicht mehr so leistungsfähig zu sein, wie früher, wirst du auch nicht lernen ein einigermaßen erträgliches Leben mit der Depression zu verbringen.
Ich lerne es auch gerade.

VlG Peter
Ps. Der Text ist vielleicht ein wenig heftig,aber ich finde keine anderen Worte.
Bittchen der Satz mit den Politikern könnte von mir kommen.
Zuletzt geändert von Peter1 am 30. Jan 2019, 14:47, insgesamt 1-mal geändert.
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Christiane1
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Registriert: 19. Dez 2013, 09:10

Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Christiane1 »

Liebe Ziege,

was wäre denn die Alternative, wenn es keine staatliche Unterstützung wie Frührente und Sozialleistungen allgemein gäbe als Solidargemeinschaft? Wo sollen wir denn alle hin?
Ich will darauf hinaus, dass der optimale Lebensweg von der Jugend bis zur Altersrente bei 100% Leistungsfähigkeit eine Utopie ist und jeder in die Lage kommen kann vorher auszufallen.

Das ist aber nicht schlimm, weil wir doch keine Maschinen sind und uns Krankheiten, Unfälle oder simple Kündigungen ereilen und wenn das soziale da Netz greift, sollte man sich kein
schlechtes Gewissen machen, finde ich.

Ich bin auch nicht glücklich mit meiner Frührente als Symbol für Abhängigkeit.
Aber ich fühle mich deswegen nicht wie eine Betrügerin, weil ich weiss, dass ich alles versucht habe. Jetzt hast du endlich die Möglichkeit ohne Druck von aussen zu leben, nur noch das zu machen, was du möchtest und schaffst ohne dabei Stundenzahlen im Kopf zu haben. Schäme dich deswegen bitte nicht.

Lieber Gruss
Christiane
Ziege04
Beiträge: 1329
Registriert: 1. Feb 2016, 17:56

Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Ziege04 »

Hallo @All

Vielleicht messe ich mich auch gerade an "Erdbärkäse" , weil man es auf 'zappen' leider so sieht und sich schuldig fühlt/mehr will...?!

Fragende LG von Ziege04
Gertrud Star
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Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Ziege,

wenn das so eine Frauentauschsendug ist:
Bei sowas zieht es mir sogar Schuhe aus, wenn ich gar keine anhabe.
Nicht, weil manche viel haben, sondern wegen des Prinzips. Frauen sind keine Tausch- und sonstigen Glotzobjekte.

LG Gertrud
Ziege04
Beiträge: 1329
Registriert: 1. Feb 2016, 17:56

Re: Anfälle von Selbsthass

Beitrag von Ziege04 »

YES! Das Programm ist echt....
.,..man kann es sehen oder sich selbst mit der Bratpfanne auf den Kopf hauen...

Aber will man das Eine oder das Andere; Keines,.,!!
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