Wielange dauert es noch ?

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talina
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Wielange dauert es noch ?

Beitrag von talina »

Hallo, ich bin neu hier in diesem Forum. Ich habe schon bei einem anderen Thema versucht, meine Situation darzustellen. Da sind mir dann aber leider ein paar technische Fehler unterlaufen.
Es ist so, dass ich von Mitte Oktober bis Mitte Dezember in einer psychosomatischen Klinik wegen Depressionen behandelt wurde. Man hat es dort erfolgreich geschafft, alle Mauern, die ich mir in meinem Leben, so schön aufgebaut hatte, einzureißen. Jetzt stehe ich da mit den ganzen Gefühlen von früher und weiß nicht wohin damit. Man hat mir dort gesagt, dass ich unter Dysthymie leide, so weit ich weiß heißt das, das ich chronisch depressiv bin. Die alten Erinnerungen aus der Kindheit machen mir sehr zu schaffen. Es ist nicht so schlimm, wie man vielleicht vermutet. Es war so, dass ich mich zurückgesetzt gefühlt habe und immer das Gefühl hatte, dass meine Mutter meine beiden Geschwister mehr liebt als mich. Wenn irgendetwas schief gelaufen ist, bekam ich die Schuld dafür. Meine Mutter war überfordert mit und Kindern. Ich muss noch dazu sagen, dass ich die Älteste von drei Kindern bin. Na ja, das ist nun mal so gelaufen. Ich kriege diese Dinge aber leider einfach nicht aus dem Kopf, würde aber so gern meinen inneren Frieden damit schließen. Komischerweise fallen mir auch ausschließlich negative Dinge von früher ein. Es scheint fast so, als ob ich in meinen ersten 20 Lebensjahren überhaupt nichts Positives erlebt habe. So ist es natürlich nicht. Aber wenn ich an früher denke, dann fällt mir nur alles Negative ein. Da wir damals aus einer Stadt auf ein Dorf gezogen bin, hatte ich auch in der Schule keine Chance. Heutzutage würde man das, was mir in der Schule passiert ist, wohl Mobbing nennen. Außerdem leide ich seit ungefähr 23 Jahren an Furunkulose. Die im Moment wieder ziemlich stark ausgeprägt ist.
Jetzt ist meine Tante gestorben. Ich weiß nicht, ob ich zu der Beerdigung gehen soll. Habe Angst, dass wenn ich einmal anfange zu weinen ich dann nicht wieder aufhören kann, weil dann alle Gefühle, die ich auf frühreren Beerdigungen hätte haben müssen, hochkommen. Ich weiß nicht, ob ich das durchstehe. Kann mir vielleicht jemand einen Tipp geben ? Danke.
Emily
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Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von Emily »

Hallo Doro,

versuche zunächst einmal, dir den Druck wegen der Beerdigung zu nehmen. Wenn du den wirklichen Wunsch hast, daran teilzunehmen, dann gehe hin, aber wenn dir das mehr Stress macht, als du momentan bewältigen kannst, dann lass es lieber. Und versuche, zu deiner inneren Befindlichkeit und deiner Entscheidung zu stehen, denn du triffst sie ja nicht leichtfertig.
Bist du in einer Therapie? Die neg. Kindheitserlebnisse kannst du mit therapeutischer Hilfe evtl. leichter bearbeiten und bewältigen.
Kannst du mit deiner Mutter und deinen Geschwistern denn über deine Erfahrungen und Eindrücke aus der Kindheit sprechen? Das Gespräch darüber kann auch helfen, den Schmerz loszulassen. Du sagst ja schon, dass deine Mutter mit drei Kindern überfordert war. Wenn man solche Überforderungsmechanismen bei den Eltern durchleuchten und erkennen kann, schafft man es evtl. leichter, diese Dinge bis zu einem gewissen Grad zu verarbeiten und zu verzeihen.
Es gibt hier im Archiv auch schon Threads, die sich mit "Versöhnung mit den Eltern" beschäftigen. Vielleicht findest du dort noch Tipps.

Lieber Gruß, Emily.
talina
Beiträge: 18
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Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von talina »

Hallo Emily !

Vielen Dank für Deine Antwort. Ich habe mich inzwischen dazu entschlossen, zu der Beerdigung zu gehen. Ein bißchen Angst habe ich, dass ich wenn dort anfange zu weinen, nicht wieder zu weinen aufhören kann. Es gab in meinem bisherigen Leben ziemlich viele Todesfälle, auf die ich zu den gegebenen Zeitpunkten ziemlich pragmatisch reagiert habe. Das heißt, ich habe die Gefühle nicht an mich rangelassen. Da durch meinen Klinikaufenthalt die Mauern eingerissen wurden, habe ich jetzt Angst, dass bei dieser Beerdigung sämtliche Gefühle wieder hochkommen und ich somit nicht mehr aufhören kann zu heulen. So ist zum Beispiel von meiner besten Freundin der Freund mit 34 Jahren tödlich verunglückt vor zwei Jahren. Ich habe ihr in dieser schweren Zeit selbstverständlich beigestanden und wollte für sie stark sein, so dass ich meine eigenen Gefühle verdrängt habe. Auch ein Cousin meines Mannes, den ich sehr gut kannte, ist mir 36 Jahren an Krebs gestorben und hat zwei kleine Kinder hinterlassen. Auch bei dieser Beerdigung habe ich meine eigenen Gefühle verdrängt. So habe ich nun Angst, dass mir das bei dieser Beerdigung nicht mehr gelingt. Ich werde es ja dann sehen. Wenn es mir zuviel wird, kann ich ja wieder fahren. Mein Mann begleitet mich, Gott sei Dank.
Zu Deiner Frage. Ja, ich bin noch in Therapie. Dass meine Mutter damals mit der Situation überfordert war, ist mir klar. Allerdings verstehe ich nicht, wie eine Mutter es schafft, ihr fünfjähriges Kind, das sich den Rücken mit frisch aufgebrühtem Tee verbrannt hat über drei Wochen lang nicht im Krankenhaus zu besuchen. Dafür habe ich absolut kein Verständnis. Ich bin jetzt allerdings auch schon so weit, dass ich weiss, dass ich nicht alles verstehen muss. Verziehen habe ich das Verhalten meiner Mutter schon lange. Es bleibt mir ja auch nichts anderes übrig. Aber vergessen, vergessen kann ich das nicht. Ich muss sehen, dass ich irgendwie meinen Frieden damit mache. Das ist aber gar nicht so einfach.
Na ja, irgendwie wird das schon gehen.
Ich würde mich freuen, noch einmal etwas von Dir zu hören.
Bis dahin Doro
Emily
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Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von Emily »

Hallo Doro,

jetzt verstehe ich manches besser von dem, was du geschrieben hast. Der Tod von so nahestehenden Menschen ist natürlich eine starke Belastung. Du sagst, du hast damals immer deine Gefühle verdrängt. Aber irgendwann kommt man eben doch an Punkte, wo das nicht mehr so ohne weiteres geht. Das ist vielleicht auch ganz gut so.

Was du von deinem Krankenhausaufenthalt als Fünfjährige geschrieben hast, finde ich ehrlich gesagt ziemlich heftig. Du hattest weiter oben gesagt, deine Kindheitserlebnisse seien nicht so schlimm, aber ein so kleines Kind, das im Krankenhaus alleine gelassen wird, durchlebt eben doch eine schlimme Zeit! Kein Wunder, dass sich das als sehr negativ in dir festgesetzt hat und dich heute noch quält. Wie kommst du in deiner Therapie bei der Verarbeitung dieser Erlebnisse voran? Fühlst du dich gut aufgehoben bei deinem/r Therapeuten/in? Kannst du Wut fühlen, wenn du über diese Kindheitserlebnisse nachdenkst? Wut kann etwas sehr Heilsames sein....

Lieber Gruß,
Emily.
talina
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Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von talina »

Hallo Emily!
Leider kann ich noch keine Wut über meine Kindheitserlebnisse fühlen. Es ist nur eine maßlose Enttäuschung da und ein Allein-Gelassen-Fühlen. Heute bin ich nicht mehr allein. Ich habe einen Mann, der zu mir steht, und eine sechsjährige Tochter. Du kannst mir glauben, dass enzig und allein diese Tatsache mich am Leben erhält. Wären die beiden nicht da, hätte ich glaube ich , schon längst Schluss gemacht.
Es gab in meiner Kindheit noch andere Sachen. So wurde zum Beispiel mein Bruder immer vorgezogen. Du hast Recht, wenn Du sagst, dass Wut heilsam sein könnte. Leider bin ich aber noch nicht so weit, wütend zu sein.
Mein ganzes Leben lang kämpfe ich schon um die Anerkennung meiner Eltern. Es zieht sich durch mein Leben wie ein roter Faden. Jetzt habe ich realisiert, dass ich diese Anerkennung niemals bekommen werde. Diese ERkenntnis ist bitter und tut sehr weh. Um Anerkennung zu bekommen, sehe ich immer zu anderen Leuten zu helfen, wo es nur geht. Das wird natürlich schnell ausgenutzt. Es ist mir schon oft passiert, dass ich in meinem Leben ausgenutzt worden bin. Bis zu meinem Klinikaufenthalt im Oktober habe ich zum Beispiel halbtags für einen Rechtsanwalt gearbeitet. Mein Chef war dann so nett, mir während des Aufenthaltes am Telefon zu kündigen. Das war auch wieder so ein Schuß vor den Bug. Na ja, so ist das eben. Ich glaube inzwischen, man bekommt eher Anerkennung, wenn man auch mal Nein sagt, als immer zu allem Ja und Amen zu sagen. Was meinst Du denn dazu?
Wie geht es Dir eigentlich ?
Ich hatte geschrieben, dass die Kindheitserlebnisse nicht so schlimm waren, wie es sich vielleicht anhörte, weil für mich wirklich schlimme Kindheitserfahrungen mit Mißbrauch und körperlichen Mißhandlungen einhergehen. Das ist ja bei mir nicht wirklich der Fall. Meine Mutter hat mich zwar auch manchmal verhauen und zwei-, dreimal eingesperrt. Aber das kann man ja nicht wirklich als Mißhandlungen bezeichnen.
Dazu kam dann noch, dass ich in der Schule ein sogenanntes Mobbingopfer war und meine Mutter mich auch in dieser Beziehung nicht wirklich untestützt hat.
Aber das war nun einmal so, ich muss das auch mal abhaken können und sagen können, es war so, es war nicht gut, aber jetzt ist es besser. Und so weit bin ich leider einfach noch nicht.
Bis demnächst Doro
girasol
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Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von girasol »

Hallo Doro,

wenn du nur die negativen Dinge in deiner Kindheit siehst, dann hast du deiner Mutter nicht verziehen, dann versuchst du dass über die Vernunft zu erklären. Es ist sicherlich auch nicht leicht, zu verstehen, warum man als Kind drei Wochen nicht besucht wird von seiner Mutter. Meine Mutter ist auch immer mit sich und ihrer Krankheit beschäftigt gewesen und erst in vielen Gesprächen, vielen Tränen und dann irgendwann Wutausbrüchen konnte ich verzeihen. Von der Vernunft habe ich das immer akzeptiert, aber meine Seele konnte das einfach nicht so. Als Kind ist man in jeder Beziehung abhängig von seinen Eltern und natürlich sucht man sich ganz unbewußt Strategien, um nicht unterzugehen, aber der Schmerz wird einfach nur verdrängt, weil das Überleben wichtiger ist. So ist es jedenfalls bei mir gewesen. Ich habe mir das mit meiner Vernunft auch immer gut erklären können und hatte immer Verständnis dafür. Als es mir richtig schlecht ging, konnte ich auch nicht sagen, wo dieses Gefühl der Leere herkommt, aber jetzt verstehe ich das so, dass ich vieles verdrängt habe, damit ich weiterleben kann. Jetzt bin ich um viele Erfahrungen reicher geworden, und deshalb kann ich meine Mutter auch emotional viel besser verstehen, ich war ihr in meiner schlechten Zeit doch sehr nah, habe mich überfordert gefühlt und so ähnlich muss es meiner Mutter auch gegangen sein. Meine Mutter wollte mir sicherlich auch eine gute Mutter sein, aber das ging irgendwie über ihre Kräfte, aber deshalb war nicht alles schlecht. Ich habe ganz genau hingeschaut, manchmal waren es nur ganz winzige unscheinbare Dinge, die mir bewußt gemacht haben, dass sie mich trotz allem liebt, es aber nicht immer so klappt, wie man es sich wünscht. Mein Wunschdenken eine schöne Kindheit zu haben, war so groß, aber wer hat die denn wirklich und war meine Kindheit wirklich schlecht. Für mich war es in dieser Zeit auch wirklich wichtig, meine Kindheit zu betrauern, Mitleid mit mir zu haben, damit ich das fühlen kann, was ich damals erlebt habe. Und wenn mein Vater nur in der Nähe gewesen wäre, ich glaube, ich hätte mich vergessen, aber das mit der Wut kam erst viel später. Es ist einfach ein langer Prozess.

Ciao Girasol
talina
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Registriert: 26. Mär 2004, 14:37

Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von talina »

Hallo Girasol !
Vielen Dank für Dein Feedback.
Auch ich empfinde es so, dass ich alle Gefühle verdrängt habe, um überhaupt überleben zu können. Im Moment ist es so, dass diese Gefühle alle hoch kommen. Meine Eltern haben sich früher ständig gestritten und es herrschte so eine dicke Luft zu Hause, dass sich keiner getraut hat, irgend etwas zu sagen. Auch in der Zeit habe ich meine Gefühle unterdrückt. Es war für mich wirklich schwer. Meine Eltern haben sich dauernd gestritten. Es gab auch Situationen in denen mein Vater "Gewalt" angewendet hat. So hat er z. B. einmal mit einem Messer hinter meiner Mutter und mir hergeworfen. Damals war ich sieben Jahre alt.
Wenn mir jetzt ein Pärchen gegenübersitzt, die sich nicht verstehen, dann fühle ich mich plötzlich in meine Kindheit zurückversetzt und sehe meine Eltern in dieser Situation und kann diese "dicke Luft" zwischen den beiden nicht aushalten. Ich habe meine Freundin jetzt gebeten, nicht mehr mit ihrem Ex-Partner zusammen bei mir aufzutauchen. Ich kann diese angespannte Atmosphäre zwischen den beiden nicht ertragen. Es ist als wenn ich dann wieder ein kleines Kind wäre und als ob die Gefühle, die ich damals verdrängt habe um, wie Du schon richtig bemerkt hast, überleben zu können.
Ich war immer ein sehr pragmatischer Mensch. Das heißt, ich habe auf jede Situation cool reagiert und war der Meinung, stark sein zu müssen, für andere. Seit dem ich in dieser Klinik war, ist das nicht mehr so. Ich bin emotionaler geworden. Allerdings kommen jetzt alle Gefühle hoch, die ich als Kind hätte haben sollen. Irgendwie hört sich das ziemlich bescheuert an, aber so kommt es mir vor.
Deswegen habe ich auch Angst vor der Beerdigung, zu der ich am Dienstag muss. Ich habe Angst davor, dass alles was ich bei Beerdigungen in der Vergangenheit hätte fühlen sollen, dann hoch kommt. Ich weiss nicht, ob ich das aushalte.
Es stimmt, dass ich mit Vernunft versuche zu erklären, warum meine Mutter mich damals so und nicht anders behandelt hat. Sie hat zum Beispiel immer meinen Bruder bei mir schlafen lassen, wenn mein Vater nicht da war. Zu mir hat sie gesagt: "Du darfst nicht bei mir schlafen, aber Dein Bruder schon."Das hat unheimlich weh getan und, soll ich Dir was sagen, das tut sogar heute noch weh.
Aber komischerweise, stellt sich bei mir kein Gefühl der Wut ein, sondern eigentlich nur Traurigkeit und Unverständnis. Was habe ich meiner Mutter getan ? Ich habe sie nicht gebeten, mich zur Welt zu bringen. Meine Eltern hatten, als ich Kind war, auch eine schlechte Zeit. Kein Geld, Hausbau, mein Vater war ständig weg, wegen Fortbildungen u. s.w. Außerdem war meine Mutter ziemlich jung, als sie mich bekommen hat. Für sie war das ziemlich schwierig. Wenn ich versuche, mit ihr darüber zu reden sagt sie immer, dass es anderen noch viel schlechter gegangen ist als Kind. Das stimmt selbstverständlich, aber ich fühle mich dann immer abgewertet und schuldig. Natürlich hat sie Recht, anderen ging es noch viel schlechter, das ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich so fühle wie ich fühle. Außerdem kann auch jeder Mensch die Sachen besser verarbeiten.
Ich fürchte auch, dass es noch eine Weile dauern wird, bis ich mit meiner Kindheit inneren Frieden geschlossen habe. Hast Du mit Deiner Mutter über alles gesprochen ? Und ging es Dir danach besser?
Bis bald Doro
girasol
Beiträge: 40
Registriert: 9. Jan 2004, 23:10

Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von girasol »

Hallo Doro,
nein, ich habe mit meiner Mutter niemals direkt darüber gesprochen, ich wollte immer, aber sie hat oft Depressionen oder außerdem Parkinson. Sie hat genug eigene Sorgen. Ich habe sie einmal angeschrieben, und da hat sie geweint und ich wußte, dass sie sich selbst genug Vorwürfe macht.Allerdings habe ich meinem Vater einen sehr langen und auch sehr traurigen Brief geschrieben und ihm versucht ´zu beschreiben, wie sich das kleine Mädchen in mir fühlt. Wie oft er es verletzt hat und er hat sich entschuldigt und es versucht zu erklären, aber es wurde dadurch auch nicht besser. Auch wenn sich deine Mutter für alles entschuldige würde, geht es dir danach nicht besser, weil deine Sehnsucht nach einer besseren Kindheit nicht gestillt wird. Auch ich habe diesen Wunsch immer noch in mir, aber ich kann es besser ertragen, dass dies nicht so war, wie ich gern gehabt hätte. Ich habe begriffen, dass meine Eltern immer nur das Beste wollten und in der damaligen Situation versucht haben, das Richtige zu tun. Danach ist man immer schlauer. Mir geht das oft auch so. Es ist schlimm mit all den neuen Gefühlen zu leben, aber das macht uns Menschen aus, und ich finde es oft schön, dass sich meine Gefühlswelt so verändert hat. Ich habe immer noch so viel Wut gegen meinen Vater im Körper und manchmal weiss ich gar nicht wohin damit, aber dann nehme ich mir ein Kissen und haue solange da drauf bis es wieder geht. Die Wut wird sicherlich auch bei dir irgendwann kommen. Ich weiß auch nicht, ob sie besser zu ertragen ist als die Traurigkeit, aber sie ist eine Bereicherung, vor der ich immer Angst hatte, weil ich mit wütenden Menschen nicht umgehen kann, sie machen mir Angst, aber ich glaube, so schlimm bin ich auch nicht. Lass dir Zeit, der erste Schritt ist doch, dass du jetzt diese traurigen Seiten in dir fühlen kannst, du bist nicht leer, sondern unendlich traurig. Ich habe geheult wie ein Schloßhund, wahrscheinlich all die Tränen, die ich als Kind nicht geweint habe, aber sie waren überall abgespeichert und am Anfang hat mir das riesige Angst gemacht, weil ich das nicht kannte. So ähnlich ist das mit meiner Wut. Sie zu ertragen, ist ein Kraftakt ohnegleichen, und sie zu spüren ist schlimmer als traurig sein, weil du dich nicht zu weinen erleichern kannst, sondern durch Aggressivität, eine Form des menschlichen Verhaltens, die ich bei anderen abstoßend finde. Dann lieber mal traurig, sieht "menschlicher" aus und einfühlsamer. Aber ich bin das und noch viel mehr. Ich selbst habe nicht nur gute Eigenschaften, sondern auch viele, die anderen nicht so doll gefallen, aber ich versuche mit mir genauso tolerant zu sein wie mit meinen Freunden. Und dabei schließe ich meine Familie mit ein, auch wenn es mir oft schwer fällt und auch viel mit "alten" Ängsten zu tun hat, aber sie haben ganz bestimmt immer versucht ebenfalls ihr Bestes zu geben wie ich. Ich wünsche dir eine schöne Woche

Ciao und Gute Nacht
Girasol
Hawei
Beiträge: 16
Registriert: 26. Mär 2004, 18:51

Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von Hawei »

Hallo Doro und alle anderen, ich bin das 1. Mal hier drin und hoffe, daß alles mit der Übertragung klappt. Ich habe durch Zufall dieses Forum entdeckt und bin froh darüber, daß ich hier Leidensgenossen gefunden habe zum Gedankenaustausch. Ich bin weiblich und 53 Jahre alt, bin in der Verwaltung tätig (öffentlicher Dienst). Mir geht es so ähnlich, wie Dir. Auch ich kann die Vergangenheit nicht vergessen. Auch ich bin als Kind ohne Liebe und Verständnis aufgewachsen. Daran habe ich jetzt noch zu kauen, was ich nicht so recht verstehe, denn es geht mir jetzt recht gut, ich bin schon lange verheiratet, habe einen verständnisvollen Mann und 2 erwachsene Kinder. Eigentlich habe ich keine Sorgen und doch quäle ich mich schon ca. 20 Jahre lang mit Depressionen herum. und keiner kann mir richtig helfen. Jetzt bin ich wieder schon lange krank, seit November. Ich bin nicht fähig, den Haushalt zu führen.
Ich pendele nur zwischen Bett und Couch.
Zugenommen habe ich natürlich auch. Das kann aber auch von den Tabletten sein. Seit November nehme ich schon die 3. Tabletten, keine schlagen an. Ich weiß nicht mehr was ich machen soll!:what Ich habe ein schlechtes Gewissen gegenüber meinem Mann, meinen Kindern und meinen Arbeitskollegen.
Außerdem schäme ich mich, gegenüber anderen zu äußern, daß ich an Depressionen leide.
Ich habe die EU-Rente beantragt, die leider abgelehnt wurde mit der Begründung, daß es eine leichte Depression ist und daß diese behandelbar ist. Das sehe ich aber anders,
ich bin schon so lange bei einer Psychiaterin in Behandlung, und es ist immer schlechter geworden.
Ich habe Widerspruch eingelegt mit der Bitte um Akteneinsicht.
Bitte gebt mir einen Rat, was ich machen kann, damit es mir wieder etwas besser geht.
Ich bin total erschöpft und komme nicht aus der Wohnung.
Hawei
talina
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Registriert: 26. Mär 2004, 14:37

Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von talina »

Hallo Girasol !
Es stimmt, zumindest fühle ich jetzt Traurigkeit und nicht diese innere Leere, die noch furchtbarer ist. Vor meinem Klinikaufenthalt war ich wie versteinert. Es prallt irgendwie alles an mir ab. Vielleicht kommen die anderen Gefühle, wie Wut und vor allen Dingen Freude auch noch. Freuen kann ich mich schon lange nicht mehr. Ob Du es glaubst oder nicht, ich konnte mich nicht einmal über die Geburt meiner Tochter richtig freuen. Diese Erkenntnis hat mir sehr sehr weh getan.
Ein Leben ohne Freude hat kaum Lebensqualität. Außerdem kommen bei mir seit ca. 3 Monaten auch noch Angst- und Panikattacken dazu. Zum Beispiel beim Einkaufen. Da wird mir dann auf einmal schwindlig und übel. Hauptsächlich in Räumen in denen viele Leute sind und in denen es laut ist.
Ich habe Beruhigungstropfen bekommen, die auch ganz gut helfen. Außerdem nehme ich ja auch noch Antidepressiva. Ich weiss gar nicht, wie es ohne diese Medikamente gehen sollte. Das erschreckt mich. Ich meine, ich kann ja nicht den Rest meines Lebens Tabletten nehmen.
Ich wünsche Dir auch noch eine schöne Woche.
Doro
Hawei
Beiträge: 16
Registriert: 26. Mär 2004, 18:51

Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von Hawei »

girasol
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Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von girasol »

Hallo Doro,
ich kann sehr gut nachfühlen wie du dich fühlst, auch mir geht es noch sehr oft so. Jeder möchte gern ohne Tabletten leben, denn ist er gesund, glaubt er zumindest. Versuche dich damit anzufreunden, dass dies eine Zustand ist, der behandelt werden muss, verurteile dich deshalb nicht. Ich habe viele Wege gesucht, um mir das zu erklären, dass ich Depressionen habe. Es ist wie ein Schutzmechanismus meines Körpers. Ich habe ihm über Jahre entschieden zuviel zugemutet. Sicherlich gibt es andere, die viel mehr vertragen als ich, aber es sind andere Menschen. Wir sind alle unterschiedlich, nicht nur im Aussehen und Denken, sondern auch im Fühlen, Verstehen und Verkraften. Das macht uns aus und das ist das Besondere an uns Menschen, wir sind alle anders, deshalb haben wir auch so viele verschiedene Möglichkeiten, den anderen zu verstehen bzw. mißzuverstehen. Jede Geste, jedes Wort wird ein anderen Mensch anders verstehen. Sicherlich gibt es auch Gemeinsamkeiten, aber wir müssen uns immer von neuem reflektieren. Ich finde das auch manchmal einfach beschissen, früher habe ich einfach nicht so viel nachgedacht, aber dafür habe ich viele Sachen auch nicht verstanden, sondern nur die Schuld gesucht. Jetzt ist die Frage nach der Schuld nicht mehr so wichtig, ich habe angefangen mich zu verstehen und so zu nehmen wie ich bin. Allerdings ist das nicht immer leicht. Und die deine Frage, wie lange dauert es noch, kann ich auch nicht beantworten. Ich versuche es anzuerkennen, dass diese Depressionen ein Teil von mir sind. Sie sind nicht nur schlecht, sondern sie sind sehr wohl ein Schutz, wenn mein Filter nicht mehr funktioniert. Sie haben eine positive Funktion, nämlich ein Panzer zu wirken. Und diese Eigenschaft wollte ich anfangs auch gern aus meinem Körper verbannen, aber es geht nicht, also versuche es als etwas positives zu sehen oder vielleicht erst einmal als etwas notwendiges. Nehme dich so wie du nun einmal gerade bist. Das kann morgen oder in ein paar Monaten ganz anders aussehen. Als ich mir eingestanden habe, dass ich diese Depressionen habe, war ich totunglücklich und ich bin es heute noch oft, aber dann denke ich daran, dass dies mein Schutz ist und dann geht es besser. Und genauso ist es mit Tabletten. Sie sind dein Schutz, es ist wie eine Rüstung, sie ist schwer, aber sie hilft und natürlich willst du sie loswerden, weil sie unbequem ist und du dich eingeengt fühlst, aber besser so als ohne Schutz dastehen.

Ich wünsche dir einen schönen sonnigen Tag morgen.

Ciao und hasta luego

Girasol
Illibali
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Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von Illibali »

Hallo,
auch ich möchte mich kurz zu Wort melden. Denn auch ich habe eine schreckliche Kindheit hinter mir. Meine Eltern haben immer meinen Bruder bevorzugt. Er durft beim Kochen bei ihnen sitzen, ich musste in mein Zimmer die Tür zu machen. Ich habe seit meiner Kindheit diese schrecklichen Depressionen. Hab aber bis im Moment nie etwas unternommen. Jetzt geht es nicht mehr! Bei mir funktioniert gar nichts mehr. Ich bin jetzt auch krank geschrieben. Das Osterfest naht und ich bin am Boden!! Das Weihnachten hab ich irgendwie noch geschafft, zwischen mehreren Nervenzusammenbrüchen, aus denen ich immer wieder in die aufrechte Lage gekommen bin. Meine Eltern waren Alkoholiker und sie haben mich sehr schlecht behandelt. Ich hatte in der Schule auch das Mobbingproblem, denn ich war dick. Dann ist mein Bruder Heroinsüchtig geworden und er kam in ein spezielles Heim. Da bekam ich alles ab, sowieso, wenn er Schei... gemacht hatte, bekam ich die Schläge dafür. Meine Mutter, nervenkrank und ewig besoffen, schrie und schlug mich grün und blau. Wie oft bin ich mit geplatzen Lippen in die Schule gekommen. Bis in die heutige Zeit wurde ich so behandelt. Ich bin seit 20 Jahren mit meinem Mann zusammen und er hat gestern noch gesagt, wie schrecklich er das alles findet, was er bei uns so mitbekommen hat. Seit November, da haben sie hier bei mir angerufen, habe ich den Kontakt abgebrochen. Sie haben mich immer als Miststück, Schlampe, fette Sau, Votz... , und noch viel schlimmer beschimpft. Ich habe mir das bis dahin immer gefallen gelassen, in der Ecke gesessen und mir die Seele aus dem Leib geweint. Immer hab ich versucht, die Familie zusammen zu bringen, eine Harmonie herzustellen. Ich habs aufgegeben. Mir tut alles weh, ich kann nicht atmen, nicht schlafen, der Schmerz macht mich wahnsinnig. Ich bekomme eine Therapie ab dem 23.04. Weiss nicht, wie das so weitergeht. Aber ich komme nicht mehr klar, und alle meine Vertrauten sagen mir, das das der erste Schritt zur Besserung ist.... Ich hoffe für uns alle, das wir es schaffen und es uns irgendwann wieder besser geht....

Liebe Grüsse
Illi
Hawei
Beiträge: 16
Registriert: 26. Mär 2004, 18:51

Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von Hawei »

Liebe Illi,
als ich Deine Zeilen las, war ich richtig erschrocken. Ich habe immer gedacht, mir ging es schlecht in meiner Kindheit. Aber was Du durchgemacht hast, ist ja schrecklich! Wenn ich Dir einen Rat geben kann, dann ist der 1. Rat: nimm jede angebotene Hilfe an und sei Dir im klaren, daß es ein sehr langer, mühsehliger und kraftaufwendiger Weg ist zur Besserung. Er kann auch ganz schön an die Substanz gehen. Aber Du darfst nie , nie aufgeben. Wenn Du auch manchmal glaubst es geht nicht mehr.
Du mußt kämpfen, denn Du kämpfst nur für Dich, daß es Dir einmal besser geht.
Ich spreche aus Erfahrung. Ich war vor einigen Jahren in einer Tagesklinik wegen Angst- und Panikattacken. Ich konnte nicht mehr mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, einkaufen gehen oder in eine Gaststätte gehen. So schlimm war das. Nach einem 1/4 Jahr hatte ich diese Sache überwunden mit Hilfe der Therapeuten. Diese Zeit war sehr hart für mich. Aber ich habe sie durchgestanden, obwohl ich daran dachte, alles abzubrechen. Und jetzt lebe ich ohne Ängste. Du siehst, man kann es schaffen, wenn man nur will und daran glaubt. Man muß natürlich auch richtig wollen! Und Hilfe annehmen.
Du schreibst, daß Du bald in eine Klinik gehst. Ich weiß, daß das nicht so einfach ist, aber ich glaube, das ist der richtige und einzige Weg! Ich wünsche Dir sehr, sehr viel Kraft und gebe Dir einen Rat mit, gib nie auf! Du mußt kämpfen! Und Du wirst sehen, daß es Dir eines Tages besser geht.
Das wird nicht gleich morgen sein. Es ist ein sehr langer Weg bis dahin. Gib aber die Hoffnung nie auf!
Ich hoffe, wir hören wieder voneinander!
Hawei
talina
Beiträge: 18
Registriert: 26. Mär 2004, 14:37

Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von talina »

Hallo Hawei, illi !
Irgendwie haben wir ja alles etwas gemeinsam. Jeder hatte eine unschöne Kindheit. Der eine mehr, der andere weniger. Keiner von uns, kommt im Prinzip wirklich damit klar. Wir müssen versuchen, unseren Frieden damit zu schließen. Das ist natürlich leicht gesagt, bzw. geschrieben. Daß das nicht einfach ist, weiß ich ja auch, aber ich glaube, es bleibt uns nichts anderes übrig, als es zu versuchen und irgendwann auch einmal zu schaffen, damit wir endlich unsere Ruhe haben und auch vor allen Dingen mal wieder fröhlich sein können.
Ohne Therapie wird es nicht gehen. Es ist zumindest der erste Schritt. Man sollte sich aber darüber klar sein, dass es danach nicht einfach so besser ist, man muss immer weiter an sich arbeiten. Das ist sehr kraftraubend. Aber etwas anderes bleibt uns leider nicht übrig.
Mir zum Beispiel ging es ungefähr eine Woche lang etwas besser. Es war zum Beispiel nicht mehr ganz so schwer morgens aufzustehen. Außerdem hatte ich so ein- zweimal für eine kurze Zeit ein gutes Gefühl. Für diese Gefühl, lohnt es sich, zu kämpfen.
Jetzt ist es allerdings so, dass wir ja am Dienstag bei der Beerdigung meiner Tante gewesen sind. Die Beerdigung war furchtbar. Auf dem Rückweg hatten wir dann auch noch einen Autounfall, bei dem uns Gott sei Dank, nichts passiert ist. Es war aber ziemlich knapp. Das Auto ist jetzt total kaputt, aber das kann man reparieren und Gott sei Dank saß unsere kleine Tochter nicht mit im Auto.
Das war ganz schön aufregend. Seit diesem Tag ist es mit mir wieder schlechter geworden. Ich bin total kaputt, war heute morgen nicht in der Lage aufzustehen. Mein Mann hat dann unsere Tochter in den Kindergarten gebracht. Jetzt geht er wieder los, dieser Kampf jeden Morgen aufzustehen. Vielleicht schaffe ich es ja mal wieder irgendwann ein gutes Gefühl zu haben. Schön wäre es.
Hawei
Beiträge: 16
Registriert: 26. Mär 2004, 18:51

Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von Hawei »

Hallo Doro, mir geht es genauso wie Dir. Mir fällt auch das Aufstehen sehr schwer. Ich habe meinen Mann beauftragt, mich jeden morgen zu wecken und mich zu zwingen, mit ihm zu frühstücken, bevor er zur Arbeit fährt. Da muß ich ja aufstehen, denn ansonsten läßt er mich nicht in Ruhe. Sonst würde ich auch im Bett bleiben. Ich habe für nichts Lust. Ich kann mich auch für nichts aufraffen. Alles ist mir zuviel. Ich komme noch nicht einmal meiner Körperpflege nach, ist das nicht schlimm. Meine Ärztin hat mir Tabletten verschrieben, diese haben aber Nebenwirkungen, wie Sodbrennen, starkes Schwitzen, Kopfschmerzen usw. Diese nehme ich aber gern in Kauf, wenn meine Darmkrämpfe dafür verschwinden. Und die habe ich seit 1 Woche nicht mehr. Nun müßte nur noch meine Antriebslosigkeit verschwinden und meine traurige Stimmung.
Ich glaube, ich wäre jetzt nicht in der Lage an einer Trauerfeier oder Beerdigung teilzunehmen. Ich leide unter großen Verlustängsten. Ich habe im Alter von 9 Jahren meine Mutti verloren, sie war krebskrank und mußte sehr, sehr leiden.
Als ich 26 Jahre alt, ich war gerade hochschwanger mit meinem 1. Kind, starb mein Mann im Alter von 27 Jahren an Hodenkrebs. Auch er mußte sich quälen.
In seiner letzten Zeit habe ich ihn zu Hause gepflegt. Das war sehr, sehr schwer für mich. Ich hätte mein Kind bald verloren.
Ich glaube, ich habe das alles nicht richtig verarbeitet und verkraftet. Ich hatte gar keine Zeit zum Trauern.
Und ich glaube gerade das war falsch.
Ich kann das gar nicht beschreiben, wie es mir in dieser Zeit ging. Ich mußte einfach funktionieren, wegen meiner Tochter. Aber ich hätte mir auch Zeit nehmen müssen, um zu trauern und dem bin ich aus dem Weg gegangen. Ja, später ist man schlauer!
Das hat man nun davon! Nun ist man krank und wird diese Krankheit nicht mehr los!
Manchmal könnte man verzweifeln, wenn man keine Aussicht sieht für eine Besserung.

Hawei
Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von Emily »

Liebe Hannelore,

dein Leben ist nicht gerade einfach gewesen. Du hast das Gefühl, dass du deiner Trauer um deine Familienangehörigen damals keinen Raum geben konntest. Ich verstehe dein letztes Posting so, dass du einen inneren Zusammenhang zwischen der damals gelebten Trauer und der heutigen Krankheit siehst. Diesen Zusammenhang gibt es ganz sicher, und es ist bei vielen depressiven Menschen so, dass sich Ereignisse, die viele Jahre zurückliegen, immer und immer wieder negativ bemerkbar machen, weil man sie damals nicht verarbeiten konnte. Aber das heißt nicht, dass es unmöglich wäre, diese Verarbeitung heute noch nachzuholen. Ich denke schon, dass das machbar wäre mit Hilfe eines guten Therapeuten, der sich vielleicht auch speziell mit Trauerarbeit auskennt. Wenn ich eines deiner vorherigen Postings richtig verstanden habe, hast du in einer vorhergehenden Therapie diese Arbeit noch nicht leisten können. Durch die Trauer heute hindurchzugehen, wäre sicher keine leichte Aufgabe, denn Trauerbewältigung ist ja immer Schwerstarbeit. Aber vielleicht wäre es eine Möglichkeit für dich, diese Erlebnisse der Vergangenheit heute besser in dein Leben integrieren zu können.

Sonntagsgruß von
Emily
triste
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Registriert: 22. Jun 2003, 16:38

Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von triste »

Hallo,

ich bin gerade erst auf diesen thread gestossen und vieles findet in mir starken Widerhall!
Ich bin jetzt etwa zweieinhalb Jahre krank und es hat fast auch so lange gedauert, bis ich überhaupt eine Ahnung davon bekam, warum ich eigentlich krank geworden bin.
Auch meine Mutter konnte mir nicht die Liebe und Fürsorge geben, die ich gebraucht hätte und hat zudem meinen kleineren Bruder immer vorgezogen. Auch ich habe immer versucht, meinen Schmerz und Enttäuschung mit dem Verstand wegzureden, meine Mutter zu entschuldigen, etc.
Auch ich habe immer gesagt, mein Gott, andere hatten eine viel schlimmere Kindheit, etc.
Aber es ist so, wie ihr es beschrieben habt: Schmerzgrenzen sind individuell und durch die Depression müssen wir erst lernen, die Gefühle, die wir ein Leben lang verdrängt haben, wieder zu spüren und auch, endlich akzeptieren, daß wir sie haben!
Ich stehe leider erst am Anfang, Wut auf meine Mutter kann ich noch nicht fühlen, aber immerhin die Enttäuschung darüber, daß sie mich nicht liebevoll behandelt. Mein Verstand hat begriffen, worum es geht, meine Gefühle hinken hinterher...
In der Therapie erzähle ich Beispiele, wie ich vernachlässigt wurde, als ob ich nicht von mir, sondern von einer anderen Person spräche und auf das Erstaunen meiner Therapeutin reagiere ich mit Erklärungsversuchen, warum meine Mutter so zu mir war.
Es ist sicher noch ein langer Weg, bis ich die Wut fühlen kann und ich habe auch Angst davor. Ich weiß inzwischen, daß sie oft sehr grausam zu mir war und fühle trotzdem keine Wut.
Aber ich glaube, daß es ein Weg zu mir selbst sein wird und am Ende werde ich mich - hoffentlich - annehmen und lieben können.
Das Thema Vernachlässigung durch die Eltern ist bei Depressiven offenbar ein wichtiges. Letzte Woche in meiner Selbsthilfegruppe kamen wir darauf zu sprechen und 6 von 7 Teilnehmern erzählten davon, sich von den Eltern nicht geliebt gefühlt zu haben.
Das fand ich wirklich erstaunlich.
Und durch diesen thread bin ich nun wieder auf das Thema gestossen und es hilft mir, dieses wichtige Thema nicht aus den Augen zu verlieren (denn mein Verdrängungsmechanismus funktioniert noch immer gut) und auch, mich nicht wieder so klein zu machen, wenn ich traurig darüber bin, daß ich der Liebe meiner Mutter offenbar nicht wert war (denn so empfinde ich es noch heute).

Ich wünsche Euch und mir, daß wir uns selber lieben lernen und endlich Frieden mit unseren Eltern machen können.

Grüße!
Virginia


P.S. Hola Girasol, una espanola en el Forum? hasta luego!
talina
Beiträge: 18
Registriert: 26. Mär 2004, 14:37

Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von talina »

Hallo
Es tut gut, mit Leuten zu kommunizieren, die verstehen, was man meint. Ich gehe sehr offen mit meiner Krankheit um, aber die meisten Menschen verstehen mich nicht. Sie sagen immer nur: Du hast doch alles, Dir geht es doch gut, was willst Du denn eigentlich ? Dass das alles nicht so einfach ist, wißt Ihr ja genausogut wie ich. Ich finde man braucht sich nicht zu schämen, wenn man an Depressionen und Angstattacken leidet. Neulich hat zum Beispiel der Kindergarten meiner Tochter einen Ausflug zum Kaspertheater bei der Polizei gemacht. Ich habe mich als Fahrerin zur Verfügung gestellt. Da ich es in engen lauten Räumen nicht aushalte, habe ich vor dem Aufführungsort auf die Kinder gewartet. Natürlich wurde ich dann gefragt, warum ich nicht mit reingekommen sei. Ich habe dann ganz offen gesagt, dass ich in solchen Situationen sehr oft Panikattacken bekommen. Warum sollte ich irgendwelche Sachen erfinden ? Auch wenn die Gesellschaft es noch nicht richtig anerkennt, ist man heutzutage doch aufgeschlossener in diesem Bereich. Durch meine Offenheit habe ich schon von drei Personen erfahren, dass auch sie einmal Angst- und Panikattacken hatten. Dadurch merkt man dann auch, dass man zumindest nicht alleine da steht.
Mir selber geht es im Moment nicht so gut. Ich kämpfe jeden morgen darum, aufzustehen. Eigentlich funktioniere ich im Moment nur. Im Haushalt schaffe ich leider im Moment nur das Nötigste, aber man kann ja auch sagen, ich schaffe wenigstens noch das Nötigste. Das ist doch bei dem Krankheitsbild auch schon einmal etwas, oder nicht ?
Außerdem macht mir die Furunkulose sehr zu schaffen im Moment. Ich habe fast täglich irgendwo einen Furunkel, der ziemlich schmerzhaft ist. Dann kam ja auch noch der Unfall dazu. Aber auch dazu kann man ja vielleicht sehen, dass meinem Mann und mir nichts passiert ist, so hatten wir Glück im Unglück.
Ich glaube, es kommt auch immer auf die Betrachtungsweise der Ereignisse an. Sicher es passiert auch oft etwas, woraus man nichts positives ziehen kann. Ich weiß nicht wie man es positiv sehen soll, wenn man als Kind vernachlässigt worden ist oder wenn man schon früh seine Mutter oder seinen Mann verloren hat u. s. w. Ihr seht, immer klappt es nicht.
In einem thread steht, dass man sich selber akzeptieren muss. Damit habe ich sehr sehr große Probleme. Eigentlich könnte man schon sagen, dass ich mich selber hasse. Auch diese Erkenntnis war bitter. Aber so ist es. Mit mir muß ja irgendetwas nicht in Ordnung sein, sonst hätte ich nicht diese ganzen Furkunkel. Dazu hat auch meine Schwiegermutter zu mir auch schon einmal gesagt: "Da kommt wohl dann das ganze Schlechte aus Dir raus". Vielleicht hat sie ja recht.
Wenn meine Mutter meine Geschwister mehr geliebt hat als mich, muss ich doch irgendetwas falsch gemacht haben.
Dann ist ein Erlebnis aus meiner Kindheit wieder in meine Erinnerung gekommen, mit dem ich überhaupt nicht fertig werde. Ich war damals ungefähr sieben Jahre alt. Damals habe ich bei einer Freundin übernachtet in einem Doppelbett. Mitten in der Nacht legte sich der Vater meiner Freundin plötzlich zu mir und fing an mich zu streicheln und gewisse Laute von sich zu geben. Er war besoffen. Irgendwann bin ich dann wach geworden und dann ist er aus dem Zimmer gegangen. Es ist nichts weiter passiert, aber irgendwie macht mir dieses Erlebnis doch zu schaffen. Ich muss dazu sagen, dass ich erst letztes Jahr das erste Mal darüber gesprochen habe. Damals habe ich überhaupt niemandem davon erzählt. Ich habe lediglich nicht mehr bei der Familie übernachtet.
Auch mit diesem Erlebnis muss ich meinen inneren Frieden schließen. Ich glaube, dass das die Lösung für uns alle ist, mit dem Erlebten, den inneren Frieden, zu schließen. Leider ist das ganz schön schwer. Wenn jemand mir einen Tipp dafür geben kann, dann bitte bei mir melden.
Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von Emily »

Hallo Doro,

deine Schwiegermutter liegt ja wohl total daneben, wenn sie sagt, dass deine Hauterkrankung das "Schlechte aus dir" herausbringt. Zieh dir bloß den Schuh nicht an!

Man sagt ja, die Haut und die Augen seien wie der Spiegel der Seele. Ich kann mir daher schon gut vorstellen, dass die Haut überempfindlich reagiert, wenn man seelischen Druck spürt. Aber das hat überhaupt nichts mit dem zu tun, was deine SchwieMu dir da so "nett" suggerieren wollte.

Wenn ich so versuche zwischen deinen Zeilen zu lesen, dann fällt mir auf, dass du dir anscheinend - zumindest teilweise - die Schuld gibst an der Vernachlässigung durch deine Mutter in deiner Kindheit. Du hast z.B. gesagt: "Wenn meine Mutter meine Geschwister mehr geliebt hat als mich, muss ich doch irgendetwas falsch gemacht haben." Auch diesen Schuh solltest du dir bewusst eben nicht anziehen! Ein Kind, das sich nicht (genug) geliebt fühlt, hat doch nichts falsch gemacht, denn diese Liebe kann man sich nicht verdienen, als Kind schon gar nicht. Lege die Last auf die Schultern derer zurück, auf die sie gehört, in dem Fall auf die Schulter deiner Mutter. Damit will ich keineswegs sagen, dass deine Mutter Schuld daran trägt, dass sie dich und deine Geschwister nicht genug lieben konnte. Sie war vielleicht auch nur ein Opfer von gewissen neg. Lebensumständen etc., hat vielleicht selbst nicht genug Liebe erhalten in ihrer eigenen Kindheit und konnte eben auch nicht mehr geben, als ihr zur Verfügung stand. Aber es ist ganz sicher auch nicht deine Schuld. Vermutlich hat niemand daran irgendeine Schuld.
Vielleicht kannst du einen gewissen inneren Frieden finden, wenn du die Lasten bewusst von deinen Schultern zurücklegst auf die Schultern derer, die dir die Lasten aufgebürdet haben. Das bezieht sich auch auf diese Geschichte, die du gerade erzählt hast über dein Erlebnis, als du 7 warst.

Liebe Grüße,
Emily.
Hawei
Beiträge: 16
Registriert: 26. Mär 2004, 18:51

Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von Hawei »

Hallo Emely,
ich habe mich gefreut, daß Du auf meinen kurzen Bericht geantwortet hast. Bei mir ist es nicht nur die Trauer, die ich bewältigen muß. Ich habe als Kind keine richtige Elternliebe empfangen und wollte dadurch immer von ihnen Anerkennung haben und habe immer darum gekämpft. Aber es hat nichts geholfen. Ich konnte tun, was ich wollte, es war immer verkehrt. Meine Stiefmutter hat immer ihre Tochter vorgezogen und sie immer hingestellt, als ob sie etwas besonderes war. Ich war immer das "schwarze Schaf" der Familie, nichts habe ich richtig gemacht. Das schlimmste war aber, daß sich mein Vater, leiblicher Vater, von meiner Stiefmutter beeinflussen ließ und ihr alles glaubte, was sie ihm über mich erzählte. Er hat nie richtig zu mir gehalten und mich unterstützt. Im Gegenteil, er hat noch mitgemacht. Er hat nie richtig zu mir gehalten, was ich nicht verstehen kann! Ich habe selber 2 Kinder, ich würde immer zu meinen Kindern stehen!
Das kann ich ihm nicht verzeihen! Und ich habe oft eine Stinkwut gehabt! Auf alle beide, auf meine Stiefmutter und auf meinen Vater! Ich habe immer versucht, mit ihnen auszukommen, bloß um des lieben Friedens willen. Nie wurde mir die Gelgenheit gegeben, mich zu rechtfertigen. Ich wurde schlimmer behandelt als ein Schwerverbrecher, denn diese können sich wenigstens verteidigen! Ich wußte manchmal gar nicht, weshalb man mir böse war! Immer hat man mir ein schlechtes Gewissen gemacht.
Und man hat mich verleumdet! Nur meine Stiefschwester hat immer alles richtig gemacht! Auch wenn es der größte Blödsinn war! Das kann ich irgendwie nicht vergessen!
Weil die beiden mich so auch noch behandelt haben, als ich bereits verheiratet war, zum Teil behandelt mich mein Vater jetzt noch so. Ich kann ihm nichts recht machen. Ich bekomme immer nur Vorwürfe, Vorwürfe und nochmals Vorwürfe. Das zermürbt mich ganz schön. Dabei habe ich immer Rücksicht genommen auf meinen Vater. Denn sonst hätte ich schon längst die Verbindung abgebrochen. Meine Stiefmutter lebt nun schon seit ca. 6 Jahren nicht mehr, aber das Verhältnis zu meinem Vater ist trotzdem nicht besser geworden. Vielleicht liegt es auch daran, weil meine Stiefschwester bei ihm im Ort lebt und sich um ihn kümmert.
Es ist so, daß man glauben kann, sie wäre seine eigene Tochter und ich wäre die Stieftochter. Das gleiche hat auch vor einigen Jahren meine Tante (Schwester meines Vaters) festgestellt und geäußert, aber das wollte er nicht wahr haben und betitelte sie als Lügnerin. Ich habe immer um seine Liebe gekämpft, aber es kam nichts zurück. Auf jeden Fall habe ich nichts verspürt. Ich kann das nicht verstehen.
Immer wurde ich von meiner Stiefmutter schlecht gemacht, und ich konnte nichts dagegen tun. Diese Hilflosigkeit, dieses Ungerechte, ist wohl auch der Grund, warum ich jetzt krank bin. Ich konnte damit nicht umgehen, diese unbeschreibbare Wut, ich konnte sie nicht herauslassen! Ich habe alles in mich hineingefressen. Keiner hat mich verstanden! Ich stand ganz allein da in meiner Kindheit. Ich habe mich nicht geliebt gefühlt von meinen Eltern und habe es mir auch dann eingeredet, daß ich es nicht wert bin, geliebt zu werden! Es gab ja nur Ärger mit mir! Obwohl nie ein richtiger Grund dafür vorlag. Aber wenn man einen Grund sucht, dann findet man ihn auch. In dieser schwierigen Zeit, habe ich immer versucht, daß man mir nichts ansah.
Ich wollte nicht, daß meine Stiefmutter über mich triumphiert. Deshalb habe ich immer so getan, als ob mich nichts erschüttert. Ich wollte sie damit ärgern.
Wenn mir auch manchmal nach weinen war, ich habe es aus Trotz nicht getan. Das war vielleicht auch verkehrt. Später habe ich alles getan, um besser dazustehen, als meine Stiefschwester (Haushalt usw.). Das ist zum Teil mir auch gelungen, aber trotzdem erhielt ich keine Anerkennung oder ein Lob. Immer wieder fand man etwas, was man kritisierte. Aber meine Stiefschwester, das war ein Goldkind. Bei ihr erfand man immer eine Ausrede! Sie war schlauer, sie war hübscher, sie hätte ja so viele Männer haben können, sie ist immer lustig,usw.
Und da soll man keine Minderwertigkeitskomplexe bekommen!
Mein Vater ist jetzt schon 90 Jahre alt, aber Vorwürfe macht er mir heute noch! Das geht mir so etwas auf den Senkel, das kannst Du Dir nicht vorstellen! Z. B. habe ich ihn am Ostersonnabend angerufen. Da war er am Telefon schon wieder aufgebracht und sagte:" Ich habe schon gedacht, ihr ruft gar nicht mehr an!" Obwohl wir ausgemacht hatten, daß wir ihn am Ostermontag besuchen.
Ein anderes mal hatte er gesagt, ihr braucht doch nicht extra anrufen, wenn ihr kommt! Aber so war er schon immer! Immer Vorwürfe!
Wenn man den ganzen Ärger hinunterschluckt, die vielen Jahre, ist es kein Wunder, wenn man daran erkrankt!
Ich weiß bis heute nicht, wie ich die Vergangenheit vergessen soll. Wie ich das meinem Vater verzeihen soll, was ich nicht verstehe und was ich nie begreifen werde!
Wie kann eine Frau es fertigbringen, daß ein Vater seiner eigenen Tochter nicht mehr vertraut? Mir kommt es so vor, daß ich das nie vergessen kann, auch wenn er einmal nicht mehr sein sollte!
Was kann ich tun? Wie bewältige ich dieses Problem, daß ich endlich einmal zur Ruhe komme?

Euch allen ein schönes Wochenende

Hawei
doro schrieb:
> Hallo, ich bin neu hier in diesem Forum. Ich habe schon bei einem anderen Thema versucht, meine Situation darzustellen. Da sind mir dann aber leider ein paar technische Fehler unterlaufen.
> Es ist so, dass ich von Mitte Oktober bis Mitte Dezember in einer psychosomatischen Klinik wegen Depressionen behandelt wurde. Man hat es dort erfolgreich geschafft, alle Mauern, die ich mir in meinem Leben, so schön aufgebaut hatte, einzureißen. Jetzt stehe ich da mit den ganzen Gefühlen von früher und weiß nicht wohin damit. Man hat mir dort gesagt, dass ich unter Dysthymie leide, so weit ich weiß heißt das, das ich chronisch depressiv bin. Die alten Erinnerungen aus der Kindheit machen mir sehr zu schaffen. Es ist nicht so schlimm, wie man vielleicht vermutet. Es war so, dass ich mich zurückgesetzt gefühlt habe und immer das Gefühl hatte, dass meine Mutter meine beiden Geschwister mehr liebt als mich. Wenn irgendetwas schief gelaufen ist, bekam ich die Schuld dafür. Meine Mutter war überfordert mit und Kindern. Ich muss noch dazu sagen, dass ich die Älteste von drei Kindern bin. Na ja, das ist nun mal so gelaufen. Ich kriege diese Dinge aber leider einfach nicht aus dem Kopf, würde aber so gern meinen inneren Frieden damit schließen. Komischerweise fallen mir auch ausschließlich negative Dinge von früher ein. Es scheint fast so, als ob ich in meinen ersten 20 Lebensjahren überhaupt nichts Positives erlebt habe. So ist es natürlich nicht. Aber wenn ich an früher denke, dann fällt mir nur alles Negative ein. Da wir damals aus einer Stadt auf ein Dorf gezogen bin, hatte ich auch in der Schule keine Chance. Heutzutage würde man das, was mir in der Schule passiert ist, wohl Mobbing nennen. Außerdem leide ich seit ungefähr 23 Jahren an Furunkulose. Die im Moment wieder ziemlich stark ausgeprägt ist.
> Jetzt ist meine Tante gestorben. Ich weiß nicht, ob ich zu der Beerdigung gehen soll. Habe Angst, dass wenn ich einmal anfange zu weinen ich dann nicht wieder aufhören kann, weil dann alle Gefühle, die ich auf frühreren Beerdigungen hätte haben müssen, hochkommen. Ich weiß nicht, ob ich das durchstehe. Kann mir vielleicht jemand einen Tipp geben ? Danke.
Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von Emily »

Hallo Hannelore,

diese Erlebnisse haben sich tief eingegraben und verursachen immer noch starke Probleme. Vergessen kannst du das Ganze wohl kaum, das kann auch nicht das Ziel sein, weil das sowieso nicht funktioniert. Der Versuch, das zu vergessen, ist verlorene Liebesmüh. Du sagst, du hast den ganzen Ärger hinuntergeschluckt die ganzen Jahre, und dass es kein Wunder sei, wenn man dann krank wird. Das leuchtet wohl jedem ein. Und jetzt ist anscheinend ein Punkt erreicht, wo du das Hinunterschlucken gründlich satt hast. Auch das leuchtet ein und ist nur zu verständlich. Ein guter Therapeut könnte dir hier bestimmt weiterhelfen, denn das häufige und intensive Reden über diese Erlebnisse wäre notwendig und richtig. Auch hier kannst du gerne jederzeit davon erzählen.

LG, Emily
Hawei
Beiträge: 16
Registriert: 26. Mär 2004, 18:51

Re: Wielange dauert es noch ?

Beitrag von Hawei »

:what Hallo Emily,

ich habe mich gefreut, daß Du geantwortet hast. Ich freue mich über jede Zeile. Denn das bestärkt mich ein wenig, über mich zu erzählen. Obwohl ich jetzt nicht in der Stimmung bin. Zur Zeit will ich nur meine Ruhe haben. Alles fällt mir so sehr schwer. Ich sitze nur herum und sehe fern oder liege auf der Couch und schlafe. Ich bin zu nichts zu gebrauchen. Heute hatte ich wieder einen Termin bei meiner Psychiaterin und mußte wieder berichten, daß keine Besserung eingetreten ist. Sie hat mir eine höhere Dosis für die Tabletten gegeben. Ich nehme zur Zeit "Imipramin 100" ein. Sie hat gesagt, wenn es nicht besser wird, will sie mich in eine Klinik einweisen. Davor habe ich ehrlich gesagt Angst. Und ich schäme mich davor, wenn sich das herumspricht.
Denn dann sagen die anderen, die ist in der "Klapse"! Man hat auch schon so viel negatives gehört von solchen Kliniken.
Ich bin ja nicht geisteskrank, ich bin ja seelisch krank. Und das können viele nicht auseinander halten. Deswegen haben viele auch Vorurteile. Auf jeden Fall gefällt mir das gar nicht! Aber mir bleibt wahrscheinlich nichts anderes übrig!
Ich muß mich erst einmal an den Gedanken gewöhnen.
Hast Du auf diesem Gebiet schon Erfahrungen gesammelt? Oder jemand anderes? Dann antwortet mir bitte!

Gruß Hawei
doro schrieb:
> Hallo, ich bin neu hier in diesem Forum. Ich habe schon bei einem anderen Thema versucht, meine Situation darzustellen. Da sind mir dann aber leider ein paar technische Fehler unterlaufen.
> Es ist so, dass ich von Mitte Oktober bis Mitte Dezember in einer psychosomatischen Klinik wegen Depressionen behandelt wurde. Man hat es dort erfolgreich geschafft, alle Mauern, die ich mir in meinem Leben, so schön aufgebaut hatte, einzureißen. Jetzt stehe ich da mit den ganzen Gefühlen von früher und weiß nicht wohin damit. Man hat mir dort gesagt, dass ich unter Dysthymie leide, so weit ich weiß heißt das, das ich chronisch depressiv bin. Die alten Erinnerungen aus der Kindheit machen mir sehr zu schaffen. Es ist nicht so schlimm, wie man vielleicht vermutet. Es war so, dass ich mich zurückgesetzt gefühlt habe und immer das Gefühl hatte, dass meine Mutter meine beiden Geschwister mehr liebt als mich. Wenn irgendetwas schief gelaufen ist, bekam ich die Schuld dafür. Meine Mutter war überfordert mit und Kindern. Ich muss noch dazu sagen, dass ich die Älteste von drei Kindern bin. Na ja, das ist nun mal so gelaufen. Ich kriege diese Dinge aber leider einfach nicht aus dem Kopf, würde aber so gern meinen inneren Frieden damit schließen. Komischerweise fallen mir auch ausschließlich negative Dinge von früher ein. Es scheint fast so, als ob ich in meinen ersten 20 Lebensjahren überhaupt nichts Positives erlebt habe. So ist es natürlich nicht. Aber wenn ich an früher denke, dann fällt mir nur alles Negative ein. Da wir damals aus einer Stadt auf ein Dorf gezogen bin, hatte ich auch in der Schule keine Chance. Heutzutage würde man das, was mir in der Schule passiert ist, wohl Mobbing nennen. Außerdem leide ich seit ungefähr 23 Jahren an Furunkulose. Die im Moment wieder ziemlich stark ausgeprägt ist.
> Jetzt ist meine Tante gestorben. Ich weiß nicht, ob ich zu der Beerdigung gehen soll. Habe Angst, dass wenn ich einmal anfange zu weinen ich dann nicht wieder aufhören kann, weil dann alle Gefühle, die ich auf frühreren Beerdigungen hätte haben müssen, hochkommen. Ich weiß nicht, ob ich das durchstehe. Kann mir vielleicht jemand einen Tipp geben ? Danke.
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