Ist eine Depression egoistisch?!

[junger_hüpfer]

Mir ist auf gefallen, dass ich seit ich erkrankt bin, nur noch an mich denke. Ständig drehen sich meine Gedanken nur um mich. Früher waren mir viele Menschen wichtig, ich hab mich um sie bemüht und mir viele Gedanken gemacht. An mich habe ich selten gedacht. Je schwerer die Depression, desto mehr drehen sich meine Gedanken nur um mich. Ich hasse mich dafür das ich meine Mitmenschen nur abweise und mich von einem offenen, freundlichen Menschen, in ein verschloßenes zickiges Biest verwandelt hab. Ich verstehe nicht wieso sich meine Persönlichkeit um 180 Grad gedreht hat. Hat jemand ähnliche Erfahrung gemacht?

[sewi]

[tomroerich]

Hallo Engel,

machst du vielleicht die Erfahrung, dass niemand nur ein Engel sein kann?
Natürlich ist eine Depression auch ein Egotripp, denn die Gedanken und Gefühle der Kranken drehen sich ja vor allem um ihre Befindlichkeit. Allerdings nicht aus freien Stücken sondern unter einem inneren Zwang. Das ist die eine Sache. Die andere ist, dass man ein sehr großes Fragezeichen dahinter machen muss, ob es denn "normal" ist, sich kaum um sich und vor allem um andere zu kümmern. Ich kann das sehr gut verstehen, dass du jetzt besonders unglücklich darüber bist, dass du nicht mehr wie seither deine ganze Kraft den anderen geben kannst sondern statt dessen launisch, selbstbezogen und ungenießbar bist. Ich verstehe es deshalb so gut, weil ich auch einmal geglaubt habe, der "gute Mensch" denke an sich selbst zuletzt und sei niemals ungeduldig mit anderen oder gar egoistisch (Pfui!!! )

Solche Vorstellungen sind in meinen heutigen Augen unrealistisch und eine dauernde Überforderung die nur dazu führt, dass man aufhört, sich selbst wahrzunehmen und in Gedanken immer bei den anderen ist. Und überhaupt: Wann ist man denn eigentlich egoistisch? Und wann sorgt man lediglich für sich selbst und ist gut zu sich (oder bist DU etwa kein Mensch, der es verdient, es gut zu haben?) Es gibt selbstlose Menschen, ja, wenn auch sehr selten. Aber die machen eben wirklich keinen großen Unterschied zwischen sich und anderen und nehmen sich selbst so ernst wie jeden anderen auch. Du dagegen machst einen Unterschied. Warum?

Gruß von

Thomas

[Anastasia]

Ich kann Thomas nur zustimmen. Depressionen zeigen uns, daß es Zeit ist, sich nach innen zu wenden und sich um sich selbst zu kümmern, sich selbst wahrzunehmen und ernst zu nehmen. Du brauchst Dich nicht selbst zu kritisieren, weil Du jetzt nicht für andere da sein kannst.
LG Anastasia