Angst Tochter 6 Jahre zu schädigen

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otto69
Beiträge: 1
Registriert: 16. Aug 2018, 15:11

Angst Tochter 6 Jahre zu schädigen

Beitrag von otto69 »

Hallo
14 Jahre konnte ich nach einer schweren Depression endlich ein fast depressionsfreies Leben führen.
In dieser Zeit habe ich geheiratet und das schönste Geschenk meines Lebens war eine Tochter, die jetzt kurz vor der Einschulung steht.
Vor 6 Wochen traf es mich dann innerhalb kürzester Zeit wieder , und so schlimm war es noch nie.
Vom ersten Tag an bekam ich solch eine Angst dass ich meine Tochter schade und bekam solch einen Druck dass ich 1 Woche sogar mit den besten Schlafmittel kein Auge mehr zumachen konnte.
Eigentlich wollte ich sofort raus aus der Situation aber ich fand keine andere Lösung.
Mein Psychiater hat mir dann was gegeben das mir half, wenigstens wieder zu Schlafen , als ich nach 3 Wochen raffte dass dies innerhalb kürzester Zeit abhängig macht (Tavor) war ich noch verzweifelter. Nun nehme ich so viel AD: 225 Venlafaxin , 500mg Quetiapin, 1mg TAVOR, vorgestern habe ich auch nach Empfehlung meines Arztes mit Lithium angefangen.
Der Druck hat nicht nachgelassen, und da der Kindergarten Ferien hat und meine Frau Arbeiten musste blieb mir nichts anderes übrig als daß ich mich um meine Tochter kümmern musste. Gedanklich kann ich mich nicht ablenken. Da es mir so schlecht geht habe ich den wenigen Freunden die ich habe allen abgesagt oder nicht geantwortet.
Wie hatte ich es geliebt für meiner Tochter da zu sein zu spielen, Unternehmungen zu machen... . Jetzt habe ich die grössten Schuldgefühle, seit gestern lehnt sie mich auch schon ab, und wie lange meine Frau das mit mir aushält weiß ich nicht. Habe (zu) viel gegoogelt und auch schon versucht es meiner Tochter zu erklären, dass Papa gerade sehr müde und angestrengt ist... .
Wer kennt diese Schuldgefühle, Angst und Druck? Bin die ganze zeit schon Krankgeschrieben und kann es mir nicht vorstellen nächste Woche Arbeiten zu gehen. Wie hätte ich meine Tochter schützen können bzw kennt jemand Möglichkeiten.
Laura7
Beiträge: 22
Registriert: 30. Jul 2018, 22:38

Re: Angst Tochter 6 Jahre zu schädigen

Beitrag von Laura7 »

Hallo Otto, :hello:

was war vor dieser depressionsfreien Phase denn genau los?
Worunter hast Du gelitten, wie lange, wie war Deine Lebenssituation damals?

War die Diagnose generelle Angststörung oder eine Zwangsstörung? Oder eine andere?

Am Anfang erwähnst Du die Angst, Deiner Tochter zu schaden. Womit genau?
Am Ende fragst Du, wie Du Deine Tochter hättest schützen können. Wovor genau?

Die Anzahl und Dosierung Deiner Medis beunruhigen mich (Laie) natürlich schon.
Ich finde es sehr traurig und natürlich fragt man sich, wie es weitergehen soll.
Bis zu einem gewissen Grad könnte man meinen, Du opferst Deine Gesundheit Deiner Familie.
Aber das ist natürlich spekulativ. Du hast nur einen kleinen Ausschnitt Deines Lebens beschrieben.

Vlt. inspirieren Dich die unterschiedlichen Antworten, die Du hier bekommen wirst.

Das mit der Angst in Bezug auf Deine Tochter habe ich auf Anhieb nicht verstanden.
Sehr gut nachfühlen kann ich den enormen Druck, den Du verspürst:
Du hast das bekommen, was Dir so wichtig war: Frau und Kind und hast Angst, beides zu verlieren.
Dieser Druck ist gewaltig.

Wußte Deine Frau von Deinen Depressionen vor der Heirat bzw. dem Kind?
Es wäre ideal, wenn ihr eine sehr ehrliche Beziehung hättet, ihr Euch alles - wirklich alles - sagen könntet.
Gemeinsam findet ihr sicherlich einen Weg.
Die Mutter sollte dabei mithelfen, dem Kind in altersgerechter Weise zu erklären, dass es Dir nicht gut ging bzw. manchmal nicht gut geht.
Kinder fühlen sich oft abgelehnt oder glauben, Schuld an etwas zu sein. In dieser Richtung muss man aktiv vorbeugen.
Vlt. hatte die Kleine ja auch mal eine Erkältung und lag im Bett. Man könnte ihr das in Erinnerung rufen. Oder Momente, in denen sie geweint hat. Erwachsene weinen eben genauso...
Sie sollte sich Deiner Liebe sicher sein. Liebe kleine Gesten, Knuddeln... Ihr zuflüstern, wie sehr man sie liebt. Dass sie das Wichtigste ist. Kleine Liebeszettelchen.

Deine Medikamente habe ich mir in ein Wechselwirkungstool angeschaut. Die Kombination von Venlafaxin und Quetiapin ist nicht ideal. Und beide nimmst Du in hoher Dosierung.

Bist Du sicher, dass nicht eines der beiden schon alleine einen ausreichenden Effekt gehabt hätte?

Kannst Du Dir gar nicht vorstellen, in eine Klinik zu gehen und Dich neu einstellen zu lassen bzw. zu versuchen, es nur mit Gesprächstherapie zu machen?

Das Absetzen dieser Medikamente würde allerdings sehr schwierig werden. Die Vorgaben der Ärzte beim Abdosieren passen leider meist nicht, weil es eine hoch - individuelle Angelegenheit ist.
Auf der Webseite adfd geben Leute sich untereinander sehr gute Tipps. Die Moderatoren dort und viele andere sind sicherlich kompetenter als Ärzte. Es ist traurig - aber es ist so...
Man wird von AD, NL genauso abhängig wie von Tavor.
Manche schaffen das Absetzen trotz Mikro-Schritten nicht bzw. nie.
Viele wünschten, immer nur bei Benzos geblieben zu sein - weil das Absetzen von AD teilw. noch schwieriger ist.
Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen - evt. scheidet dieser Weg ja von vornherein für Dich aus.
Anfügen möchte ich dennoch: Niemals abrupt absetzen (kalter Entzug). Man benötigt nicht zwangsläufig eine ärztliche Aufsicht (Klinik) - aber dann doch dieses o.g. Forum.

Psychiater tendieren allg. dazu, diese Entzugserscheinungen misszudeuten: Als Wiederauftreten der Krankheit... Da sie Absetzerscheinungen oft abstreiten, ist das ja auch konsequent.
Abschätzen, ob die ursprüngliche Krankheit wieder da ist, kann man allerdings erst viele Wochen, Monate nachdem man auf Null ist... Das Gehirn benötigt u.U. sogar mehr als ein Jahr, um sich wieder zu stabilisieren.

Würde es mir gelingen, bei Null anzukommen - bevor ich wieder zu Psychopharmaka greifen würde, würde ich neben Psychotherapien wohl auch Hypnose probieren...

Wenn Deine Frau Dich wirklich liebt, wenn Du restlos offen sein kannst - dann kannst Du das durchstehen. Erkläre Dich ihr restlos. Die Verlustängste würden sicherlich kleiner, wenn sie erklärt, dass sie das mit Dir durchstehen möchte.

Auf Supercyp kann man die Wechselwirkungen sehen - mit (grundsätzlichen) Alternativvorschlägen.
Es ist das einzig gute Wechselwirkungstool. Es ist sogar sehr gut.

Ich selber stehe Ärzten sehr kritisch gegenüber. Mich würde daher ein Klinikaufenthalt abschrecken. Ich hätte nicht mal Internet, um bei Supercyp nachzuschauen, ob Medikamentenkombinationen überhaupt vertretbar sind.
Und der seelische Druck, der dort ausgeübt würde. Wer weiß, vlt. würde man bei Ablehnung einer Kombination sogar mit der Umwandlung in einen Zwangsaufenthalt drohen...

Ich frage mich, ob es richtig war, zu antworten. So viele Patienten nehmen einfach unkritisch das, was der Arzt verschreibt und alles geht gut. Und auch eine Umstellung kann ja gut gehen.
Immerhin haben Dir Ärzte/Medikamente 14 unbeschwerte Jahre geschenkt.

Wie dem auch sei: Dein Beitrag hat mich berührt und verspürte Lust, Dir zu schreiben.
Ich hoffe sehr, dass Du eine Lösung findest und körperlich nicht auch noch Schaden nimmst.
Die Angaben zu den Nebenwirkungen im Beipackzettel sollte man nie vergessen. Und mögliche Langzeitschäden sind nicht umfassend erwähnt.

Vlt. bessert sich auch alles von alleine, wenn die Tochter eingeschult wird.
Frau_Wal
Beiträge: 134
Registriert: 6. Aug 2018, 19:18

Re: Angst Tochter 6 Jahre zu schädigen

Beitrag von Frau_Wal »

Hallo Otto,

da hat es dich ja schlimm erwischt!
Kannst du (oder deine Frau) jemand anderen fragen, ob er/sie deine Tochter betreuen kann? Gibt es jemanden aus der Familie oder dem Freundeskreis, der zu euch nach Hause kommen könnte? Du kannst ja dabei sein, aber es wäre noch jemand da, um deine Tochter zu versorgen und mir ihr zu spielen, so dass du nicht alles alleine machen musst. In manchen Städten gibt es auch eine Notfallbetreuung für Kinder (mit pädagogischen Fachkräften), wenn die Eltern kurzfristig ausfallen.
otto69 hat geschrieben:Eigentlich wollte ich sofort raus aus der Situation aber ich fand keine andere Lösung.
Kann dein Arzt dir dabei nicht helfen? Deine Situation hört sich so an, dass es für dich wirklich das beste wäre, erst mal etwas Abstand zum Alltag zu gewinnen. Dann kannst du dich ganz darauf konzentrieren, dieses Tief zu überwinden.
Wie hast du es denn bei deiner ersten Depression geschafft, aus dem "Loch" wieder rauszukommen? Vielleicht hilft einiges davon auch in der aktuellen Situation nochmal.

Ich wünsche dir viel Kraft und alles Gute!
Liebe Grüße,
Frau_Wal
Katerle
Beiträge: 11386
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Angst Tochter 6 Jahre zu schädigen

Beitrag von Katerle »

Hallo otto,

kannte solche Schuldgefühle, wegen der Erkrankung nicht so gut da sein zu können für die Kinder.

War dann auch stationär gegangen, um Kraft zu tanken. Wäre das für dich auch eine Option?

LG Katerle
DieNeue
Beiträge: 5834
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Angst Tochter 6 Jahre zu schädigen

Beitrag von DieNeue »

Hallo Otto69:

erstmal ist es toll, dass du so lange depressionsfrei warst. Davon träume ich leider immer noch...

Deine Medikamentenkombi hat mich auch etwas stutzen lassen. Ich nehme auch Venlafaxin (300mg) und seit ich das in so hoher Dosis nehme, kann ich nicht mehr schlafen. Venlafaxin wirkt sehr antriebssteigernd und kann laut meinem Psychiater dazu führen, dass man abends nicht mehr runterkommt und so nicht mehr schlafen kann. Vielleicht rühren deine Schlafststörungen auch daher? Ich hatte, als ich richtig depressiv war, auch lange Schlafstörungen. Die gingen dann aber wieder einigermaßen weg, kamen aber mit dem Medikament wieder. Mittlerweile nehme ich abends noch Amitriptylin, das ist ein trizyklisches Antidepressivum und wirk schlaffördernd. Damit kann ich supergut ein- und durchschlafen. Hat allerdings häufig die Nebenwirkung, dass man sehr schnell und stark zunimmt.
Hast du denn schon mehrere Medikamente oder Medikamentenkombinationen ausprobiert? Meines Wissens nach ist die Reihenfolge, die bei Antidepressiva ausprobiert wird, wenn ein Medikament nicht genug wirkt, so:
1. ein Antidepressivum
2. zwei ADs als Kombination
3. Antidepressivum (1 oder 2) mit Augmentation (Wirkungsverstärkung) durch andere Medikamente (Antiepileptika, Schilddrüsenhormone, etc.)
4. Lithium
5. als allerletztes Mittel Elektrokrampftherapie
Deswegen wundert es mich etwas, dass du auch Lithium nimmst.

Das glaube ich dir, dass du Schuldgefühle deiner Tochter gegenüber hast. Ich habe zwar noch keine Kinder, aber ich denke, in der Situation würde es mir auch so gehen. Man will ja nur das Beste für seine Kinder und für sie da sein. Und es ist ja auch schön, sich um die Kinder zu kümmern, auch wenn sie manchmal nerven. Aber dann wird man so ausgeschaltet, dass man das alles nicht mehr hinkriegt und das ist schon bitter. Und man fragt sich natürlich, was das mit den Kindern macht, wenn sie einen in so einem Zustand sehen oder man es nicht schafft, auf ihre Bedürfnisse.

Mir kam auch noch der Gedanke, dass es vielleicht bei euch in der Nähe irgendein Ferienprogramm oder Zeltlager/Freizeit für Kinder gibt. Bei uns in der Gegend bietet z.B. eine Kirche immer mal wieder eine Kinderwoche an, wo die Kinder den ganzen Tag spielen können, basteln, etc. und beschäftigt werden. Oder gibt es einen anderen Kindergarten, die gerade nicht zu haben, und evtl ein Kind aus einem anderen Kindergarten aufnehmen würden, bis der Kiga des Kindes wieder auf hat?

Es gibt ein paar Kinderbücher, in denen Kindern erklärt wird, was Depressionen sind. Ich weiß nicht, wie gut sie sind, aber ich schick dir trotzdem mal den Link:
https://www.amazon.de/s/ref=nb_sb_noss? ... raurigtage" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;
Vielleicht findet ihr ja da etwas hilfreiches.

Ich hoffe, ich konnte dir etwas helfen.

Liebe Grüße,
DieNeue

P.S. Diese Videos hier fand ich auch sehr hilfreich und gut gemacht.
Es geht darum, wie man sich im Alltag das Leben mit einer Depression leichter machen kann.
https://www.youtube.com/playlist?list=P ... zWh4DtG_BZ" onclick="window.open(this.href);return false;
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