Ich bin am verzweifeln; wie soll ich mich verhalten?

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Isabel789
Beiträge: 1
Registriert: 14. Aug 2018, 19:06

Ich bin am verzweifeln; wie soll ich mich verhalten?

Beitrag von Isabel789 »

Hallo liebes Forum,

durch die Website der deutschen Depressionshilfe bin ich hier auf dieses Forum gestoßen. Nachdem ich einige Beiträge von anderen Angehörigen schon durchgelesen habe, wollte ich euch auch gerne mal um Rat fragen.

Mein Freund (Partner) steckt momentan in einer Depression. Wir kennen uns seit Januar 2017, haben uns am selben Studienorte kennengelernt. Ich habe das Studium dort aber Mai 2017 abgebrochen und bin wieder in die Heimat gezogen (er studiert bzw. ich studierte dort dual, bedeutet ein Studium mit mehreren Praxissemestern). Seitdem führen wir sozusagen eine Fernbeziehung. Über den Sommer hin haben wir uns relativ regelmäßig sehen können, meistens habe ich ihn besucht. Ab Anfang November 2017 begann er sich aber anders zu verhalten, viel anhänglicher und verliebter (wenn ihr mich versteht). Ich hatte daran nichts auszusetzen und fand es auch wirklich schön. Bis ich ihn ein paar Tage später wieder besucht habe. Hier möchte ich eine e-Mail zitieren, die ich damals einer Bloggerin geschrieben habe, die genau zu diesem Zeitpunkt einen Post über ihre ungesunde Beziehung geschrieben hat und meine Verzweiflung damals gut umschreibt:

„Ich bin vor ein paar Stunden wieder zurück nach Hause gefahren und war vorher das Wochenende über bei meinem Freund. Schon als ich ankam war er recht kühl, was ich auf seinen Klausurenstress geschoben habe, aber nach nicht mal zwei Stunde wirft er mir aus dem Nichts vor, dass ein ehemaliger gemeinsamer Mitbewohner von uns beiden, ihm erzählt hat, ich hätte mit einem Typen geschlafen (den mein Freund aus welchen Gründen auch immer nicht ausstehen kann). Dazu muss ich sagen, dieser Typ hat mich mal auf einer Party im Suff geküsst gehabt, doch ich hatte ihn direkt zurückgewiesen und ihm gesagt, dass da was mit meinem jetzigen Freund beginnt zu entstehen. Ich hatte es ihm auch erzählt gehabt mit dem Kuss, da wir aber beide der Meinung waren, noch in einer offenen Beziehung zu sein, war das kein Problem zu dem Zeitpunkt. Bis letzten Freitag. Ich habe geweint, ihm gesagt, dass das eine glatte Lüge ist, sogar den ehemaligen Mitbewohner heimlich angeschrieben, was das denn soll? Der meinte, er hätte meinem Freund nie so etwas erzählt, er würde mir sowas auch nie antun wollen. Seit Freitag hat mich mein Freund gewissermaßen terrorisiert. Ich habe die ganze Nacht lang geweint neben ihm im Bett und er hat mit wütender Stimme immer wiederholt er will die Wahrheit, er hat angefangen mir kleine Schläge auf den Rücken zu geben und ich hab von Stunde zu Stunde nur noch mehr geweint und Angst bekommen. Irgendwann hat er dann aufgehört mich in den Arm genommen und gemeint, er will nicht, dass ich wegen ihm weine. Das ging gut bis zum Morgen. Er hat mich beleidigt, angeschrien, wenn ich etwas nicht verstanden habe, weil er zu leise geredet hat, ob ich taub bin und mir ständig vorgeworfen ich würde lügen, ob ich mich auch so bescheuert bei der Arbeit anstellen würde, dass mein Studium komplett sinnlos ist und ich sowieso nichts weiß und kann. Als wir mit seinem Hund rausgehen wollten, hat er Kopfhörer aufgesetzt und mich ignoriert, keines Blickes gewürdigt. Bis ich das noch bisschen Mut aufbringen konnte und ich mich (wieder weinend) vor ihn gestellt habe und fragte, was ich ihm den angetan habe, dass er mich jetzt so behandelt? Ich war einfach nur total verzweifelt. Wir sind auch mit dem Auto zu seiner Verwandtschaft auf Heimatbesuch gefahren, ich hatte Todesängste während der Fahrt. Er hat nur ständig nachgefragt, was denn los mit mir sei, weil ich schluchze und weine und hat dann nur wieder aufs Gas getreten. Bei der Verwandtschaft hat er dann den Lieben gespielt und mich sogar zum Geburtstag seiner Oma eingeladen. Er hat über Pläne geredet in den Skiurlaub zu fahren und zwei Minuten später mich wieder angeschrien, wo seine Kopfschmerztabletten sind, er würde Migräne von mir bekommen. Am Samstag Abend habe ich mich dann einem Mitbewohner von ihm anvertraut, mit dem er sich auch ganz gut versteht. Er hat dann auch mit ihm geredet und gemeint, dass sei ein verdammter Kuss von vor 9 Monaten gewesen, er soll sich nicht so anstellen, da ich den Typen seitdem ja auch nicht mehr gesehen habe, geschweige Kontakt zu ihm hatte. Zu mir hat er gesagt, er selbst würde auch schon seit zwei Wochen feststellen, dass er sich extrem aggressiv gegenüber anderen in der WG verhält und sich allgemein auch merkwürdig benimmt. Ich müsse für mich entscheiden, ob ich das mitmachen möchte, den Stress, abwarten, ob er sich nach den Klausuren wieder zum Alten entwickelt, oder ob ich gehe. Noch vor ein paar Wochen hat er sich total gewandelt, hat mich bei meinen Eltern besucht, hat von sich aus das Thema Freund und Freundin angesprochen, hat mich zu seinen Kumpels mitgenommen und stolz vorgestellt und von jetzt auf gleich wurde dieses Wochenende zu einer der schlimmsten in meinem Leben.
Ich weiß absolut nicht mehr was ich tun soll. Ich sitze jetzt hier zuhause und frage mich, ob er mich immer nur ausgenutzt hat. Er durfte in der offenen Beziehung mit anderen Frauen schlafen, und wird total eifersüchtig und erfindet Dinge, wenn es um mich geht.“

Nach diesem Vorfall beruhigte er sich weitestgehend wieder, aber ein fader Beigeschmack blieb. Ich merkte schon wie gestresst er von dem Studium war und für mich entwickelte sich immer mehr der Verdacht auf einen Burnout. Er beklagte sich über ständige Rücken- und Kopfschmerzen, war auch schon bei mehreren Ärzten deswegen. Ich besuchte ihn noch einige Male und er machte auf mich auch einen der Situation entsprechend guten Eindruck. Bis er mir drei Tage vor Weihnachten schrieb, er sei eingewiesen worden. Sein Mitbewohner hätte den Notarzt gerufen, weil er zu viele verschreibungspflichtige Kopfschmerztabletten genommen hatte und komplett neben sich stand. Der Verdacht der Ärzte lag bei versuchtem Suizid, weswegen er auch nicht einfach wieder nach Hause gehen konnte. Ich war wie aufgelöst. Abholen konnten wir ihn erst am Tag nach Heilig Abend. Er war glücklich mich und seine Mutter zu sehen, beteuerte aber auch, dass es ihm sehr Leid tue und er sich schäme. Verschrieben wurden ihm sehr starke Tabletten, die „alles sehr betäuben und vernebeln“. Seitdem ist er bis heute krank geschrieben. Er versuchte es nochmal in einer Klinik, meinte aber, er würde da verrückt werden, zwischen den ganzen Anderen. Er besucht regelmäßig eine Psychologin, versucht immer wieder verschiedene Medikamente. Zudem hat er auch immernoch die Stimmungsschwankungen, wenn nicht in so einem Ausmaß wie im November 2017. Teilweise unternimmt er gerne Dinge, wir gehen klettern, schwimmen, bespaßen den Hund seiner Mutter, besuchen seine Verwandten und gehen auf Parties von Freunden. Und an anderen Tagen hängt er nur Zuhause rum, isst kaum etwas, ist nur am Zocken am PC und trinkt Bier. Die Ergotherapie die er begonnen hatte besuchte er auch nur einige Male. Manchmal sagt er mir, es tue ihm Leid, dass er zu nichts zu motivieren ist und ich dann den ganzen Tag nur neben ihm auf dem Sofa sitze und meinen Dingen nachgehe. Dann wirkt er wieder sehr genervt und möchte nicht einmal angefasst werden. Im September wird er wieder sein duales Studium aufnehmen und ist auch momentan wieder auf Wohnungssuche in seinem Studienorte, welche sich aber als sehr frustrierend herausstellt, ich glaube, dass ihn das auch in letzter Zeit sehr runternimmt. Er sagt auch öfters, er hat gar keinen Bock mehr auf das Studium hat, wirft sich dann vor wieso er den Studienorte gewechselt hat. „An seiner alten Uni war alles viel besser.“

Dadurch, dass es eine Fernbeziehung ist, bekomme ich meistens wieder etwas Abstand von der ganzen Sache, aber es geht mir ja trotzdem sehr Nahe. Ich weiß überhaupt nicht mehr wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll. Ständige habe ich Angst ihn durch das gesagte wieder auf die Palme zu bringen. Als er noch die Wahl hatte wieder ein „normales Studium“ anzufangen (also kein duales), habe ich ihn darin bestärken wollen, weil ich ja selbst weiß wie hart ein duales Studium ist und ich mich in meinem jetzigen Studiengang viel wohler fühle. Aber ich kann ja jetzt schlecht zu ihm hingehen und ihm vorwerfen, dass er sich das ja auch mal früher hätte überlegen können.

Ich verstehe wie schwer eine Depression sein kann, auch wenn man in dieser Situation Entscheidungen treffen soll. Aber ich weiß auch nicht mehr wie ich ihm helfen kann und wie ich mit allem umgehen soll. Es zieht mich alles sehr runter, da ich mich auch nur traue einer einzigen guten Freundin anzuvertrauen.

Wie schafft ihr es damit umgehen zu können?

Liebste Grüße
Isabel
Waldmann
Beiträge: 8
Registriert: 9. Aug 2018, 14:35

Re: Ich bin am verzweifeln; wie soll ich mich verhalten?

Beitrag von Waldmann »

Darf ich fragen was dich in def Beziehung hält?
Achte deine Bedürfnisse.
Akazie
Beiträge: 51
Registriert: 7. Jun 2018, 19:36

Re: Ich bin am verzweifeln; wie soll ich mich verhalten?

Beitrag von Akazie »

Liebe Isabel,
einiges von dem was du beschreibst kommt mir bekannt vor. Ich hatte zeitweise auch Angst, Dinge anzusprechen bei meinem P., die ihn vlt auf die Palme bringen könnten weil dieser auch manchmal sehr gereizt war und ich ihm zusätzlichen Stress ersparen wollte.
Das Resultat bei uns war aber, dass ich meine Bedürfnisse oft unterdrückt habe und wenn ich sie dann liebevoll versuchte zu äußern, wertschätzend zu formulieren etc hat er trotzdem abgeblockt, mich angeblafft oder den Kontakt abgebrochen tage bis wochenlang.


So funktioniert eine " normale " Beziehung leider nicht, denn auf Dauer hat es keinen Zweck, wenn man sich dauernd zurück nimmt... Wenn du nicht du selbst sein kannst in einer Beziehung weil der Partner damit nicht zurecht kommt und nicht gelernt hat Konflikte aus zu tragen, was ist das denn für eine Beziehung?
Was mich erschreckt beim lesen und mich auch hellhörig macht, ist wie du beschreibst wie du weinend im Bett lagst und er auf dich einredete und dir kleine Schläge auf den Rücken gab.

Das erinnert mich doch sehr an den Psychoterror den ich gerade hinter mir habe, nur ging das bei uns verbalisiert zu.
Ich würde mir tatsächlich wie Waldmann oben schrieb überlegen, was dich in dieser Beziehung hält und ob es das ist, was du dir unter einer guten Beziehung vorstellst...
Achte gut auf dich, sorge für dich!

Liebe Grüße
Akazie
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