Sich "rechtfertigen" müssen

Cethegar
Beiträge: 36
Registriert: 23. Jul 2018, 21:34

Re: Sich "rechtfertigen" müssen

Beitrag von Cethegar »

Hallo zusammen vom auch neuen.

Ganz ehrlich, ich sitze hier gerade und weiß nicht wie mir geschieht. Mir laufen die Tränen aber ich fühle mich gerade auch irgendwie verstanden/sicher/richtig.

Ich bin vermutlich schon seit weit mehr als zehn Jahren depressiv und wollte oder konnte es nicht wahrhaben. Genausolange arbeistlos, kein Bein auf den Boden bekommen und immer nur im Selbstschutz gelebt. Wie ich heute zu wissen glaube.

Diagnose Depression, Medikamente, davor und dann immer mal ein Bierchen - so ging es mir dann bestimmt 6 - 7 Jahre relativ gut. DACHTE ich. Die ganze Zeit über (die Jahre) war ich AU und war gar nicht in der Lage zu begreifen WAS da mit mir passiert - was ich ignoriere, mir schönsaufe, nicht wahrhaben will.

Irgendwann wurde ich wach. Es war ein "sich verlieben" das mir klar machte das es so nicht weiter gehen kann. Das ich am Ende bin, es mir nur selber nicht sage - zugestehe. Kunststück, ich hab ja Jahrelang nichts geleistet im Sinne vom Produktiver, vertraglicher Arbeit.

Aus dem "verliebt" sein wurde nix, oder eigentlich ja doch.
Ich bin endlich aktiv geworden.

Akutpsychiatrie - Tagesklinik - Belastungserprobung (sehr fragwürdig) und jetzt 12 Monate zur Wiedereingliederung ... na ja. Ich habe Angst und weiß nicht wie es weitergehen soll. Auch sitze ich bei dem schönen Wetter hier, aktuell AU und schaff es nicht vor die Tür.

Aber das sind in der Summe jetzt gute vier Jahre die ich mich, ganz langsam, wieder zurück ins Leben kämpfe. Aber ich gebe nicht auf und ich habe auch schon eine Menge geschafft!

Jetzt noch wieder ein Job wäre toll. Am liebsten (zumindest erstmal) nur 25 - 30 Stunden, mit netten Menschen zusammen, wo man gerne hingeht und wieder DAZU gehört, etwas leisten kann und sinnvoll den Tag verbringt.
Aber, ohne Selbstwertgefühl ist das echt schwer.


Die Nikotin Sucht, natürlich auch eine Sucht, aber nicht zu vergleichen mit der Beruhigung durch den Alkohol. Doch das nur abschliessend zu dem Thema.

Der Alltag - die Routine lässt denke ich ganz, ganz viele Menschen recht schnell Empathie und Geduld vergessen.
Das blöde ist, ich kann mir dafür nichts kaufen. Und es verletzt enorm!

"Man wächst mit seinen Aufgaben". Ist son Spruch. Für mich wie ein Schlag in die Magengrube. Weitere Beispiele erspare ich euch, Ihr kennt sie alle.
Je näher einem ein Mensch steht, umso mehr tut es weh sowas hören zu müssen.

Für mich kann ich sagen das ich tatsächlich sehr sensibel, nennt es dünnhäutig, geworden bin. Das ist so.
Ich bin sehr Lärmempfindlich geworden, nehme Kleinigkeiten wahr und verzweifel an der Ignoranz und dem nicht Mitdenken meiner Mitmenschen.
Alles was nicht funktioniert, selbst ein verpasster Bus ist ein Negativerlebnis das mich runter zieht. Summieren sich zwei - drei dieser vermeintlichen Kleinigkeiten, muss ich schon schwer aufpassen mich nicht wieder in diese Gedankenspirale zu verheddern.

Es kann schon helfen einfach vor die Tür zu gehen, das Wetter bewusst wahr zu nehmen. Aber wer es kennt, selbst DAS ist manchmal wirklich schwierig.
Leider habe ich keinerlei Familie bzw. nur einen nahen Angehörigen, und dieser ist selber in einer ähnlichen Lage und leider schon alt an Jahren.

Meiner Erfahrung nach ist es für NICHT Depressive Menschen schon fast unmöglich über einen längeren Zeitraum die Energie/Geduld aufzubringen dieses "schwarze Loch" (so beschreibe ich es) zu verstehen, schlicht zu akzeptieren das es da ist.
Was mir tatsächlich bisher IMMER geholfen hat, war dann der Kontakt zu Menschen die eben all das kennen, da selber betroffen.

Weshalb ich auch gerade sehr froh bin euch hier gefunden zu haben. Wo ich gerade eh auf der Suche nach einer Selbsthilfegruppe mit betroffenen Menschen bin um einfach Verständnis zu erfahren und auch von anderen zu erfahren wie sie mit dem Thema und den Ängsten/Nöten und Sorgen umgehen.

Bitte entschuldigt wenn es etwas viel geworden ist.
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Sich "rechtfertigen" müssen

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Cethegar,
willkommen im Forum. Du beschreibst ganz gut, wie es dir geht, und was du erreicht hast. Das ist nicht gerade wenig. Ein Vergleich mit der Zeit vor der Krankheit ist wenig hilfreich.
Auch ich habe wenig Verwandte, hier wo ich wohne gar keine. Freunde verloren, Job vor vielen Jahren.
Mir hilft der Austausch mit anderen Menschen doch auch.
Ich wünsche dir hier einen guten Austausch.
LG Gertrud
Bittchen
Beiträge: 5430
Registriert: 2. Feb 2013, 18:02

Re: Sich "rechtfertigen" müssen

Beitrag von Bittchen »

Lieber Cethegar,

auch von mir herzlich willkommen.
Der Austausch hier kann dir helfen,dich nicht mehr so alleine zu fühlen mit deinen Problemen.
Betroffene können sehr gut nachvollziehen wie es dir im Moment geht.
In den letzten vier Jahren hast du schon so viel geschafft, um diese sch... Krankheit/Störung zu bewältigen.
Die Akzeptanz an einer depressiven Störung zu leiden ist der erste Schritt.
Tränen ,nicht raus können,das kenne ich zu gut.
Ganz kleine Schritte machen,vielleicht nur kurz mit einem Freund telefonieren zum Beispiel.
Eine Selbsthilfegruppe kann dich auch unterstützen.
Du hast positive Ziele,Wiedereingliederung und einen Job.
Das ist schon so gut,wenn du das wieder in Angriff nehmen kannst.
Gehe es langsam an und überforder dich nicht.
Alles Gute für dich,ich drücke dir die Daumen,dass es klappt,was du dir vorgenommen hast.

Liebe Grüße
Bittchen
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
Isola
Beiträge: 32
Registriert: 4. Mär 2017, 18:15

Re: Sich "rechtfertigen" müssen

Beitrag von Isola »

Wie schon mal geschrieben, ich finde eure Beiträge echt interessant, aber ist es normal, dass man im Laufe des Threads dann doch so weit vom eigentlichen Thema / von meiner eigentlichen Frage abweicht? Sorry, habe nicht so viel Erfahrung hier...
Howa
Beiträge: 17
Registriert: 29. Mai 2018, 07:26

Re: Sich "rechtfertigen" müssen

Beitrag von Howa »

Hallo Isola,

so ganz am Thema vorbei ist es nicht, aber du hast recht, wir sind auf die Gründe warum ihr euch leider oft rechtfertigen müsst abgeschweift.

Das kommt in einem Forum, meiner Erfahrung nach schon mal vor, vor allem bei so einem Thema, denn da stellt sich schnell die Frage warum man sich rechtfertigen muss...

LG Howa
Peter1
Beiträge: 3399
Registriert: 15. Apr 2018, 12:06

Re: Sich "rechtfertigen" müssen

Beitrag von Peter1 »

Hallo
Wofür soll man sich denn rechtfertigen? Bei einem Schnupfen, oder Lungenkrebs verlangt das doch auch keiner. Wir sollten eigentlich stolz durch die Welt gehen, weil wir so viel Kraft aufbringen, gegen diese Sch...Krankheit zu kämpfen, obwohl wir zwischendurch immer wieder Rückschläge erleiden.

VlG Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
Ani123
Beiträge: 44
Registriert: 29. Mär 2018, 22:04

Re: Sich "rechtfertigen" müssen

Beitrag von Ani123 »

Ich kenne es gut mit dem Rechtfertigen.
Meine Mutter versteht es überhaupt nicht, dass ich nicht wieder arbeite ubd jetzt ein Jahr raus bin. Das ich in der Psychiatrie war, anschließend in einer psychosomatischen Klinik und jetzt soll ich noch zur Reha. Ich müsste doch auch mal wieder arbeiten. Ob ich nicht bis zum Rehaantritt arbeiten gehen könnte? Und warum noch Reha? Ich war doch schon lange weg. Bei ihr zählt nur das normale Leben und da hört Arbeiten mit dazu.
Zu meiner Arbeit ist der Kontakt auf das Nötigste beschränkt. Ich hatte anfangs das Gefühl mich da rechtfertigen zu müssen. Habe meinen Kollegen dann erzählt was mit mir los ist. Das ich so lange ausfalle hat da auch wohl keiner gedacht, aber das ist nun mal so.
Mein Nebenjob konnte es nicht wirklich verstehen (Kinderfrau im Haushalt mit zwei Kindern, 7+11 Jahre, seit 10 Jahren da). Die Mutter hat Angst , dass ich den Kindern was antun könnte, dass ich nicht in der Lage bin alleine auf diese aufzupassen. Daher darf ich die Kinder nur unter Aufsicht sehen. Der Vater sieht es anders, entspannt, traut mir die alleinige Betreuung zu. Letztlich habe ich gekündigt. Ich habe mich versucht zu rechtfertigen, aber bekam kein Verständnis von der Mutter. Wir haben viel zusammen erlebt, bsp meine erste depressive Episode, die Krankheit des Kindes (inkl Reanimation meinerseits zu ihr), Todesfälle aus der Familie,....
Es gibt aber auch andere Personen. Meine Schwester steht voll und ganz zu mir, versteht mich (vielleicht auch, weil sie selbst schon eine Depression hatte, ambulant behandelt).Sie sagt auch, dass ich mich erstmal behandeln lassen soll, u.a auch die Reha machen soll und wieder arbeiten gehen soll wenn es geht. Wir unterstützen uns gegenseitig. Mit ihr kann ich offen reden, sie hat mich auch dazu gebracht in die Psychiatrie zu gehen, weil sie gemerkt hat, wie schlecht es mir wirklich geht. Ich unterstütze sie, indem ich ihr zuhöre, ihr Kind regelmäßig betreue (was mir gut tut. Dadurch sammel ich Kraft).
Die Eltern meines Patenkindes (Cousin und Frau) halten auch zu mir und vertrauen mir. Ich darf u.a alleine die Kinder betreuen (sind 2+3 Jahre). Mit denen kann ich offen sprechen.
Genauso wie mit meiner Tante (Mutter vom Cousin). Bei ihr fühle ich nich auch verstanden und kann ggf noch was aus meiner Vergangenheit erfahren. Meine Mutter möchte da nicht drüber sprechen.
Allgemein: Die Verwandschaft väterlicherseits hält zu mir.
Die Verwandtschaft mütterlicherseits weiß es auch, aber davon meldet sich niemand. Sie lassen es nicht so an sich ran, nehmen es zur Kenntnis und das war's. Schade wie ich finde. Meine Paten, miteinander verheiratet und kinderlos, beide mütterlicherseits, sind auch nicht für mich da. Von der Familienseite aus bin ich alleine.
Das ist schade, aber ich rechtfertige mich da auch nicht mehr und bin lieber mit den Leuten zusammen, die mich auch haben wollen.
Bittchen
Beiträge: 5430
Registriert: 2. Feb 2013, 18:02

Re: Sich "rechtfertigen" müssen

Beitrag von Bittchen »

Liebe Isola,

da gebe ich Howa recht, dein Thema ist etwas aus dem Ruder gelaufen.
Das sehe ich aber nicht als negativ an.
Wenn viel geschrieben wird,ist ja auch immer von den vielen verschiedenen Problemen die Rede, die bei einer depressiven Störung auftreten können.
Wenn es für dich interessant ist,dann ist das doch sehr gut.
Es durchaus auch bei anderen Themen üblich,dass auch über andere Dinge diskutiert wird.
Wenn du in anderen Threads liest,wirst du das sicher auch bemerken können.
Das ist auch im realen Leben bei einer Selbsthilfegruppe so.

Wichtig ist und das ist egal in welchem Thread,
wenn ein neuer Hilfesuchende schreibt, dass freundlich mit einem Willkommensgruß geantwortet wird.
Wir waren alle mal neu und wissen auch, es ist ein großer Schritt ,sich hier zu öffnen und über sich zu schreiben.
Es gibt hier keine Regeln wer wo was schreiben darf.
Aber sich etwas an das vorgegebene Thema zu halten ist schon Ok.

Es kommt ja sehr viel auf die eigenen Stimmungslage an, ob man schreiben "kann",aber auch das Lesen, ist wegen mangelnder Konzentration, nicht immer möglich.

Es ist aber auch nicht verkehrt Isola ,wenn du noch einmal auf dein spezielles Thema zurück kommen willst.

Liebe Grüße und einen guten Tag wünscht
Bittchen
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
Isola
Beiträge: 32
Registriert: 4. Mär 2017, 18:15

Re: Sich "rechtfertigen" müssen

Beitrag von Isola »

@Bittchen
Ich weiß nicht, aber ein wenig nervig finde ich das schon, wenn ich zu einem bestimmten Thema, das ja in der Betreffzeile genannt werden soll, etwas lesen möchte, aber dann geht's plötzlich in mehreren Beiträgen um was anderes....würde mich auch in einer Selbsthilfegruppe nerven, wenn da immer von einem zum anderen Thema "gehüpft" wird, so kann man (bei wichtigen Anliegen) nichts wirklich vertiefen. In den Klinikgruppen wurde da schon immer drauf geachtet. Man kann ja einen eigenen Thread eröffnen, wenn man über etwas anderes schreiben möchte, oder?
(Sorry, ich bin Lehrerin, vielleicht liegt es daran, dass mir "beim Thema bleiben" wichtig ist :?
Isola
Beiträge: 32
Registriert: 4. Mär 2017, 18:15

Re: Sich "rechtfertigen" müssen

Beitrag von Isola »

..wobei ich eben merke, dass ich jetzt auch nicht mehr zu meinem ursprünglichen Thema schreibe, oh je....!!
T Ally
Beiträge: 594
Registriert: 30. Jul 2014, 14:34

Re: Sich "rechtfertigen" müssen

Beitrag von T Ally »

Ein Hallo an alle,

dieses Thema und auch die Abschweifungen habe ich in den letzten Tagen verfolgt. Nur konnte ich mich nicht dazu aufraffen, hier zu schreiben.
Endlich habe ich meinen Computer mal wieder angeschmissen und wurde in der ersten Euphorie dann von Updates und anschließenden Nachrichten von abgelaufenen Lizenzen gestoppt. Nun habe ich es aber geschafft und hoffe, ich bekomme meine Gedanken noch zusammen.

Dieses Rechtfertigen kenne ich leider auch und hasse es gleichermaßen. Einen richtigen Umgang für mich habe ich noch nicht gefunden.
Ich kenne es nicht, dass ich am Morgen im Bett liegen bleibe und mich nicht aufraffen kann aufzustehen. Ich gehe meinen Alltagspflichten nach, gehe Vollzeit arbeiten und halte nach außen den "korrekten" Alltag aufrecht. Er übersteigt aber meine Kräfte. Allerdings bleibt mir so die Rechtfertigung an einigen Fronten erspart, denn augenscheinlich klappt ja alles.
Allerdings bin ich dünnhäutig, empfindlich und bodenlos erschöpft. Das merkt aber nur, wer genau hinguckt und das tut ja fast niemand. Selbst mein Psychiater sagte schon, dass man mich schon gut kennen muss und man es auch sehen wollen muss, wenn man mein Befinden einschätzen möchte.

Wenn ich es mal durchblicken lasse und äußere, dass ich nicht mehr kann, dann wird es nicht ernst genommen. So habe ich gerade erst zu einer Kollegin gesagt, dass ich gleich heule, weil mir alles zuviel wird (und es einfach zu heiß ist); dann kommt von ihr nur "Frag mich mal!" Damit bin ich dann mundtot und denke, mir will eben niemand zuhören.
In meiner Hobby-Sport-Gruppe wissen die Leute eigentlich auch, wie es um mich steht und ich habe viele Möglichkeiten, mir meine Kräfte einzuteilen, darf auch absagen. Aber nach einiger Zeit kommt dann doch wieder "Wir brauchen Dich" "Kommst Du mit zum Spiel"
Das setzt mich so unter Druck, dass ich wieder gegen mein Befinden und über meine Kräfte hinweg den anderen alles recht mache, nur mir nicht.

Dann hänge ich kräftemäßig wieder in der Kurve, aber das sieht ja niemand. Es findet hinter verschlossenen Türen statt.

Somit umgehe ich das Rechtfertigen meist. Wenn wirklich mal jemand fragt, wie es mir geht oder warum etwas gerade nicht geht, dann erwische ich mich oft dabei, auszuweichen. Oder ich schieße schnell ein "alles gut" raus - dabei stimmt das gar nicht.

Nachdem ich dann hier so gelesen habe, komme ich wieder auf den Gedanken, dass ich mir meine Krankheit nicht eingestehe und sie selbst versuche, zu überspielen.

Ein Beispiel hab ich noch, dass aus meinem Arbeitstalltag zeigt, warum ich nicht dazu stehen kann.
Mein Abteilungsleiter sprach mit mir und einem Kollegen. Wir kamen auf einen Kollegen zu sprechen, der unseren Arbeitgeber verlassen musste und nun mit Mitte 40 EM-Rente bezieht (Grund: Depression). Der Chef fragte nur, wie er das denn geschafft habe. Ein Kumpel von ihm habe gerade erst die volle EU-Rente zugesprochen bekommen, aber MS sei jawohl auch etwas ganz anderes. Der Kumpel wird auf Sicht auch im Rollstuhl landen und das sei ja ein Grund.
Da war ich sprachlos und habe mir gedacht, ich darf hier einfach keine Schwäche zeigen.
Natürlich ist MS etwas ganz anderes und schlimm, aber eben doch auch eine Krankheit. Genau wie die Depression.

So weit erst einmal, meine Gedanken sind wieder am Wandern...
DieNeue
Beiträge: 5383
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Sich "rechtfertigen" müssen

Beitrag von DieNeue »

Hallo Isola,

sorry auch von mir, dass das Thema abgedriftet ist. Das wurde ja, glaube ich, durch einen meiner Beiträge ausgelöst :oops: Entschuldigung.
Isola hat geschrieben:(Sorry, ich bin Lehrerin, vielleicht liegt es daran, dass mir "beim Thema bleiben" wichtig ist :?
Das könnte natürlich gut sein ;) In der Klasse moderiert ja der Lehrer immer das Gespräch und achtet darauf, dass beim Thema geblieben wird. In diesem Forum hier gibt es aber niemanden, der das Gespräch in einem Thread leitet, es liegt an den Usern selber, wie sich das Gespräch entwickelt. Die Moderatoren schalten sich nur ein, um fachlich-medizinische Infos zu geben, wenn sich jemand nicht an die Forumsregeln hält oder etwas total aus dem Ruder läuft.
Ich war mal in einer Besprechung von Ehrenamtlichen, die auch nicht geleitet wurde. Da ging es auch kreuz und quer und drunter und drüber und ich wäre fast ausgeflippt, denn von der Uni und anderswo kenne ich Diskussionen auch als geordnet. Kann dich also schon ein wenig verstehen, wenn du das als Lehrerin ganz anders gewohnt bist.

Nun mal wieder zum eigentlichen Thema ;)
Ich frage mich ehrlich gesagt gerade, was du genau hören möchtest. Deine Fragen waren ja:
- habt ihr auch manchmal das Problem, euch z.B. bei Angehörigen regelrecht dafür rechtfertigen zu müssen, dass die Depression einfach nicht dauerhaft aus eurem Leben verschwindet?
-Kennt ihr sowas auch und ärgert euch das genauso?

Das sind beides Fragen, die man einfach mit Ja/Nein beantworten.
Ich gehe aber mal davon aus, dass dir nur Rückmeldungen wie "Ja, kenne ich!", "Ja, ich auch!" nicht reichen. ;)
Im Prinzip hast du ja schon etwas "moderierend" ;) eingegriffen, mir fehlt da nur das, was du genau erfahren möchtest. Ein paar Leute haben ja schon von ihrer Situation erzählt. Du könntest auch darauf antworten, nachfragen, je nachdem, was dich interessiert. Lass dich von den Beiträgen, die für dich nicht zu deinem Thema passen, nicht ablenken :) und such die raus, die für dich relevant sind. Ich finde, es sind schon ein paar passende Beiträge dabei. Aber das ist meine Sicht, ich weiß ja nicht, was du genau erwartest. Vielleicht ja was ganz anderes als wir?!

Ich habe dir auch ein paar Rückfragen gestellt (mein Beitrag vom26.07., 00:34), vielleicht hast du die übersehen. Du kannst auch ein bisschen mehr von dir erzählen, wenn du magst.

Liebe Grüße und ich hoffe, der Thread entwickelt sich noch so, dass du davon profitieren kannst. :)
DieNeue
DieNeue
Beiträge: 5383
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Sich "rechtfertigen" müssen

Beitrag von DieNeue »

Hey T Ally,

schön, dass du mal wieder hier bist :)
T Ally hat geschrieben:Mein Abteilungsleiter sprach mit mir und einem Kollegen. Wir kamen auf einen Kollegen zu sprechen, der unseren Arbeitgeber verlassen musste und nun mit Mitte 40 EM-Rente bezieht (Grund: Depression). Der Chef fragte nur, wie er das denn geschafft habe. Ein Kumpel von ihm habe gerade erst die volle EU-Rente zugesprochen bekommen, aber MS sei jawohl auch etwas ganz anderes. Der Kumpel wird auf Sicht auch im Rollstuhl landen und das sei ja ein Grund.
:shock: Das ist echt krass! Da würde ich mich, glaube ich, auch nicht mehr trauen, irgendwas zu erzählen... Kann ich verstehen, dass du versuchst, da keine Schwäche zu zeigen.
Was hat denn der Kollege darauf reagiert? Und weiß der Chef, dass du auch Depressionen hast?

Liebe Grüße auch dir!
DieNeue
Cethegar
Beiträge: 36
Registriert: 23. Jul 2018, 21:34

Re: Sich "rechtfertigen" müssen

Beitrag von Cethegar »

Also sorry wenn ich da etwas zu weit ausgeholt habe, ich fühl mich da mal angesprochen.

Hat jetzt auch ein bisschen gedauert bis ich mich aufraffen konnte doch nochmal zu schreiben. Eigentlich wollte ich nur eben zum Ausdruck bringen

Ich beschränke es dann explizit nochmal.

Der Alltag - die Routine lässt denke ich ganz, ganz viele Menschen recht schnell Empathie und Geduld vergessen.
Das ist meiner Meinung nach einer der Gründe WARUM man sich oft rechtfertigen muss.

Das blöde ist, ich kann mir dafür nichts kaufen. Und es verletzt enorm!

"Man wächst mit seinen Aufgaben". Ist son Spruch. Für mich wie ein Schlag in die Magengrube. Weitere Beispiele erspare ich euch, Ihr kennt sie alle.
Je näher einem ein Mensch steht, umso mehr tut es weh sowas hören zu müssen.


Und ….
Meiner Erfahrung nach ist es für NICHT Depressive Menschen schon fast unmöglich über einen längeren Zeitraum die Energie/Geduld aufzubringen dieses "schwarze Loch" (so beschreibe ich es) zu verstehen, schlicht zu akzeptieren das es da ist.

Soll meine Darstellung für fehlendes Verständnis des Umfeldes sein.
Das mit der Hobbymannschaft kenne ich auch, ebenso wie dieses „funktionieren“ und das niemand merkt das ….
Tatsächlich scheint es aber oft so zu sein das wir einfach alle so sehr Teil dieser Leistungsgesellschaft sind und oder uns dieses angewöhnt haben, das wir eben einfach ständig an/über unsere Grenzen gehen. Wir FUNKTIONIEREN.

Und alle wies sie eben auch FUNKTIONIEREN, vergessen oder nehmen schlicht nur das wahr was sie wahrnehmen wollen.
Weshalb man sich immer rechtfertigen „muss“.

Ich hoffe das jetzt aufs wesentliche beschränkt zu haben? Wobei, und das möchte ich an dieser Stelle auch loswerden (und ich meine es wirklich NICHT böse, nur als Parade Beispiel) ich dieses „Ich bin Lehrerin“ (nachvollziehbar das man dann eben auch „so uns so“ konditioniert ist!) und bin das eben so gewohnt ….. ein Sinnbild dessen ist was ich meine.
Bitte, bitte richtig verstehen. Ichglaube einfach das wahnsinnig viel mit Gewohnheit zusammenhängt. Sowohl das Rechtfertigen als auch die Erwartung dessen.

LG
Cethegar
T Ally
Beiträge: 594
Registriert: 30. Jul 2014, 14:34

Re: Sich "rechtfertigen" müssen

Beitrag von T Ally »

DieNeue hat geschrieben:Was hat denn der Kollege darauf reagiert? Und weiß der Chef, dass du auch Depressionen hast?
Hallo DieNeue,

leider, leider weiß mein Arbeitgeber Bescheid, das ließ sich vor fast drei Jahren durch einen Klinikaufenthalt nicht ändern. Zudem noch eine Reha über 5 Wochen, auf der Bescheinigung steht "Psychosomatik" - und bei fünf Wochen weiß ja jeder Arbeitgeber Bescheid.

Der Kollege war ebenfalls sprachlos, aber was soll man machen? Ich für mich versuche, so lange wie möglich zu funktionieren. Und teile mir meinen Urlaub übers Jahr auf, damit ich nach einigen Wochen Belastung immer mal wieder eine Woche zum Entspannen habe.

Mein Chef kommt auch in Beurteilungsgesprächen auf meinen GbB und meine Ausfallzeiten zu sprechen. In diesen Momenten fange ich dann an, mich zu rechtfertigen. Und meist versuche ich, durch übertriebenen Einsatz und Kraftaufwand, keinen Grund für Kritik zu liefern. Sozusagen "Rechtfertigung" auf andere Art und Weise.
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