Ich brauche dringend einen Rat

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heffalumb
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Ich brauche dringend einen Rat

Beitrag von heffalumb »

Hallo

Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich bin seit mehreren Jahren unglücklich und habe versucht, mich selbst daraus zu holen. Ich weiß nicht warum, ich dachte aber immer, es läge an der Arbeit. Ich bin vor sieben Jahren zusammen mit meinem Freund von Sachsen-Anhalt nach NRW fürs Studium gezogen. Das Studium habe ich abgebrochen und eine medizinische Ausbildung gemacht. Wenn ich mich selbst jetzt reflektiere, ging es mir aber davor schon nicht gut. Aber dort wurde es schlimmer. Ich hatte dann gehofft, dass es nach der Ausbildung besser wird. Es wurde aber schlimmer und irgendwann haben ich und mein Freund beschlossen, zurück in die Heimat zu ziehen. Ich habe mich bewusst für eine Arbeitsstelle mit etwas geringeren Arbeitszeiten und einem familiäreren Umfeld entschieden. Ich hatte große Hoffnung, das jetzt endlich alles gut werden würde. Es gab auch ein kurzes Hoch von einem Monat, aber jetzt ist alles wieder schlimmer. In Pflegeberufen herrscht tatsächlich über all die selbe Sch... Es gibt natürlich unendlich viele Details, aber für meine zwei jetzigen Probleme, wegen denen ich mich hier melde, sollte das reichen.

Gestern habe ich mich endlich dazu durchgerungen, damit zu meiner Hausärztin zu gehen. Bei ihr bin ich schon über zehn Jahre und ich hätte es vielleicht schon früher getan, hätte ich nicht so weit weg gewohnt. In NRW habe ich immer zu den Ärzten gesagt, ich wäre nur etwas Müde oder hätte Magen-Darm-Probleme, um krank geschrieben zu werden. Aber gestern habe ich direkt gesagt, das ich Traurig bin und nicht weiß wieso, weinend aufwache und nicht mehr aufhören kann und naja, ihr werdet das ja kennen.

Sie hat sofort reagiert, mich drei Wochen krank geschrieben, mir einen Psychologen empfohlen und mir Globuli mitgegeben. Danach war ich bei meiner Mutter und habe ihr alles erzählt.

1. Problem: Meine Mutter ist selbst schwer depressiv und alkoholikerin. Jetzt macht sie sich selbst total fertig und hat gerade angetrunken mit mir telefoniert. Sie sucht die Schuld bei sich und versucht zu Ergründen woran es liegt. Ich habe fast Angst, sie leidet mehr unter meinem Leiden, als ich.
2. Problem: Meine neuen Kollegen sind wirklich sehr nett und offen. Haben mich herzlich aufgenommen. Leider hat sich der neue Arbeitsplatz für mich als doch nicht so toll entpuppt. Alle wissen bescheid, dass ich drei Wochen krank geschrieben bin, aber nicht warum. Alle haben aber auch mitbekommen in den letzten Wochen, dass es mir nicht gut geht. Hey, du guckst so traurig – Mensch, du gefällst mir gar nicht – Du hast dich verändet, du bist viel ruhiger geworden usw.
Nun kommen halt Nachrichten von den Kollegen: Ich hoffe, es ist nichts schlimmes – Alles gut bei dir?
Und ich weiß einfach nicht, wie und was ich darauf antworten soll.

Das Hauptproblem ist einfach, dass ich es total bereue, es ausgesprochen zu haben. Ich habe das Gefühl, etwas los getreten zu haben, was ich nicht aufhalten kann. Das meine Mutter wegen mir leidet und meine Kollegen sich sorgen. Das ist mir alles zu viel, ich wollte doch nur Hilfe aber ich habe das Gefühl, alles nur schlimmer zu machen und mir selbst dadurch nur mehr Probleme aufzuhalsen. Ich habe fast das Gefühl, es wäre einfacher, es einfach auszuhalten und traurig zu sein und an psychosomatischen Erkrankungen zu leiden (Reflux, Reizblase, Reizdarm, alles schon durch), als das, was jetzt gerade passiert.
Ich habe auch das Gefühl, meinen Kollegen eine Antwort schuldig zu sein. Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich ihnen nicht antworte und sie sich nur noch mehr Sorgen machen. Ich hätte meiner Mutter auch einfach nichts davon erzählen sollen, jetzt ist sie wieder total am Ende, hat doch aber genug eigene Probleme. Ich habe ihr natürlich gesagt, dass sie das nicht auf sich nehmen muss, zu ergründen warum es mir so schlecht geht und dass das der Psychologe machen wird. Und das sie mir damit nicht hilft usw. Aber man redet bei so depressiven Alkoholikern natürlich gegen Wände und ich weiß ganz genau, dass sie gerade trotzdem weinend zu Hause sitzt weil sie sich dafür die Schuld gibt, dass es ihrem Kind schlecht geht. Und das bricht mir das Herz.

Ich fühle mich einfach hilflos. Sonst war ich immer erleichtert, wenn ich krank geschrieben war. Aber die Erleichterung kommt nicht, ganz im Gegenteil. Ich fühle mich Schuldig, hab ein schlechtes Gewissen...Und irgendwie weiß ich auch, dass ich bei meiner jetzigen Arbeit nicht glücklich werde und habe für mich entschieden, dass ich da nicht weiter arbeiten kann. Aber es fühlt sich gar nicht an, wie eine Entscheidung, sondern wie ein Umstand und auch hier tritt keine Erleichterung ein. Ich sehe einfach kein Licht am ende des Tunnels. Was passiert nach den drei Wochen Krankschreibung? Ich weiß auch noch nicht, wann ich einen Termin beim Psychologen bekommen. Konnte heute leider nur auf Band sprechen.

Ich habe das Gefühl heute nicht mehr aus dem Gedankenkarussell um meine Mutter und meine Kollegen raus zu kommen. Ich habe noch nicht mal was gegessen heute. Ich will mich nicht schuldig fühlen. Ich möchte was für mich tun und nicht die ganze Zeit an die Anderen denken. Aber ich weiß nicht wie.
Katerle
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Re: Ich brauche dringend einen Rat

Beitrag von Katerle »

Hallo heffalumb,

ersteinmal herzlich Willkommen hier.

Es ist ganz mutig von dir, hier reinzuschreiben und du den Schritt unternommen hast, zu deiner Hausärztin zu gehen und mit ihr geredet über dein Befinden. Hoffe sehr für dich, dass es auch bald mit einem Termin beim Psychologen klappt.

Mach dir mal bitte keine Vorwürfe und du hast auch keine Schuld, mit deiner Mutter gesprochen zu haben von deinen Problemen. Sicher, eine Mutter macht sich immer Sorgen um ihr Kind, aber schlimmer ist es, deiner Mutter nichts zu sagen. Hoffe, deine Mutter findet auch einen entsprechenden Weg, mit ihren Problemen umzugehen. Alkophol ist jedenfalls keine Lösung.

Und was deine Kollegen betrifft, rede bitte mit ihnen. Sie haben ja auch schon danach gefragt und da kannst du auch ruhig antworten. Weiter aushalten und traurig zu sein, macht alles nur noch schlimmer.

Alles Gute für dich und das du die Hilfe bekommst, die du benötigst.
Katerle
DieNeue
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Re: Ich brauche dringend einen Rat

Beitrag von DieNeue »

Hallo Heffalumb,

ich kann mich Katerle nur anschließen. Wollte dir auch gleich schreiben, als ich deinen Beitrag gelesen habe, aber sie war schneller ;)

Ich würde deinen Kollegen auch ehrlich und offen erzählen, was los ist. Ich finde, es ist schon echt nett von ihnen, dass sie fragen, wie es dir geht und auch, dass ihnen auffällt, dass es dir nicht gut geht und sie dich darauf ansprechen, spricht für sie! Nicht jeder hat Kollegen oder Chefs, denen sowas auffällt und denen man nicht egal ist. Ich habe vor meinem Studium gearbeitet und meinen Chef hat nicht mal interessiert, dass ich gekündigt habe. Ich weiß nicht, warum du nicht mehr an der Arbeitsstelle bleiben willst, aber ich denke, du hast nichts zu verlieren. Wenn sie blöd reagieren, kannst du dir denken, du gehst eh weg. Wenn sie nett reagieren, dann ist es umso besser. :) Dann wird es auch viel leichter sein, wenn du dort mal wieder hingehen solltest.

Ich bin während des Studiums so krank geworden, dass ich ein Semester auch nicht weiterstudieren konnte und habe auch überlegt, ob ich den Kommilitonen, die ich erst kennengelernt hatte, sage, was los ist. Ich habe mich dann entschieden, ihnen zu schreiben, was mit mir los ist. Ich habe mir gedacht, wenn sie blöd reagieren und mich nicht mehr wollen, dann können sie mich mal, und wenn sie nett reagieren, dann hab ich wenigstens die Chance, dass man in Kontakt bleibt, bis ich wieder studieren kann. Wenn ich aber gar nichts mache und mich nicht mehr melde oder nur Ausreden erfinde, warum ich mit ihnen nichts unternehmen kann, wird der Kontakt wahrscheinlich irgendwann abbrechen. Sie haben aber alle sehr nett reagiert und es hat sich herausgestellt, dass zwei von ihnen selbst auch schon Psychotherapien gemacht haben und eine auch schon in einer Klinik war. Ich habe dann auch weiterstudiert und war wirlich froh, es ihnen gesagt zu haben, da musste ich keine Maske aufsetzen und für sie war es auch einfacher mich einzuschätzen.

Ich würde dir gerne Mut machen, deinen Kollegen zu erzählen, was los ist. Du kannst ihnen ja auch schreiben, dass du nicht willst, dass sie sich Sorgen machen. Ich denke, wenn du ihnen gar nicht schreibst, was los ist, machen sie sich nur noch mehr Sorgen. Da kann es leicht sein, dass dann irgendwelche Mutmaßungen angestellt werden und man noch mehr in den Mittelpunkt rückt, als einem lieb ist. Und wenn man dann zurückkommt, ist es erst recht komisch, weil sie überhaupt nicht wissen, wie sie mit dir umgehen sollen. Wenn du ihnen schreibst, ist es auch für dich besser, weil du weißt, dass sie sich so weniger Sorgen machen und auch woran du bei ihnen bist.

Es ist super, dass du zu deiner Hausärztin gegangen bist und auch, dass sie gleich reagiert hat. Du hast das richtige gemacht. Es wäre nicht besser, es einfach auszuhalten, auch wenn du denkst, du hast jetzt eine Lawine losgetreten und es wird dir alles zu viel. Denn mit der Zeit würde es nur noch schlimmer und je eher man das Problem angeht und die passenden Hilfen bekommt, desto größer sind die Chancen, dass es dir bald wieder besser geht.
Wenn du jemanden zum Reden brauchst, kannst du dich auch an den Sozialpsychiatrischen Dienst von deiner Stadt wenden (gibt es bei Diakonie/Caritas etc.), die bieten auch kostenlose Gespräche an und Hilfestellungen. Mit dem Dienst bei uns habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Vielleicht können die dich unterstützen, bis du einen passenden Therapeuten gefunden hast. Vielleicht könntest du dort auch mit jemandem wegen deiner Mutter reden, wie du am besten damit umgehen kannst.

Ich kann dir leider auch nicht sagen, wie es nach den drei Wochen weitergehen wird. Da gibt es keine Standardprozedur. Was ich gelernt habe in den ganzen letzten Jahren mit Depressionen, ist, dass es viel Geduld braucht und man immer einen Schritt nach dem anderen machen muss, weil man einfach nicht wissen kann, was kommt. Das fand ich sehr schwer zu lernen, weil ich früher immer alles durchgeplant habe. Es erfordert auch Mut, sich drauf einzulassen, einen Schritt zu machen, wenn man noch nicht weiß, wie der zweite Schritt aussieht. Aber es wird mit der Zeit einfacher, wenn man mal gemerkt hat, dass es funktioniert.

Was ich auf keinen Fall machen würde, ist Hals über Kopf einfach zu kündigen! Auch wenn du jetzt denkst, du willst nicht dort bleiben, würde ich mir diese Arbeitsmöglichkeit noch in der "Hinterhand" behalten. Wenn du jetzt kündigst, landest du beim Arbeitsamt und das ist nicht lustig... Wenn du nach der Krankheitszeit dich eventuell woanders bewerben willst, ist es auch besser, du kommst aus einer anderen Arbeitstelle und nicht aus dem Krankenstand.
Lass dich jetzt von der Überlegung, ob/wann du dort aufhörst zu arbeiten, und der nicht vorhandenen Erleichterung nicht irritieren. Diese Entscheidung ist im Moment nicht so relevant und man sagt auch, dass man in depressiven Phasen keine schwerwiegenden Entscheidungen treffen sollte, weil man manche Sachen viel negativer einschätzt als sie sind.

Und wichtig ist, dass du jetzt erstmal was isst! Auch wenn ich jetzt wie eine Mutter klinge ;) Es muss ja kein richtiges Mahl sein, wenn du deine Lieblingssüßigkeit isst, ist das auch gut! In der Klinik hat mal eine Mitpatientin gesagt: Schokolade ist schlecht für den Körper, aber gesund für die Seele. ;)
heffalumb hat geschrieben:Ich möchte was für mich tun und nicht die ganze Zeit an die Anderen denken. Aber ich weiß nicht wie.
Hm... ich würde jetzt wirklich erstmal in Ruhe was essen, alles andere läuft ja nicht weg. Und dann würde ich den Kolleginnen schreiben. Denn sobald das mal erledigt ist, hast du das erste Problem angegangen und das schlechte Gewissen sollte weg sein. Damit hast du ihnen den Ball zugespielt. Je nachdem, ob und wie sie reagieren, kannst du dann antworten. Vielleicht tun dir die Antworten ja gut. Ansonsten würde ich heute Abend vielleicht noch irgendwas machen, was dir sonst immer Spaß gemacht hat oder irgendwas, das dich ablenkt.

Ich hoffe, ich konnte dir ein bisschen weiterhelfen. Hier bist du auf jeden Fall gut aufgehoben :) Wenn du noch Hilfe brauchst bei dem, was du den Kollegen schreiben sollst, melde dich einfach nochmal hier. :)

Liebe Grüße und alles Gute!
DieNeue

P.S. Meine Eltern haben sich auch manchmal Vorwürfe gemacht, dass sie schuld sind, dass ich krank bin, und es war auch schwer für sie. Mein Vater hatte selber einen Burnout, meine Mutter ist auch mal psychisch zusammengebrochen und war dann eine Zeit lang krank. Meine Eltern sind nicht alkoholkrank und auch sonst habe ich ein sehr gutes Elternhaus, aber ich denke, an so einer Nachricht haben die meisten Eltern zu knabbern. Richtig schlimm wäre, wenn es deiner Mutter scheißegal wäre, wie es dir geht. Und das ist es ihr nicht. Für meine Eltern war es übrigens gut zu wissen, dass ich bei meiner Therapeutin gut aufgehoben bin.
heffalumb
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Re: Ich brauche dringend einen Rat

Beitrag von heffalumb »

Vielen Dank für die Antworten!

Gegessen habe ich nun und mir geht es auch schon etwas besser. Zu den Kollegen kommt jetzt nur leider mein Bruder, der versucht hat mich anzurufen. Hab jetzt etwas Schiss, das meine Mutter ihn auch noch betrunken angerufen hat und ein riesen Fass aufmacht :oops: Aber eins nach dem anderen....

Ja, ich weiß nicht genau, was ich meinen Kollegen sagen soll und wie. Wir haben eine WhatsApp Gruppe, in der die Chefin nicht drin ist. Das wäre eine Möglichkeit. Ich habe aber speziell zu zwei Kolleginnen einen noch besseren Draht. Vielleicht könnte ich nur einer von den beiden schreiben...ich weiß es nicht genau.

Und was? Einerseits denke ich, dass sie schon Verständnis haben würden, weil alle eigentlich mit dem Thema mehr oder weniger vertraut sind. Andererseits, haben die mich auch gerade erst kennengelernt, und wissen nicht, wie ich ohne die Depression bin, bzw haben sie ja was bemerkt, aber das war nur die Spitze des Eisbergs. Ich hab mich auf Arbeit ja versucht zusammen zu reißen, worunter halt meine Konzentration und Leistungsfähigkeit enorm gelitten hat. Und ich weiß nicht, ob die das Ausmaß tatsächlich begreifen. Also ich kanns nicht so richtig erklären, habe einfach Angst vor deren Meinungen oder so.
Naja, jedenfalls weiß ich nicht, wie weit ich das ganze ausführen soll. Und ich weiß ja auch nicht, ob ich nach den drei Wochen schon bereit bin, wieder zu kommen.
Und in der Probezeit bin ich auch noch. Ich würde jetzt auf keinen Fall selbst kündigen, da hast du schon recht. Aber die könnten mir kündigen...was mich aber tatsächlich momentan echt überhaupt nicht interessiert. Mein Fokus liegt darauf, gesund zu werden, weil ich anhand meiner Mutter ganz genau weiß, wohin einen das führen kann. Koste es was es wolle. Ich glaube auch, dass ich in einem neuen Job erst glücklich werden kann, wenn ich auf dem weg der Genesung bin oder "gesund", falls man das je richtig wird.

Was mich an der Arbeit stört ist folgendes: Ich bin OP-Schwester und war vorher in einem größeren Krankenhaus, mit den verschiedensten Fachabteilungen und OPs. Das waren richtig große Sachen, aber auch kleinere. Viel Abwechslung eben. Ich wollte dort weg, weil wir da nur noch Überstunden gemacht haben, einen Haufen Dienste, die Launen der Chefärzte aushalten mussten (was auch schon mal Instrumente und Skalpelle durch den Saal werfen hieß). So. Nun bin ich in einer kleinen Privatklinik, die meisten Wochenenden frei, wenig Arbeit im Dienst, Weihnachten und Silvester frei, 36h Woche. Klingt alles schön und gut. Aber in den letzten Wochen haben wir auch fast täglich Überstunden gemacht, Pausenzeiten sind mal so mal gar nicht. Das war die erste Enttäuschung, weil bei der Stellenausschreibung mit einer 36 h Woche geworben wurde und ich dafür bereit war jetzt auf 500-700 Euro netto zu verzichten, die ich damals für die Mehrarbeit an Diensten usw wenigstens noch bekommen habe. Und dazu kommt natürlich, dass ich das Arbeitspensum einfach auch nicht mehr packe. Ich kann mich kaum konzentrieren, mache richtig dumme Fehler...Das zweite ist die Arbeit an sich. Sie ist nicht mehr so Abwechslungsreich. Montag und Dienstag sieht es zum Beispiel so aus, dass ich dieselbe 10 Minuten Operation 20 mal hintereinander instrumentieren muss. Das zieht sich mit Wechselzeiten über 5 Stunden. Und das macht mich echt wahnsinnig, das ist wie Fließbandarbeit. Keine Abwechslung, immer dieselbe Abfolge. So stell ich mir echt die Hölle vor und habe das Gefühl dabei zu verkümmern. Vielleicht liegt das aber auch nur an der Depression, dass ich das so sehe. Das weiß ich nicht. Aber ich glaube nicht. Zu mal mich der Gedanke jeden Tag ärgert, dass ich in der Uniklinik für das Gehalt ne 30 Stunden Woche oder sogar weniger haben könnte.

Tut mir leid, dass ich mich so auskotze :shock: - aber das tut gut das endlich mal jemanden sagen zu können, der nicht mein Freund oder meine Mutter ist. Leider war eine meiner "Freundinnen" in NRW zu meinem Abschied hin sehr ungehalten, und meinte, ich würde dort versauern, wo ich hingehe. Wenn einer von dort sich meldet, sag ich jetzt natürlich immer, das hier alles super ist, um ihr nicht die Genugtuung zu geben. Is auch ne lange Geschichte....


Ja also, wem sag ichs....und was sage ich. :( Hab schon versucht, was zu formulieren, aber ich krieg nichts zusammen
DieNeue
Beiträge: 5831
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Re: Ich brauche dringend einen Rat

Beitrag von DieNeue »

Hallo Heffalumb,

ich würde den beiden Kolleginnen schreiben, mit denen du am besten kannst. Und danach würde ich noch was Kürzeres in die WhatsApp-Gruppe für alle schreiben, vielleicht erst nach der Antwort der beiden.
Oder du fragst die beiden, ob du was dazu in die Gruppe schreiben solltest oder ob sie den Anderen Bescheid sagen könnten, wenn dir das lieber ist.
Aber ich würde es nicht nur einer von beiden schreiben. Ich könnte mir vorstellen, dass das sonst ein bisschen komisch ankommt, weil du ja zu beiden ein gleich gutes Verhältnis hast (so wie ich es verstanden habe) und man sich dann fragen könnte "Warum schreibt sie nur der anderen und mir nicht? Ist unser Verhältnis doch nicht so gut?" (Ich habe keine Ahnung, ob sie sich das wirklich denken würden, aber mir würde, glaub ich, als Kollegin schon irgendwann der Gedanke kommen ;) )
Wenn du den restlichen Kollegen selber Bescheid gibst, dann bekommst du auch eventuell von denen eine Antwort und könntest schon mal gucken, wer wie reagiert und wem du Vertrauen schenken kannst. Aber du kannst es natürlich auch nur den beiden sagen, wenn dir das zu viel ist und du nicht weißt, ob und wie du mit deren Meinungen klarkommst. Du musst niemandem Rede und Antwort stehen. Vor allem nicht, wenn es dir schlecht geht. Manchmal sind aber auch Menschen für einen da, von denen man es nie gedacht hätte.
Meine Familie und ich haben es anfangs auch niemandem gesagt und als wir es dann erstmal der Verwandschaft gesagt haben, kamen auch so Anrufe nach dem Motto "Ich will ja nur ein bisschen mit ihr reden blabla...", während ich auf dem Sofa lag und so erschöpft war, dass jeder Satz, den ich sagen sollte, schon zu anstrengend war. Meine Eltern haben da auch immer wieder Leute abgewimmelt. Das war ganz gut. Hatte damals aber noch kein Whatsapp, da kriegt man die Reaktionen direkt und ungefilterter ab.

Soooo, nun zu dem, was du schreiben könntest:
Ich habe vorhin mal nachgeschaut, was ich damals meinen Kommilitoninnen geschrieben habe. Ich habe geschrieben:
- Dass es mir in letzter Zeit nicht so gut ging
- Dass sie das ja auch ein bisschen mitbekommen haben (bin bewusstlos umgekippt, hatte Bauchschmerzen usw.)
- Dann wurde es so schlimm, dass ich zum Arzt gegangen bin
- hab die Diagnose Depression bekommen (Hab bewusst erstmal nicht geschrieben, dass ich vorher schon Depressionen hatte und das jetzt nur der Supergau davon war. Das hab ich erst später erzählt.)
- dass ich jetzt krank geschrieben bin
- dass keiner weiß, wie lang das dauert. Es kann ein paar Wochen dauern, kann aber auch sein, dass ich nicht mehr in die Uni kann.
- ich wollte es ihnen sagen, dass sie Bescheid wissen, was los ist.
(Da würde ich vielleicht noch hinschreiben, dass du ihnen Bescheid sagst, damit sie sich keine Sorgen machen müssen oder dass du nicht möchtest, dass sie sich wegen dir Sorgen machen.)

Meine Kommilitoninnen haben mich übrigens auch noch nicht lange gekannt. Ich denke, deine Kolleginnen müssen das ganze Ausmaß gar nicht so genau wissen. So wie ich das verstehe, bist du selbst mit den beiden Kolleginnen, zu denen du den besten Draht hast, nicht ganz eng befreundet. Von daher sehe ich kein Problem, wenn sie nicht alle Details wissen. Falls du Angst hast, dass sie dir nicht glauben, dass es dir so schlecht geht, und denken könnten, du wärst nur faul oder übertreibst: Das weißt du erst, wenn sie dir antworten. Und wenn es so sein sollte, kannst du dir dann auch überlegen, ob es Sinn macht, mehr zu erklären oder eine Grenze zu setzen, indem du sagst, dass du nicht mehr erklären möchtest, weil es zu privat ist o.ä. Wer dir blöd kommt, muss nicht mehr wissen. Du hast Bescheid gesagt, hast ihre Frage beantwortet und fertig. Ich finde es auch nicht schlimm, wenn sie dich nicht ganz ohne Depression kennen.

Ich würde mich da ein bisschen herantasten, was so kommt. Auf das kannst du dann reagieren. Wie gesagt, immer Schritt für Schritt. :)

Das ist natürlich schade, dass deine Arbeit so monoton ist und nicht so ist, wie du dachtest, aber Skalpelle-werfende Oberärzte sind jetzt auch nicht so eine tolle Alternative...
Es klingt jetzt vielleicht blöd, aber vielleicht sind im Moment (!) weniger schwierige Routineaufgaben besser für dich. Wenn du dich nicht so gut konzentrieren kannst und öfter Fehler machst, stelle ich mir das bei komplizierteren OPs schwierig vor. Das soll nicht heißen, dass ich denke, deine jetzige Arbeit wäre besser als die andere. Aber im OP hat man schon eine riesen Verantwortung...
Ich weiß es von mir selber, wie es ist, wenn man sich nicht mehr konzentrieren kann und die einfachsten Sachen vergisst...

Liebe Grüße und eine gute Nacht!
DieNeue
heffalumb
Beiträge: 11
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Re: Ich brauche dringend einen Rat

Beitrag von heffalumb »

Wirklich vielen Dank, das hilft mir echt weiter. Vielleicht schaffe ich es heute, mich bei meinen Kollegen zu melden.

Ja, mit der Verantwortung hast du echt recht. Und gerade das macht mir auch zu schaffen...Zwischen dem ganzen Reizdarm, Angst und Antriebslosigkeits-Mist in den Letzten Jahren hatte ich echt ne Phase, die mir gezeigt hat, das ich wirklich gut in meinem Job bin. Egal, wie ernst es wurde, ich bin immer ruhig geblieben, war vorausschauend und konnte mich gerade bei diesen Chefärzten, die bei jedem bisschen rum schreien, und man mit Angst an den Tisch geht, zu 100% konzentrieren. Und jetzt sind es wirklich die einfachsten Sachen, die mir eigentlich im Schlaf von der Hand gehen müssten, die nicht mehr funktionieren. Da schämt man sich einfach zu Grund und Boden. :cry:

Mein Ziel für heute ist es, zu versuchen, meinen Kollegen zu schreiben. Kann mir gut vorstellen, dass es den halben Tag in Anspruch nimmt. Gestern habe ich auch ne halbe Ewigkeit vor meinem Telefon gesessen, bis ich mich getraut habe, dem Psychologen auf Band zu sprechen. :?
Peter1
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Re: Ich brauche dringend einen Rat

Beitrag von Peter1 »

Hallo Heffalumb !
Ich (m.63) war während meiner Tätigkeit bei der Ruhrkohle AG mehrere Jahre im Betriebsrat. Wir haben des öfteren Mitarbeitern mit den gleichen Problemen, wie du sie hast , geholfen, die Kollegen zu informieren. Somit hatten die anderen Belegschaftsmitglieder, so sie es denn wollten, die Möglichkeit, sich auf die kranken, behinderten Kollegen einzustellen. Wenn in eurem Betrieb ein Personal- Betriebsrat existiert, solltest du ihn eventuell kontaktieren. Vermutlich kennt der Personalrat die anderen Mitarbeiter schon länger, und weiß, bei welcher Person er ansetzen muß.

VlG Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
heffalumb
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Re: Ich brauche dringend einen Rat

Beitrag von heffalumb »

Nein, leider gibt es keinen Betriebsrat. Aber trotzdem vielen Dank, für den Tip!

Ich habe es tatsächlich geschafft, meine Kollegen einzuweihen. Und sie reagieren bis jetzt wirklich sehr verständnisvoll. Ich bin froh, dass das jetzt vom Tisch ist. Vielen Dank für Eure Ratschläge
Peter1
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Re: Ich brauche dringend einen Rat

Beitrag von Peter1 »

Hallo heffalumb !
Du musst lernen dich selbst zu lieben, und für die kleinsten Tätigkeiten, (duschen, Zähne putzen, aufräumen usw) die du vollbracht hast zu loben. Kümmer dich nicht um das Befinden der Anderen. Viel wichtiger ist jetzt, das du erst einmal gesund wirst, dann ist immer noch Zeit genug, sich um andere Menschen zu kümmern. Das mag sich jetzt vielleicht etwas komisch anhören, aber sei einmal richtig egoistisch, und denke nur an dich selbst. Ich wünsche dir gute Besserung, und drück dir beide Daumen.

VlG Peter
Ich wollte nie erwachsen sein, hab immer mich zur Wehr gesetzt. Von außen wurd ich hart wie Stein, und doch hat man mich oft verletzt (Nessaja P. Maffay=
DieNeue
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Re: Ich brauche dringend einen Rat

Beitrag von DieNeue »

Hallo Heffalumb,

super, das freut mich echt! :) Ich kann mir vorstellen, dass du froh bist, dass das jetzt geklärt ist.
Hast du denn jetzt alle informiert?

Liebe Grüße,
DieNeue
Katerle
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Re: Ich brauche dringend einen Rat

Beitrag von Katerle »

@ heffalumb

Freut mich auch sehr für dich. :)
heffalumb
Beiträge: 11
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Re: Ich brauche dringend einen Rat

Beitrag von heffalumb »

Ja, alles wissen bescheid. ich wollte der Chefin nur erst mal nichts sagen. Die ist gerade eh zu Hause im Urlaub und ich hatte gehofft, die Stellvertretung würde das vlt erledigen. Zu mal die beiden Nachbarn sind und eh darüber sprechen werden.

Nun hat mir die stellvertretende Chefin aber privat geschrieben. Sie hat auch ihr Mitgefühl bekundet und war zunächst verständnisvoll. Meinte dann aber, ich sollte es der Chefin auch persönlich sagen, damit sie es nicht über dritte erfährt. Das hat mich tierisch genervt. Das war so schon schwer genug.

Ich habe ihr dann gesagt, das ich es versuch, aber nicht weiß wie und was ich sagen soll. Sie hat mir dann einen Text geschrieben, wie sie es machen würde.
Ich wollte es erst nicht tun, aber ich will auch meine Ruhe haben. Und da ich weiß, dass die beiden eh miteinander sprechen und dann raus kommt, dass ich mich nicht bei der Chefin gemeldet habe und sie mich wieder darauf anspricht.
Dann schrieb mir die Stellvertretung noch: Du musst auch bedenken, dass du noch in der Probezeit bist, also melde dich bei ihr

Es ist sicher gut gemeint irgendwie, sie will bestimmt nicht, dass ich mir was verbaue. Aber trotzdem habe ich gerade ganz andere Sorgen und ich bin ja nicht dumm, ich weiß, wo ich stehe. Also habe ich der Chefin diesen Text geschickt, einfach, um meine Ruhe zu haben und nicht mehr darüber nach denken zu müssen. Die hat bis jetzt noch nicht geantwortet, es aber gelesen. Jetzt hab ich natürlich ein schlechtes Gewissen, sie im Urlaub damit belästigt zu haben.

Alles nicht so einfach.

Der Psychologe hat sich aber heute zurück gemeldet, nächste Woche Mittwoch habe ich einen Termin!
DieNeue
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Re: Ich brauche dringend einen Rat

Beitrag von DieNeue »

Hallo,

ich kann verstehen, dass du dich nicht bei deiner Chefin persönlich melden wolltest. Hätte ich auch nicht gewollt ;) Aber es ist wirklich besser, wenn sie es nicht über Dritte mitbekommt. Als ich gekündigt habe, hat die Personalchefin das auch gleich meinem Chef weitergegeben, bevor ich überhaupt die Möglichkeit hatte, es ihm selber zu sagen. Er war im Außendienst und wir hatten hauptsächlich per Telefon Kontakt. Da kam ich mir dann auch blöd vor, ihn anzurufen und ihm zu sagen, was er eh schon weiß. Er hat sich nicht gemeldet, ich auch nicht, das war dann bis zum Schluss eine blöde Situation.

Jetzt hast du es hinter dir und kriegst eventuell noch eine Antwort von ihr. Wenn du dich nicht gemeldet hättest, würdest du dir wahrscheinlich die nächsten Wochen ständig Sorgen machen und wie auf Kohlen hocken, ob sie nicht doch irgendwann anruft oder ob sie sauer ist etc. pp.
Das passt schon so, wie du es gemacht hast. Und dass deine Kollegin dir hilft, ist auch super! (Auch wenn's jetzt nervt ;) )
Es deiner Chefin zu melden ist erwachsen und integer, zeigt Rückgrat und bewahrt dir auch deine Würde. Selbst wenn du kündigst, ist es besser als wenn vorher so ein Hintenrum-Gemauschel gelaufen ist.

Alles Liebe und gute Nacht! Das wird schon!
DieNeue
heffalumb
Beiträge: 11
Registriert: 16. Mai 2018, 14:02

Re: Ich brauche dringend einen Rat

Beitrag von heffalumb »

Ja, wahrscheinlich hast du recht. Und ich bin auch froh, dass jetzt alle bescheid wissen und ich mich zumindest darum nicht mehr kümmern muss.
Mal sehen wie es weiter geht.
Aber vielen Dank, für die Unterstützung :)
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