Therapeut erzählt immer das gleiche...

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cinder89

Therapeut erzählt immer das gleiche...

Beitrag von cinder89 »

Hallo zusammen,

Erstmal danke fürs Lesen und Zuhören.

Ich bin seit 2015 bei meinem Therapeuten in Behandlung. Vorher war ich bei einem anderen für ein halbes Jahr, aber er hat tiefenpsychologisch gearbeitet und ohne praktische Lösungshilfen. Deshalb dann der sehr umständliche Wechsel..
Vor meinem Klinikaufenthalt hat mein Therapeut sich wirklich engagiert - ich hatte einige Notfallsitzungen nach Feierabend und er hat viel geschrieben.
Insgesamt war die Zeit sehr hilfreich, habe einiges aufgearbeitet und Fortschritte gemacht.
Letztes Jahr hat sich dann aber langsam das Gefühl eingeschlichen, dass immer die gleichen Hilfen kommen. Da es mir einigermaßen gut ging, habe ich die Therapie im November auf Eis gelegt... Im März bin ich dann doch wieder hingegangen, da es mir sehr viel schlechter ging (Psychiater und Hausarzt haben einen erneuten Klinikaufenthalt dringend nahegelegt).
Und wieder kommen nur die gleichen "Tipps".
Ich soll Pausen einlegen, auf mich achten, mich krank schreiben lassen wenn es mir zu schlecht, ab 20 Uhr nicht mehr arbeiten, am Wochenende einen Tag gar nicht arbeiten.
Ich sehe das auch alles ein, aber die Umsetzung ist in meinem Job gerade schwierig bis unmöglich. Ich bin in der Lehrerausbildung im Referendariat.
Ich habe das Gefühl, dass mein Therapeut das nicht versteht. Ich kann nun mal nicht Klassenarbeiten liegen lassen, den Unterricht nicht vorbereiten oder mich nicht auf die Unterrichtsbesuche vorbereiten.
Mein Therapeut möchte, dass ich meine Ansprüche runter schraube, aber ich habe das schon getan. Mittlerweile möchte ich einfach nur dadurch und das Ref bestehen.
Ich weiß nicht, was ich sonst noch machen könnte, damit es mir besser geht. Mein Therapeut offensichtlich auch nicht. Ich habe das auch schon angesprochen, aber aus seiner Sicht ist das der richtige Weg. Ich habe aber das Gefühl, es hilft nicht, die Realität des Jobs mir da im Weg steht.
Und da ich 25 Euro pro Sitzung zuzahlen muss, frage ich mich oft, ob das so viel Sinn macht... Spiele mit dem Gedanken, die Therapie abzubrechen bzw nicht zu verlängern.
Ist natürlich auch wieder blöd, weil es mir ohne Therapie sehr schlecht ging, aber das fällt eben genau mit dem Ref Beginn zusammen.
Vielleicht hat ja jemand von euch eine Idee oder einen Gedanken dazu.

Viele liebe Grüße
Cinder
RafaellaGA
Beiträge: 10
Registriert: 10. Apr 2018, 17:45

Re: Therapeut erzählt immer das gleiche...

Beitrag von RafaellaGA »

Liebe Cinder,
ich würde dir gerne helfen. Das hört sich ziemlich schwierig an. Toll, wie du trotz allem diese anstrengende Arbeit meisterst!!!
Vielleicht solltest du die Therapie nicht gleich aufgeben. Vielleicht kannst du für dich den Bedarf an Therapiestunden genau ergründen. Für mich stellte sich die Frage auch, beenden oder nicht. Dann habe ich für mich genau überlegt und mit dem Therapeuten besprochen die Termine nach einer festgelegten Pausenzeit wieder aufzunehmen. Für mich war es gut eine Pause einzulegen und Zeit zum Überlegen zu haben. Manchmal kann man auch Doppelstunden o.ä. ausprobieren.
Gibt es nicht in der UNI eine Stelle, wo du dich hinwenden kannst? Ichhabe gehört, dass man bei Depressionen oder Burnout auch die Ausbildung unterbrechen kann und dann nach einiger Zeit wieder neu aufnehmen kann.Ich war in einer Klinik mit Jugendlichen zusammen, denen es so ging. Bei der Lehrerausbildung weiß ich das nicht. Aber das müssste doch dort auch gehen.
Es gibt in Kliniken Sozialdienste, die sich da auskennen.

Hoffentlich melden sich noch viele mit Ratschlägen.
Ich drücke dir die Daumen!
LG Rafaella
cinder89

Re: Therapeut erzählt immer das gleiche...

Beitrag von cinder89 »

Liebe Rafaella,
Danke für deine lieben Worte und danlke fürs Daumen drücken!

Du hast mich ermutigt, nochmal mit meinem Therapeuten zu sprechen.
Doppelstunden gehen terminlich leider nicht, der Kalender vom Therapeuten ist zu voll. Hatte ich aber schonmal und fand es sehr produktiv.
Die Lehrerausbildung kann man "offiziell" nicht unterbrechen, nur wegen Schwangerschaft oder eben durch eine lange Krankschreibung (durch die sich aber die Arbeitsbelastung nicht ändern würde, wenn ich dann wieder einsteigen würde). Ich habe schon mit meiner Seminarleiterin gesprochen, aber konkret was machen kann sie nicht.
Ich habe auch einen Antrag auf Feststellung des Behindertengrades gestellt, dadurch würden sich ein paar Dinge erleichtern. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich genügend Prozent bekomme, laut Psychiater wohl nicht so hoch. Mal schauen!

Viele Grüße
Cinder
Lavendel64
Beiträge: 547
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: Therapeut erzählt immer das gleiche...

Beitrag von Lavendel64 »

Liebe Cinder,

entschuldige, wenn ich das so sage, aber für mich hört es sich an wie: erst die Arbeit, die Gesundheit kommt danach. Ich weiß, wie schwer sich das in eine _Linie bringen lässt, aber was du offenbar brauchst, ist eine Auszeit, um den Akku aufzuladen. Gibt es keine Möglichkeit, ein Klinik/Tagesklinikangebot anzunehmen und das Referendariat durch eine Krankschreibung zu unterbrechen? Was dein Therapeut dir sagen möchte, ist doch: tritt kürzer! Für mich ist das eine Warnung zumal du selber sagst, du fühlst dich schlechter.
Leider sind die beruflichen Aspekte die, die Geld und Auskommen sichern. Doch letztlich ... wenn du die Anzeichen ignorierst ... von selber wird es nicht besser. Ich muss auch immer höllisch aufpassen, bei Belastungen nicht in mein "altes Schema" zu verfallen und mir Freiräume zu schaffen.

Natürlich ist jede Situation anders - aber wenn du dein LEben etwas erleichtern willst, solltest du etwas daran verändern, das dir hilft und gut tut.
LG Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
cinder89

Re: Therapeut erzählt immer das gleiche...

Beitrag von cinder89 »

Hallo Lavendel,

Schöner Name :) und danke für deine ausführliche Antwort. Ein Klinik Aufenthalt wäre zur Stabilisierung sicherlich gut, aber langfristig ändert es nichts.
Deshalb ist eine Auszeit bzw Klinik für mich keine Alternative, denn dann geht es nach der Krankschreibung genau so weiter wie bisher. Eine Eingliederung gibt es im Ref nicht,ich hätte also wieder eine 60 Stunden Woche mit der gleichen Arbeitsbelastung.
Und die Arbeit an sich kann ich nicht reduzieren, ich mache schon nur das Minimum.
Das ist mein Dilemma...

Liebe Grüße
Dirk72
Beiträge: 96
Registriert: 18. Mär 2018, 20:48

Re: Therapeut erzählt immer das gleiche...

Beitrag von Dirk72 »

Hallo Cinder, die Erfahrung, dass Therapeuten immer das gleiche erzählen, habe ich auch gemacht. Inzwischen denke ich, was sollen sie auch sonst machen. Es sind die gleichen Tipps, die ich selber schon in Büchern gelesen habe. Daher mache ich keine Therapie mehr.
Für mich selbst habe ich die Ansprüche tatsächlich runter gesetzt und berufliche Ziele begraben.
Du hast Dir einen sehr anstrengenden Beruf ausgesucht .
Der Alltag nach dem Referendariat wird noch härter. Kannst Du das bis zu einem Alter von 70 Jahren durchhalten? Noch hast Du die Chance Dein Leben in andere Bahnen zu lenken.
Schöne Grüße
Dirk
cinder89

Re: Therapeut erzählt immer das gleiche...

Beitrag von cinder89 »

Hallo zusammen,

die letzte Sitzung bei meinem Therapeuten war wieder sehr ernüchternd.
Er sagte, dass er nichts machen kann, denn die Gründe, warum es mir schlecht geht, kommen von außen durch die Arbeit. Und diese Gründe kann er nicht beeinflussen.
Natürlich kommt dann die Frage auf, ist das der richtige Beruf. Ja. Ich habe ein Jahr in dem Beruf als Vertretungslehrerin gearbeitet, da hatte ich auch Depressionen und die Borderlinesymptomatik, aber es war aushaltbar. Das, was ich schlecht aushalten kann, ist der Leistungs- und Prüfungsdruck im Referendariat, die permanente Bewertungssituation. Aber die ist in einem Jahr vorbei. Also Augen zu und durch (?). Schade nur, dass mein Therapeut mir da nicht mehr helfen kann, irgendwie klammere ich mich noch an die Therapie und bin die ganze Zeit versucht, eine neue Sitzung zu vereinbaren, in der Hoffnung, dass es helfen wird.
Aber wenn der Therapeut selber schon sagt, dass er mir nicht mehr helfen kann, hat es wohl keinen Zweck mehr.
Blöd nur, dass es so, wie es jetzt ist, mir nicht gut tut....
(Dass ich mir selber helfen muss und die Therapie nur eine Unterstützung ist, weiß ich. Ich weiß nur eben gerade nicht, wie ich mir selber helfen kann).

Viele Grüße
Cinder
Babi
Beiträge: 1963
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Therapeut erzählt immer das gleiche...

Beitrag von Babi »

Hallo cinder, Hallo Dirk
Frag mich was ihr da für Therapeuten habt.
Ich hab schon zwei Therapien gemacht und ich hab auch immer wieder Probleme bei der Arbeit.
Ich hatte zwei therapeutinnen und die haben mir nie gesagt, sie können da nichts machen, im Gegenteil. Sie haben mir geholfen, indem sie in der Therapie mit mir trainiert haben, was ich in schwierigen Situationen vor allem in der Arbeit machen kann haben mir einiges gesagt, das ich üben soll und dann immer wieder in situationen anwenden soll und sie haben mir gesagt, wenn man immer wieder übt, wendet man diese Dinge dann automatisch in akuten Situationen an. Die therapeutinnen haben mir geholfen, herauszufinden, welche Reaktionen bzw Übungen mir bei schwierigen situationen am besten helfen und mit mir dann geübt, das ist wirklich Therapie in meinen Augen.
Diese Übungen wende ich noch heute in schwierigen Situationen an und sie helfen mir immer wieder.

Ich finde, ihr habt da Therapeuten, die wohl etwas überfordert sind, so sehe ich das.

LG babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
Max_
Beiträge: 583
Registriert: 19. Jan 2018, 11:46

Re: Therapeut erzählt immer das gleiche...

Beitrag von Max_ »

Hallo Cinder,

tut mir leid, dass du dich in einer so schwierigen Lage befindest. Da du aber weitermachen willst und ein Therapeutenwechsel scheinbar schwierig ist, überlege ich, was dich akut noch unterstützen könnte?

Nutzt du Entspannungsübungen wie AT oder progressive Muskelentspannung? Könnte dir vielleicht helfen, mit dem Bewertungsdruck besser klarzukommen bzw. zwischendurch mal abschalten zu können. Und/oder Mbsr, wobei das zeitlich nicht in eine 60h-Woche zu integrieren ist und nicht kurzfristig angelegt ist.

Oder sind das genau die "Tipps", die dein Therapeut immer wieder rauskramt? ;)

Alles Gute!
Max
cinder89

Re: Therapeut erzählt immer das gleiche...

Beitrag von cinder89 »

Hallo,

Danke Babi für deine Antwort. Ich stelle mir meine Therapie eigentlich auch so vor, wie du sie schilderst. Mit Übungen, Anwendung, Reflexion... Am Anfang hat mein Therapeut das auch gemacht, das hat mir auch geholfen. Seit ca einem Jahr (mit langen Pausen) ist es nur noch reden, was mich nicht weiter bringt.
Ich traue mich auch nicht wirklich, das anzusprechen. Befürchte, das liegt doch an mir, dass ich was falsch mache.

Danke Max für deine Ideen, ich versuche ab und an, einen Bodyscan zu machen, das ist aber sehr eingeschlafen, weil ich dabei mehr gegrübelt habe als mich entspannt. AT ist gar nicht meins, aber PMR kann ich mal wieder ausprobieren.
Danke dir!

Viele Grüße
Cinder
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