Therapie der Partnerin

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Adorno
Beiträge: 42
Registriert: 21. Feb 2017, 11:10

Therapie der Partnerin

Beitrag von Adorno »

Hallo,

meine Partnerin macht nun seit einiger Zeit eine Therapie und in den letzten Wochen haben wir öfters darüber gesprochen und sie hat mir teilweise auch Details aus den Sitzungen erzählt. Ich habe immer recht still zugehört und mich zurückgehalten, weil ich ihr den Raum ganz lassen möchte...

Auch wenn ich weiß, dass sie den sehr belastenden Kontakt zu ihren Eltern hat, spreche ich das nicht direkt an, sondern frage, ob bei ihr alles ok sei oder ob sie reden möchte...

Ich habe manchmal das Gefühl, dass ihr das zu wenig ist und das sie möchte, dass ich sie direkter auf alles anspreche. Ich tue mich damit aber sehr schwer, weil ich auch nicht den Eindruck erwecken möchte, neugierig zu sein oder vielleicht auch "schalfende Hunde" zu wecken oder einfach übergriffig zu sein.

Was handhabt ihr das mit euren PartnerInnen?
DeaStern
Beiträge: 141
Registriert: 20. Feb 2018, 21:23

Re: Therapie der Partnerin

Beitrag von DeaStern »

Lieber Adorno.

Klare Frage, klare Antwort - indem wir über alles offen reden (so sind mein Mann und ich früher damit umgegangen, als wir noch depressiv gewesen sind).
Aus meiner Sicht sollten Partner ja die allerbesten Freunde sein. Wenn man aber über etwas nicht klar spricht, wie soll man wissen wie man sich verhalten soll?
Kein Mensch kann in einen anderen Menschen reinschauen und es ist niemanden Aufgabe die Gedanken eines anderen Menschen zu erraten - dann kann man eben nur noch alles falsch machen und bei einem depressiven Menschen krankheitsbedingt sowieso.
Bitte lieber Adorno, sprich ganz offen mit Deiner Partnerin darüber wie Du für sie am besten da sein kannst, wie Du sie am besten unterstützen kannst. Offenheit und Ehrlichkeit sind aus meiner Sicht immer die besten Werkzeuge um miteinander gut umzugehen.
Sag Deiner Partnerin wie es Dir geht, was Dir Sorgen bereitet im Umgang mit ihr. Vielleicht (ich sage nicht, dass es so ist, sondern nur vielleicht) deutest Du ihr Verhalten auch nicht richtig und sie hat Angst Dich zu belasten, was alle depressive Menschen haben.
Redet offen miteinander, so könnt Ihr am besten füreinander da sein denke ich.

Alles Liebe für Euch beide und viel Kraft für Deine Partnerin. Hoffentlich geht es Ihr nach der Therapie besser.

Liebe Grüße und gute Nacht, Andrea
Adorno
Beiträge: 42
Registriert: 21. Feb 2017, 11:10

Re: Therapie der Partnerin

Beitrag von Adorno »

Liebe Andrea,

vielen, vielen Dank für deine Antwort
DeaStern hat geschrieben: Aus meiner Sicht sollten Partner ja die allerbesten Freunde sein. Wenn man aber über etwas nicht klar spricht, wie soll man wissen wie man sich verhalten soll?
Kein Mensch kann in einen anderen Menschen reinschauen und es ist niemanden Aufgabe die Gedanken eines anderen Menschen zu erraten - dann kann man eben nur noch alles falsch machen und bei einem depressiven Menschen krankheitsbedingt sowieso.
Genau das wünscht sich meine Partnerin! Und ich denke, dass ich das am besten sein kann, wenn man offen und ehrlich ist. Ich bin bisher immer sehr auf "Eierschalen" gelaufen und ich denke, das hat sie gemerkt und war ebenfalls verunsichert... ich habe wirklich versuch, Dinge zu erraten und das klappt natürlich nicht.

Danke, dass du das so offen geschrieben hast... manchmal brauche ich einen Anstoß, um das für mich wirklich klar zu bekommen, weil ich ja manchmal auch unsicher bin, wie ich die Dinge angehen soll.

Eine Frage habe ich noch an dich... würdest du auch direkt und klar nachfragen, wie ein Treffen mit der Familie war, auch wenn es erstmal keine Anzeichen dafür gibt, das es "schlimm" gelaufen ist? Also quasi aus Erfahrung raus?

Und wenn ja, wie? Also: "Wie war es bei deiner Familie?" Du merkst, ich bin sehr unsicher....
DeaStern
Beiträge: 141
Registriert: 20. Feb 2018, 21:23

Re: Therapie der Partnerin

Beitrag von DeaStern »

Lieber Adorno.

Nichts zu danken, wirklich nicht. Wir alle helfen uns gegenseitig, indem wir unsere Erfahrungen austauschen, so wird Deine Erfahrung anderen Menschen helfen.
Das ist ja das Schöne an einem Forum :D !

Es macht nichts wenn man in unbekannten Situationen unsicher ist, das ist völlig normal. Sobald die Situation dann vertrauter wird, wird man selbstsicherer. Finde ich gut, wenn man erkennt, dass man unsicher ist und dann offen darüber redet.

Zu Deiner Frage: Ich persönlich würde mit meinem Partner darüber reden wie er sich das wünscht und daran halten.

Meine Familie wohnt nicht in der Nähe, so habe ich viel weniger Kontakt mit ihr in der depressiven Zeit gehabt als Deine Freundin wahrscheinlich hat.
Bei meinem Mann ist es so gewesen, dass ich habe nachfragen dürfen, aber sofern er nicht reden wollte, dann hat er mir das ganz deutlich gesagt. Ich hab nicht nachbohren dürfen, das hat er gar nicht gemocht, denn dann ist er ungut geworden (hab so ganz schnell gelernt wo meine Grenzen sind).

Mein Mann ist generell eher so unsicher gewesen wie Du Dich selbst beschreibst, weil ich in der Zeit, wo ich in einem tiefen Loch gewesen bin, ein äußerst unguter und mürrischer Mensch gewesen bin (der Arme...). Aber wenn wir uns an das gehalten haben was wir ausgemacht haben, ist uns beiden mit uns gut gegangen. So hat mein Mann mit der Zeit gelernt bei mir selbstbewusster aufzutreten, was mir wiederum einen guten Halt gegeben hat, weil ich gewusst habe wo meine Grenzen sind.

Lieber Adorno, ich kann hier nur von meiner Erfahrung sprechen, jeder ist da anders denke ich.
Diese Freundschaft, die aus meiner Sicht Partner haben sollen, entsteht mit der Zeit und mit der Übung. Und ich habe auf diesem Weg erfahren, dass je mehr man dem Partner vertraut, desto mehr Vertrauen hat man in sich selbst.
Wie soll ich sagen... Also mein Mann und ich sind gerade durch diese Krankheit so gute Freunde geworden, weil wir voneinander gelernt haben wie ein anderer Mensch tickt und rücksichtsvoll und dankbar zu sein.

Ich würde an Deiner Stelle mit der Freundin auch darüber reden wie sie sich das vorstellt, ob es gut ist, wenn Du sie ansprichst und darüber, dass Du einfach unsicher bist und Angst hast, etwas falsch zu machen. Sobald sie Dir dann mitteilt ob sie auf ihr Treffen angesprochen werden möchte oder nicht und wenn ja, wie, und Du siehst, dass das funktioniert, wird die Unsicherheit weggehen.

Wenn Du magst, probiere es einfach aus mit ihr darüber zu reden, so wie sie sich das auch wünscht, offen, und sollten wo Schwierigkeiten entstehen, frag hier nach.

Ich finde die Einstellung Deiner Freundin und Deine zu Ihr und Euer Umgang miteinander voll schön, alle Achtung!

Liebe Grüße, Andrea
Adorno
Beiträge: 42
Registriert: 21. Feb 2017, 11:10

Re: Therapie der Partnerin

Beitrag von Adorno »

Liebe Andrea,

danke für deine lieben Worte!!! Das tut sehr gut...

Wir haben in dieser Beziehung schon ziemlich viel durchgestanden. Ich habe das in einem anderen thread schon mal alles geschrieben: Zweifel an der Beziehung, Zweifel an allem während der depressiven Phasen. Das hat auch Spuren hinterlassen und manchmal schien auch alles sehr aussichtslos. Aber irgendwie haben wir beide uns da immer durchgebracht...

Wir versuchen immer wieder gut aufeinander einzugehen, aber ich glaube, wir beide haben Angst, dass die Depression die Beziehung zerreißt...

Ich finde es daher sehr schön, dass du diese warmen Worte für mich hast...
Adorno
Beiträge: 42
Registriert: 21. Feb 2017, 11:10

Re: Therapie der Partnerin

Beitrag von Adorno »

Hallo,

ich würde gerne einen alten thread aufnehmen und das Thema etwas fortführen.

In den letzten Monaten haben meine Partnerin und ich viele Höhen und Tiefen mitgemacht, aber wir haben es dann doch trotz allem hinbekommen, gut miteinander umzugehen und sind uns auch in der Beziehung dadurch näher gekommen. Wir sind wirklich etwas "zusammen gewachsen". Wir haben auch in letzter Zeit viel über unsere Wünsche und Gefühle reden können und auch, was wir vom anderen brauchen.

Die Beziehung hat uns beiden in den letzten Wochen viel halt gegeben!

Was sich aber nach wie vor als sehr belastend erweist, ist, wenn meine Partnerin belastende Sitzungen bei ihrem Therapeuten hat. Wir reden mittlerweile sehr viel über die Therapie und ich versuche auch meine Erfahrungen einzubringen, die ich in meiner eigenen gemacht habe. In guten Phasen funktioniert das auch echt gut und meine Partnerin hört sich meine Perspektiven auch an und wir reden dann darüber.

In schlechten Phasen sind die Gespräche über ihre Therapie, die von ihr initiiert werden, aber richtige Minenfelder. Das kleinste Wort meinerseits reicht und sie verliert die Fassung. Ich habe ihr immer gesagt, dass ich nur meine Erfahrungen weiter geben kann oder aus meiner Sicht sprechen kann oder eben ganz allgemein. Was ich aber nicht kann, ist, eine therapeutische Perspektive einnehmen. Sie fordert aber immer wieder von mir ein, wenn es ihr schlecht geht, mich 1:1 in sie hineinzuversetzen oder ihre den "gleichen Schmerz" zu spüren. Was ich aber natürlich nicht kann. Fast immer sagt sie dann, ich sei keine Hilfe, würde sie nicht verstehen oder wir würden nicht zusammen passen.

In schlechten Phasen scheint es so, als ob sie von mir eine Art "Verschmelzung" veralangt oder wünscht und wenn ich das nicht hinbekomme, was einfach auch nicht klappt, dann soll ich mich entfernen.

Es fällt mir sehr schwer mit dieser Doppelschlächtigkeit umzugehen. Einerseits der Wunsch nach Reden. Andererseits der Wunsch nach "Verschmelzung", der zwangsweise unerfüllt bleibt.

Kennt ihr ähnliche Situationen?
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