Ist Depression nun eine Krankheit oder nicht?

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leighanne
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Registriert: 6. Mär 2018, 15:07

Ist Depression nun eine Krankheit oder nicht?

Beitrag von leighanne »

Hallo liebe Forumsgemeinde,

ich schreibe hier in diesem Forum, weil ich nach jahre(jahrzehnte)langer Depressionsdiagnose mit der Frage konfrontiert bin, ob ich nun eine Erkrankung habe oder nicht.

Vielleicht mal kurz zur Vorgeschichte. Seit fast 20 Jahren bin ich immer wieder in Behandlung gewesen (ambulante Therapien, Klinikaufenthalte und Medikation). Vor einigen Jahren ging es mir sehr schlecht, ich ging wieder in die Klinik, die mich schon weitergebracht hat und habe mir im Anschluss eine Psychologin gesucht, die tiefenpsychologisch arbeitet. Die regelmäßigen Berichte an den Hausarzt lauten seit 2 Jahren "Rezidivierende Depression, derzeit schwere Episode". Meine früheren Diagnosen waren rezidivierende Depression, mittelgradige Epiosde (hatte ich über die Jahre immer wieder mal).

Was soll ich sagen? Mir geht es nicht gut. Ich bekomme diese Antriebslosigkeit nicht in den Griff, alles ist so unendlich schwerfällig, ich kann mich schlecht konzentrieren, quäle mich halt durchs Leben, bin total resigniert, möchte keinen sehen, weil ich nur mehr enttäuscht bin. Ach, ihr kennt das ja alles. Dazu muss ich sagen, dass ich mich wirklich sehr bemühe, selber aus diesem Loch herauszukommen (was mir im Leben ehrlich gesagt auch immer wieder gelingt, bis halt dann die nächste Episode kommt).

Nun zu dem, was mir zusätzlich wirklich zusetzt: Meine Therapeutin meint, wenn jemand depressiv ist, dann ist er nicht krank, dann "befindet er sich halt an einem bestimmten Punkt in seinem Leben", das sei doch völlig normal, dafür dürfe man sich nicht abwerten (tue ich auch nicht).

Da bin ich nun also. In der Arbeit (ich arbeite ganz normal) sehe ich Kollegen, die haben chronische Krankheiten, unter denen sie auch leiden. Aber sie können anerkennen, dass sie eine haben, und das hat natürlich auch Auswirkungen darauf, wie sie ihre Leistung selbst sehen bzw. wie sie gesehen wird von Leuten, die davon wissen. Ich sitze daneben mit meiner Diagnose, die nicht mal eine Krankheit zu sein scheint. Geht ja jedem so. Jeder ist mal in so einer Krise. Das ist das, was ich von den Behandlern höre. Und das macht mich so unheimlich fertig. Dass ich mir nicht mal auf die Fahne schreiben kann, dass ich trotz einer Krankheit viel leiste. Es geht mir gar nicht darum, mich zu bemitleiden, noch will ich Mitleid von anderen (ich will eigentlich gar nicht, dass die das wissen). Aber ich fühle mich total, wie soll ich sagen, seltsam. Wenn jeder eine solche Krise hat, bin ich dann unfähig, um damit umzugehen? Und wieso dann überhaupt Behandlung? Ich dachte mir immer, die würden Erkrankte erhalten (gerade bei meiner "Krankheitsgeschichte"). Das alles macht mich völlig fertig und ich weiß jetzt ehrlich gesagt selber nicht mehr, wie ich damit umgehen soll.

So, jetzt habe ich viel geschrieben. Ihr denkt es euch schon, natürlich bin ich an eurer Meinung zu dieser ja doch sehr grundlegenden Frage interessiert. Danke schon mal!
Huhu-Uhu
Beiträge: 44
Registriert: 6. Feb 2018, 16:39

Re: Ist Depression nun eine Krankheit oder nicht?

Beitrag von Huhu-Uhu »

Huhu leighanne,

diese Frage hab ich mir im letzten Jahr tatsächlich auch oft gestellt.

Um eine Definition geht es dir ja nicht, denke ich, oder? Denn offiziell wird eine Depression ja als Krankheit anerkannt. Dir geht es ums Gefühl, so wie du geschrieben hast.

Deshalb meine Antwort: JA - Depression ist eine Krankheit.
Woran ich das festmache? Also...

1. Ich erkenne deutlich die Unterschiede zwischen meinen depressiven Phasen und meinen, wie soll ich sagen? "Gesunden Phasen". Und habe inzwischen ein paar Auslöser für erstere erkannt.

2. Ich bin von grundauf ein sehr fröhlicher, offener Mensch - meine Depression lässt mich genau das Gegenteil werden. Und dabei empfinde ich es nicht als eine Facette von mir, eher ein Schatten der auf mir liegt.

3. Ich will nicht so sein, wie mich die Depression macht. Ok ok, wer will das schon? Aber ich kämpfe aktiv dagegen an, weil ich weiss, dass es auch anders geht.

Warum sollte eine Eigenschaft von mir mal da sein und mal nicht? DAS würde für mich keinen Sinn machen. Aber eine (chronische) Erkrankung kann erscheinen, für eine Weile verschwinden und wiederkommen.

Schwierig ist halt, dass sie von aussen nicht sichtbar ist, ausser an den "Begleiterscheinungen", also am Verhalten Betroffener. Therapeuten sind da keine Ausnahme. Wenn die nicht wissen wie es sich anfühlt, wie sollen sie sich dann hineinversetzen? Was deine Therapeutin zu dir gesagt hat finde ich gelinde gesagt "gefährlich". Denn wenn sie die Depression nicht als Krankheit bezeichnet, fällt dieses Schuldgefühl, das man ja eh schon hat, noch viel heftiger auf einen zurück. Zwar hat sie recht, dass eine Depression nur eine mehr oder weniger kurze Phase sein KANN, aber das auch noch bei 20 Jahren zu sagen, wie in deinem Fall, ist schon irgendwo eine Frechheit.

(Entschuldige, aber mir kommt da gleich wieder ein böser Kommentar in den Sinn: "Eine schlechte Phase? Das ganze Leben ist eine schlechte Phase, zum Glück endet sie mit dem Tod!" *Kopfschüttel* Sorry, so einen Schrott von einer Person, die es besser wissen sollte, da muss man sich ja aufregen.)

Was dich betrifft, und das ist jetzt allein meine Meinung, ich denke du hast einfach noch nicht die Dinge entdeckt, die dich krank machen und die, die dir helfen gesund zu werden. Ein stückweit ist es vielleicht auch Glückssache bei den Änderungen, die man ausprobiert.

(Achtung, nicht einfach nachmachen!)
Ich z. B. habe entdeckt, dass mir das eigenmächtige Absetzen meiner Medis geholfen hat.
Der Schritt wieder für mich selbst zu entscheiden hat meiner Psyche mehr geholfen als die Medis. (Die mMn gar nichts bewirkt haben, aber sag das mal nem Arzt der Dollarzeichen in den Augen hat.)

Darum möchte ich dich bitten horch mal in dich hinein, wie es sich ganz tief in dir anfühlt. Denn eines ist doch interessant: Obwohl dir gesagt wird, dass die Depression keine Krankheit ist und du Schwierigkeiten hast dir einzugestehen, dass sie eine ist...
Du bist mit dieser Antwort nicht zufrieden. Ich denke, tief in dir drin fühlst du sehr wohl, dass das nicht du bist, sondern eine Krankheit, sonst würdest du nicht noch immer zweifeln.

Ich hoffe, du kannst mit meiner Antwort etwas anfangen. ^^

Liebe Grüsse, Huhu-Uhu
leighanne
Beiträge: 26
Registriert: 6. Mär 2018, 15:07

Re: Ist Depression nun eine Krankheit oder nicht?

Beitrag von leighanne »

Oh, danke dir für deine ausführliche Antwort.

Ich habe den Eindruck, dass du ganz genau verstehst, was ich meine. Dieses Bagatellisieren der Depression hat man ja auch unter Nichtfachleuten laufend. Es verletzt mich ehrlich gesagt, dass ich mich auch bei meiner Psychologin erklären und rechtfertigen muss bzw. das Gefühl habe, ich würde übertreiben (wozu ja ihre gestellte Diagnose nicht passt).

Es ist ja auch die Frage, wie man damit umgehen soll. Manchmal überlege ich, ob ich diese ganze Therapiererei nicht einfach über den Haufen werfe und selber schaue, wie ich mich wieder stabilisiere. Im Grunde muss ich das ja eh tun.

Man sagt ja oft, Depression sei eine sehr einsame Krankheit. Genau so fühle ich mich auch, als wäre ich ein Alien, der eine andere Sprache spricht, der sich anderen einfach nicht mitteilen kann. und dann denke ich mir, dass es vielleicht besser wäre, das auch gar nicht mehr zu versuchen. Eventuell sind es ja genau diese ständigen Frustrationen, die mich in einem Kreislauf gefangen halten.

Was die Zweifel angeht... naja, natürlich habe ich schon Schuldgefühle und habe Angst, ich gebe mir einfach nicht genügend Mühe bzw. stelle mich zu doof an. Da würde es mir natürlich guttun, wenn ich jemanden hätte, der mir Mut zuspricht, der mir auch mal Achtung zuspricht, weil ich meinen Alltag trotzdem aufrechterhalte. Der "Krankheitsaspekt" würde mich irgendwie "freisprechen". Natürlich bin ich auch nicht gerade erpicht darauf, als psychisch schwer krank zu gelten. Also wieder ein schlechtes Gewissen, weil ich doch eigentlich froh sein müsste, dass ich nicht so pathologisiert werden (wobei in den Unterlagen werde ich es ja trotzdem...).

Aber du hast definitiv Recht, dass die Lösung immer in einem selber liegt.

Liebe Grüße und danke!
T Ally
Beiträge: 595
Registriert: 30. Jul 2014, 14:34

Re: Ist Depression nun eine Krankheit oder nicht?

Beitrag von T Ally »

Hallo leighanne,

mit dieser Fragestellung beschäftige ich mich innerlich auch immerzu. Sie lässt mich nicht los. Denn seit Jahren kenne ich keinen anderen Zustand als diese Schwere und Zähigkeit. Denke ständig darüber nach wie und wann ich mich verabschiede...
Mittlerweile habe ich auch Klinik und Reha hinter mir und einen GdB von 40 mit Gleichstellung. Ich gehe Vollzeit arbeiten aber halte immer schlechter durch und habe mittlerweile jede Woche einen mentalen Zusammenbruch im Job. Die Tränen fließen vor gefühlter Überforderung. Wobei ich mich einerseits freue, dass die Tränen wieder fließen, aber doch bitte nicht in der Öffentlichkeit.

Für mich bewerte ich dieses ganze Dilemma als einen Wesenszug. Es kann doch keine Krankheit sein. Sie lässt sich ja auch nicht "messen" und "beweisen". Daher kann ich es auch nicht annehmen.

Wobei natürlich Klinik und GdB für eine Beeinträchtigung sprechen, somit für eine Krankheit. Und dies haben mir auch Ärzte und Therapeuten ständig gesagt und zu vermitteln versucht.
Ganz bewusst weiß ich auch, dass es eine Krankheit sein muss. Aber im Gefühl kommt es nicht an. Ich darf nicht schwach sein, ich muss leisten.

Von Deiner Therapeutin finde ich es verantwortungslos, Dir so etwas zu sagen. Die Folgen, die diese "Abwertung" mit sich bringt, sind doch gar nicht absehbar.
Für mich wäre das Wasser auf meine Mühlen und ich würde ganz tief ins Loch fallen, wenn meine eigene Abwertung und dieses ganze Kopfkino auch noch von außen befeuert und unterstützt werden.

Willst Du Deine Therapeutin darauf ansprechen? Was diese Worte in Deinem Kopf anrichten? Ich würde mich freuen, wenn Du uns hier über eine evtl. Reaktion informieren würdest.

Ich kenne seit Jahren keine leichten Tage, von daher beneide ich Huhu-Uhu, dass eine Unterscheidung zwischen "normal" und "Depression" möglich ist. Würde ich mal wieder Kraft spüren, dann könnte ich mir vielleicht auch Hoffnung auf Besserung aufbauen.

Alles Gute
leighanne
Beiträge: 26
Registriert: 6. Mär 2018, 15:07

Re: Ist Depression nun eine Krankheit oder nicht?

Beitrag von leighanne »

Auch dir danke für deine Gedanken.

Da haben wir etwas gemeinsam, ich kenne das nämlich auch nicht, dass es mir "gut" geht. Mein ganzes Leben hat sich immer bleiern angefühlt. Und nun geht mir einfach die Kraft aus. Ich leide darunter, wenn ich sehe, was andere schaffen, und ich nicht - obwohl ich schon noch genug schaffe. Aber der Preis ist unglaublich hoch. Das ist gerade der Punkt - ich "darf" mich ja nicht einmal als krank ansehen, wenn ich nach den Aussagen der Psychologin gehe. Ich quäle mich, ich leide, aber der Status eines "Erkrankten" steht mir dennoch nicht zu. Mir bleibt ja offensichtlich nicht mal die Entlastung, dass ich nicht mehr leisten KANN, weil ich erkrankt bin. Nicht mal das scheint mir zuzustehen.

Huhu, du fragtest, ob ich das mal ansprechen möchte. Ich hab es schon ein paar Mal versucht. Sie sieht das Wort "Krankheit" aber als Abwertung und möchte nicht, dass ich mich abwerte. Damit haben wir dann aber ein grundsätzliches Problem. Sie arbeitet ja - wie gesagt - tiefenpsychologisch - und das erklärt vielleicht auch, weshalb sie sich mit der Benennung "krank" so schwertut. Tja, ist schwierig.

Es scheint einfach nicht anerkannt zu werden, welche Belastung dieser Zustand im Alltag ist, wie er hemmt, wie er ausbremst. Und je weniger das passiert, desto mehr ziehe ich mich in mich selbst zurück, weil ich immer nur gegen Mauern renne - sogar bei Experten.

Ich würde mich so gerne aus dieser Erstarrung wecken, denke mir dann, komm, das packst du auch alleine. Du brauchst die Absotion von außen nicht. Manchmal gelingt mir das auch, aber oft halt auch nicht.

Ich will mir auch nicht vorwerfen lassen müssen, dass ich mich in Selbstmitleid ergehe oder mich auf dem Krankheitsstatus ausruhe, weil ich das wahrlich nicht tu.

Wenn ich hier lese (vorhin in dem Thread mit der Antriebslosigkeit), dann finde ich mich so oft wieder. Das ist ja auch schon etwas ...

Euch allen einen schönen Sonntag!
Precious Angel
Beiträge: 22
Registriert: 30. Mär 2016, 06:49

Re: Ist Depression nun eine Krankheit oder nicht?

Beitrag von Precious Angel »

Hallo Leighanne,

mit Verlaub gesagt, diese "Therapeutin" ist schlicht UNVERSCHÄMT.

Es gibt durchaus Depressionen bei denen man sich an einem bestimmten Punkt im Leben befindet nämlich so genannte "reaktivie Depressionen" hervorgerufen z.B. durch einen Todesfall oder ähnliches.
Und es gibt "endogene" Depressionen, "die aus sich selbst heraus entstehen" (OHNE Schuldzuweisungen)
Dass du es schaffst trotz jahrelanger, immer wiederkehrender, schwerer Episoden dennoch an deinem Arbeitsplatz etwas zu leisten ist bewundernsernswert.

Zurück zu deiner "Therapeutin",

wenn DU das Wort Krankheit nicht als abwertend, sondern als "erleichternd" in diesem Falle erlebst dann sollte sie gefälligst DEINER Auffassung folgen. Du scheinst durchaus reflektiert genug zu sein um für dich zu erkennen das eine Krankheit ein Schicksal und keine Auswahl ist. Wie lange gehst du schon zu dieser "Expertin"? Es besteht sicher eine Möglichkeit den Therapeuten zu wechseln?

Zitat:
"Dass ich mir nicht mal auf die Fahne schreiben kann, dass ich trotz einer Krankheit viel leiste. Es geht mir gar nicht darum, mich zu bemitleiden, noch will ich Mitleid von anderen (ich will eigentlich gar nicht, dass die das wissen). Aber ich fühle mich total, wie soll ich sagen, seltsam. Wenn jeder eine solche Krise hat, bin ich dann unfähig, um damit umzugehen? Und wieso dann überhaupt Behandlung? Ich dachte mir immer, die würden Erkrankte erhalten (gerade bei meiner "Krankheitsgeschichte"). Das alles macht mich völlig fertig und ich weiß jetzt ehrlich gesagt selber nicht mehr, wie ich damit umgehen soll." Zitatende

Im Grunde ist das was die "Expertin" macht, nichts anderes als dass SIE dein Leiden abwertet. Was du hast ist KEINE "Krise" sondern eine, wie scheinbar von anderen Ärzten erkannte, Krankheit.
Scheinbar fehlt der Dame die Fähigkeit zu reflektieren dass Menschen WORTE durchaus unterschiedlich mit Emotionen besetzen.
Ich glaube auch nicht dass es dir um Absolution von außen geht sondern um das "gesehen werden als das was IST"
Es IST eine große Leistung sich seit Jahren immer wieder zu treten um zu funktionieren. Es IST eine große Leistung nicht zusammenzubrechen und sich der Krankheit zu ergeben.
Die Antriebslosigkeit nimmt einem leider auch oft die Kraft sich zu wehren.

Never give up,
Precious
"Demons run when a good man goes to war"
leighanne
Beiträge: 26
Registriert: 6. Mär 2018, 15:07

Re: Ist Depression nun eine Krankheit oder nicht?

Beitrag von leighanne »

Komischerweise glaube ich, dass sie mir im Grunde echt wohlgesonnen ist und mich gar nicht abwerten will. Tatsache ist aber, dass sie es tut, da hast du wirklich Recht, precious, weil ich mich genauso auch fühle. Aber sie hat einfach eine andere Sicht von Depressionen. Ich meine, mal gelesen zu haben, dass Therapeuten, die sich auf die Tiefenpsychologie beziehen, den Krankheitsbegriff eh nicht so akzeptieren.

Es tut gut, was du geschrieben hast. Jemand, der das kennt, der weiß, was es bedeutet, lange bzw. für immer mit einer Depression leben zu müssen. Ich glabue, dass es genau das ist, was ich auch lernen sollte, MIT der Depression leben. Die Hoffnung, dass sich da noch was ändert, die habe ich begraben.

Wir könnten nochmal verlängern, aber ich glaube, ich lasse die Stunden einfach auslaufen und versuche es alleine weiter. An einem bestimmten Punkt befindet man sich nur mehr in einem Hamsterrad und rennt immer wieder gegen dieselben Wände :-(.
Precious Angel
Beiträge: 22
Registriert: 30. Mär 2016, 06:49

Re: Ist Depression nun eine Krankheit oder nicht?

Beitrag von Precious Angel »

....wieso hatte ich nun grade die Vision wie zwei mittelalte Damen in Sportklamotten wie besessen in einem Hamsterrad rotieren, immer gefangen in der angst aus dem Tritt zu kommen und zu stolpern und von der gummigepolsterten Wand abzuprallen?
Sah gedanklich sehr nach Slapstick aus :mrgreen:

Made my day....

aber mal im Ernst, Hoffnungen sollte man NIE begraben. Die sind wie Zombies, die stehen dann auf und machen einem in abgewandelter Form fürchterliche Angst. Ich stell meine Hoffnungen gedanklich in ein Regal.
An der Wand.
Da muss ich sie zwar immer mal abstauben aber wie das so ist fällt einem dann gelegentlich eine in die Hände die man grad gebrauchen kann.
Man kann damit leben, manchmal kann man damit sogar GUT leben, manchmal halt weniger....aber das IST dann eben so. Geht in der Regel wieder vorbei.
Es ist nett von dir deine Therapeutin in Schutz zu nehmen. Ich denke auch nicht dass sie es böse meint. Ich finde es nur recht kurzsichtig einer Patientin gegenüber auf einer Definition zu BESTEHEN obwohl sie doch merken müsste wie es dir dabei geht? Wie gesagt, es gibt ja unterschiedliche Formen der Depression. Und es ist dein gutes Recht für dich auf DEINER Definition, die von Ärzten bestätigt wurde (nicht nur einmal wie ich das verstanden habe) zu bestehen.

Was ich eigentlich sagen wollte, nachdem ich heute hier im Forum relativ viel gelesen und geschrieben und mich ausgetauscht habe: Wir können uns alle "VON..." schreiben.
Wir kämpfen, wir überleben und wir geben NICHT AUF (höchstens mal kurzzeitig, ein bißchen vielleicht) aber wir stehen auf und machen weiter, jeder auf seine Art und mit seiner Form der Therapie.
Ich finde uns alle ziemlich tapfer und mutig....

Wollte ich nur mal gesagt haben :mrgreen:

Precious
"Demons run when a good man goes to war"
DieNeue
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Re: Ist Depression nun eine Krankheit oder nicht?

Beitrag von DieNeue »

Hallo leighanne,

über die Frage habe ich mir vor einiger Zeit auch schon mal richtig den Kopf zermartert. Mittlerweile denke ich nicht mehr so viel darüber nach. Ich bin damals allerdings auch nicht zu einem eindeutigen und zufriedenstellenden Ergebnis gekommen.
Ich habe damals versucht, es für mich aufzudröseln und habe den Eindruck bekommen, dass man es vielleicht jeweils von den Folgen, die man aus einer Sichtweise zieht, her, entscheiden könnte, welche Sichtweise einem lieber wäre.
Wenn ich sage, eine Depression ist für mich eine „körperliche“ Krankheit, dann kann das für den Patienten z.B. folgendes heißen:

1. Ich habe die Krankheit nicht verursacht. Jeder kann sie bekommen. Daraus ergeben sich die folgenden positiven und negativen Schlussfolgerungen:
a) Ich bin nicht daran schuld :)
b) Ich kann etwas dagegen tun, denn es gibt Medikamente und Therapien. :)
c) Ich kann nichts dagegen machen, es ist einfach mein Schicksal. :(
Vergleichen könnte man das evtl. mit einer Verletzung nach einem nicht selbstverschuldeten Unfall.

2. Ich habe die Krankheit durch meine Verhaltensweisen/Denkmuster unwissentlich/unabsichtlich (mit)verursacht. Daraus ergeben sich z.B. die folgenden positiven und negativen Schlussfolgerungen:
a) Ich bin schuld daran. :(
b) Ich kann nichts dagegen machen (Denken/Verhalten zu festgefahren, Vergangenheit nicht mehr änderbar) :(
c) Ich kann etwas dagegen tun, nämlich z.B. Denken/Verhalten ändern. :)
Vergleichen könnte man das evtl. z.B. mit Lungenkrebs nach jahrelangem Rauchen oder Bluthochdruck/Magengeschwüre durch zu viel Stress.

Dazu kommt noch, dass man - egal ob man Depressionen jetzt als körperliche oder seelische Krankheit ansieht - als Patient denken kann „Ich bin verrückt/gestört“, weil es etwas mit unserem Denken/Verhalten/Gefühlen zu tun hat, was man einfach nicht so sehen kann wie das berühmte gebrochene Bein.

Wenn man sagt, eine Depression ist keine Krankheit, dann würden sich z.B. folgende Schlussfolgerungen ergeben:

a) Ich bin schuld daran (denn ich bin so/habe dieses und jenes gemacht) :(
b) Ich bin nicht schuld daran (Das waren die äußeren Umstände/Ich kann nichts dafür, dass ich so auf die Welt gekommen bin) :)
c) Ich bin normal, das kann jedem passieren. :)
d) Ich bin nicht normal, weil ich mit der Situation trotz Hilfe nicht klarkomme, gefühlt alle anderen aber schon. :(
e)Ich kann nichts ändern, denn es liegt an meinem Charakter. Ich bin einfach so. Und es wird immer so sein. :(
f) Ich kann etwas ändern, denn ich kann mein Denken und Verhalten ändern. :)
g) Medikamente können mir auch nicht helfen. :(
h) Ich muss keine Medikamente nehmen. :)
h) Zum Glück bin ich nicht verrückt. Niemand kann also sagen, dass ich spinne. :)

Als Widersprüche zu der Aussage, die Depression sei keine Krankheit, kommt dann, wie du schon gesagt hast: Warum muss ich mich dann „behandeln“ lassen und nicht nur „beraten“? Warum nimmt man dann Medikamente? Und warum helfen sie auch noch? Warum bekommt jemand wegen einer „Krise“ eine Erwerbsunfähigkeitsrente?? usw.

Vielleicht haben manche Therapeuten ihre Sichtweise deshalb, weil sie denken, ihre Sichtweise hat eine positive Wirkung auf den Patienten und die anderen Sichtweisen wirken eher negativ.
Wenn der Therapeut z.B. weiß, dass seine Patienten etwas gegen die Depressionen tun können und er ihnen das auch vermitteln möchte, kann er ihnen z.B. sagen, dass ihr Verhalten/Denkweise zu ihren Depressionen geführt hat. Damit kann er beim Patienten bewirken, dass der sich wie gewünscht gut und hoffnungsvoll fühlt, weil er sieht, dass er etwas ändern kann, oder aber, dass der Patient sich schuldig fühlt und denkt, er kann gar nichts machen, weil er sich ja eh nicht ändern kann und die Vergangenheit ja schon gleich gar nicht.
Vielleicht ist das so oder auch nicht, ich hab keine Ahnung :) Aber vielleicht hilft es dir ja trotzdem irgendwie weiter.

Ich hatte auch mal mit einer Therapeutin in einer Klinik das Problem, dass sie mir gesagt hat, ich wäre so und so (hier bitte irgendeine negative Eigenschaft einsetzen ;) ). Sie hat immer gesagt, dass sei völlig ohne Bewertung und sie spiegelt mir nur mein Verhalten, ganz neutral. Für mich war die Eigenschaft, die sie mir unterstellt hat, aber alles andere als neutral (und für die Leute, denen ich es später erzählt habe, auch nicht), sondern total negativ. Das habe ich ihr auch so gesagt, aber das hat sie auch nicht interessiert. Sie hat immer nur wiederholt, das wäre absolut nicht negativ, sondern völlig neutral. Sie hat mir auch nie erklärt, wie sie auf die Eigenschaft kommt. Meiner Meinung nach sollte eine gute Therapeutin darauf eingehen, wenn ein Patient mit einer Aussage nicht klarkommt. In meiner Situation hätte ich es z.B. gut gefunden, wenn sie mich gefragt hätte, warum ich das so negativ sehe. Da hätte man dann zumindest mal abgleichen können, ob wir überhaupt das gleiche darunter verstehen. Oder vielleicht wäre dann herausgekommen, dass sie mit genau diesem Wort gerade Salz in meine Wunden streut, und man hätte dann dieses Problem angehen können. Man hätte zusammen ihre Aussage für mich so anpassen können, dass ich damit etwas anfangen kann. Ist ja im Sinne von beiden, dass man zusammen arbeiten kann.
Ich habe ihr mehrmals klargemacht, dass ihre Aussage für mich absolut negativ ist, aber sie ist immer bei ihrer Formulierung geblieben… :roll:
Ich finds auch nicht gut, dass deine Therapeutin das so sieht. Ich finde es schon heftig, jemandem, der seit 20 Jahren am Kämpfen ist, zu sagen, er hätte nur eine Krise und er wäre nicht krank…

Vielleicht ist es ja eine Mischung aus allem: Bei manchen ist es eine Krise, bei manchen eine größere Krise, andere sind aus den Gründen XYZ krank geworden, andere sind krank und man kann kaum noch etwas ändern, bei wieder anderen war es eine Krise, die sie schlussendlich krank gemacht hat… Bei manchen ist es gut, wenn sie wissen, dass sie krank sind, andere würde es in eine noch schlimmere Krise stürzen…
Ich denke schon, dass ich eine Krankheit habe, aber manchmal frage ich mich auch, was jetzt genau an mir krank ist. Kann ja nicht alles krank sein… Oder ab wann es zur Krankheit wurde...

Ich kann dir leider auch nichts Definitives sagen, aber vielleicht konnten dir meine Gedanken vielleicht ja doch ein bisschen weiterhelfen. :)

Liebe Grüße,
DieNeue
DieNeue
Beiträge: 5833
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Ist Depression nun eine Krankheit oder nicht?

Beitrag von DieNeue »

Hallo nochmal,
T Ally hat geschrieben:Ich kenne seit Jahren keine leichten Tage, von daher beneide ich Huhu-Uhu, dass eine Unterscheidung zwischen "normal" und "Depression" möglich ist. Würde ich mal wieder Kraft spüren, dann könnte ich mir vielleicht auch Hoffnung auf Besserung aufbauen.
So geht es mir auch. Bei mir gibt es auch keine erkennbaren Phasen, wo es mir mal annähernd so gut geht, wie ich denke, dass sich Gesundsein anfühlen muss. Es gibt Tage, da geht es mir besser, da habe ich mehr Elan, mehr Motivation, einen klareren Kopf, kann mich besser entscheiden, kann Sachen (für meine Verhältnisse) problemlos erledigen, aber von gut und gesund ist das weit entfernt. Ich kann vom letzten Jahr genau zwei Tage aufzählen, an denen ich mal das Gefühl hatte, dass ich LEBE. Ansonsten gibt es eben Tage, an denen bin ich antriebslos, kann mich nicht entscheiden, bin blockiert, kann nicht gescheit denken, könnte heulen, hab auf nichts Lust, fühl mich müde und schlapp, habe Angst, usw. Manchmal merke ich, dass sich Symptome phasenweise abwechseln...mal ne zeitlang schlecht entscheiden können, dann wieder ne Zeit lang antriebslos sein (Kennt das auch wer? Dass phasenweise einzelne Symptome so im Vordergrund stehen?). Und dann wieder ne zeitlang "normal" depressiv. Bis es irgendwann wieder schlechter wird. Aber so von phasenweise sich wie gesund fühlen bin ich meilenweit weg :cry:
Ich weiß schon auch, dass es im Normalfall wieder besser wird, wenn ich einen schlechten Tag habe, und ich manchmal einfach echt nur abwarten kann, dass der Tag vorbei ist und der nächste besser wird. Aber die Hoffnung, dass es irgendwann mal wieder ganz gut ist, hab ich nicht mehr.
leighanne hat geschrieben:Der "Krankheitsaspekt" würde mich irgendwie "freisprechen". Natürlich bin ich auch nicht gerade erpicht darauf, als psychisch schwer krank zu gelten. Also wieder ein schlechtes Gewissen, weil ich doch eigentlich froh sein müsste, dass ich nicht so pathologisiert werden (wobei in den Unterlagen werde ich es ja trotzdem...).
Das ist so das Widersprüchliche auch an der Situation: Auf der einen Seite will man, dass man als krank eingestuft wird, andererseits ist man aber auch froh, wenn man nicht als schwer psychisch krank gilt. Als ich meinen ersten Bescheid für meine Erwerbsunfähigkeitsrente bekommen habe, war das auch komisch. Erst wartet man ewig lange drauf und dann hat man es schwarz auf weiß, dass man zu krank ist zu arbeiten, und das ist dann auch irgendwie deprimierend. Genauso wenn ich meine Arztbriefe lese. Ich bin froh, dass mein Psychiater so gute Berichte schreibt, weil das z.B. bei der Rentenversicherung positiv war, aber das ist manchmal echt deprimierend zu lesen. Vor allem, weil ich weiß, dass das auch noch alles stimmt, weil er seine Arbeit gut macht und nicht einfach wischiwaschi schreibt.
Ich habe mir auch das Gutachten von meiner Rentenversicherung schicken lassen und das ist auch krass zu lesen. Da steht dann ganz genau drin, was man alles nicht kann... und das ist ganz schön viel. Da merkt man dann, was das für Ausmaße hat. Das merkt man im Alltag manchmal gar nicht so, da ist das ja alles schon so normal. Andererseits ist es auch gut, dass da steht, dass ich nicht mal mehr 3 Stunden am Tag arbeiten kann, dann brauche ich von mir (eigentlich) auch nicht verlangen, dass ich jetzt irgendwas länger als drei Stunden machen kann (Ehrenamt, Gartenarbeit, jemandem helfen o.ä.) .
Manchmal wäre es auch gut, wenn einem die Anderen ansehen würden, dass man krank ist und man nicht alles erklären müsste, aber auf der anderen Seite bin ich froh, dass man das nicht sieht.

Liebe Grüße und gute Nacht,
DieNeue
Bittchen
Beiträge: 5430
Registriert: 2. Feb 2013, 18:02

Re: Ist Depression nun eine Krankheit oder nicht?

Beitrag von Bittchen »

Hallo zusammen,

die Texte konnte ich nicht alle lesen,sorry,aber die Depression wird offiziell als Störung bezeichnet,nach meinem Wissenstand.
Aber das körperliche und seelisches Empfinden ist, schwer krank zu sein.
Ich glaube so wird das unter guten Therapeuten definiert.
Therapeuten sind auch nur Menschen,da habe ich schon gute und schlechte Erfahrungen gemacht.
Das traurige ist,dass es so wenige gibt,die auch zugelassen sind von der KK.
Wenn man wechsel will, hat man das Gefühl selber versagt zu haben..
Störung ist für mich nur ein Wort und hat vielleicht auch etwas Hoffnung in sich,weil eine Störung auch zu reparieren ist .
Eine Krankheit kann auch heilbar sein,vielleicht hört sich Störung etwas positiver an,für mich aber eher nicht.
Denn wenn jemand sagt:"Du bist ja gestört ,ist das auch nicht so prickelnd."

Egal ob Störung oder Krankheit,wir haben zwar ein einigermaßen akzeptables Gesundheitssystem,nur wenn eine sehr lange Krankheit oder Behinderung eintritt ist der soziale Abstieg oft nicht zu vermeiden.
Das ist leider so und gerade wer noch jünger ist, hat da sehr große Probleme und es fördert nicht gerade die Genesung.
Der Druck weiter zu funktionieren zu müssen, ist bei einer Depression kontra produktiv.
Das interessiert die KK aber nicht.
Das soziale Netz ist ja da,Harz 4 ,da kannst du dich bitteschön arrangieren.
Frühe Verrentung geht ja auch noch.
Klingt bitter ist aber so.
Das ist auch ein Grund,warum sich an einer depressiven Störung Erkrankte bis zum geht nicht mehr zur Arbeit schleppen, um dann ganz zusammen zu brechen.

Eine guten Tag für alle und nie die Hoffnung aufgeben,es kann immer wieder eine Wendung zur
Gesundung geben.
Alle Therapien und Hilfen nutzen,das kann ein langer Weg sein ,ist aber der einzig gangbare.
Auch das steht fest.
Liebe Grüße
Bittchen
Jeder Tag ist ein neuer Anfang.
Waldbär
Beiträge: 120
Registriert: 1. Mär 2018, 09:38

Re: Ist Depression nun eine Krankheit oder nicht?

Beitrag von Waldbär »

Eine Anwort auf die Frage ob Depression eine Krankheit ist oder nicht, bietet die Einteilung einer Depression nach dem ICD-10:

"Eine Depression kann viele Gründe haben und in unterschiedlichster Form in Erscheinung treten. Auslöser und Symptome sind für Laien oft schwer einzuschätzen und auch Ärzte stehen hinsichtlich der Klassifikation häufig vor einem Problem. Der ICD-10 katalogisiert Depressionen und depressive Zustände rein beschreibend und nach vorab festgelegten Kriterien und diagnostischen Leitlinien. Im Vordergrund stehen hierbei jedoch statt der vermuteten Ursache der Störung vor allem die Symptomatik, der zeitliche Verlauf und der Schweregrad.

Hinter den Codes F30 bis F39 des ICD-10 verbergen sich Störungen, die sich hauptsächlich in einer Stimmungsveränderung oder in der Affektivität zur Depression oder zur gehobenen Stimmung äußern. Den Stimmungswechsel begleiten fast immer Veränderungen des allgemeinen Aktivitätsniveaus. Die meisten anderen Krankheitszeichen begründen sich hierauf oder sind in diesem Zusammenhang leichter zu verstehen.

Bei der unter Code F31 des ICD-10 beschriebenen bipolaren affektiven Störung wechseln sich manische und depressive Phasen ab. Einem Stimmungshoch mit vermehrtem Antrieb folgt ein Stimmungstief mit verminderter Aktivität und umgekehrt. ICD-10 Code F32 beinhaltet die depressive Störung, bei der die Betroffenen unter gedrückter Stimmung und dem Nachlassen von Aktivität und Antrieb leiden. Die Fähigkeit zur Freude, die Konzentration und das Interesse sind geringer, als dies sonst der Fall wäre.

Die im ICD-10 unter der Codenummer F33 verzeichnete rezidivierende depressive Störung ist durch wiederholte depressive Phasen charakterisiert. In der Vorgeschichte finden sich kleine unabhängige, durch gehobene Stimmung und vermehrten Antrieb gekennzeichnete Episoden. Schwere Formen dieser Störung ähneln früheren Vorstellungen über die manisch-depressive Krankheit, die vitale Depression, die Melancholie und die endogene Depression.

Anhaltende affektive Störungen beschreibt der Code F34 des ICD-10. Bei diesen sich über längere Zeit erstreckenden, meist fluktuierenden Stimmungsschwankungen ist die Mehrzahl der einzelnen Phasen nicht schwer genug, um als leichte depressive oder hypomanische Episoden gelten zu können. Da sie oft mehrere Jahre andauern, ziehen sie jedoch enormes subjektives Leiden nach sich.

Den Schweregrad depressiver Phasen unterteilt der ICD-10 in vier Stufen. Unter F32.0 klassifiziert das Verzeichnis eine leichte depressive Störung, bei welcher der Patient sich krank fühlt und ärztliche Hilfe sucht, aber routinemäßigen privaten und beruflichen Pflichten noch gerecht wird. Die unter F32.1 eingetragene mittelgradige depressive Episode kennzeichnet das Unvermögen, die alltäglichen Anforderungen zu bewältigen.

Die schwere depressive Episode findet sich unter ICD-10 F32.2. Die hiervon betroffenen Patienten benötigen ständige Betreuung. Ist diese nicht gewährleistet, wird ein Klinikaufenthalt erforderlich. Gleiches gilt für die unter F32.3 klassifizierte schwere depressive Störung, die mit Wahngedanken wie absurden Schuldgefühlen, Verarmungswahn und Krankheitsbefürchtungen verbunden ist."

Zitiert aus: http://www.depressiv-leben.de/depressio ... e-stoerung Stand: 12.03.2018
leighanne
Beiträge: 26
Registriert: 6. Mär 2018, 15:07

Re: Ist Depression nun eine Krankheit oder nicht?

Beitrag von leighanne »

Erst einmal danke für die vielen Antworten. Bin gerade erst von der Arbeit heimgekommen und muss mich mal in Ruhe einlesen.

Meine Psychologin hat erst kürzlich wieder auf dem Bericht F33.2 vermerkt. Nach den Angaben, die du, Waldbär, gepostet hast, wär ich ja dann eindeutig erkrankt.
Katerle
Beiträge: 11385
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Ist Depression nun eine Krankheit oder nicht?

Beitrag von Katerle »

Um eine Antwort auf deine Frage zu geben. Depression ist eine Erkrankung, die Körper und Seele betrifft. Habe mir jetzt hier nicht alles durchgelesen, weil wird mir sonst zuviel. LG Katerle
leighanne
Beiträge: 26
Registriert: 6. Mär 2018, 15:07

Re: Ist Depression nun eine Krankheit oder nicht?

Beitrag von leighanne »

Danke für eure Rückmeldungen.


Was man meiner Meinung nach auch nicht vergessen darf, ist, dass man gut unterscheiden muss zwischen Dingen, die man verändern kann, und denen, wo das eben nicht möglich ist. Und da geht es dann schon darum, ob man mit einer Krankheit kämpft oder eben nur mit einem "Unvermögen" oder einer vorübergehenden "Krise". Wenn es nur eine Krise ist, dann würde das ja bedeuten, dass ich irgendetwas dauerhaft in meinem Leben falsch anstelle oder mich einfach nicht genug anstrenge.
Beim Krankheitskonzept kann ich zwar auch viel tun, damit es mir bessergeht. Natürlich darf man auch dann nicht einfach die Hände in den Schoß legen und sich dem Schicksal ergeben. Aber man ordnet diese Zustände dann für sich anders ein. Abgesehen davon, dass man bei Krankheiten Behandlung braucht, bei normalen Lebenskrisen aber nicht unbedingt. Wenn man das alles so durcheinanderwirft, ist es dann nicht klar, dass die Menschen Depressive nicht ernstnehmen? Hat ja schließelich jeder mal, was würden da die anderen sagen... "Was meinst du, wie es mir geht..." Und all diese Sprüche, ihr kennt das ja.

Ach, schwierig. Ich bin einfach auch so resigniert, möchte mich gar keinem mehr öffnen.
DieNeue
Beiträge: 5833
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Ist Depression nun eine Krankheit oder nicht?

Beitrag von DieNeue »

Hallo Leighanne,

ich habe auch schon öfters gelesen, dass der schlechte Zustand länger als 2 Wochen bestehen muss, damit man überhaupt den Zustand als Depression diagnostizieren kann/darf.
Naja, und bei deinen 20 Jahren bist du da locker dabei.

Liebe Grüße,
DieNeue
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