Welcher ist der richtige Weg

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Mala80
Beiträge: 3
Registriert: 14. Feb 2018, 11:06

Welcher ist der richtige Weg

Beitrag von Mala80 »

Hallo,

ich bin Mitte 30 und habe einen Ehemann bei dem kürzlich die Diagnose mittelschwere Depressionen gestellt wurde. Anfangs hat mich diese Diagnose so ziemlich aus der Bahn geworfen.

Nun versuche ich unseren Alltag - wir sind seit über 20 Jahren zusammen - ganz normal wie immer zu gestalten. Allerdings versuche ich zu vermeiden, ihm ein "Du musst noch" aufzudrängen.
Es fällt mir nicht immer leicht, da ich auch funktionieren muss. Oft würde ich ihn gerne fragen wie es ihm geht, aber das möchte er nicht.

Er hat das Ziel wieder gesund zu werden und sagt egal wie lange es dauert er nimmt sich die Zeit.
Das finde ich auch sehr richtig.
Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob der Weg ohne "Du musst" der Richtige ist. Weil irgendwann, wenn er seine Depression überwunden bzw. in den Griff bekommen hat, sollte doch auch wieder für ihn Alltag einkehren oder denke ich da falsch.
Und da ist meine Angst, dass sobald der Alltag einkehrt auch die Depression zurück kommt.
Was habt ihr für Erfahrungen gemacht.

Viele Grüße
DeaStern
Beiträge: 141
Registriert: 20. Feb 2018, 21:23

Re: Welcher ist der richtige Weg

Beitrag von DeaStern »

Liebe Mala.

Ich versuche gerade aus deinem Text schlau zu werden.

Du sagst, dass du zu vermeiden versuchst "Du musst noch" aufzudrängen.
Hm. Ich finde diese Worte ein wenig verstörend.
Aus meiner Sicht gibt es auf der Welt nichts, was man tun muss. Dieses Wort erzeugt einen enormen Druck, sowohl dann wenn man es bei sich selbst anwendet als auch, wenn man diese Erwartungsform ausspricht.
Denn - alles was man erwartet, das bekommt man nicht. Das ist leider ein Lebensgrundsatz, den man bei genauer Beobachtung feststellen kann.

Du sagst, dass du dir nicht sicher bist, ob der Weg ohne "Du musst" der Richtige ist.
Leider gibt es auch kein Richtig und Falsch. Es gibt nur die Konsequenzen.
Und aus meiner Erfahrung gibt es da zwei Wege, die möglich sind, wo die Konsequenzen verschieden ausfallen.

Wenn man Druck ausübt, dann bekommt man, dass man immer Druck ausüben muss. Denn, man bekommt das zurück was man sendet - sprich, man lebt das wie man denkt. Da man nie etwas bekommt was man erwartet (aber alles bekommt was man ohne Erwartung gibt), ist die Chance, dass dein Mann mit Druck gesund wird, so gut wie nicht vorhanden. Er und nur er ist sein eigener Chef und nur er kann entscheiden ob er gesund werden möchte und auf welche Weise - ich hoffe, ich klinge nicht zu hart, ich meine es nicht hart, ich bin nur ein sehr direkter Mensch.
Ich mag Dir hier nicht zu Nahe treten und ich hoffe sehr, dass du mich nicht missverstehst, aber du bist ja seine Frau und nicht seine Mutter. Und eine Frau ist in erster Linie eine Freundin, die einfach da ist wenn ihre Nähe und Liebe erwünscht ist, so sehe ich es. Ich bitte wirklich darum nichts zu missverstehen. Das ist meine eigene Erfahrung und es sind meine Gedankengänge. Das heißt nicht, dass du oder wer anderer so denken muss!

Der zweite Weg aus meiner Sicht ist der, dass du deinem Mann Vertrauen schenkst und ihm seine Entscheidungen selbst überlässt. Solange du dahinter bist, dass er das tut was du für richtig hältst, wird er nur sehr schwer weiterkommen können. Sei für ihn dann wenn er dich braucht und lass seine Heilung ihm über. Er hat ja ein klares Ziel, kristallklares Ziel. Er hat eine voll gute Einstellung, das finde ich super!

Was ich überhaupt nicht verstehe ist der Satz wo du schreibst, dass du nicht weißt, ob der Weg ohne muss der Richtige ist, weil irgendwann der Alltag wieder einkehren wird.
Ist es vielleicht möglich, dass er deshalb depressiv ist, weil alles "sein muss"?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass meine Ängste andere Menschen beeinflussen und manche meinen Ängsten haben entsprechen müssen! Ich würde an deiner Stelle selbst an der Angst arbeiten, dass die Depression wieder zurückkehrt sobald der Alltag einkehrt. Aus meiner Sicht könnte das seine Genesung beeinflussen.

Ich mag noch sagen, dass ich hier mit keinem Wort Schuld angesprochen habe. Aus meiner Sicht gibt es keine Schuld und ich bin der Meinung, dass es auch dann keine Schuld gibt, wenn man unwissend mit eigenen Ängsten andere Menschen beeinflusst. Dein Mann hat wahrscheinlich auch Ängste, die dich beeinflussen, so ist das mal im Leben. Daran ist keiner Schuld, aber es tut gut zu erkennen wo man sich gegenseitig beeinflusst.
Vielleicht hat dein Mann selbst davor Angst krank zu sein und wieder krank zu werden und du spürst das. Ich kann aber nicht wissen ob das so ist.

Mir hat es geholfen, dass ich mich entschieden habe mit meinem Mann gemeinsam durch die Depression durchzugehen. Wir haben uns gegenseitig geholfen. Wir beide haben komplexe Traumafolgestörung gehabt, wobei ich zuerst erkannt habe, dass ich krank bin, erst später er erkannt hat, dass er auch krank ist. Wir haben uns dann entschieden da gemeinsam durchzugehen und sind heute weitestgehend gesund.

Ich hoffe sehr, dass ich dir mit meinen Gedanken nirgendwo zu Nahe gekommen bin und der eine oder andere Satz vielleicht hilfreich ist.

Alles Liebe für dich und deinen Mann und liebe Grüße!
Mala80
Beiträge: 3
Registriert: 14. Feb 2018, 11:06

Re: Welcher ist der richtige Weg

Beitrag von Mala80 »

Hallo DeaStern,

danke für deine offenen Worte. Du bist mir nicht zu nahe getreten und ich muss gestehen, dass mein Post gleich zu Anfang der Diagnose von mir verfasst wurde.
Ich war etwas überfordert und wollte einfach alles loswerden was mich beschäftigt hat.
Nun ja, mittlerweile ist etwas Routine (ist das falsche Wort aber ich habe kein besseres) in meinen Alltag mit den Depressionen meines Mannes eingekehrt, also ich spreche jetzt für meinen Alltag.

Du magst schon recht haben, das man nix muss im Leben, aber mein Leben muss organisiert sein, also nicht auf die letzte Minute durchgeplant, aber zum Beispiel muss ich jeden Morgen aufstehen um mein Kind zu wecken und arbeiten zu gehen. Und ich muss einkaufen, damit der Kühlschrank voll ist und ich muss kochen damit meine Family was zu essen hat.

Das war mit meinem "Muss" gemeint.

Aber ich fühle mich echt nicht auf den Schlips getreten, finde es gut es aus anderer Sicht mal zu hören.

Liebe Grüße
DeaStern
Beiträge: 141
Registriert: 20. Feb 2018, 21:23

Re: Welcher ist der richtige Weg

Beitrag von DeaStern »

Hallo liebe Mala.

Ich bin sehr froh darüber, dass ich dir nicht zu Nahe gekommen bin. Manchmal ist es auch für denjenigen, der eine Antwort geben will, schwierig offen zu schreiben, weil man da nie weiß wie weit man gehen kann. Deshalb tastet man sich langsam heran bis man sieht wie man ankommt.

Ich verstehe dein Dilemma sehr gut.
Hier ist es nur darum gegangen welche Einstellung man hat.
Natürlich muss man im Leben essen und wie du selbst sagst in der Früh aufstehen und solche Sachen machen. Die Sache ist nur die, wie man an das herangeht.

Ich finde, dass hinter diesem Wort "muss" so viel Druck steht, weißt du was ich meine?
Ich habe auch gedacht, dass ich alles tun "muss", bis ich dann gelernt habe, in kleinen Schritten, dass ich nichts tun muss, sondern will - zu dieser Einstellung bin ich gekommen.

Ich hab unter diesem - ich muss - so viel Druck verspürt, da ich als Kind immer gehört habe, dass ich was tun muss. Und jetzt bin ich echt froh darüber, dass ich dieses Wort aus meinem Wortschatz (im Groben gesehen) entfernt habe und ich sage nie mehr, dass ich oder ein anderer Mensch etwas muss. Natürlich fehlt manchmal ein besseres Wort um etwas zu erklären, dann verwende ich dasselbe Wort, aber grundsätzlich bin ich der Meinung, dass es einem dienlicher ist, wenn man aufhört sich selbst Druck zu machen.

Ich weiß wie schwer es ist aus diesem Muss - Verhalten rauszufinden. Dazu kann ich nur sagen, einfach nicht aufgeben, auch wenn das kein Trost ist, was mir voll leid tut.

Ich hoffe sehr für dich, dass du aus dieser Spirale einen Ausweg findest.

Liebe Grüße, Andrea
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