Freundin depressiv aber nur abweisend zu mir

Kayra
Beiträge: 36
Registriert: 28. Jan 2018, 12:13

Re: Freundin depressiv aber nur abweisend zu mir

Beitrag von Kayra »

Liebe Huhu-Uhu

Danke, dass Du uns hier einen so offenen Einblick in deine Gefühle während deiner depressiven Phasen gegeben hast.

Ich lese ja hier auch sehr viel von Angehörigen und auch von selber Betroffenen, weil ich nicht weiß, wie ich mit dieser schwierigen Situation umgehen soll.
Ich habe ja leider aus Unwissenheit und Hilflosigkeit die Beziehung zu meinem depressiven Partner beendet, da er auch nicht mit mir darüber gesprochen hat und ich nicht wusste, warum er sich auf einmal von mir distanzierte.

Hätte ich gewusst, dass mein Partner depressiv ist, ich hätte mit Sicherheit die Beziehung nicht beendet, zumal wir weitgehend eine sehr schöne Beziehung hatten. Ich habe ja auch gleich versucht, es wieder rückgängig zu machen, dass eine Depression für mich kein Grund ist, ihn zu verlassen und dass ich für ihn da bin, wenn er mich braucht.
Darum verletzt es mich natürlich auch, dass er sich im Internet gleich eine neue Frau gesucht hat, das hätte ich niemals gedacht, weil er auch überhaupt nicht der Typ ist.

Jetzt bin ich sehr verunsichert und traurig, weil ich nicht weiß, was diese Frau in der Depression, in der er noch ist, für ihn bedeutet und ob ich überhaupt noch eine Chance habe, ihn zurück zu gewinnen.

Kann es sein, dass Männer in einer Depression so viel anders empfinden, als Frauen?
Vielleicht hast Du ja meinen Post vorab gelesen und hast dazu noch einen Gedanken, der mir vielleicht weiter hilft.

Dir alles Gute und liebe Grüße
Kayra
Huhu-Uhu
Beiträge: 44
Registriert: 6. Feb 2018, 16:39

Re: Freundin depressiv aber nur abweisend zu mir

Beitrag von Huhu-Uhu »

Huhu Kayra,

ich habe das, was du erzählt hast, sehr aufmerksam gelesen. Ob Männer in einer Depression anders empfinden als Frauen weiss ich nicht. Es tickt einfach jeder etwas anders, denke ich.

Leider ist diese Krankheit so hinterlistig, dass man kaum Prognosen geben kann, wie sich die Gefühlswelt entwickelt. Ich merke an mir selbst, dass ich nicht nur gedanklich sondern auch emotional anders reagiere wie "früher", wenn ich in einer Downphase bin.

Was deinen Mann betrifft kann es also sein, wenn er sich wieder etwas fängt, dass er die Kurve kriegt und zu dir zurück kehrt. Oder er möchte unbedingt Altes ablegen und mit dir gar nichts mehr zu tun haben. Und dann gibt es noch das weite Spektrum der Grautöne dazwischen.
Was diese Frau betrifft kann ich nur eine Vermutung äussern. Er hat da einen Menschen, dem er nahe sein kann, ohne ZU nahe zu sein. Ich denke da ähnlich wie dein Psychologe, diese Neue Frau hilft ihm dabei sein Problem nicht sehen zu müssen, aber wirklich tief kann es nicht sein. Was du geschildert hast, hängt er ja doch ziemlich an dir.

Was könnte ich dir denn raten? Ich kann nur sagen, alles was sich nach Verpflichtung anhört, sei es körperlich, psychisch oder emotional, wirkt bei einer Depression bedrohlich. Da kommt immer gleich die grosse Frage "kann ich das überhaupt schaffen?".
Und leider ist es z. B. auch so, wenn ich denke, dass jemand Nähe von mir erwartet, ich schon Angst habe ich könnte ihn enttäuschen.

Du siehst, es ist gar nicht einfach. Ständig läuft im Hirnkastl etwas falsch, wenn man dieses Monster im Nacken hat. Aber wenn du geduldig bist, zuhörst und Hilfe anbietest ist das bestimmt nicht verkehrt.

Sollte aber nichts vor oder zurück gehn, dann bitte vergiss nicht auch an dich zu denken. Du kannst ihm nicht helfen, wenn es dir schlecht geht. Im Gegenteil, da man in einer Depression in manchen Phasen ein extrem gutes Gefühl für andere hat, könnte sich dein Partner denken, er tut dir nicht gut, weil du dich wegen ihm so viel sorgst, und deshalb noch mehr Distanz aufbauen.

Ich wünsche dir alles Gute, und dass es sich doch noch einränkt.

Liebe Grüsse, Huhu-Uhu
Kayra
Beiträge: 36
Registriert: 28. Jan 2018, 12:13

Re: Freundin depressiv aber nur abweisend zu mir

Beitrag von Kayra »

Hallo Huhu-Uhu,

weisst Du was für mich so schwer zu begreifen ich? Mein Partner hatte ja auch relativ lange gute Phasen,
die ersten vier Jahre war für mich von einer Depression überhaupt nichts zu spüren, wir hatten durchweg eine wunderschöne Zeit miteinander. Er suchte sehr die Nähe und den liebevollen Umgang miteinander und er brauchte sehr die Bestätigung, dass er geliebt wurde. Es viel mir auch nicht schwer, ihn zu lieben, denn er gab auch sehr viel zurück.

Dann kam es ja zu den ersten beiden Situationen, wie ich im vorherigen Post beschrieben habe, wo ich nicht wusste, was überhaupt passiert war, er aber wenigstens den Kontakt zu mir nicht ganz abgebrochen hat.

Jetzt habe ich aber aus Enttäuschung über seinen erneuten Rückzug die Beziehung endgültig beendet, was ich ja bei den ersten beiden Phasen nicht getan habe. Ich glaube, dass ich ihn damit sehr verletzt habe und er kam mir sehr traurig vor, als ich dann ging.
Im Moment haben wir so gut wie keinen Kontakt, außer, dass ich ihm ab und an einen Brief schreibe, wo ich ihm immer wieder bestätige, wie wichtig er mir ist und dass ich immer für ihn da bin.
Aber er lehnt meine Nähe und meine Liebe (im Moment?) total ab.

Es ist sehr schwer, damit umzugehen, meine Liebe für ihn hat ja nicht aufgehört.

Im übrigen habe ich den Eindruck, dass Du ein ganz wertvoller Mensch bist und ich wünsche Dir alles Gute.
Liebe Grüsse. Kayra
FrequentFlyer
Beiträge: 293
Registriert: 23. Dez 2017, 02:20

Re: Freundin depressiv aber nur abweisend zu mir

Beitrag von FrequentFlyer »

Hallo ihr Lieben!

@ Huhu-Uhu: Hat dein Pseudonym etwas mit dem Uhu Schuhu vom kleinen Gespenst zu tun ;-) Eine wirklich schöne Geschichte.
Danke für deine Erläuterungen. Speziell die „Innenansichten“ bei dem Thema Rückzug haben mir sehr geholfen. Mir ist zu dem Themenkomplex Rückzug in Bezug auf meine Freundin der Satz eingefallen: Meiner Freundin tut Reden weh, mir tut dies Schweigen weh.
Und Schweigen kann unendlich weh tun. Es ist halt eine Herangehensweise wie von zwei unterschiedlichen Welten. Dies unter einen Hut zu bringen ist für mich als Angehöriger eine riesengroße Herausforderung der ich wahrscheinlich nie wirklich gerecht werden kann. Mir ist aufgefallen das viele Partner hier selbst Erfahrungen mit Depressionen haben. Diese Erfahrungen fehlen mir total. In meiner Welt führt ein Leidensdruck zu Aktion um den Druck zu vermindern, nicht zu Rückzug. Nur ist mir klar das diese Aktion von mir meiner Freundin nicht wirklich hilft. Wirklich schwierig.

@Kayra: Ich kann dich so gut verstehen. Als bei meiner Freundin im Herbst diese schwere Krise begann, hab ich jetzt nicht von mir aus die Beziehung beendet, sondern hab ihr einiges an den Kopf geknallt was wohl jeden verletzt hätte. Ich war einfach genau wie du einfach sauer: Schon wieder dieses dämliche Schweigen, dieses sich zurück ziehen, dieses blödes alles in Frage stellen. Und ihre kurzen Erklärungen kamen mir zu diesem Zeitpunkt einfach nur dämlich vor und das habe ich auch so gesagt.
Mittlerweile habe ich mich schon zig mal Entschuldigt, schreibe ihr auch das ich für sie da bin. Mal bekomme ich Antwort, mal nicht. Mal ist die Antwort das sie es schätzt das ich für sie da bin, mal reines Abblocken. Mal habe ich probiert reine Banalitäten zu schreiben und die Antwort erhalten „was soll das“. Oftmals habe ich den Eindruck, sie würde alles tun um meine Nähe zu vermeiden - und ich meine wirklich alles. Dann wieder Worte wie reine Hilferufe. Kurzum: Eine einzige Achterbahnfahrt. Und wie ich schon an anderer Stelle geschrieben habe - dieses negieren einer Depression, bzw. eher ein Kleinreden dieser Ursache. Nur bei dieser Vorgeschichte ist das eher unwahrscheinlich. Du hast ja sogar eine Bestätigung von dritter Seite.
Auch meine Liebe hat nicht aufgehört. Aber dies ihr immer wieder zu bekunden setzt sie wohl noch mehr unter Druck. Ein wirklich schwere Situation. Wenn man mitbekommt, wenn es einem seiner Lieben nun mal nicht gut geht, will man ihn halt einfach nur in den Arm nehmen – ohne jegliche Bedingungen, Forderungen oder sonst was. Das scheint hier halt nicht zu helfen, eher im Gegenteil.
Und natürlich auch immer wieder die eigenen Zweifel: Vielleicht hab ich mich ja auch total verrannt. Nur, wenn es andersrum wäre und meine Liebe erloschen wäre, würde ich dies eigentlich sehr eindeutig klären. Dies ist allerdings nicht möglich, da sie derzeit ein Treffen auf alle Fälle nicht will. Also wieder warten, warten, warten... "nur" um zu klären ob die Beziehung überhaupt eine Perspektive hat. Unter uns, wäre nicht die Krankheit, könnte man dies sehr schnell klären und ich wüsste woran ich bin.

Achte auf dich liebe Kayra – vor allem vor dem Hintergrund das dies auch gesundheitliche Auswirkungen auf dich hat. Pflege deine Freunde und deine Hobbys. Mir hilft dies.
Ich habe mich auch schon zur „Ablenkung“ mit jemand anderem getroffen. Vielleicht echt ein „männlicher“ Umgang mit so einer Situation – sich halt Bestätigung holen..... eine total falsche Strategie für mich, hat mir dies doch nur meine eigene Hilflosigkeit in Bezug auf meine Freundin gezeigt.

LG
Huhu-Uhu
Beiträge: 44
Registriert: 6. Feb 2018, 16:39

Re: Freundin depressiv aber nur abweisend zu mir

Beitrag von Huhu-Uhu »

Liebe Kayra,

ich kann wirklich gut verstehen, wie schwer die Situation für dich ist. Es fühlt sich glaub ich auch immer so an, als wäre die Sache nicht ganz ausgesprochen. Manchmal kann man einfach nichts an so einer blöden Situation ändern.


Huhu FrequentFlyer,

nein, der Name kommt nicht daher. Mein Papa hat ihn mir gegeben. Da ich mich am Telefon, wenn ich meine Eltern anrufe oder sie mich, immer mit "huhu" melde, hat mein Papa irgendwann gemeint "Der Huhu-Uhu ruft wieder an" und seitdem hab ich den Nick weg. :D

Und schön, dass dir meine "Innenansichten" geholfen haben. Ich weiss, dass es für meine Umgebung richtig schwer ist mich einzuschätzen. Nicht zuletzt, weil die Stimmung von einem Moment auf den anderen umschwenken kann.
Ich weiss nicht wie weit deine Freundin gedanklich und emotional ist. Ich habe den riesengrossen Vorteil, dass ich a) die Depression als eine Krankheit ansehe und nicht als einen Charakterzug von mir und b) ich davon überzeugt bin, dass kämpfen was bringt und deshalb nicht aufgebe.

Deshalb helfen Sätze wie "Stell dich nicht tot", "Bleib gedanklich bei dir und versuche nicht dich für andere zu formen" oder "Akzeptiere was nicht geht und tu was möglich ist" recht gut. (Aber auch nicht immer) Und ich war relativ früh bereit in Therapie und eine Klinik zu gehen.

Es kommt aber auch immer drauf an von wem was kommt. Zur Zeit kämpfe ich besonders damit, meine Eltern auf gesunde Distanz zu halten. Sie machen sich scheinbar so viele Sorgen oder fühlen sich verantwortlich mir zu helfen, dass sie mich zu sehr einengen und mir alles abnehmen wollen. Das führt dann gerne mal zu einem "sie trauen mir nichts zu, denken, dass ich nichts alleine schaffe" usw. (Ich muss dazu sagen, ich bin 36!)

Was bei dir und deiner Freundin super wäre, wenn ihr über ihre Depression mal offen reden könntet. Wenn sie sich also traut zu sagen "das möchte ich, das nicht" ohne zu befürchten dich zu verletzen. Aber dafür müsste sie sich wohl erstmal wieder etwas entspannen.

Ach übrigens! Entspannung bewirkt bei mir Wunder. Ich mache seit der Klinik "Muskelrelaxion nach Jakobson". Vielleicht könntest du ihr da ja was nahe legen? Das kann man auch wunderbar allein Zuhause machen, über ein Vid auf YouTube oder so. Dann ist sie unbeobachtet und kann zur Ruhe kommen.

Ich wünsche euch beiden jedenfalls alles Gute!

Gruss, Huhu-Uhu
FrequentFlyer
Beiträge: 293
Registriert: 23. Dez 2017, 02:20

Re: Freundin depressiv aber nur abweisend zu mir

Beitrag von FrequentFlyer »

Huhu Huhu-Uhu,

das ist aber auch eine sehr schöne Geschichte mit dem Nick – ein sehr liebevoller Nick.

Ich glaube was ich derzeit am allerwenigsten machen sollte ist meiner Freundin irgendwelche Tipps geben. Das ist schon in „normalen“ Zeiten eher schwierig. Sie hat schon eine sehr starke und stolze Persönlichkeit – an sich. Auch in ihrem Beruf, den sie ja ohne Probleme weiter ausführen kann, steht sie ihren Mann, respektive ihre Frau. Das ist schon durchaus spukig. Es ist ein Beruf bei dem sie in der Öffentlichkeit exponiert ist und sie auf einem sehr hohem Niveau ihre Leistung bringt. Man würde nie im Leben darauf kommen das so ein Mensch an Depressionen leiden könnte. Ich hatte immer eher den Eindruck das sich ihr Gemütszustand in Leerlaufphasen (Urlaub daheim) verschlechtert. Und noch viel spukiger finde ich ihr Verhältnis zu Krankheit – also jetzt zu Infekten. Denn sich krank schreiben lassen geht bei ihr gar nicht. Lieber pfeift sie sich zig Tabletten rein um ein Fieber zu senken und geht weiter arbeiten. Wichtig ist ihr auch ihr Hund mit dem sie täglich kilometerweite Spaziergänge macht. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist derzeit geprägt von Selbstzweifeln, innerer Leere und ein völliger Rückzug – und nicht nur mir gegenüber. Und du hast dies schön ausgedrückt – sie hält dies alles eher für einen Charakterzug. Schließlich hat sie schon eine Therapie gemacht und seit dem ist sie geheilt von ihren Depressionen. Punkt.
Und dann, muss ich auch selbstkritisch sagen, bin ich auch nicht gerade ein einfacher Brocken. Das ist mir auch klar. Ich bin beruflich in einer Führungsposition, trage Verantwortung und bin auch noch geschult und erfahren in dem Führen von schwierigen Gesprächen. Und so eine berufliche Sozialisation (ich bin über 50) färbt ab. Ich sehe hier einfach nur lösbare Probleme – mit zig Möglichkeiten schrittweise voranzukommen. Einfach loslegen – fangen wir mal mit der "Muskelrelaxion nach Jakobson" an. Ich probier es gleich bei mir daheim auch mit aus. Ich schätze du wirst auch der Meinung sein, dass dies hier so nicht klappt. Aber so ein Stück weit bin ich halt so.
Hier haben sich schon zwei starke Persönlichkeiten gefunden und eine Krankheit dividiert sie wieder auseinander – und das ist traurig.
Aber aus meinen Ausführungen siehst du, das ein offenes Reden darüber eher schwierig wird.

Eine Sache zu deinem Satz „Stell dich nicht tot“ fällt mir noch ein: Dieses Zurückziehen, dieses Schweigen tut aus einem ganz bestimmten Grund in einer Partnerschaft richtig weh. Es ist Liebesentzug, wenn auch ohne Absicht. Aber es ist es. Einen Weg dieses nicht als solches erscheinen zu lassen wäre schön. Mir fällt keiner ein im Moment.

LG
Antworten