Wie kann ich meinen Partner unterstützen?

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Mathilda88
Beiträge: 2
Registriert: 23. Nov 2017, 23:56

Wie kann ich meinen Partner unterstützen?

Beitrag von Mathilda88 »

Guten Abend zusammen!

Ich weiß gar nicht recht, wie ich anfangen soll die Situation meines Partner zu beschreiben. Wir sind seit 5 Jahren ein Paar und wohnen seit ungefähr 3,5 Jahren zusammen. Eigentlich verlief immer alles ganz gut, wir hatten typische Alltagsprobleme und Geldsorgen (da wir beide studieren), aber sonst war alles, aus meiner Sicht, gut. Vor ungefähr 8 Monaten fing mein Partner an sich immer häufiger zu beklagen, dass es ihm nicht gut gehe und er sich fühle, als würde er vor einem Burnout stehen. Ich habe die Sorgen von ihm leider nicht so ernst genommen, wie ich es hätte tun sollen. Damals habe ich an meiner Masterarbeit geschrieben und musste danach noch drei Klausuren schreiben und mich dann um eine Job bemühen. Ich war also sehr auf mich fixiert und habe kaum etwas anderes um mich herum wahrgenommen, was mir jetzt natürlich mega leid tut.

Na ja, jetzt ist so, dass seit ca. 4-5 Wochen mein Freund vollkommen ausgebrannt zu sein scheint. Ich komme sowieso nicht zu ihm durch, sondern bin gerade eher wie ein rotes Tuch für ihn. Jedenfalls stellt er sein ganzes Leben in Frage und sieht einfach gar nicht mehr die Dinge, die er schon erreicht hat. Er hat eine Ausbildung gemacht, danach gearbeitet, dann seinen Bachelor abgeschlossen und ist aktuell im Master. Aber für ihn hat das alles keinen Sinn mehr und er klagt über Zukunftsängste und ist der festen Überzeugung, dass er eh keinen Job finden wird. Seiner Überzeugung nach ist er einfach nur realistisch. Für mich hat es aber eher den Anschein, dass er im Moment gar nichts Positives sehen kann. Er sagt zwar manchmal, dass er sich depressiv fühlt, aber darüber Reden will er nicht.

Und hier liegt auch mein eigentliches Problem. Ich weiß, dass ich ihm im Moment nicht helfen kann, aber ich weiß einfach nicht, wie ich ihn dazu bekommen kann, sich Hilfe zu holen. Er will nicht zum Arzt gehen, weil er keine Medikamente nehmen will und der Ansicht ist, dass Gespräche eh nichts bringen würden.
Habt ihr irgendwelche Tipps für mich? Kann ich irgendetwas tun um ihm seine Perspektivlosigkeit wenigstens etwas zu nehmen, oder sind mir da komplett die Hände gebunden?

Vielen Dank fürs Lesen und ich freue mich über jeden Ratschlag.

Lieben Gruß!
Adorno
Beiträge: 42
Registriert: 21. Feb 2017, 11:10

Re: Wie kann ich meinen Partner unterstützen?

Beitrag von Adorno »

Liebe Mathilda88,

ich kann vollkommen nachempfinden, wie du dich gerade fühlst, weil deine Beschreibung eurer Situationen auch in meinen Partnerschaften schon öfters so passiert ist...

Vielleicht hört es sich erst mal etwas widersprüchlich an, aber das beste, was du für ihn und für euch als Paar tun kannst, ist, dich erst mal um dich zu kümmern. Ich habe angefangen viel zu unternehmen, was die Spaß macht, eine Sportroutine geschaffen, die es mir erlaubt hat, abzuschalten und wieder "fit" für meine Partnerin zu werden und natürlich für mich. Wenn es meiner Partnerin sehr schlecht ging, hat sie das als sehr positiv empfunden, da sie so viel Zeit für sich hatte und ich war ebenfalls ausgeglichener, positiver und konnte besser zuhören und mich mehr zurücknehmen und den Fokus ganz auf sie richten, wenn sie reden wollte. Ein gewisses Maß an "Egozentrik" ist vollkommen ok.

Das du ein rotes Tuch für ihn im Moment bist, ist sehr schade. Aber du bist da nicht allein. Und auch das Schwarz-Weiß-Denken, was als "Realismus" ausgegeben wird, ist leider häufig... während schwerer Phasen zweifelt meine Partnerin an allem: Beruf, unserer Beziehung, ihrer Zukunft. Ich habe am Anfang sehr viel argumentiert und versucht sie zu überzeugen. Das hat es eher noch schlimmer gemacht. Meine Partnerin hat mir mal gesagt, dass sie das so empfunden hat, als ob ich ihre Deutungen bewerten würde, Erwartungen an sie stellen würde und den Druck noch erhöhen würde. Es ist sicherlich schwer damit umzugehen, aber du wirst ihn nicht vom Gegenteil überzeugen... was bei uns geholfen hat, war, dass ich in solchen Situationen "bedingte Empathie" gezeigt habe... also in der Art: "Es tut mir sehr leid für dich, dass du das so siehst. Ich bin für dich da, wenn du reden möchtest!"

Auch das er nicht darüber reden möchte ist etwas, was du nicht ad hoc ändern kannst. Es wird ihn wahrscheinlich unter Druck setzen. Vielleicht hilft es ihm, wenn du ihm signalisierst, dass du gesprächsbereit bist und er dich einfach ansprechen kann, wenn er möchte. Für viele Menschen ist der Gang zum Therapeuten oder auch die Einnahme von Antidepressiva gleichbedeutend mit "nicht schaffen"... ich war selbst depressiv nach dem Ende meines Studiums, ich wusste auch nicht, wie es weitergehen soll und ich habe mich auch lange geweigert eine Therapie anzufangen, weil ich den Druck gefühlt habe, dort einfach auch wieder alles hinzubekommen und nicht mehr depressiv zu sein. Das hört sich sehr exotisch an, was ich mir da zusammengereimt habe, aber damals war das die Realität. Erst als mein Leidensdruck so immens hoch war, habe ich den Schritt gewagt. Wenn andere mir gesagt haben, ich solle zum Arzt, habe ich sofort dicht gemacht. Erst als meine damaliga Partnerin mir signalisiert hat, dass es "ok" ist zum Arzt zu gehen und es meine Entscheidung sei, konnte ich den Schritt wagen.

Ich hab "beide Seiten" erlebt und kann dir sagen, dass mir damals sehr geholfen hat, dass meine Partnerin einfach zu mir stand. Ich wusste, sie ist da, wenn ich reden will... ich bin ihr heute sehr dankbar, dass sie damals nicht mit mir "gelitten" hat sondern mir oft empathisch vermittelt hat, dass es ihr leid tut für "mich" - und eben nicht für uns! Ich habe es damals oft als egoistisch empfunden, wenn sie sich Zeit für sich genommen hat, aber heute denke ich, dass es das beste war, was sie tun konnte, um selbst nicht in den Strudel reingezogen zu werden.

Mathilda, was ich aber von dir lese ist sehr reflektiert und mir scheint auch, dass du sehr empathisch bist. Das sind beides Eigenschaften, die sehr wichtig sind in der jetzigen Situation... für deinen Partner und vor allem für dich. Ich wünsche dir ganz viel Kraft und Mut!
Mathilda88
Beiträge: 2
Registriert: 23. Nov 2017, 23:56

Re: Wie kann ich meinen Partner unterstützen?

Beitrag von Mathilda88 »

Lieber Adorno,

vielen Dank für deine ausführliche und empathische Antwort! Es tut mir aber natürlich auch leid für dich, dass du so etwas schon häufiger durchgemacht hast.

Ich habe mir vorgenommen mehr für mich zu machen und einfach auch mehr auf mich zu achten. Aber irgendwie fällt mir das im Moment noch sehr schwer. Mir ist schon bewusst, dass ich durch eine ausgeglichenere Art meinen Partner besser unterstützen kann, aber irgendwie habe ich dann doch immer das Gefühl zu egoistisch zu sein und auch ein bisschen die Angst ihm zu signalisieren, dass ich nicht für ihn da wäre. Da muss ich einfach noch mehr an mit arbeiten.

Sehr interessant finde ich deine Aussage oder BEschreibung über die Reaktion deiner Partnerin. Ich merke auch immer wieder, dass es meinen Freund sehr belastet, wenn er merkt, dass ich mit ihm leide. Ich glaube er fühlt sich dann unter Druck gesetzt und blockiert dann erst recht. Als auch ein Punkt an dem ich auf jeden Fall arbeiten muss. Aber es ist auch einfach mega schwierig ihn so leiden zu sehen und dass er an sich selbst so sehr zweifelt. Auch seine teilweise sehr abweisende Haltung mir gegenüber macht das ganz nochmal so viel schwieriger mit der ganzen Situation zu recht zu kommen. Ich weiß, es geht gerade nicht um mich oder unsere Beziehung, sondern um ihn, aber trotzdem ist das etwas, woran ich auf jeden Fall zu knacken habe.

Naja wie gesagt, den Tipp mit dem mehr für mich selbst tun und ihm dadurch den nötigen Freiraum zu geben werde ich auf jeden Fall so gut es geht versuchen umzusetzen. Ich werde ihn auch nicht drängen zum Arzt zu gehen sondern versuche, wie du gesagt hast, empathisch zu sein und ihn so gut ich das kann unterstützen.

Lieben Dank noch einmal für deine netten Worte. Ich wünschen dir für deine Zukunft ebenfalls alles, alles Gute!
Adorno
Beiträge: 42
Registriert: 21. Feb 2017, 11:10

Re: Wie kann ich meinen Partner unterstützen?

Beitrag von Adorno »

Liebe Mathilda,

es ist schön zu hören, dass du den festen Vorsatz hast, mehr für dich zu tun. Und nein, es ist nicht egoistisch, sondern für dich fühlt es sich so an... das ist ein gravierender Unterschied. Falls es dir möglich ist, frag doch mal eineN engeN VertrauteN... er/ sie wird dir bestimmt sagen, dass du schon sehr viel für deinen Partner machst.

Als PartnerIn einer depressiven Person verändert man sich manchmal auch und lässt sich unmerklich mitziehen. Ich habe auch immer "entwertet", weil ich nie das zurückbekam, was ich erwartet und mir gewünscht habe. Aber das ist nun mal bei einer Depression so!

Vor allem... kümmere dich um dich selbst nicht nur, um für deinen Partner da und fit zu sein. Sondern auch für dich als Person, welche ebenfalls in schweren Zeiten viel Kraft braucht.
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