Energielevel

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Zena_HH
Beiträge: 36
Registriert: 23. Okt 2017, 10:03

Energielevel

Beitrag von Zena_HH »

Hallo, zusammen,

aufgrund meiner langjährigen Depressionsgeschichte mit solchen und solchen Phasen und einer herausfordernden Lebenssituation (alleinerziehend von Beginn an), ist es irgendwie logisch, dass ich vor Energie nicht gerade strotze. Mein Problem ist folgendes:

Entweder ich lege den Fokus auf Normalität. Jobsuche (Hartz IV ist definitv ein Faktor, der meine Belastung extrem erhöht, nicht nur wegen Geldmangel, sondern auch wegen der Art und Weise, wie ich seitens der Behörde behandelt werde.), Haushalt, für mein Kind da sein.

Oder ich lege den Fokus auf meine Heilung. Therapie, viel Zeit für Meditation, Muße zum Schreiben etc. Dann bin ich mehr ich selbst und viel glücklicher, ich schaffe mehr, habe auch Erfolge (z.B. mit meinen Veröffentlichungen) verdiene aber meinen Lebensunterhalt nicht.

Beides zusammen schaffe ich nicht. Sobald der Alltag "läuft", bringt mich jeder zusätzliche Termin ins Schwitzen - und sei es so etwas Schönes wie ein Konzert, Theatergruppe o.ä. Ich brauche aber beides, um langfristig stabil zu sein. Ichh fühle mich hdann abgeschhnitten von meinem Innersten und der Umwelt. Zur Zeit habe ich noch nicht einmal mehr eigene Ziele, die über die Alltagsbewältigung hinausgingen. Mir ist der Sinn abhanden gekommen (ohne dass ich Suizidgedanken hätte). Ich weiß nicht mehr, wozu ich moirgens aufstehen soll, außer, um mich um mein Kind zu kümmern und zur Arbeit zu gehen.

Wie schafft ihr es, euch im Alltag zu nähren? Könnt ihr euren "Pflichten" nachkommen und gleichzeitig gut zu euch sein? Macht ihr eure Meditationen, Sportgruppen, Therapien, Hobbies etc. "nebenher"? Gibt es gangbare Mittelwege? Ich freue mic hdarauf, von euch zu lesen.
Succubus
Beiträge: 357
Registriert: 9. Aug 2016, 06:44

Re: Energielevel

Beitrag von Succubus »

Zena_HH hat geschrieben: Wie schafft ihr es, euch im Alltag zu nähren? Könnt ihr euren "Pflichten" nachkommen und gleichzeitig gut zu euch sein? Macht ihr eure Meditationen, Sportgruppen, Therapien, Hobbies etc. "nebenher"? Gibt es gangbare Mittelwege? Ich freue mic hdarauf, von euch zu lesen.
Hallo Zena,
gerade mit einem Kind stelle ich es mir nochmals schwerer vor genug Zeit für sich und die Heilung der Depression zu finden. Ich selber bin kinderlos und habe alleine dadurch - denke ich - schon mehr Zeit meine Ressourcen auszubauen und auf diese zurückzugreifen.
Wie ist es denn für dich Zeit mit deinem Kind zu verbringen? Kannst du daraus vielleicht auch etwas Kraft oder "Nahrung" ziehen? Vielleicht statt Sport in einer Sportgruppe eher mit dem Kind etwas Aktives machen, z.B. Radfahren? (ist natürlich abhängig vom Alter deines Kindes)

Der Aufbau und die Nutzung der Ressourcen funktioniert in meinen Augen nicht mal so nebenher sondern muss aktiv und bewusst betrieben werden. Gerade wenn es Dinge wie Meditation oder Therapie sind. Ich empfinde es als wichtig sich regelmäßig selber mit Zeit für sich zu belohnen nachdem ein Teil der Pflichten erledigt ist. Oft sieht man mehr Dinge als Pflichten und wichtig an als es wirklich der Fall ist, man muss nicht jedem Staubkorn hinterherrennen :D
Mir hat es z.B. sehr geholfen kleine Pausen einzubauen wenn ich Pflichten nachgegangen bin...nach 1 Stunde 10 Minuten an die frische Luft und einfach mal in die Ferne schauen. Oder mal eine kleine entspannende Atemübung. Nachdem ich dann der Pflicht komplett nachgekommen bin, habe ich mir eine längere Pause gegönnt und auf eine andere Ressource zurückgegriffen. So arbeite ich quasi meine täglichen Aufgaben durch.
Jedoch möchte ich auch dazu sagen, dass ich noch nicht in der Lage bin wieder am Arbeitsmarkt mitzumischen, ich bin krankgeschrieben und kümmere mich alleine um den gemeinsamen Haushalt.

Grüße
Don't feed the troll :-)
Anna-B
Beiträge: 18
Registriert: 6. Nov 2017, 20:48

Re: Energielevel

Beitrag von Anna-B »

Hey Zena, ich bin ja total platt. Mir geht es haargenau wie Dir!
Nur, dass ich es nicht so gut in Worte fassen könnte wie Du.
Ich finde mich in Deiner wieder, dass nicht genug Kraft und Energie da ist für beides: Alltag/Pflichten und Selbstfürsorge. So pendle ich auch hin und her zwischen “mich um alles rundherum“ kümmern und “mich um mich kümmern“. Ich schaffe es auch irgendwie nicht, mal etwas durch zu ziehen. Ich bin auch Alleinerziehend. Gehe zu 75% arbeiten, war aber mal 2 Jahre aus dem Verkehr gezogen. Ich für meinen Teil kann Dir sagen, dass mein Therapeut mir immer wieder sagt, dass die Selbstfürsorge an erster Stelle steht, sollte es irgendwie möglich sein. Außerdem, wenn Du Dich nicht stabil und stark genug fühlst, um wieder arbeiten zu gehen, dann setzt Du Dich ja noch viel mehr unter Druck. Wie alt ist Dein Kind? Gibt es eine Möglichkeit,wo es evtl.mal ein/zwei Wochen hin könnte?

Ich habe eine Liste, auf die ich alles schreibe was zu tun ist/was ich tun müsste. In Momenten oder an Tagen an denen es geht mache ich nur das von der Liste, was mir am leichtesten fällt (nicht das, was Priorität hätte). Und manchmal mach ich dann immer mehr davon...
Was die Selbstfürsorge angeht - ich habe viele gute Ideen, was mir vermutlich gut tun würde, setzte aber nie etwas davon kontinuierlich um. Da habe ich für mich auch noch keine Lösung gefunden.

Aber Du sprichst mir aus der Seele. Danke für diese Themeneröffnung!
Viele liebe Grüße Anna
Keep It Real
Beiträge: 61
Registriert: 30. Dez 2015, 17:40

Re: Energielevel

Beitrag von Keep It Real »

Hallo Zena,

dieses Thema beschäftigt auch mich und ich versuche seit meiner Diagnose, den richtigen Weg für mich zu finden. Zwischen dem, was mein Verstand in Bezug auf meine Belastbarkeit und die Bedeutung der Selbstfürsorge weiß, und der Umsetzung im Alltag klafften in den letzten Jahren mal mehr und mal weniger große Lücken.

In den vergangenen drei Jahren habe ich drei depressive Episoden durchgemacht, die jeweils mehrere Monate dauerten und an Schwere eher zunahmen. Seit Beginn dieses Jahres gehe ich nur noch zu 75% arbeiten. Ich hatte immer Probleme mich abzugrenzen, vor allem was die Arbeit angeht. Das gelingt mir mittlerweile besser. Ich kann jetzt ganz klar sagen - bis hierher und nicht weiter - und es wird akzeptiert. Ich hoffe, so einer erneuten Überlastung entgegenzuwirken.

Nach einer Reha im vergangenen Jahr habe ich begonnen, mehr wirklich nur für mich zu tun. Ich habe mir wieder mehr Zeit zum Lesen genommen. Eine Katze aus dem Tierheim ist unsere neue Mitbewohnerin geworden. Ich gehe einmal wöchentlich zum Tai Chi Training. Ich habe einen MBCT-Kurs besucht und begonnen, täglich zu meditieren. Alle Kursteilnehmer und die Kursleiterin treffen sich jetzt noch einmal im Monat zum Austausch.

Auch mir geht es an den Tagen besser, an denen ich nicht arbeite und ich mir die Zeit ohne Zwänge so einteilen kann wie ich möchte. Mittlerweile habe ich es geschafft, die Arbeit gedanklich nicht mehr mit nach Hause zu nehmen. das hat mir früher den Schlaf und die nötige Energie geraubt.

Ich musste lernen zu akzeptieren, dass die Krankheit für mich auch bedeutet, nicht mehr so viel Energie wie früher zu haben und ich mit meinen Kräften ganz bewusst haushalten muss. Das heißt für mich manchmal auch, alle fünfe gerade sein zu lassen und den Erwartungen anderer nicht zu entsprechen. Das heißt für mich auch, die Frage zu stellen: Was ist mir wirklich wichtig?

All das passiert nicht über Nacht und es gibt immer wieder Höhen und Tiefen. Ich versuche, meinen Weg zu finden und mein Psychiater und meine Therapeutin unterstützen mich dabei. Beide betonen immer wieder, wie wichtig Selbstfürsorge für mich ist. Und ich versuche daran zu arbeiten, kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn ich etwas nur für mich tue...

Ich hoffe, auch Du kannst einen für Dich gangbaren Weg finden. Ich wünsche Dir ganz viel Kraft.

Viele liebe Grüße
Mitten im Winter habe ich erfahren, dass es einen unbesiegbaren Sommer in mir gibt.
- Albert Camus -
Mim
Beiträge: 1383
Registriert: 21. Dez 2013, 19:41

Re: Energielevel

Beitrag von Mim »

Liebe Zena,

auch bei mir hast Du mit Deinem Thema einen Nerv getroffen - die Suche danach, wie ich mir mein Leben so einrichten kann, dass es mir gut - zumindest "besser" geht, verläuft innerhalb dieser beiden Pole "Arbeit"----"Selbstfürsorge"

Auf beiden Seiten ein zuviel ist nicht gut für mich - wobei ehrlicherweise die Selbstfürsorge keine wirkliche ist (wenn sie zuviel wird), sondern ich eher in zuviel Lethargie versinke oder zu unstrukturiert durch den Tag hetze. Mir geht es da wie Anna: Ich habe viele Ideen, was mir gut tun könnte, setze es aber nicht um. Angst vor mir selber zu versagen? Ich glaube meine Ansprüche an mich sind da sehr hoch...

Derzeit versuche ich Studium und Arbeit unter einen Hut zu bringen - beides nicht Vollzeit, aber in einem Umfang (Vorbereitung und Nachbereitung für die Uni, bzw. geistig ist immer irgendwas "offen"; die Arbeit ist körperlich anstrengend und nimmt zwei volle Tage in Anspruch), der mich immer wieder an meine Grenzen bringt, wenn ich nicht aufpasse.
Ich habe für mich jetzt die Lösung gefunden, mir mehr Zeit fürs Studium zu nehmen, ggf. ein Urlaubssemester einzulegen, zumindest aber weniger Scheine in einem Semester zu machen. Alleine diese Entscheidung nimmt mir bereits sehr viel Druck.
An Arbeitstagen versuche ich nichts mehr oder nur noch wenig für die Uni zu machen. Außerdem versuche ich gerade einen Tag einzubauen, an dem es ein Wohlfühlprogramm für mich gibt (Sauna, Schwimmen, etc...) Das muss ich aber noch etablieren - wollte lange nicht wahrhaben, dass ich so etwas auch brauche.
Außerdem ist mir mein Morgen heilig. Ich stehe eine halbe, bis Stunde früher als nötig auf, weil ich die Zeit brauche um in den Tag zu starten. Zwar schaffe ich es da noch nicht, mein geplantes Yoga/Meditation oder ähnliches zu machen - meist stöber ich im Internet oder lese - aber ich merke, dass mir dieser bedachte Start unglaublich gut tut!

Auch finde ich die Idee von Succubus bewusste Pausen einzubauen sehr hilfreich und wichtig. An Arbeitstagen ist sowas sicherlich schwieriger, weil man sich diese Zeiten bewusst nehmen muss.

Nach welcher Arbeit schaust Du Dich denn um (bzw. arbeitest Du)? Ich könnte mir nämlich vorstellen, dass statt einer Vollzeit-, eine Teilzeitstelle Deinen Bedürfnissen momentan am nächsten kommen könnte. Denn gerade mit Kind (auch wenn Du mit diesem gemeinsam Deine Ressourcen auffüllen kannst), gibt es ja zusätzliche Phasen in denen Du Dich eben nicht nur mit dir beschäftigen kannst. Die kleine wird sicherlich viel Energie benötigen.

Ich werde hier interessiert weiterlesen :hello:

Liebe Grüße,

Mim
Zena_HH
Beiträge: 36
Registriert: 23. Okt 2017, 10:03

Re: Energielevel

Beitrag von Zena_HH »

Uuuuh, vielen Dank für eure tollen Rückmeldungen!

Muttersein: Mein Sohn ist 11, also nicht mehr so ganz abhängig von mir. Alle 2 Wochen ist er das Wochenende beim Papa, das hilft natürlich auch. Das Problem ist eher, ihn vom Computer fernzuhalten, wenn ich mal nicht da bin ... Am Wochenende gehen wir gerne zusammen auf den Bolzplatz und kicken oder werfen Körbe (meine sportlichen "Fähigkeiten" nimmt er ganz gelassen ...) Das sind schöne Momente; auch Gesellschaftsspiele spielen oder lustige Katzenvideos gucken, wenn wir mal beide richtig mies drauf sind. Er ist ein tolles Kind.- Trotzdem bestimmt er meinen Alltag und ich kann mich nicht in meinen Rythmus einpendeln. Hinzu kommt, dass es auch für ihn kein Zuckerschlecken ist, eine depressive Mutter zu haben (und einen Vater, den er anbetet, der sich aber nur sehr oberflächlich für ihn interessiert. Das muss ich teilweise auch mit auffangen). Unser Verhältnis ist also durchaus zweischneidig. Wie kann ich für mein Kind "ausreichend gut" da sein, wenn ich mich selbst emotional nicht versorgen kann? :|

Arbeit: Ich arbeite seit langem Teilzeit, auch, aber nicht nur wegen meines Kindes. Zur Zeit suche ich eine neue 20-Stunden-Stelle im Büro; naja, die Arbeitslosigkeit mit allem, was dran hängt, baut mich nicht gerade auf. Trotzdem stabilisiert mich Arbeit zur Zeit eher. Nebenher mache ich seit einiger Zeit Stadtführungen, das bringt sehr viel Spaß, weil ich von den Gruppen direktes Feedback bekomme, und das baut mich auf. Vollzeit würde ich nicht schaffen und auch nicht wollen (hallo Altersarmut ... :mrgreen: ) Bei meinen letzten beiden Jobs (beide befristet) hatte ich allerdings echt Pech mit den Chefs, und das hat mir dann nicht gut getan.

Pausen / Selbstfürsorge: zur Zeit schaffe ich es kaum, mal 10 Minuten (oder auch nur 5) etwas für mich zu machen. Wenn ich meditieren will, schlafe ich direkt ein (obwohl ich z.Zt. keinen Schlafmangel habe.) Oder ich kriege halt Süßigkeitenanfälle. Es ist wie eine Blockade, die mich von mir selbst abhält. Irgendwann lüftet sich der Vorhang wieder, und ich stehe da und wundere mich, was eigentlich los war...?!? Aber ich merke schon, dass dieses Forum mir gut tut, nochmal alles auszusprechen, und jetzt bin ich auch inspiriert, mir nebenher schöne Musik anzumachen.

Tja, mein Hauptproblem ist, glaube ich, nicht so sehr die fehlende freie Zeit (das war anders, als der Kleine jünger war), sondern dass ich nicht in der Lage bin, freie Zeit für mich zu nutzen. Also, ich kommende nicht an meine Tankstellen ran, oder kann sie nicht anzapfen.

Kraftquellen + ich = 2 gleich gepolte Magneten, die aneinander abgleiten. So fühlt es sich an.

Natürlich habt ihr recht, Selbstfürsorge geht vor, sonst nutzt sozusagen alles andere auch nichts. Gerade, aber nicht nur, wenn man Eltern ist.

Vielen lieben Dank für den Austausch.
Traurige Taenzerin
Beiträge: 8
Registriert: 19. Nov 2017, 17:01

Re: Energielevel

Beitrag von Traurige Taenzerin »

Hallo Zena,
Ich kann deine Lage sehr gut nachvollziehen. mir geht es leider ähnlich, bin depressiv, Alleinerziehenden, allerdings gänzlich ohne Unterstützung des Gegenparts. habe halt ein gutes soziales Netzwerk, was mich unterstützt. Auch ich habe das Gefühl, besonders in den schlechten Phasen, keinerlei Möglichkeit zu haben, meine Batterien aufzuladen.
Nun, eine meiner Energiequellen ist halt das Nähen, das geht manchmal wenn meine Maus im Bett ist. An manchen Abenden gehe ich auch genauso zeitig ins Bett wie sie, da mache ich mir weniger einen Kopf. Zum Thema Alltag und Heilung und Job und Kind bin ich auch noch auf der Suche. Ich bin berentet und arbeite sStundenweise, wobei mir die Kursstunden auch halt geben, aber es reicht bei weitem nicht für den Lebensunterhalt. Ich versuche wirklich Kraft aus den Stunden zu gewinnen und mich in der freien Zeit auch eher um mich zu kümmern, leider leidet der Haushalt...
Und die Frage wie man eine gute Mutter sein kann, würde mir gesagt das Kinder sehr wohl mit der Situation umgehen können, an ihr wachsen und nicht automatisch auch krank werden müssen. Ich hab das Glück das bei mir auch Freunde einspringen können und ihr Halt geben.
Ich hoffe du findest einen Weg, vielleichg können wir uns gegenseitig daran erinnern, uns etwas guter zu tun.
Lg Traurige Tänzerin
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