Was könnte noch helfen?

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Toxi
Beiträge: 10
Registriert: 24. Aug 2017, 19:42

Was könnte noch helfen?

Beitrag von Toxi »

Hallo

Ich bin neu hier. Meine Geschichte begann vor 2 Jahren, als ich plötzlich grundlos starke Depressionen und Schlafstörungen kriegte. Die Schlafstörungen habe ich jede Nacht. Einschlafen geht meist gut, aber nach 2-3 Stunden wache ich wieder auf und bin hellwach. Die Depressionen kommen in Episoden ohne konkreten Auslöser. Ich bin dann stark suizidal, überemotional, weine wegen des geringsten Anlasses, kann keine klaren Gedanken mehr fassen, laufe planlos herum und muss dauernd aufs Klo. Medikamentös nehme ich zum Schlafen eine halbe Remeron, leider wirkt sie nicht mehr so gut wie bei der ersten Einnahme. Aber alle anderen probierten Schlafhilfen wirken noch weniger. Gegen die depressiven Anfälle wurden mir schon Escitalopram und Sertalin verschrieben, welche aber die Depressionen gar noch verstärkten.
Hat hier jemand eine Idee, welches Medikament ich noch ausprobieren könnte, wenn wieder so ein fürchterlicher Deproanfall kommt? Ich denke, es müsste etwas sein, dass stark beruhigend ist und möglichst schnell wirkt.
Philosophin
Beiträge: 391
Registriert: 26. Jan 2015, 12:42

Re: Was könnte noch helfen?

Beitrag von Philosophin »

Hallo Toxi,

bist du in psychotherapeutischer Behandlung?

Depressionen einfach so "grundlos" zu bekommen, ist eher unwahrscheinlich. Bestimmt hast du dich schon vom Hausarzt durchchecken lassen, oder?

Ernährst du dich gesund? Machst du Sport?

Liebe Grüße

Philosophin
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Was könnte noch helfen?

Beitrag von Zarra »

Hallo Toxi,

alle Antidepressiva brauchen leider viel Zeit, um ihre antidepressive Wirkung zu entfalten. (Meist sagt man: Ca. zwei Wochen - dann sollte man etwas merken; die volle Wirkung kann aber auch erst nach noch mehr Wochen kommen.)

Für eine schnelle Wirkung gibt es daher nur Notbehelfe. Neben echten Beruhigungsmitteln, die eben nicht zur Dauer- oder häufigeren Einnahme gedacht sind (hohes Abhängigkeitspotential), für Notfälle aber gut sind, gibt es verschiedene beruhigend wirkende Antidepressiva. Könntest Du Mirtazapin (Remeron) höher dosieren? Von anderen habe ich öfters von Trimipramin, auch bei Bedarf (zum Schlafen), gehört. Ich selbst hatte Opipramol - ich habe aber eher Einschlafschwierigkeiten und ich würde auch nicht sagen, daß es stark wirkt (ich habe aber auch nie hochdosiert). Als Stoffnamen fallen mir noch Amitriptylin und Doxepin ein, zu ggf. Unterschieden etc. kann ich nichts sagen; bei einer längerfristigen Einnahme als AD ist es halt auch ein Ausprobieren und ein Abwägen wegen der ggf. Nebenwirkungen. (Ich kannte jemanden, der eine hohe Dosis Doxepin einnahm und nahezu nebenwirkungsfrei war. Es gibt aber halt auch das ganz andere.)

Du machst parallel Psychotherapie?

LG, Zarra
Michael1967
Beiträge: 126
Registriert: 3. Apr 2017, 13:14

Re: Was könnte noch helfen?

Beitrag von Michael1967 »

Hallo Toxi,
beim Lesen fiel mir ein, was ich unlängst in dem Buch von Prof. Joachim Bauer gelesen hatte. Es gibt seit den Neunzigern eine eigene Kategorie für plötzliche starke und deutlich episodische Depressionen. Man nennt sie im Englischen "recurrent brief depressive disorder (RBDD)", also wiederholt kurze depressive Störungen. Sie sind mit einer erheblichen suizidalen Gefährdung verbunden.
Es gibt einzelne Behandlungserfolge mit einer Vielzahl von Medikamenten (ich zitiere das mal aus den Pharmakol Papers: "Case reports of successful treatment have been published for paroxetine, lamotrigine,tranylcypromine, carbamazepine, lithium, mirtazapine, and olanzapine. Negative case reports have been published for amitryptiline, clomipramine, and maprotiline."
Die Einzelreporte sind positiv aber die Wahrheit ist auch: die Fachwelt ist sich über ein allgemeines Behandlungskonzept nicht einig.
Du solltest dich mal erkundigen ob du zu diesen medizinischen Sonderfällen zählst.
Ganz laienhaft würde ich zu einer Kombinationswaffe raten, also die schon besagten Notfalltabletten (Benzodiazepine) und eine vielleicht mal mittelfristig angelegte Therapie (meinetwegen Mirtazapin aber zuverlässig täglich).
Mit diesem Typ an Erkrankung wärest du in einer ähnlichen Lage wie die Leute mit der "treatment resistent depression", d.h. du bist gezwungen eine Anzahl von Medikamente auszuprobieren.
Toxi
Beiträge: 10
Registriert: 24. Aug 2017, 19:42

Re: Was könnte noch helfen?

Beitrag von Toxi »

lieben Dank für eure feedbacks

meine Deprroanfälle sind wirklich grundlos. Der Hausarzt hat alles mögliche untersucht und nichts Auffälliges gefunden. Auch genetisch bin ich eigentlich nicht vorbelastet. Mein Anfälle nehme ich eher als körperliche Krankheit wahr. Traurige Gedanken habe ich nicht unbedingt, ich fühle mich einfach sehr schlecht und meine Emotionen überquellen. Dieser Zustand ist fast nicht auszuhalten. Für Sport habe ich durch den Schlafmangel fast keine Energie mehr. Bewegen tue ich mich schon, aber sobald ich mich etwas anstreng, klapp ich danach zusammen. An der Ernährung kanns auch nicht liegen. Die Arbeit ist eine Qual, ich bin einfach so unkonzentriert.
Momentan bin ich nicht in psychotherapeutischer Behandlung. Ich war mal für ein paar Wochen in einer Klinik, leider konnten die mir da auch nicht helfen. Wo auch ansetzen, wenn es keinen Grund für meine Episoden gibt? Gespräche, Yoga und die Trennung von meiner Familie haben mir nicht so gut getan.
Ob Beruhigungsmittel gegen Depressionen helfen? Tavor hatte ich als Schlafmittel schon mal probiert (nicht während einer Episode). Gespürt habe ich nichts, aber immerhin 4 Stunden am Stück geschlafen.
RezDep
Beiträge: 498
Registriert: 13. Apr 2016, 18:09

Re: Was könnte noch helfen?

Beitrag von RezDep »

Hy,

könnte evtl. eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) vorliegen?

Schoss mir nur spontan durch den Kopf. Also nicht deswegen verrückt machen.

LG
Kessy
Toxi
Beiträge: 10
Registriert: 24. Aug 2017, 19:42

Re: Was könnte noch helfen?

Beitrag von Toxi »

Hi Kessy,

kann mich nicht an ein Ereignis erinnern, dass mich traumatisiert haben könnte. Anyway, wie würde da denn die Therapie aussehen?
Philosophin
Beiträge: 391
Registriert: 26. Jan 2015, 12:42

Re: Was könnte noch helfen?

Beitrag von Philosophin »

Hey Toxi,

unabhängig davon, was hinter deinen schweren depressiven Phasen steckt- wichtig ist, dass du überhaupt erst einmal eine psychotherapeutische Behandlung beginnst- bevor du dich mit zahlreichen Psychopharmaka vollstopfen lässt!

Vorher kann man meines Erachtens auch noch nicht sagen, dass es keine psychische Ursache für deine Depression gibt!

Ich wünsche dir alles Gute!

Philosophin
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Was könnte noch helfen?

Beitrag von Zarra »

Hallo Toxi,

ich hatte vor einigen Tage eine mittellange Antwort bereits an Dich geschrieben, die dann "meine Technik" gefressen hat; am Tag drauf dachte ich, daß diese Fragen eigentlich in der Klinik gestellt worden sein müssen und ich mir das von daher auch sparen kann. (À la: ... kannst Du auch negative Emotionen, wie z.B. Ärger, wahrnehmen und ausdrücken? Kannst Du ihn konstruktiv an die richtige Adresse formulieren? Kannst Du nein sagen? Kannst Du Deine Bedürfnisse wahrnehmen und angemessen ausdrücken?) ... ich meinem Kopf turnte eher etwas wie eine "somatoforme depressive Störung" herum, so daß letztendlich der Körper etwas ausdrückt, eben weil Du ggf. Deine emotionalen Belange nicht wahr- und ernstnimmst; das ist erstens jetzt sehr vereinfachend dahingesagt - und es muß Dich auch nicht betreffen. Meiner langjährigen Erfahrung mit Mitpatienten u.ä. nach ist dieser Fall aber mit einem hohen Prozentsatz sehr viel wahrscheinlicher, als daß doch noch eine körperliche Ursache gefunden wird (letzteres ist nicht ausgeschlossen; doch das andere ist sehr viel häufiger).

Und das andere war dieses bekannte Bild, daß etwas u.U. auch körperlich hochkommt, weil man es (unbewußt!) immer weggedrückt hat: Vielleicht ist ja irgendetwas in Deinem Leben doch nicht so toll, wie Du es gerne hättest und wie Du es immer noch gerne nicht nur vor anderen, sondern auch vor Dir selbst behaupten würdest? Keine Ahnung, vielleicht ist Deine Partnerschaft doch nicht so toll wie immer behauptet und gewünscht, vielleicht ist Dein Beruf doch nicht so befriedigend, obwohl Du immer nur diesen wolltest, vielleicht ...????

Wie gesagt, das waren meine Gedankenassoziationen. Wie Deine Realität inkl. der emotionalen ist, weiß ich nicht.

Psychopharmaka können hilfreich sein, um aus einer Krise rauszukommen oder um sich etwas zu stabilisieren; seltenst sind sie allein die wirkliche Lösung. Ein Teil: ja; aber selten die ganze.

LG, Zarra
Toxi
Beiträge: 10
Registriert: 24. Aug 2017, 19:42

Re: Was könnte noch helfen?

Beitrag von Toxi »

Vielen Dank liebe Zarra und Philosophin für eure Rückmeldungen. Das Beängstigende an meiner Krankheit ist wirklich, dass es einfach kommt und geht, ohne dass es einen offensichtlichen Grund gibt. Darum kann ich auch nichts mehr fix abmachen - ich muss mir immer vorbehalten, abzusagen, wenn es dann gerade kriselt. Natürlich stimmt auch in meinem Leben nicht immer alles 100%, manchmal Streit mit der Partnerin oder Stress bei der Arbeit. Aber das ist ja normal und gab es auch schon immer. Einen Zusammenhang zu meinen Episoden kann ich mit bestem Willen nicht feststellen. Eigentlich schade, weil dann hätte ich ja etwas, einen Grund. Das würde sicher einiges erleichtern.
Vor einer Psychotherapie habe ich ziemlich Respekt. Meine Erfahrungen mit Psychiatern und Psychologen sind nicht eben gut. In der Klinik wurde ich manchmal wie ein Idiot behandelt. So von oben herab mit einer wohlmeinenden Herablassung. Trotzdem werde ich wohl um eine Psychotherapie in Kombination mit Medikamentenpröblerei nicht herumkommen...Wie findet man einen passenden Psychologen?
Michael1967
Beiträge: 126
Registriert: 3. Apr 2017, 13:14

Re: Was könnte noch helfen?

Beitrag von Michael1967 »

Ja, was ist eigentlich schwieriger, einen guten Psychologen zu finden, oder das richtige Medikament?! Ich bin auch nicht so der Couch-Typ, es fällt mir schwer, die Wald- und Wiesen-Therapeuten ernst zu nehmen. Nichts gegen die Koryphäen, aber die stehen meistens ja nicht zur Verfügung.
Anyway, ich gebe noch ein paar Medikamenten-Tipps: wenn die SSRI schon versagt haben, dann kann man Augmentationen probieren, also zusätzlich Mirtazapin, Opipramol, Buspiron, Quetiapin oder noch exotischer, Ziprasidon, einehmen. SSRI + Aug, wäre das Prinzip.
Eine andere Strategie ist SSRI plus Anti-Konvulsiva oder Anti-Epileptika. Kombinationstherapien richten sich in der Regel nach den Erfahrungen des Facharztes.
Gegen die Schlafstörungen gibt es jetzt seit ein Paar Jahren Agomelatin. Das ist ein gut verträgliches Medikament, das direkt auf die Schlafverbesserung abzielt, und viele positive Kommentare bekommen hat.
Gegen Erregung/Angst empfehle ich ausdrücklich Opipramol, welches auf den Sigma-Rezeptor einwirkt, oder mit weniger Nebenwirkungen Fluvoxamin, dass dieselbe Wirkung am Sigma-Rezeptor hat, aber ein SSRI ist. Es ist praktisch ein 2-in-1 Medikament.
Weitere Behandlungswege eröffnen die SNRI, das neueste ist das Milnacipran, oder andersartige Wirkungsprinzipien, wie Bupropion und Tianeptin. Mit dem Bupropion habe ich die Erfahrung gemacht, dass es latente Ängste gerne mal verstärkt. Aber das mal nur so dahingestellt.
Wie findet man den richtigen Psychologen?! Frag doch den Arzt, der dir die Medikamente verschreibt. Der kennt sicher ein paar davon.
dienstag
Beiträge: 71
Registriert: 24. Aug 2011, 11:50

Re: Was könnte noch helfen?

Beitrag von dienstag »

Hallo Toxi,

ich habe sehr mit Unruhe und dementsprechender Schlaflosigkeit zu tun.
Ich bekomme dafür Quetiapin ,das ist ein Neuroleptikum ,welches auch antidepressiv aber vor allem beruhigend wirkt, es wirkt auch sofort(ca 1 Stunde) anders als die eigentlichen AD s , ich nehme 25mg als Erhaltungsdosis , jetzt gerade wegen einer kleinen Krise zwischen 50 und 75 mg am Tag, ich schlafe damit durch und es macht anders als Tavor und Co nicht im klinischen Sinne abhängig .

Vielleicht hilft dir die Info

Lg Dienstag
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