Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Rufus
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Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von Rufus »

Ich habe mich nach langem Mitlesen nun doch entschieden, auch zu schreiben.

Ich weiß, daß mir hier auch niemand eine Patentlösung bieten kann aber ich bin gerade komplett am Ende mit meinem Latein.

Das Posting ist recht lang und ich weiß nicht, ob überhaupt jemand Lust hat, sich das alles durchzulesen aber ich schreibe jetzt einfach mal drauf los.

Ich bin 30 Jahre alt und war vor 3 Jahren wegen Depressionen in einer Psychosomatischen Klinik. Ich habe Medizin studiert, aber eigentlich auch nur deswegen, weil ich nie eine wirkliche Alternative hatte. Im Grunde genommen habe ich mich noch nie in diesem Beruf gesehen. Ich bin von Examen zu Examen gestolpert, im Mai 2002 habe mein letztes Examen geschrieben und dachte mir, dass ich nun erst mal meine Dr. Arbeit fertigschreibe und mir überlege, was ich eigentlich will von meinem Leben.

Seitdem komme aber einfach auf keinen grünen Zweig mehr und mit mir ging es - wahrscheinlich ohne, dass ich es wirklich gemerkt habe - immer weiter bergab. Der Stolz über das geschaffte Examen war schnell verflogen und mit der Dr. Arbeit kam ich überhaupt nicht vorwärts. Im November 2003 war es dann soweit, dass ich mir nicht anders zu helfen wusste und mich an den PT gewendet habe, bei dem ich schon damals während der Zeit in der Klinik in Behandlung war.
Seine Meinung: Ich habe wieder eine Depression. Ich habe mich entschieden, Medikamente zu nehmen und PT anzufangen. Seitdem muß ich sagen geht es erst recht im freien Fall nach unten. Ich habe gehofft, ich kann auf die Wirkung der Medikamente warten und es wird irgendwie schon wieder. Nichts kam. Cipralex von 10 auf 15mg, seit 1 Monat auf 20mg. Zu Hause bekomme ich meine Arbeit überhaupt nicht mehr auf die Reihe und verbringe die meiste Zeit mit Grübeln... Einkaufen fällt mir schwer, die Wäsche zu machen fällt mir schwer. Kontakt zu meinen Freunden zu halten fällt mir schwer, da ich nichts Neues berichten kann. Dazu muß ich sagen, habe ich eigentlich den meisten meiner Freunde reinen Wein über meine Lage eingeschenkt. Am liebsten würde ich den ganzen Tag auf dem Sofa liegen und nachdenken oder schlafen. Nur weiß ich mittlerweile auch, dass ich damit nicht weiter komme und mich danach noch mieserabler fühle, also versuche ich das Sofa zu meiden, wo es geht.

Suizidale Überlegungen habe ich vorübergehend mal, bin aber nie wirklich in die Gefahr gekommen, da ich es einfach niemandem zumuten könnte. Meiner Freundin nicht, meinen Eltern nicht, meinem Bruder nicht, meinen Freunden nicht...
Könnte ich mich einfach ausknipsen, ohne, dass es jemand merkt, hätte ich es wahrscheinlich schon getan.

Ich war zwar noch nie ein besonders entscheidungsfreudiger Mensch aber ich schaffe es seit ein paar Monaten überhaupt nicht mehr, Entscheidungen zu treffen. Ich finde immer ein Argument dafür oder dagegen und bin dann in einer völligen Patt-Situation. Rät mir jemand, etwas bestimmtes zu tun, finde ich ein Argument dagegen, sagt er mir, dann lass es doch einfach, finde ich ein Argument dafür. Es ist wirklich schlimm mit mir.

Seit 2 1/2 Jahren bin ich mit meiner Freundin zusammen, die ich über Alles liebe und mir denke, in Ihr den Menschen gefunden zu haben, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen will. Sie konnte sich das auch vorstellen, nur ist mittlerweile der Punkt erreicht, wo Sie auch am Ende mit Ihrem Latein ist. Sie sagt, sie sieht mit freudiger Erwartung in die Zukunft und kann sich nicht auf Dauer vorstellen, mit einem Mann zusammen zu sein, der Angst vor der Zukunft hat und vor Allem nichts an seiner Situation ändert.
Sie ist 23, extrem lebenslustig und scheint einfach alles, was sie anpackt auf die Reihe zu bekommen. Sie studiert und arbeitet nebenher erfolgreich in 2 Jobs und weiß eigentlich schon recht genau, wo sie mit Ihren Interessen im Berufsleben mal hinwill.
Gelingt Ihr etwas nicht, schüttelt sie sich kurz und schlägt einen anderen Weg ein. Für mich absolut beneidenswert und ich bin unheimlich stolz auf sie. Nur könnt Ihr Euch vielleicht vorstellen, dass ich in meiner Situation nicht gerade einen besonders gleichwertigen Partner abgebe.
Sie versucht mich zu unterstützen, wo es geht und ich dachte eigentlich, dass mich die Angst sie verlieren zu können, dazu treibt wirklich etwas an meiner Situation zu ändern, nur gelingt mir auch das nicht.
Sie sagt, sie kann einfach nicht mehr und hätte mich schon längst verlassen, wenn sie mich nicht so sehr lieben würde. Ich habe wirklich größte Sorge, sie endgültig zu verlieren, wenn sich nicht bald etwas ändert. Wenn ich sie nicht mehr hätte, wüsste ich überhaupt nicht mehr, wie es weiter ginge. Das wäre der schlimmste Alptraum...

Sie wird in 4 Tagen für 10 Wochen nach Ägypten gehen, um während den Semesterferien ein Praktikum zu machen und hat mich versucht zu überzeugen, mit Ihr zu kommen, um einen Tapetenwechsel zu haben und vielleicht dort irgendwie vorwärts zu kommen.
Ich versuche mich seit 1 Monat dafür oder dagegen zu entscheiden und komme zu keinem Ergebnis. Ich wäre die Woche über alleine in Kairo und könnte sie nur am Wochenende sehen. Mittlerweile habe ich es auch geschafft, so lange zu warten, dass mir eine Wohnung durch die Lappen gegangen ist, die ich für die Zeit dort hätte haben können. Mal denke ich mir: „Geh mit, such Dir eine neue Wohnung, es ist alles besser als hier“, am nächsten Morgen sind die Zweifel zurück. Einerseits denke ich mir, ich sollte gehen, um neue Eindrücke zu bekommen und mal aus meiner Soße meiner Heimatstadt rauszukommen, andererseits weiß ich nicht, ob das alles noch schlimmer wird. Ich würde meine Freundin am Wochenende sehen und sie ist voller neuer Eindrücke und Erfolgserlebnisse und wenn ich dort auch nicht aus meiner Lethargie komme, ergibt das bestimmt keine gute Kombination. Bleibe ich hier, bricht es mir das Herz sie so lange Zeit nicht zu sehen. Komme ich hier nicht vorwärts, sehe ich sie nach 10 Wochen wieder und die Schere zwischen uns ist noch weiter auseinander als sie jetzt schon ist. Ich darf sie einfach nicht verlieren, das würde ich nicht packen. Und warum sollte ich hier vorwärts kommen, wenn es in den letzten Monaten auch schon nicht funktioniert hat...

Es tut mir leid, dass ich hier als Unbekannter so auf einmal mein Herz ausschütte aber ich weiß einfach nicht mehr weiter... Ich weiß, daß ich selber Entscheidungen treffen und Verantwortung für mein Leben übernehmen aber ich weiß nicht wie??

Die Zeit zieht vorbei, Alle ziehen mit, nur ich stehe still.

Danke für's Zuhören, tut mir leid für das lange Posting und Euch nur das Beste!

Rufus
Sascha3
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Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von Sascha3 »

du brauchst dich doch nicht zu entschuldigen rufus. so ist deine lage und sie ist nicht gut. einen rat habe ich leider nicht für dich -
außer vielleicht dich auf die suche nach deinem wahren selbst zu machen.
du wirst hier viele mitleidende finden.
igel
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Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von igel »

Hallo Rufus,

herzlich Willkommen.

Wenn ich Dich so lese, dann finde ich mich sehr wieder. Ich kann Dir im Moment nicht mehr sagen, als: LASS DIR ZEIT UND HABE GEDULD. Schau´danach, was DIR gut tut, auch wenn es schwer ist, da etwas zu finden!

Seit wann nimmst Du denn das Medikament? Gehst Du regelmässig zur Therapie?
igel
Sadness
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Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von Sadness »

Hallo Rufus,

es ist schwer, da was "Richtiges" zu raten. Aber wenn ich von mir und meinen Ängsten und depressiven Phasen ausgehe, kann ich sehr gut nachvollziehen, dass der Schritt, so lange nach Ägypten zu gehen für Dich unmachbar erscheint. Und ich schätze, wenn sich in Dir so einiges dagegen sträubt, dann ist es nicht der richtige Zeitpunkt um mitzugehen. Hör auf Dein Inneres, trau Deinem Gefühl, das Dich im Moment davon abhält irgendwo hinzufahren, wo Du niemanden kennst, nichts zu tun hast und Dich vielleicht auch alleine fühlen wirst, trotz Freundin. Ich würde lieber einen oder zwei Besuche bei Deiner Freundin einplanen. Ein Kurzurlaub während sie da ist, aber fest eingeplant. Dann kannst Du Dich drauf vorbereiten, kannst sie sehen und weißt aber auch, dass du danach wieder in Deine vertraute Umgebung zurückkannst. Während sie weg ist, kannst Du weiter die Therapie machen und versuchen, mehr über Dich und Deine Wünsche und Bedürfnisse zu erfahren. Dich einfach mal nur um Dich kümmern. Ich glaube nicht, dass es etwas bringt, sich zu etwas zu zwingen, wo gegen man sich innerlich nicht bereit fühlt. Das hat nichts mit "sich hängen lassen" zu tun. Man achtet nur auf sich und setzt sich nicht unter Druck.
Lass Dich nicht unter Druck setzen. Tu was für Dich!!!
Alles Gute
Sadness
artemis
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Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von artemis »

Hallo Rufus,

ein Patentrezept habe ich nicht für dich. Sowas erwartest du zum Glück ja auch nicht. Aber von der Kairo-Reise würde ich dir eher abraten.

Eine Faustregel für Depris heißt: Keine großen Ortsveränderugen in einer akuten Phase. Bei dir trifft sie zu, denke ich. Wie du selber schreibst, bist du dem eigentlich gar nicht gewachsen und würdest nur reisen wollen, um den Kontakt zu deiner Freundin halten zu können. Die Gelegenheiten dafür würden aber minimal sein. Dazu kommt ein völlig fremder Kulturkreis in dem du dich die meiste Zeit allein zurechtfinden müßtest.

Klar, wenn du zuhause bleibst, bleibst du vielleicht stecken und deine Freundin entwickelt sich weiter. Aber das Mitreisen wird das wahrscheinlich auch nicht verhindern.

So, wie du schreibst, schein deine Freundin zu dir halten zu wollen. Daraus was machen kannst du am besten, indem du was gegen deine Krankheit tust und eben nicht stecken bleibst. Da bist du bei und das ist richtig so, denke ich. "Nur" wirst du dafür Zeit brauchen.

Du sagst, daß du ein Medikament nimmst. Welches? Wie lange schon? Bewirkt es was, oder steht evtl. ein Wechsel an?

Das waren so ein paar Gedanken von mir zu deinem Posting, nicht erschöpfen aber vielleicht hilfen sie dir etwas weiter.

Liebe Grüße von
Arte
triste
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Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von triste »

Lieber Rufus,

es hört sich wirklich so an, als ob Du in einer Depression steckst. Ich schließe mich Arte an: dann ist es eigentlich nicht gut, zu verreisen, schon gar nicht eine solch lange Reise.
Wenn Deine Freundin Dich liebt, wird sie akzeptieren können, daß Du nicht mitkommst.
Das würde sie vermutlich auch nicht verlangen oder Dir vorschlagen, wenn Du einen Schlaganfall oder sonst eine ernste Erkrankung hättest, oder?
Für mich klingt es so, als ob Du nicht mitfahren möchtest, aber glaubst, es tun zu müssen, um sie nicht zu verlieren.
Falls dem so ist: Falscher Weg.

Als Depressiver ist man ernsthaft krank, und wenn sie zu Dir hält, muß sie einsehen, daß Du jetzt nicht kannst.
Vielleicht könntest Du ihr etwas zu lesen geben, was eine Depression eigentlich ist. Dazu gibt es einige Ratgeber, etc.
Deine Mutlosigkeit, das Grübeln, die negative Sichtweise, das sind ja alles Krankheitssymptome, die auch wieder verschwinden! Das bist nicht Du!
Zum Thema ADs: Könnte sein, daß Cipralex nicht wirkt, dann mußt Du das nächste probieren...mit ein bißchen Glück wirkt das dann.
Ich drück´Dir die Daumen, versuch ein bißchen locker zu lassen (sie sollte eigentlich auch zu Dir stehen, wenn Du krank bist, nicht?).

Alles Gute,
V.
Rufus
Beiträge: 13
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Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von Rufus »

Hallo Sascha und Igel,

danke für Eure Antworten. Ich denke mal, ich hab damit vielleicht etwas übertrieben, daß ich alles, was mir in den Kopf gekommen ist in mein erstes Posting gepackt habe.

...jetzt hab ich auch noch ein erfreuliches Streitgespräch mit meiner Freundin hinter mir und bin reif fürs Bett. Was für ein Tag.

Das Medikament (Cipralex) nehme ich übrigens seit Mitte November, seit Ende Dezember 20mg. Therapie mache ich regelmäßig 1x pro Woche, wobei ich bei meinem alten Therapeuten aufgehört habe (1 1/2 Stunden Anreise und nach 2 Monaten kein wirklicher Erfolg zu verzeichnen) und seit 2 Wochen bei einer
neuen Therapeutin bin.

Schlaft gut!

Rufus
Rufus
Beiträge: 13
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Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von Rufus »

Virginia, Artemis, Sadness, vielen lieben Dank für Eure Antworten, ich hab sie nicht mehr rechtzeitig gesehen. Ich melde mich morgen nochmal.

Schlaft auch Ihr gut!
Gute Nacht!
Rufus
Rufus
Beiträge: 13
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Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von Rufus »

Hallo,

heute ist mein Kopf ziemlich leer. Irgendwie komme ich mir fremd vor.
Noch 3 Tage, bis meine Freundin fährt und gestern hatten wir einen längeren Streit am Telefon.
Ich klammere zu sehr, sie bekommt keine Luft mehr, alles, was ich noch in meinem Leben habe ist sie und meine Dr. Arbeit. Und ich gebe ihr schon seit Monaten einen Termin nach dem anderen bis ich die Arbeit fertig habe und ein Termin nach dem andren verstreicht ohne, daß ich weiter gekommen bin.
Entweder die Arbeit fertig machen oder hinwerfen. Ich soll mich für einen Weg entscheiden.
Sie vertraut mir langsam aber sicher nicht mehr. Eigentlich ja auch kein Wunder. Sie fragt sich, ob ich da jemals wieder rauskomme. Ich frag mich das mittlerweile auch. Und mein Gefühl sagt mir, daß sie bald weg ist. Nicht nur die nächsten 10 Wochen sondern ganz. Und was wird dann aus mir? Tja - da haben wir es doch. Ich mache mich zu sehr von ihr abhängig. Und ich weiß nicht, wie ich das ändern soll.

Es fällt mir mittlerweile schwer, auf mein Bauchgefühl zu hören, da sind schon zu viele Diskussionen in meinem Kopf hin und her gegangen und ich weiß schon gar nicht mehr, was mein Bauch sagt. Ich dachte eigentlich, daß Kairo eine gute Idee ist, weil ich mich in meiner vertrauten Umgebung, wie es Sadness sagt, überhaupt nicht wohl fühle. Meine Wohnung, meine Familie in der Stadt das alles ist wie eine große, lähmende Decke. Sicher wollen alle nur mein Bestes aber ich komme nicht vom Fleck.

Ich glaube, meine Freundin meint hauptsächlich, daß mir der Ortswechsel gut täte, weil wir über den Sylvester zusammen mit Ihrer Familie in Ägypten waren. Und sie sagt, es war erstaunlich, daß meine Sorgenfalten nach 2 Tagen weg waren und wiedergekommen sind, als wir in den Flieger nach Hause gestiegen sind.
Da frag ich mich irgendwo: Hab ich überhaupt eine wirkliche Depression oder bin ich nur zu feige, mich um mein Leben hier zu kümmern. Heißt es nicht eigentlich, daß Depressive im Urlaub keine Besserung erfahren?

Vielleicht wäre ich auch wieder in einer Klinik am Besten aufgehoben, nur ist es ja auch nicht grade so, daß ich dort morgen hin könnte. Und wenn dann wohin?

Danke nochmal für Eure Antworten! Und tut mir leid, daß ich so pessimistisch bin und nicht gerade zu einer konstruktiven Diskussion beitrage aber das ist einfach mein Zustand gerade und ich muß Euch - denke ich - nichts vormachen.

Rufus
Ronja75
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Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von Ronja75 »

Lieber Rufus,
es muss hier doch nicht um eine kontrauktive Diskussion gehen: es kann doch auch darum gehen, sich auszutauschen, sich von Gefühlen zu erzählen. Und die sind ja selten logisch (zum Glück!).
Du fragst Dich, ob Du da wieder rauskommst? Ganz klares JA! Jede Depression hat ein Ende, es gibt keine lebenslange Depression. Selbst chronische Depressionen verlaufen phasenweise.
Und ich würde an Deiner Stelle nicht gerade jetzt entscheiden, ob Du die Doktorarbeit fertigschreibst oder nicht. Warte damit, bis es Dir besser geht.
Das Du pessimistisch siehst, wie es mit Deiner Beziehung weitergeht ist doch eigentlich auch logisch, oder?! Welcher Depressive denkt schon positiv??? Nimm das doch erstmal als Symptom und nicht als "echten" Gedanken.

Wenn Du wirklich in eine Klinik möchtest kann das sehr schnell gehen. Vielleicht kann Dir Deine Therapeuten einen Tipp geben, in welche Du gehen könntest?
Vielleicht kannst Du auch in der Krisenzeit häufiger zu ihr gehen?

Ganz liebe Grüße,
Wibke
Ilonka
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Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von Ilonka »

Lieber Rufus,

ich bin eigentlich nicht in der Situation, um anderen einen "Rat" geben zu können.
Zumal es mir bezüglich Entscheidungen und anderem ähnlich geht wie Dir.

Als ich jedoch Dein Posting gelesen habe, kam mir eine Frage in den Sinn. Was könnte im schlimmsten Fall passieren, wenn Du mit nach Kairo gehst? Dir geht es dort genauso schlecht wie hier, es könnte Dir dort viel besser gehen und im schlimmsten Fall könnte es Dir schlechter gehen. Aber dann bist Du doch gleich wieder im Flugzeug und nach Hause geflogen.

Hör auf Deine innere Stimme...manchmal sind Veränderungen genau das was uns gut tut.

Alles Gute wünscht Dir
Ilonka
artemis
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von artemis »

... da hat Ilonka natürlich auch irgendwie recht.

Du könntest es mit Kairo natürlich auch probieren und notfalls frühzeitig abbrechen. Das, was ich oben geschrieben habe ist eine Fausregel, sie muß nicht immer zutreffen. Wenn dein Gefühl dir was anderes sagt, dann hör darauf.

Ich selber habe in der Depri den Job gewechselt. Soll man eigentlich auch nicht. Aber es war klar, daß der alte Job zu den Auslösern gehörte und ich da weg muß. Außerdem ist der neue Job endlich unbefristet, in meiner Lieblingsstadt und ich verdiene mit weniger Streß gleich viel. Da wäre es doch wirklich blöd gewesen, an einer Fausregel zu "kleben".

Wenn es dir im Urlaub in Kairo gut gegangen ist, ist das erst mal ein positives Zeichen, daß du generell mit Ortsveränderungen kein großes Problem hast. Bedenke aber, daß dieses mal der Rahmen ein anderer sein wird. Es ist kein Urlaub, zumindest für deine Freundin nicht. Sie wird viel arbeiten müssen, wenn ich das richtig verstanden habe, und dann wirst du viel auf dich alleine angewiesen sein. Du hattest den Tag über vielleicht Langeweile und sie kommt abgearbeitet nach hause. Sowas birgt einiges an Konfliktpotential, denke ich.

Vielleicht wäre es ein guter Kompromis, wenn du nicht die ganze Zeit mit gehst. Für dich jetzt erst mal nur einen Urlaub davon machst, nach ein oder zwei Wochen wieder nach hause, dann was für die Dr-Arbeit tun und dann wieder hin, deine Freundin abholen. Vielleicht könnt ihr sogar etwas richtigen Urlaub anschließen. Würde doch alles in die Semesterferien fallen. Oder?

Oder du suchst dir dort auch ein kleines Praktikum. Braucht du nicht noch ein paar Famulaturen? Vielleicht läßt sich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Oder du bekommst durch den Einblick in die Praxis auch wieder mehr Spaß an deinem Studium und deiner Berufswahl.

Andere Idee: Könntest du in Kairo an deiner Dr-Arbeit arbeiten? Sprich was für eine Art Arbeit machst du? "Akten wühlen", oder was experimentelles? Z.B. könnte man Letzteres auch dort weitgehend zusammenschreiben, wenn die Versuche im Labor fertig sind.

Ich sprudel gerade mal wieder über vor Ideen. Ich will dich damit nicht erschlagen. Schau einfach, ob passende Anregungen für dich dabei sind.

Liebe Grüße von
Arte

PS: Was sagt deine Therapeutin zu den Kairo-Plänen?
igel
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Registriert: 26. Jul 2003, 11:19

Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von igel »

Hallo Rufus,

auf mich wirkt alles, als stündest Du total unter Druck.....DU musst auch mal Luft holen...

Das mit der Abhängigkeit kann ich so gut verstehen! Bei allem solltest Du Dich vielleicht nicht von der Angst leiten lassen, Deine Freundin zu verlieren! Ich weiß, es ist schwer. WAS MÖCHTEST DU DENN?

Gruss,
igel
triste
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Registriert: 22. Jun 2003, 16:38

Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von triste »

Hallo Rufus,

ich teile den Eindruck, den Igel hatte:
Druck, Druck, Druck!

Im Moment sind für Dich die Verlustängste (Freundin+Doktorarbeit) und die Minderwertigkeitsgefühle (ich schaffe nichts, sehe alles nur negativ) die zentralen Probleme.
Da powerst Du alle Energie rein.
Das sind aber wahrscheinlich nur die
'vorgeschobenen' Kriegsschauplätze.

Hast Du Dich schon mal damit beschäftigt, warum Du eigentlich krank geworden bist?
Hast Du schon mal überlegt, ob Du die Krankheit als Teil von Dir akzeptieren könntest?
Die Schlußfolgerung daraus wäre:
Gesteh´Dir ein, daß Du im Moment krank bist und vieles einfach nicht leisten kannst.
Verschieb´Deine D-Arbeit auf einen realistischen Zeitpunkt (halbes Jahr plus)
und hak´ das Thema dann auch erstmal ab.
Und versuch´, Deine Freundin etwas 'loszulassen'. Daß Du Dich sehr abhängig machst, hast Du ja bereits erkannt. Das Klammern ist übrigens auch ganz typisch für Depressive, ebenso wie übersteigerte Empfindlichkeit für vermeintliche Ablehnung.
Versuch´, weniger streng mit Dir zu sein, denn: Du bist krank.

oh, ich merke gerade, ich schreibe dauernd im Imperativ, sorry.
Liegt vielleicht daran, weil ich Deine Haltung so gut kenne aus meiner Anfangszeit....und Dir einfach gerne helfen würde.

Daß das Zuhause negativ besetzt ist, ist übrigens auch keine Seltenheit. Kein Wunder, man verkriecht sich zu Hause und durchlebt dort Schlimmes.
Mir hat ein Ortswechsel geholfen, und zwar in die Klinik. Eine Reise wäre für mich undenkbar gewesen.

Nimm Dir doch Zeit für Dich, um herauszufinden, was Dir jetzt gut täte.
Und erwarte nicht von Dir, was andere von Dir erwarten!
(Schon wieder Imperativ.....)

Alles nur Ideen....etwas emotional geraten, na ja, ich fühle mit.

Alles Gute!
Virginia
Rufus
Beiträge: 13
Registriert: 11. Feb 2004, 17:07

Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von Rufus »

Ihr habt recht. Alle von Euch. Möglicherweise bräuchte ich die Auszeit.
Ich habe mich dennoch gegen Kairo entschieden. Ich denke nicht, daß das gut für meine Freundin und mich wäre. Ich glaube, sie braucht mal etwas Abstand. Ich war anstrengend genug in den letzten Monaten. Ich hoffe nicht, daß wir uns in der Zeit auseinanderleben aber ich hoffe jetzt einfach mal darauf, das die Liebe uns zusammenhält.

Ich habe Ihr eigentlich gesagt, daß ich vor habe, in eine Klinik zu gehen. Und danach werde ich mich auch erkundigen. Und werde mir dazu professionelle Meinungen einholen.
Möglicherweise kann ich es aber auch umgehen und "einfach" in den 2 Monaten, in denen sie in Ägypten ist an meiner Arbeit weiterschreiben. Ich meine, möglicherweise mache ich mir etwas vor, aber wäre es nicht das genialste überhaupt, wenn ich es schaffen könnte, in den 2 Monaten mit der Arbeit so weit voranzukommen, daß ich die erste Fassung an meinen Dr. Vater geben kann und danach für 2 Wochen mit meiner Freundin Urlaub mache? Dann hätten wir beide ein Erfolgserlebnis zu verbuchen.
Ich weiß, ich weiß...wahrscheinlich mache ich mir was vor und vielleicht klappt es auch nicht, schließlich hat es ja in den letzten 18 Monaten auch nicht geklappt aber muß es denn immer so weiter gehen?
"Vielleicht, vielleicht, möglicherweise", das hört sich alles ziemlich unsicher an. Aber dennoch.

Und nein, ich habe keine bewußstseinserweiternden Drogen o.ä. genommen. Wahrscheinlich knicke ich in den nächsten Stunden um und schreibe dann wieder was ganz anderes.

Mal sehen.
Rufus

P.S. Ich bin ziemlich überwältigt von der Resonanz hier. Danke Euch allen für Eure Zeit und Mühe Euch zu meinem Thema Gedanken zu machen. Das ist nicht alltäglich.
Rufus
Beiträge: 13
Registriert: 11. Feb 2004, 17:07

Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von Rufus »

Und igel und Virginia,

Ihr liegt genau richtig, Druck ist mein Hauptthema. Und den Druck mache ich mir größtenteils selber. Nur wird der immer schlimmer, je länger ich warte. Aus 18 Monaten werden 2 Jahre und immer so weiter. Fahre ich jetzt in den Urlaub - was ich am liebsten täte - stehe ich danach wieder hier. Mit meinem Dr. Arbeitsproblem. Und mit meiner Freundin, die hofft, daß sich in den 2 1/2 Monaten in denen sie weg ist etwas tut.
Ihr ist es egal, ob ich die Arbeit fertigschreibe, sie ist sogar der Meinung, ich sollte sie endlich in die Ecke schmeissen. Sie will eigentlich nur Ihren alten Freund zurück. Aber ich bin derjenige, der nicht loslassen kann. Vielleicht wäre es ja auch das Richtige zu sagen, ich versuche es jetzt nochmal 2 Monate, fahre definitiv mit Ihr nach Ihrem Praktikum in den Urlaub und wenn ich bis dahin nicht fertig geworden bin, höre ich mit der Dr. Arbeit entgültig auf.

Ohje. Was für ein Durcheinander...
Rufus
Ronja75
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Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von Ronja75 »

Ach Rufus....
Sage mal, bist Du eigentlich bei einem Therapeuten? Oder sonst einem Arzt?

Für mich klingt das was Du da schreibst nach einem ziehmlichen Gedankenchaos, das jede Entscheidung verhindert oder zumindest verkompliziert. Vielleicht kann es helfen, wenn das mal jemand mit Dir aufdröselt? So richtig eine Tabelle aufschreibt mit allen Möglichkeiten die Du hast und dann jeweils mit allen Plus und Minuspunkten, die dieser Weg hätte.
Dann kannst Du Dir das eher in "Ruhe" ansehen, weil Du das alles nicht im Kopf haben musst, weil es ja schwarz auf weiß vor Dir liegt.
In einer Depression Entscheidungen zu treffen ist verdammt schwierig, aber manchmal kann man es ja nicht umgehen. Aber vielleicht kannst Du Dir dazu wenigstens Beistand holen?

Wie gehts Dir denn davon abgesehen?
Hat Dich der Schritt, nicht nach Kairo zu fahren erleichtert? Deine vorletzte Mail klingt ja fast euphorisch!
Liebe Grüße,
Wibke
igel
Beiträge: 924
Registriert: 26. Jul 2003, 11:19

Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von igel »

Hallo Rufus,

Du siehst ja schon klarer . Ich finde, Du hast alles ganz gut entschieden.

Den "alten" Freund wird Deine Freundin bestimmt nicht wiederbekommen. So eine Depri verändert Jeden....wenn auch anscheindend erstmal negativ.

Ja, die Liebe, wenn sie einigermassen stabil ist, trägt so eine Krise!
igel
Rufus
Beiträge: 13
Registriert: 11. Feb 2004, 17:07

Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von Rufus »

Tja, Wiebke schreibt "Ach Rufus...", igel schreibt "Du siehst schon klarer..."

Ich weiß selber auch nicht mehr, was richtig ist. Am liebsten würde ich mich heute abend aufs Sofa zurückziehen und das Licht ausmachen. Aber ich habe mich dann doch dazu entschieden, einzukaufen und später zu der Schwester meiner Freundin zu fahren, wo wir Abschied "feiern". Mann. Nur noch heute und morgen und am Sonntag ist sie weg. Ich werd sie vermissen. Ich hoffe nur, daß ich ab Sonntag nicht in ein komplettes Loch falle.
Am Dienstag hab ich einen Termin mit einem - angeblich - kompetenten Psychiater und spreche mal mit Ihm über das Thema Klinik.

@wiebke
Ja, ich bin bei einer Therapeutin, die viel mit Hypnotherapie arbeitet und bei einer Psychiaterin. Beide versuchen mich eigentlich davon zu überzeugen, die Arbeit fertig zu machen. Die Plus und Minus Listen hab ich auch schon probiert. Nur betrüge ich mich da selbst mit. Bin ich gut drauf, sieht die Liste ganz anders aus, als wenn ich weniger gut drauf bin. Und ich habe unheimliche Schwierigkeiten, Entscheidungen, die ich mal getroffen habe auch durchzuhalten.

Wie's mir geht? Danke der Nachfrage... Ja, die mail klang euphorisch und jedes Mal, wenn ich nicht an der Arbeit sitze bin ich auch euphorisch, was die Arbeit angeht und denke mir: "das kann doch nicht so schwer sein" aber sobald ich davor sitze ist die Lähmung wieder da.
Ich denke mir oft: neuer Tag neues Glück. Vielleicht geht's ja heute aber irgendwie ist dann doch alles wieder dasselbe. Deshalb: Mir gehts eigentlich nicht gut. Ich weiß nicht mehr, was ich selbst will und wie ich Sachen erreichen kann, die ich mir vornehme und das macht mich sehr traurig.

@Arte
Das mit dem anderen Rahmen in Kairo hat mich letztendlich auch davon abgehalten mitzufahren. Ich weiß, daß ich im Urlaub ganz gut funktioniere und im Alltag nicht. Und dort drüben wäre eben dann Alltag. Und ich glaube, das hätte zu sehr gekrieselt.

Famulaturen brauch ich keine mehr, ich hab das Studium schon hinter mir. AiP stünde jetzt an aber das ist in Ägypten nicht machbar, da man einen ägyptischen Abschluß bräuchte.

Ich hätte in Kairo wahrscheinlich an der Dr. Arbeit arbeiten können. Die ist rein statistisch. Aber nun habe ich mich ja dagegen entschieden mitzufahren.

Ich seh schon. Ist alles doch nicht so einfach, wie ich mir das vorgestellt habe. Und eigentlich müsste ich es doch wissen.
Ich gehe so häufig ins Bett und denke mir: Also, morgen gehst Du joggen, dann arbeitest an Deiner Dr. Arbeit und zeigst es Dir und allen anderen. Danach vielleicht noch in Sonnenstudio um mal wieder etwas Farbe um die Nase zu bekommen um nicht gar so molchig auszusehen.
Und am nächsen Morgen? ...

Ich denke, das kennt Ihr auch.
Verdammt. Kann man nicht einfach Depressionen von der Krankheitsliste streichen?

Bis später und Euch allen da draussen einen schönen Freitag abend!

Rufus
Lisetta
Beiträge: 44
Registriert: 5. Jan 2004, 18:04

Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von Lisetta »

Oh fein, gute Idee... Depressionen einfach von der Krankheitsliste streichen. Und Ängste gleich dazu...

.....


Aber: Wären wir dann alle auf einmal glücklich und zufrieden?!

Nein. - Oder?


Das ist jedoch ein anderes Thema und gehört eigentlich nicht hierher. Fiel mir nur ein, als ich den letzten Satz (oder war's der vorletzte?) von Rufus las...
Lisetta
Beiträge: 44
Registriert: 5. Jan 2004, 18:04

Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von Lisetta »

Oh fein, gute Idee... Depressionen einfach von der Krankheitsliste streichen. Und Ängste gleich dazu...

.....


Aber: Wären wir dann alle auf einmal glücklich und zufrieden?!

Nein. - Oder?


Das ist jedoch ein anderes Thema und gehört eigentlich nicht hierher. Fiel mir nur ein, als ich den letzten Satz (oder war's der vorletzte?) von Rufus las...
igel
Beiträge: 924
Registriert: 26. Jul 2003, 11:19

Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von igel »

Hallo Rufus,

damit, dass Du klarer siehst, meine ich, das Du immerhin schon erkennen kannst, wo Deine Probleme liegen. Und somit kannst Du an ihnen arbeiten. Hört sich vielleicht komisch an, aber für mich es ein Fortschritt, überhaupt zu sehen im Dunkel.

Schönen Abend,
igel
strickliesel
Beiträge: 32
Registriert: 26. Nov 2003, 12:39

Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von strickliesel »

Ich finde auch, dass Depris einfach abgeschafft werden müssten. Genau wie Krebs, Herzinfarkte, Erdbeben, Liebeskummer und unfähige Politiker.

mfg ev
Es gibt für jedes Problem eine Lösung, die einfach, klar und falsch ist!







lg evelyna
Rufus
Beiträge: 13
Registriert: 11. Feb 2004, 17:07

Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von Rufus »

Tja, nun ist es soweit.
Meine Freundin hab ich gestern zum Flughafen gebracht und nun ist sie weg.
Ich hab Ihr versprochen, daß ich mich um mich kümmere, daß es besser wird, nur weiß ich verdammt noch mal nicht wie.

Ich hab gestren den ganzen Tag im Bett verbracht und habe mich dafür gehasst. Ich hatte keinen Grund aufzustehen. Ich mag einfach nicht mehr so sein, wie ich bin. Ich will Erfolg haben, ich will wissen, wo es mit mir und meinem Leben hingeht und ich will meiner Freundin ein gleichwertiger Partner sein.

Ich weiß, daß mir niemand die Entscheidung dafür abnimmt, was ich mit meinem Leben anfangen soll und genau das macht mich so hilflos. Ich wünschte, es gäbe jemand, der sagt: Machen Sie dies und jenes und Ihnen wird es besser gehen. Aber ich bin es, der was ändern muß und ich weiß um Himmels Willen nicht wie.
Was hab ich nur die letzten 30 Jahre gemacht, daß ich jetzt in dieser Situation bin?
Soll ich die Dr. Arbeit fertigmachen oder nicht? Verstandesmäßig ja, aber wenn ich's in den letzten 18 Monaten nicht geschafft habe, wie soll es denn dann klappen? Da würde man doch eigentlich raten, schmeiß das Ding in die Ecke und mach irgendetwas anderes. Aber was? Keine Hobbies, keine Interessen, keine Talente.
Irgendwie hab ich die Gebrauchsanleitung zum Leben verloren.
Wie soll ich da nur je wieder raus kommen?
Und dann dieses ewige Selbsmitleid. Hier mach ich ja schließlich auch nichts anderes...

Rufus
Ronja75
Beiträge: 153
Registriert: 22. Mär 2003, 18:35

Re: Ich weiß einfach nicht mehr weiter...

Beitrag von Ronja75 »

Und schon wieder mal fällt mir nur ein:
Ach Rufus.......

Wenn ich jetzt vor Dir sitzen würde würde ich Dich schütteln und dann in den Arm nehmen.
Weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie weh solche Gedanken tun - und wie wenig sie einen weiterbringen - und wie viel man dagegen tun kann, wenn man erstmal wider die Kraft dazu hat. Denn leicht ist es nicht!

Ein paar Antworten und Einfälle, unsorgfältig formuliert, also stör Dich nicht daran, wenn das zu forsch klingt, ja?!:

Du mchst hier schon etwas anderes, als in Selbstmitleid zu baden: Du teilst Dich mit, Du suchst Verständnis und Unterstützung. Das ist doch schon mal was wert!

Du hast Deine Kraft und Orientierung verloren. Das liegt nicht an Dir, sondern an Deiner Depression. Es ist verständlich, dass Du Dir wünschst, von jemandem da raus geführt zu werden. Das kann und wird aber niemand tun. Es gilt jetzt nicht die Nerven zu verlieren. Du wirst in Deiner Depression kein neues Ziel für Dein Leben finden. Die Leistung, die Du jetzt zu vollbringen hast - und ich finde das eine großartige Leistung! - ist, dass Du verstehst was mit Dir zur Zeit los ist, woher das kommt und was Du dagegen tun kannst. Was dann sein wird und was Du tun wirst, wenn Du gesund bist, dass kommt dann von ganz alleine. Jetzt einzig und allein: Gesund werden!!! Das ist Aufgabe und Ziel genug.

"gleichwertiger Partner" Ich hasse es, wenn Menschen den Wert unterschiedlicher Menschen vergleichen und beurteilen. Und ich finde es verdammt gefährlich. Da sind wir ganz schnell wieder beim "lebensunwerten Leben", wie es das im Dritten Reich gab. Ich weiß, dass Du das nicht meintest, aber dennoch braucht es wohl solche radikalen Beispiele u´m zu zeigen, dass kein Mnesch den Wert eines Mneschen - auch nicht seinen eigenen - bemessen darf. Ein schöneres Bild ist dieses: sieh die Menschheit als großen bunten Teppich, jeder Faden ist ein Mensch. Wie soll der Faden seine Position und seine Rolle erkennen? Ist der rote wichtiger als der blaue? Falls es da überhaupt Wertigkeiten gibt, kan man die nur aus der Draufsicht erkennen, niemal aus einer der Posotionen heraus!

Gebrauchsanleitung zum Leben.
Schön wärs. Stimmt.
Versuch mal, Deinen BLick zu verengen: es gilt, die nächste Sunde zu überleben, den Tag zu überstehen,.. nicht viel mehr!
Deine Therapeuten arbeiten doch bestimmt mit Dir daran, die Depression zu verstehen und loszuwerden, oder?
Wissen die, wie schlecht es Dir geht?

Ich würde Dich jetzt echt gerne in den Arm nehmen...
Liebe Grüße,
Wibke (neuer Nickname, aber damit Du mich erkennst nochmal mein richtiger.. )
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