Depressiver Partner

Antworten
Heschebu
Beiträge: 2
Registriert: 12. Feb 2017, 16:24

Depressiver Partner

Beitrag von Heschebu »

Hallo ihr Lieben!

Ich bin ganz neu hier und wollte einfach mal meine Geschichte erzählen und hoffe ihr könnt mir etwas Mut machen und mir vielleicht den ein oder anderen Tipp geben.

Ich bin seit ca einem Jahr mit meinem Freund zusammen und bin auch sehr glücklich. Leider hat sich jedoch auch sehr früh seine depressive Seite gezeigt. Es ist das erste mal, dass ich mit dieser Krankheit so konfrontiert werde. Wenn es wieder stark ist und sich deutlich zeigt, dann sind es mehrere Tage, in denen ich nicht an ihn rankomme, ihn nicht sehen darf und er sich kaum bis gar nicht meldet. Leider werden die Zeiträume der sorglosen Tage immer kürzer und die "Schübe" (wie ich es vorsichtig nenne) werden immer länger.

Ich habe mich viel mit der Krankheit beschäftigt und versuche ihn so gut es geht zu unterstützen. Jedoch musste ich gerade in der letzten Zeit viele neue Erfahrungen sammeln. Dass er in dieser Zeit fies wird, mich mehr wegstößt und sich mehr verkriecht als sonst. Es ist nicht leicht, wenn man alles mitmacht, immer da ist, nie Vorwürfe macht (obwohl er oft Dinge absagt, oft nicht da ist wenn ich ihn brauche,..) und dann gemeine Sachen zu hören bekommt, weil eine Krankheit aus ihm spricht. In den sorglosen Phasen ist er der beste Partner! Aber es kommen mehr und mehr Schattenseiten.
Ich weiß, dass es zu ihm und somit auch zu unserer Beziehung gehört und liebe diese Seite an ihm genauso wie alles andere, aber vielleicht könnt ihr mir einfach ein bisschen von eurer Situation erzählen und was euch in schweren Zeiten Kraft gibt, denn ihn möchte ich damit natürlich nicht belasten.

Ich hoffe ich konnte es ein bisschen erklären und vielleicht möchte sich ja jemand austauschen.
Danke schon im Vorraus! :)
micky2507
Beiträge: 62
Registriert: 25. Jan 2017, 21:43

Re: Depressiver Partner

Beitrag von micky2507 »

Liebe Heuschebu,

auch dir ein herzliches Willkommen hier im Forum.
Ich denke, jeder von uns "Angehörigen" kennt das, was du beschreibst nur zu gut.
Und ich denke auch, das der immer wieder wiederholte Rat, auf sich selbst acht zu geben, der beste ist, den man einem anderen Angehörigen geben kann.

Allerdings bin ich, anders als du, der Meinung, dass man auch einem an Depression Erkrankten durchaus sagen kann, wenn es zu viel wird. Es ist schon richtig, dass vieles, was dein Partner dir so "um die Ohren haut" mit seiner Erkrankung zusammen hängt. Es ist eine Begründung, aber keine Rechtfertigung!
Warum sollte ich meinem Partner nicht zumuten können auszuhalten, dass er mich verletzt? Ist es nicht mein gutes Recht zu sagen: "Stopp, ich komme jetzt an meine Grenze und ich bin nicht bereit, mir das sagen zu lassen!" Solange ich nicht angreife und zum Gegenschlag aushole, halte ich es für besser, ehrlich zu sein.
Wie sonst soll dein Gegenüber denn deine Gefühle/dein Verhalten richtig einordnen? Mein Partner ist oft so gefangen in seinem Kreiseln um sich selbst, dass es für ihn zwar anstrengend ist, sich darauf einzulassen über meine Gefühle zu sprechen, aber es gibt ihm auch die Chance, den Blick mal in eine andere Richtung zu wenden.
Natürlich sagt er dann schon mal, dass er sich schlecht fühlt, weil er mir so weh tut und es mir seinetwegen so schlecht geht, aber ich antworte dann, dass es nicht seine Schuld ist, sondern die seiner Erkrankung, die er sich bei Leibe nicht selbst ausgesucht hat.

Ich kann dir nicht sagen, ob es der richtige Weg ist mit einem Depressiven umzugehen, aber für mich ist es die Art, wie ich damit umgehen kann. Ich muss mich manchmal abgrenzen, sonst lasse ich mich von der Depression völlig vereinnahmen und gerate letzten Endes selbst in den Strudel. Und damit ist weder ihm noch mir geholfen!

Vielleicht konnte ich dir mit meiner Antwort ein wenig helfen!?!
Ich wünsche dir viel Kraft!

Liebe Grüße
Micky
currysoe
Beiträge: 16
Registriert: 19. Feb 2017, 21:46

Re: Depressiver Partner

Beitrag von currysoe »

Hallo Micky,

ich fühle mich in der Beschreibung von Heschebu ein wenig an meine eigene Situation erinnert (s. mein neues Thema von heute). Es ist völlig richtig, was Du sagst - wir müssen für uns sorgen und dürfen sehr wohl sagen, wenn uns etwas überfordert oder manche Sachen zu verletzend o.ä. werden. Nur - bei meinem Partner funktioniert das leider überhaupt nicht! Das ist jetzt natürlich eine eher niederschmetternde Antwort für Heschebu, aber wenn ICH auch nur durchblicken lassen, dass ich womöglich ein wenig unter der Gesamtsituation leide - dann hab ich hier richtig ein Problem. Leider. Dann versinkt mein Partner völlig in seinem Schmerz, dann ist alles vorbei und er wird manchmal sogar noch verletzender, weil er dann noch sagt, ich sei fies, weil ich immer weiter mit einem Knüppel auf ihn einschlage, obwohl ich doch weiß, dass es ihm so schlecht geht (Zitat!). Sage ich es in einem der wenigen lichten Momente, kann er das Gespräch nicht aushalten, ist ihm das wahrscheinlich unangenehm und er tut es ab und wechselt das Thema.

So ist es hier.

Liebe Grüße
currysoe
diedunkle76
Beiträge: 14
Registriert: 23. Jan 2017, 12:14

Re: Depressiver Partner

Beitrag von diedunkle76 »

Hallo zusammen,

ich sehe es ähnlich wie Micky, sowohl der Depressive als auch der Angehörige ist für sich selbst verantwortlich. Und zur Selbstverantwortung gehört auch sich abzugrenzen und offen zu den eigenen Grenzen zu stehen.

@Currysoe

Ich weiß nicht ob Dein Partner in Therapie ist, falls ja, bitte doch um einen gemeinsamen Termin bei seinem Therapeuten. Um einen Paartermin. Ich weiß ein schwieriger Gedanke, aber mir hat der sehr viel gegeben. Auch weil man als Angehöriger aus der eigenen Sicht sprechen kann. Und man weiß, dass das ein Gespräch in einem geschützten Raum ist. Der depressive Partner wird durch seinen Therapeuten gestützt und der Therapeut steuert das Gespräch entsprechend. So dass es nicht zu belastend wird für beide Seiten. Aber häufig gibt das auch für die Therapie eine Hilfestellung. Und man fühlt sich als Angehöriger auch mal gehört und wahrgenommen und das tut auch entsprechend gut.
currysoe
Beiträge: 16
Registriert: 19. Feb 2017, 21:46

Re: Depressiver Partner

Beitrag von currysoe »

Hallo dunkle76,

er ist leider nicht in Therapie und lehnt es auch bislang ab. Ansonsten weiß ich darum, dass das sehr gut wäre. Ich bin selber aufgrund einer anderen Sache Therapieerfahren und arbeite im sozialen Bereich, kenne also auch Supervision, Coaching u.ä. Ich wäre jederzeit dazu bereit.

Lg currysoe
Heschebu
Beiträge: 2
Registriert: 12. Feb 2017, 16:24

Re: Depressiver Partner

Beitrag von Heschebu »

Ihr Lieben, ich bin lange nicht mehr hier gewesen, weil ich mit keiner Antwort mehr gerechnet habe. Ich hoffe ihr könnt meine jetzige Antwort noch lesen!

Viele Dank erstmal, dass ich euch Zeit für eine Antwort genommen habt.
Bei uns ist im Moment leider wieder eine sehr schwere Phase und wir haben beide sehr zu kämpfen. Er ist so abweisend wie nie, es ist kein Lichtblick in Sicht und auch ich momentan eher kraftlos.

Ihr habt viel darüber geschrieben, dass man als Angehöriger/Partner auch nie sich selbst vergessen darf. Das lese ich so oft und denke viel darüber nach. Aber es fällt mir so schwer! Ging es euch am Anfang auch so? Wenn er leidet, dann leide ich mit. Wenn er alles soziale vermeidet, dann neige ich selbst dazu. Wenn ich dann was mit Freunden mache oder mich anders ablenken möchte, denke ich nur daran wie er Zuhause leidet und es geht mir wieder schlechter. Da an sich selbst zu denken, ist so schwer. Aber ich merke wie mich die Krankheit mehr und mehr selbst runterzieht und ich muss einfach was dagegen machen. aber wie geht das ohne schlectes Gewissen, à la dir geht es schlecht und ich habe trotzdem gute Laune?

Er ist auch sehr sensibel und wenn er in seiner dunklen Phase steckt und ich mal nicht mehr kann und versuche ein bisschen Abstand zu nehmen (ich bin natürlich trotzdem immer für ihn da!), bezieht er es sofort auf sich und es macht es nur schlimmer. Ein bisschen so "wenn du nicht stark bist, dann kann ich es auch nicht sein". Aber wie soll man das immer schaffen, wenn er keine Liebe in solchen Momenten geben kann und einen ja doch nur wegstößt?
Im Moment bin ich ein bisschen ratlos.

Danke, dass ich es hier alles mal loswerden darf und ein bisschen Luft gewinne...
micky2507
Beiträge: 62
Registriert: 25. Jan 2017, 21:43

Re: Depressiver Partner

Beitrag von micky2507 »

Hallo Heschebu,

ja, mir ist es am Anfang sehr ähnlich gegangen, wie dir.
Ich hab jeden Tiefpunkt , den er hatte, selbst gespürt, hab unendlich viel geweint und war kreuzunglücklich - nicht umsonst war ich selbst mehr als drei Wochen krank geschrieben.
Aber unter dem Strich bin ich eher ein pragmatischer Mensch und selbst wenn ich mich eine Weile in Selbstmitleid aale, kommt irgendwann der Selbsterhaltungstrieb zum Vorschein.
Ich habe mir in dieser Phase, in der ich wirklich fast mit abgestürzt wäre, eine Selbsthilfegruppe für Angehörige gesucht. Das ist inzwischen ein ganz fester Termin in meinem Kalender, weil mir der Austausch unglaublich gut tut.
Außerdem habe ich mir eine eigene Therapeutin gesucht, zu der ich in unregelmäßigen Abständen gehe. Und ich habe das Glück einige gute Freunde und eine Familie zu haben, die mich jederzeit auffangen.

Ich glaube aber, dass es nichts bringt, sich zu Aktivitäten zu zwingen, wenn du dazu eigentlich keine Lust ast und doch in Gedanken nur bei deinem Partner bist und die ganze Zeit ein schlechtes Gewissen hast. Wahrscheinlich musst du zuerst einmal lernen los zulassen und dich auf dich selbst zu besinnen. Achte auf dich und deine Grenzen.

Ich weiß nicht, ob ich den Satz hier gelesen habe oder ob ihn mal jemand zu mir gesagt hat, aber ich finde den Gedankenansatz sehr richtig:
Mitleid zu haben ist nicht schlimm! Mit zu fühlen ist gut, aber mit zu leiden ist der falsche Weg!

Von Herzen alles Liebe und viel Kraft für dich!

Liebe Grüße!
Micky
Anjali1985
Beiträge: 11
Registriert: 14. Mai 2017, 22:42

Re: Depressiver Partner

Beitrag von Anjali1985 »

currysoe hat geschrieben:Das ist jetzt natürlich eine eher niederschmetternde Antwort für Heschebu, aber wenn ICH auch nur durchblicken lassen, dass ich womöglich ein wenig unter der Gesamtsituation leide - dann hab ich hier richtig ein Problem. Leider. Dann versinkt mein Partner völlig in seinem Schmerz, dann ist alles vorbei (...)
Das ist hier genauso. Ich darf zuhause nicht mehr weinen, dann dreht er erst recht durch. Meine aus der Bücherei geholten "Ratgeber für Angehörige" verstecke ich im Bettkasten unter der Bettwäsche. Wenn ich wütend werde, stellt er für den Rest des Tages das Reden ganz ein. Wenn ich ihm sage, dass ich Angst habe, dass ich mir Sorgen mache, ebenfalls.

Andererseits darf ich auch nicht so tun, als wäre alles okay... ich darf ihn meistens nicht anfassen, nicht zu viel ansprechen, ihm keine Aufgaben (Haushalt...) aufbürden.

Hilfe anbieten darf ich ihm auch nicht.

Im Moment funktioniert aktives Zuhören ganz gut. Einfach schweigend danebensitzen, bis er auspackt, was ihn gerade beschäftigt. Das ist inhaltlich meist kaum zu ertragen und oft verletzend, aber es ist besser als die kalte Schulter.
Antworten