Depression vs. Charakter

DieNeue
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Depression vs. Charakter

Beitrag von DieNeue »

Hallo ihr,

ich bin 30, Single, Betroffene und lese auch immer wieder im Angehörigenforum mit. Mir ist es wichtig, euch Angehörigen zu vermitteln, wie „wir“ ticken, damit ihr das Verhalten besser versteht und so besser mit der Situation umgehen könnt. Ich freue mich, wenn ich euch etwas erklären kann, was euch weiterhilft.

Oft taucht hier die Frage zum Verhalten Betroffener auf: „Was ist die Depression und was ist der Charakter?“

Bevor ich euch meine Meinung dazu mitteile, möchte ich euch sagen, dass ich
- niemandem die Schuld für irgendetwas geben möchte
- hier nicht auf einzelne Leute anspielen möchte,
- niemanden persönlich angreifen möchte,
- auch nicht alles pauschalisieren will,
- Probleme nicht verharmlosen möchte und jetzt
-auch kein Pulverfass öffnen möchte ;-)

Eine Zeit lang habe ich hier öfter mitgelesen und -geschrieben, aber irgendwann habe ich gemerkt, dass es mich immer wieder runterzieht. Beim Lesen hier habe ich nämlich langsam den Eindruck bekommen, dass es in Beziehungen mit depressiven Menschen nur Probleme gibt, Beziehungen mit Betroffenen immer kaputtgehen bzw. grundsätzlich zum Scheitern verurteilt sind und dass natürlich die Krankheit der Auslöser ist.
Auch auf anderen Internetseiten habe ich über Beziehungen mit Betroffenen gelesen und der Tenor war fast immer: Geht auf keinen Fall eine Beziehung mit einem Depressiven ein, das ist einfach nur furchtbar! Am besten sucht man gleich das Weite, sobald jemand das Wort „depressiv“ auch nur erwähnt! Gott sei Dank gab es auch ein paar (wenige) Gegenstimmen.

Ich wünsche mir sehr eine Beziehung, aber durch all das, was ich gelesen habe, habe ich den Eindruck bekommen, dass depressive Menschen total beziehungsunfähig, grundsätzlich unfreundlich, egoistisch, untreu etc. pp. sind bzw. von Anderen so gesehen werden.
Und ich muss ehrlich sagen, ich war echt fertig und habe Rotz und Wasser geheult, weil ich nicht mehr wusste, ob ich jemals eine Beziehung haben werde, wenn DAS die grundsätzliche allgemeine Meinung über Menschen mit Depressionen ist. Ich habe mich gefragt: Bin ich wirklich SO schlimm? Wie soll ich jemals jemanden kennenlernen, wenn jeder sofort das Weite sucht oder mich als potenziellen Partner sofort ausschließt, sobald er das Wort „depressiv“ hört oder sich im Internet ein bisschen über die Krankheit informiert und solche Sachen liest? Oder von Anfang an denkt, ich wäre sowieso untreu und egoistisch, weil ich ja depressiv bin? Oder mir ständig misstraut?
Zum Glück habe ich eine Familie, die mich da wieder aufgebaut hat.

Ich möchte euch hier die Schlüsse schreiben, die ich daraus gezogen habe:

1. Ich wünsche mir eine Beziehung und ja, ich habe Depressionen, aber ich bin mit Sicherheit nicht untreu, unehrlich, grundsätzlich unfreundlich, egoistisch, hinterhältig oder sonst was. Das hat nichts mit Depressionen zu tun.
Ich finde, da geht es um Werte, die man entweder hat, für die man sich (bewusst oder unbewusst) entschieden hat und nach denen man lebt oder nicht. Ich würde nicht auf die Idee kommen, mich innerhalb einer Beziehung aktiv nach jemand anderem umzuschauen, mir jemanden warmzuhalten oder fremdzugehen, weil ich davon ausgehe, dass mein Partner das auch macht, wenn er weg ist usw.
Wahrscheinlich ist das leichter gesagt als getan, wenn plötzlich doch jemand Anderes auftaucht, mit dem man plötzlich besser reden kann usw. Wer weiß, vielleicht bin auch ich nicht davor gefeit. Aber ich finde es schon einen Unterschied, ob ich das mit der Treue grundsätzlich locker sehe oder ob mir Treue etc. wirklich wichtig ist. Ich kann mir auch vorstellen, dass sowas mit Erziehung, Prägung, Vorbildern und Erfahrungen zusammenhängt.

2. Nicht alles, was ihr hier oder anderswo lest, ist wirklich depressives Verhalten. Mir fällt auf, dass Schwierigkeiten in Beziehungen oft dann entstehen, wenn
- man nicht (viel) miteinander redet,
- sich denkt, der andere denkt dieses und jenes, und dann so handelt, aber man nicht nachfragt, ob das wirklich so ist, der Andere das wiederum irgendwie interpretiert und sich das Ganze dann hochschaukelt
- sich der eine zu sehr an den anderen klammert,
- Verlustängste bestehen (kann auch Ursache/Folge von Depressionen sein, muss es aber nicht)
- der eine immer seine Interessen den Interessen des Anderen unterordnet
- der eine immer macht, was der Andere sagt
- der eine sich immer anpasst
- jemand keine Hilfe annehmen kann/will, aus welchen Gründen auch immer
- der eine den Anderen bemuttert und ihm alles abnimmt
- man nicht gelernt hat, konstruktiv miteinander zu streiten
- der eine den Anderen bewusst oder unbewusst manipuliert
- der eine vom Anderen oder beide von einander in irgendeiner Weise abhängig sind (gefühlsmäßig, nicht finanziell o.ä.)
- jemand seine Gedanken/Gefühle nicht äußern kann oder „darf“, weil der Andere sie nicht ernst nimmt
- man nicht offen und ehrlich miteinander reden kann

Das hat nichts mit Depressionen zu tun. Diese problematischen Verhaltensweisen können bei gesunden Partnern genauso vorkommen wie bei depressiven. Ich denke, es ist wichtig, schwierige Situationen auch auf solche Sachen abzuklopfen und zu sehen, ob vielleicht (unter anderem) hier der Hund begraben liegt.

3. Nicht jedes „komische“ und unverständliche Verhalten ist depressives Verhalten. Es können auch andere psychische Krankheiten oder Auffälligkeiten der Grund sein. Vor allem auf anderen Internetseiten und Foren wird oft so viel durcheinander geschmissen.
Da wird beschrieben, wie ein Depressiver ist, aber die Symptome/Verhaltensweise lassen sich (bei entsprechender Kenntnis…manchmal auch nur mit ein bisschen Nachdenken und Informieren [bezieht sich nicht auf dieses Forum]) anderen psychischen Krankheiten oder Auffälligkeiten zuordnen. Borderline, Narzissmus, Traumata, Angststörungen, Auswirkungen von Süchten… alles Mögliche wird der Depression zugeschrieben.
Lasst euch nicht blenden von solchen krassen Pauschalaussagen. Viele der beschriebenen Verhaltensweisen muss man differenzierter betrachten. (Auch kann man besser damit umgehen und helfen, wenn man weiß, welche Krankheit wirklich hinter einem Verhalten steckt.)

Ich finde es wirklich schlimm, was teilweise über Menschen mit Depressionen geschrieben wird. Und ganz ehrlich: Wenn ich nicht betroffen wäre und noch keine Ahnung von der Krankheit hätte, und ich würde das alles lesen: Ich wäre auch sofort weg. Oder würde zumindest sehr misstrauisch werden.

Deswegen möchte ich mit meinem Beitrag das Bild von „uns“ Depressiven etwas gerade rücken.
Und auch (v.a. den stillen Mitlesern) sagen, dass nicht jeder Depressive sich so verhält wie hier oder anderswo oft geschildert.
Zudem schreiben ja eigentlich vor allem Leute, die Probleme haben. Aber es geht mit Sicherheit auch anders.

Es tut mir wirklich leid für diejenigen von euch, die viel Energie, Kraft und Verständnis in ihre Beziehung gesteckt und großes Durchhaltevermögen gezeigt haben. Das zeigt viel Liebe und nicht jeder schafft das!

So, ich hoffe, das Pulverfass explodiert nicht ;-)

Liebe Grüße,
DieNeue
Sommermädchen
Beiträge: 28
Registriert: 18. Dez 2013, 00:23

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von Sommermädchen »

@ die Neue:
DANKE für dein Statement!!!
Das unterschreibe ich!! ALLES!!
Ich denke genauso kann es aber nicht so formulieren!!
Vielen Dank für deine Mühe das mal so aufzuschreiben!

Sommermädchen
Es kommt nicht darauf an mit dem Kopf durch die Wand zu rennen,
sondern mit den Augen die Tür zu finden!!!
M1971
Beiträge: 731
Registriert: 26. Apr 2014, 17:39

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von M1971 »

Hallo, letztlich muß dieses Thema jeder für sich selbst entscheiden. Eine Beziehung mit einem Nicht-Depressiven Partner ist keine Garantie fürs Leben, ebenso ist eine Beziehung mit einem Depressiven nicht grundsätzlich aussichtlos.
Wenn ich allerdings auf meine Erfahrungen als Angehöriger mit Depressiver Ex-Partnerin zurückblicke, dann ist diese Krankheit zukünftig bei der Partnerwahl für mich persönlich ein Ausschlußkriterium geworden.
Wer sich als Angehöriger nicht abgrenzt und nicht auf sich selbst aufpasst, landet in vielen Fällen selber in der Depression. Mit vielen Anstrengungen habe ich noch die Kurve bekommen.
Gruß
m
clarissa72
Beiträge: 34
Registriert: 24. Nov 2016, 12:22

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von clarissa72 »

Liebe Neue,
dein Beitrag zielt sicherlich auf unseren Tread.
Deine Ansichten klingen vernünftig.
Aber wie du dich dann letztlich in einer Beziehung verhalten würdest weißt du ja jetzt auch nicht.
Hattest du schon Beziehungen?
Mit 30 ist ja davon auszugehen.
Wie verliefen die?
Ich muss auch für mich erkennen das ich mir eine Beziehung mit einen depressiven Menschen nie wieder antun würde.
Diese emotionale Kälte, Ablehnung und Ungerechtigkeiten.
Wünsche dir alles Liebe.
Clarissa
Eule12345
Beiträge: 68
Registriert: 7. Dez 2016, 17:32

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von Eule12345 »

Gutes Statement!

Ich für meinen Teil kann ja die negativen Erfahrungen die viele gemacht haben nicht bestätigen. Er hat sich ja komplett zurückgezogen und das Problem War im Endeffekt ich selbst mit meinem immer kreisenden Gedankenkarussel. Es War schwer für mich Abstand zu gewinnen weil eben so viele offene Fragen waren. Klar, einige sind durch sein letztes Statement beantwortet worden, es sind neue hinzugekommen aber ich habe es letztendlich geschafft Seine Entscheidung zu akzeptieren mich außen vor zu lassen. Es War ein schmerzhafter Weg bis hierhin, der eine braucht länger, bei anderen geht es schneller.

Es ist richtig, viele Verhaltensweisen die hier geschildert werden sind nicht zwangsläufig einer Depression sondern dem Charakter bzw. anderen Erkrankungen zuzuschreiben, aber es ist schwer das als "Neuling" auseinanderzuhalten. Wir sind ja als Angehörige keine Ärzte und müssen uns auch erst in das Thema "reinleben". Dein Statement trägt aber sicher bei vielen Mitlesen dazu bei, auch mal aus anderen Blickwinkeln zu schauen.
DieNeue
Beiträge: 5551
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von DieNeue »

Hallo zusammen,

@ Sommermädchen: Danke! Ich bin froh, dass es jemand anders auch so geht wie mir.

@ Clarissa: Ja, ich habe euren Thread gelesen. Ich habe auch überlegt, ob ich meinen Beitrag auch in euren Thread schreiben soll oder nicht. Aber ich habe mich entschlossen, ihn unabhängig von euch zu schreiben, weil ich auch woanders so oft auf immer wieder die Frage gestoßen bin, was jetzt von der Depression kommt und was nicht.
Nicht hier, aber auf anderen Seiten bin ich dabei aber auch auf die übelsten Beschreibungen und pauschale "Warnungen" vor depressiven Leuten gestoßen. Das zusammen war dann der Auslöser für den extra Thread hier.

Ich kann es auch verstehen, wenn ihr euch keine zweite Beziehung mit jemand depressiven antut. Ich kann mir ja selber auch kaum vorstellen, dass jemand trotz meiner Krankheit eine Beziehung mit mir wagen würde. Ich wollte die Auswirkungen der Krankheit auf eure Beziehungen auf jeden Fall nicht kleinmachen.

Meine Intention, diesen Beitrag zu schreiben, war nicht, zu sagen wir Depressiven wären einfach oder die Krankheit würde die Beziehung nicht beeinflussen oder nicht der Auslöser für eine Trennung sein können.
Meine Intention war, das Bild von depressiven Menschen, das sowohl Angehörige als auch Betroffene im Internet oft finden, etwas zu korrigieren und dadurch vielleicht auch Anhaltspunkte zu geben, was jetzt die Depression ist und was einfach 'nur' unmögliches Verhalten.

Ich fand es erschreckend im Internet zu lesen, was teilweise der Depression zugeschrieben wurde, was aber überhaupt nicht zu Depressionen passt oder gehört. (Die Beiträge hier sind echt freundlich und harmlos im Vergleich zu anderen Seiten!)

Ich denke, wenn beispielsweise ein Angehöriger, der noch überhaupt keine Ahnung von Depressionen hat und nicht weiß, was auf ihn zukommt, solche Sachen liest, muss derjenige doch die Krise bekommen.
Ein plumpes Beispiel: Wenn ein Angehöriger immer wieder Berichte über Leute liest, die extrem narzisstische Eigenschaften haben und sich auch ebenso narzisstisch verhalten, aber geschrieben wird, diejenigen hätten Depressionen (oder auch nur ständig gesagt wird, derjenige habe doch bestimmt Depressionen und alle zustimmen, weil alle keine Ahnung haben), dann muss doch der Angehörige die Krise kriegen, wenn er sich vorstellt, dass der eigene Betroffene auch so werden kann. Sprich er macht sich zusätzliche Sorgen, die es nicht bräuchte. (Die hat man in der Situation dann ja eh genug.)
Auch wenn manche Betroffene Fremdgehen, Lügen und Betrügen mit der Krankheit rechtfertigen, wirft das ein schlechtes Licht auf die Betroffenen, die das eben nicht machen. Nicht jeder Betroffene geht fremd, lügt und betrügt seinen Partner, etc. Dieses Rechtfertigen mit der Krankheit kann aber durchaus zu dem Denken führen, alle Depressive wären so.

Deswegen wollte ich klarstellen, was für mich (!) nicht unter eine Depression fällt.

@ Clarissa:
Klar weiß ich nicht, wie ich mich verhalten würde. Hab ich auch bei Punkt 1 geschrieben. Aber ich hoffe, dass ich mich dann trotzdem so verhalte, wie ich es mir auch von meinem Partner wünschen würde.

Nein, ich hatte leider noch keine Beziehung. Allerdings denke ich, dass viele Dinge, die ich unter 2. geschrieben habe, auch in anderen Beziehungen, wie z.B. Eltern, Geschwister und Freunde, vorkommen. Und dass man auch in solchen Beziehungen vieles lernen kann, das für eine gute Beziehung wichtig ist.
Deine Frage, wie meine Beziehungen verliefen, kann ich dir ja leider nicht beantworten, aber ich weiß, wie meine anderen Beziehungen aussehen und woher ich manche der Dinge aus Punkt 2 auch selbst kenne. Das möchte ich jetzt allerdings nicht alles im Detail hier aufschreiben. (Hab Gott sei Dank mehr als nur eine einzige Beziehung ;-) und das ist mir zu lang).
Eine Freundschaft hat die Depression leider nicht überlebt, bzw. besteht hier ein Kontaktabbruch, der sich hoffentlich wieder ändert. Wobei es in dem Fall nicht nur an der Depression lag, sondern meiner Meinung nach auch daran, wie wir uns beide unbewusst all die Jahre in der Freundschaft verhalten haben, auch schon vor der Depression. Ich habe allerdings gelernt, dass dieses Verhalten von mir nicht gesund ist und wir als Freundinnen nicht auf Augenhöhe stehen. Dementsprechend habe ich mich dann zum ersten Mal anders verhalten als sonst und dann wurde sofort der Kontakt abgebrochen. Ich weiß, dass auch ich meinen Teil dazu beigetragen habe, dass die Freundschaft so war, wie sie eben war, aber auch, dass uns beiden das damals auch nicht bewusst war.
Meine anderen Freunde sind sehr verständnisvoll und nehmen auch Rücksicht auf meine Einschränkungen. Ich versuche auch mich selber in die Freundschaft einzubringen und schlage z.B. auch mal selber eine Unternehmung vor oder versuche meine Freunde nicht vollzujammern. Das kann ich aber auch erst jetzt. Früher habe ich mich mehr zurückgezogen, weil mir alles zu viel war.
Was bei Freundschaften natürlich anders ist wie bei Beziehungen, ist, dass man nicht ständig zusammen ist. Selbst meine besten Freunde haben meinen totalen Zusammenbruch nicht live miterlebt, meine Familie z.B. damals aber schon. Für die war das natürlich schlimm, aber sie haben immer zu mir gehalten. Das Schwierigste, sagen meine Eltern, ist, zu sehen, dass der Andere leidet und ihm nicht helfen zu können. Das hat sich gebessert, seit ich wieder bei meinen Eltern ausgezogen bin (war vorübergehend wieder bei ihnen eingezogen), weil sie dann meine Schwierigkeiten und Stimmungen nicht direkt mitbekommen. Für mich ist das auch angenehmer. Und man muss dazu sagen, dass ich von selber wieder ausziehen wollte, um wieder selbstständig zu sein und zu lernen, als Erwachsene alleine klarzukommen. Ich will meine Familie und meine Freunde nicht übermäßig belasten und möchte selbst auch nicht von ihnen abhängig sein, sondern möglichst so selbstständig leben wie möglich. Deswegen habe ich mir auch selber Hilfe durch das Ambulant betreute Wohnen geholt und habe dadurch einen externen Ansprechpartner, der mir hilft und durch den ich nicht immer jedes Problem bei meiner Familie und meinen Freunden abladen muss.
Meine schlimmste Zeit war auch für meine nähesten Angehörigen schlimm und sie haben bestimmt mehr wegstecken müssen, als ich mir vorstellen kann. Jetzt bin ich sozusagen "aus dem Gröbsten raus" und kann mich manchmal schon gar nicht mehr so genau erinnern, wie ich damals war. Ist auch schon ziemlich lange her. Im Moment kann ich immer noch nicht arbeiten, weiß auch nicht, ob ich das jemals wieder kann. Aber ich weiß mittlerweile, dass Arbeit nicht das Wichtigste ist und versuche die Sachen zu verändern, die ich im Moment verändern kann, damit es mir besser geht.
Allerdings weiß ich auch nicht mehr genau, wie es sich anfühlt, gesund zu sein und keine Einschränkungen zu haben. Das ist ja noch länger her. Für mich ist mein Zustand jetzt sozusagen mein Normallzustand, aber ich kämpfe darum, dass es besser wird.

Ich sehe durchaus meine guten Seiten und weiß, dass ich nicht komplett schrecklich bin und auch nicht komplett beziehungsunfähig sein kann, weil ich wirklich gute, lange und tragfähige Beziehungen zu anderen aufbauen konnte. Umso mehr hat es mich fertig gemacht, immer wieder nur absolut Negatives über Depressive zu lesen und zu lesen wie beziehungsunfähig "wir" sind. Als langjähriger Dauersingle haut das dann erst richtig rein. Ich hoffe, dass ich in meinem "Normalzustand" auch in der Lage sein werde, irgendwann mal eine Beziehung zu führen, die für beide schön ist. Vielleicht ist es unrealistisch, aber ich will die Hoffnung nicht aufgeben und arbeite an mir.

@ eule: Das ist bestimmt auch schwer, das auseinander zu halten. Und ich finde, dass Ärzte einen viel besser aufklären müssten. Meine Infos über Depressionen habe ich v.a. aus dem Internet, Büchern und von einer Freundin, die auch betroffen ist. Meine Angehörigen genauso.
Depressionen werden so oft diagnostiziert, da fände ich es sinnvoll, wenn es Ärzte oder andere qualifizierte Leute geben würde, die z.B. regelmäßig Vorträge über das Thema halten. Und nicht nur darüber, was eine Depression ist, wie sie entsteht, was die Symptome sind etc. sondern auch darüber, wie die Symptome sich konkret äußern können oder was auch nicht unbedingt eine Depression sein muss.
Wer kann sich als Gesunder denn wirklich etwas unter Antriebslosigkeit und Gefühllosigkeit vorstellen? Wer kann schon ahnen, dass die Empfindung von "Druck" und "Stress" schon bei solchen Sachen losgeht, die man als Gesunder nicht mal annähernd als stressig oder Druck empfindet? Ich denke, es wäre vielen Leuten geholfen, wenn sich da mehr täte.

So, das war wieder mal sehr lang und jetzt reicht es auch. Danke fürs Lesen!

Gute Nacht und liebe Grüße,
DieNeue
Gerbera
Beiträge: 619
Registriert: 31. Mär 2013, 00:24

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von Gerbera »

Hallo DieNeue,

ich verstehe sehr gut, was Du meinst. Der Umgang mit Menschen in einer depressiven Episode ist - je nach Schweregrad der Erkrankung - sicher nicht einfach. Aber: all diese Menschen waren nicht immer krank. Alles, was sie vor dem Ausbruch der Krankheit waren, ist noch irgendwo da, tief in ihrem Inneren. Auch wenn die Depression das Denken und Fühlen komplett verändert, der Charakter bleibt, und mit dem Rückgang der Krankheit kommt auch der wirkliche Mensch wieder zum Vorschein.

Dass so viele Angehörige hier schildern, wie sehr sich der Mensch, den sie lieben, verändert hat und wie schwierig das Zusammenleben geworden ist, liegt sicher auch daran, dass nur die hier schreiben, die Probleme mit diesen Veränderungen haben. Alle anderen, die es schaffen, die nötige Distanz zu wahren, sich selbst zu schützen oder deren Partner nicht den Wunsch haben, sich von ihnen zu trennen, schreiben hier nicht, weil sie nichts auf dem Herzen haben, was sie gerne loswerden möchten.

Ich habe mehrere Depressionsjahre hinter mir, habe mich oft selbst nicht mehr verstanden, aber ich hatte nie das Bedürfnis, mich von meinem Mann zu trennen - und er wollte sich umgekehrt auch nicht von mir trennen. Es war eine schwierige Zeit für uns Beide, aber wir haben sie auch gemeinsam überstanden. Und das hat uns eher noch stärker zusammengeschweißt.

Meiner Meinung nach kann sich kein Gesunder wirklich vorstellen, was es heißt, innerlich zu versteinern, keine Gefühle mehr zu haben und auch keine Energie, sich nicht mehr konzentrieren und nichts mehr auf den Punkt bringen zu können, auf jedes Fünkchen Stress mit einem Quadratabsturz zu reagieren während sich im Kopf unablässig Gedankenkarusselle drehen, um Dinge, die einem "Normalen" als völlig banal erscheinen. Hätte mir jemand vor 10 Jahren meine Geschichte erzählt, ich hätte ihm kein Wort geglaubt. Von daher denke ich, da kann sich gar nicht "mehr tun". Alle Aufklärung endet da, wo das "ich-kann-mich-in-andere-hineinversetzen" beginnt.

Gute Nacht,
Gerbera
DieNeue
Beiträge: 5551
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von DieNeue »

Hallo Gerbera,

danke für deinen Beitrag und dein Verständnis.
Es ist schön, dass du und dein Mann die schwierigen Zeiten gut überstanden habt! Es ist beruhigend zu hören, dass nicht alle Beziehungen in einer Trennung enden. Durch deinen Post kann ich das Thema jetzt auch ein bisschen mehr mit Abstand sehen. Das Thema hatte mich doch ganz schön aufgewühlt. Danke!

Liebe Grüße,
DieNeue
diedunkle76
Beiträge: 14
Registriert: 23. Jan 2017, 12:14

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von diedunkle76 »

Hallo DieNeue,

ich finde toll was Du geschrieben hast und es zeigt viel Einblick was außer der Krankheit in vielen, vielen steckt. Ein sensibler und emphatischer Mensch, der lieben möchte und auch geliebt werden möchte.

@Gerbera

Dass so viele Angehörige hier schildern, wie sehr sich der Mensch, den sie lieben, verändert hat und wie schwierig das Zusammenleben geworden ist, liegt sicher auch daran, dass nur die hier schreiben, die Probleme mit diesen Veränderungen haben. Alle anderen, die es schaffen, die nötige Distanz zu wahren, sich selbst zu schützen oder deren Partner nicht den Wunsch haben, sich von ihnen zu trennen, schreiben hier nicht, weil sie nichts auf dem Herzen haben, was sie gerne loswerden möchten.

Ja das mag sein. Aber auch ich hatte als Angehörige Phasen wo ich einfach an meine Grenzen gestoßen bin und Schwierigkeiten hatte, aber es ist mir auch ein Anliegen, jetzt wo es bei uns wieder besser geht, dass auch genauso zu schreiben. Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, mit meinem Partner wieder glücklich zu werden auch wenn es für mich eine Phase gab, wo ich aus Eigenschutz so weit war die Beziehung aufzugeben. Aber nach 20 Jahren Beziehung mit guten und schlechten Phasen wirft man nicht leichtfertig das Handtuch.

Auch mich haben bestimmte Foren zum Teil sehr verunsichert. Aber ich bin dann bei diesem Forum geblieben, weil die Stimmung hier nicht abwertend und so "laut" war wie in anderen Foren.

Zu der Aussage, ich würde mich nie wieder auf einen Partner mit einer Depression einlassen kann ich nur sagen, dass in unserer westlichen Welt jeder zweite Erwachsene daran mal mehr oder weniger daran erkrankt.. Könnte also schwierig werden mit der Partnersuche.
Verstehen dass man das nicht bewusst mehr eingehen möchte, kann ich trotzdem. Aber man sollte jeder Person eine Chance geben. Nicht jeder Depressive ist gleich dem Anderen. Wir Angehörige sind ja auch nicht alle gleich.

Des Weiteren hat mein Partner seine Depression erst nach 15 Jahren Beziehung nach einem schweren Unfall im Rahmen einer PTBS entwickelt. Auch hier wäre ein vorab nicht möglich gewesen.
Ich bin meinem Partner auch in der jetzigen schwierigen Phase dankbar für sein Vertrauen und seiner Treue zu mir. Das vieles schwierig war und auch noch schwierig sein wird in Zukunft, ist mir bewusst. Aber sollte ich so abrutschen wie er, würde ich mir auch einen Partner an meiner Seite wünschen, der zu mir hält und mich nicht aussortiert, weil es schwierig ist.
natalia2
Beiträge: 41
Registriert: 26. Jan 2017, 20:13

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von natalia2 »

Hm...ich muss ehrlich sagen, mich hat der Beitrag von Gerbera sehr aufgewühlt. Eigentlich wollte ich es auf sich beruhen lassen, aber nach dem letzten Beitrag dazu muss ich mich doch äußern.
Wenn ich lese, wie sehr andere kämpfen, mache ich mir immer wieder Selbstvorwürfe, dass ich nicht stark genug bin, meinen kranken Partner im Stich lasse, egoistisch bin.
Es ist total toll, dass es Partner gibt, die sich in depressiven Phasen zurücknehmen und den anderen bestärken, dass alles okay ist und sie immer da sind. Auch wenn der andere sich einfach nicht meldet oder einem Vorwürfe macht, einen anschreit,man solle gehen und sich jemand anderen suchen. Ich frage mich nur: Wie hilflos umd hoffnungslos soll ich mich noch fühlen? Bis zu welchem Punkt muss ich immer wieder meine eigenen Bedürfnisse hinten anstellen? Muss ich mein ganzes Leben, die nächsten 40, 50 Jahre, so verbringen, weil ich andernfalls zu egoistisch bin bzw. nicht gelernt habe, mich abzugrenzen? Ich meine damit keine einmalige Depression, sondern eine chronische Depression, die der Partner immer hat. In der es zwar schöne Stunden gibt, aber nicht einen unbeschwerten Tag. In der so etwas wie gemeinsame Unbeschwertheit nicht existiert, nie. Über Jahre. Eine Beziehung, in der man der einzige Ansprechpartner ist, in der es keine Perspektive und keinen Optimismus gibt, um länger als bis morgen zu planen? In der jede Hoffnung auf Besserung,die man sich macht, über Jahre hinweg, immer wieder zerplatzt ist?
Ich bin Mitte 30 und fühle mich wie im Gefängnis.Keine Sexualität und keine Hoffnung auf eine eigene Familie. Ja, und ich weiß, dass das zweitrangige Bedürfnisse sind,mit denen ich auch wieder Druck ausübe. Und trotzdem sind sie da und werden immer lauter. Aber ich ziehe mir natürlich trotzdem den Schuh an. Dass jeder krank werden kann, dass man jemanden mit einer körperlichen Erkrankung auch nicht im Stich lassen würde und dass man sich für einen Partner, den man liebt, nun mal zurücknehmen muss,v.a. wenn er nichts für sein Verhalten kann.
Ich habe mich in den letzten Jahren natürlich abgegrenzt, habe mein Leben alleine gestaltet, versucht, mit mir selbst glücklich zu sein und wenn von ihm die Bereitschaft da war, habe ich etwas mit ihm gemacht. Ich habe mir selbst einen Therapeuten gesucht und an einer Angehörigengruppe teilgenommen. Ich habe ihm bei der Therapeutensuche unterstützt, ihn in die Klinik begleitet und den Haushalt geschmissen.
Und am Ende landen wir immer wieder am gleichen Punkt der Hoffnungslosigkeit. Natürlich weiß man nie, sollte man wieder einen Partner haben, ob dieser nicht auch depressiv wird. Aber wenn ich mir zum jetzigen Zeitpunkt vorstelle, ich müsste diesen aussichtslosen und kräftezerrenden Kampf, den ich erlebt habe, noch einmal führen...Puh!!!
Es tut mir leid, dass ich so destruktiv schreibe, ich will auch bestimmt niemanden persönlich angreifen oder verletzen. Jeder hat sein Päckchen zu tragen und tut was er für richtig hält. Aber ich bin so schrecklich verzweifelt, tieftraurig und unzufrieden und gleichzeitig fühle ich mich so schuldig, dass ich nicht stark genug bin...
diedunkle76
Beiträge: 14
Registriert: 23. Jan 2017, 12:14

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von diedunkle76 »

Liebe Natalia2,

ich kann Dich verstehen. Und wenn man nicht mehr weiter kann, dann muss man einen Schlussstrich ziehen und diesen auch "aushalten". Ich halte Deinen Wunsch nach Familie und Kind für natürlich und nicht für zweitrangig. Gerade das Nichtausleben von Wünschen und Träumen kann auch zu einer Depression führen. Was ich ausdrücken wollte, ist dass ich nicht pauschal für oder gegen eine Beziehung wäre. Aber das ist meine Einstellung und nicht allgemein verbindlich. Was Du erlebst ist für mich doch anders als in unserem Fall. Mein Mann wollte mich eigentlich an seiner Seite haben und wir haben schon Familie bzw. Kinder und eine lange und auch sehr schöne Vergangenheit. Ich denke das ist eine andere Basis. Und wenn ich den Post von DieNeue richtig verstehe, meinte sie, man solle nicht alles der Depression zu schieben. Es kommt auf den Einzelnen an und auf die Person. Und ich kann von meiner Seite sagen, dass es auch Fälle gibt, wo eine Depression nicht das Ende einer Beziehung bedeuten muss. Sie kann es aber sehr wohl, wenn einer der beiden Beteiligten nicht mehr kann. Und wie lange du durchhalten kannst, kannst nur du sagen. Wenn Du nicht mehr durchhalten willst, ist das auch in Ordnung. Es ist dein Weg und der ist bestimmt auch nicht einfach. Aber nur Du selbst kannst Dir Deinen Weg auch verzeihen, dass kann und muss auch niemand, weil kein anderer den Weg gehen muss.
Ich wünsche Dir von Herzen alles gute für Dich.

Viele Grüße
Diedunkle
natalia2
Beiträge: 41
Registriert: 26. Jan 2017, 20:13

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von natalia2 »

Danke für deine Worte! Ja,du hast recht. Ich muss anfangen, mir selbst zu verzeihen. Da ist einerseits die Liebe und Loyalität zu ihm und andererseits die Liebe zu mir selbst und meinen Wünschen.Den Kampf führe ich schon viele Jahre und je älter ich werde, desto lauter wird einfach die Stimme, die ruft, dass ich wieder auf meine Wünsche hören muss.
Und du hast noch mit etwas anderem recht.Man kann nicht pauschal sagen, ob man eine Beziehung mit einem depressiven Partner eingehen würde oder nicht. Man verliebt sich ja nicht aus rationalen Gründen in einen Menschen.
Danke dir...
diedunkle76
Beiträge: 14
Registriert: 23. Jan 2017, 12:14

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von diedunkle76 »

Sehr gerne. Fühl Dich mal gedrückt!
Uwe R
Beiträge: 122
Registriert: 2. Mai 2016, 19:08

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von Uwe R »

Hallo liebe Natalia2,

auch ich habe hier diesen Thread bisher mit gelesen. Und ich möchte hier sehr gerne deinen vorletzten Post hier aufgreifen und sehr gerne darauf antworten.

Dein Post hat mich sehr nachdenklich gemacht, aber auch etwas beängstigt. Du schreibst, dass du dir immer wieder Selbstvorwürfe machst, du seist nicht stark genug, bist zu egoistisch und würdest deinen kranken Partner im Stich lassen. Anhand deiner Post’s hier denke ich nicht, dass du dir solche Selbstvorwürfe machen solltest und auch nicht, dass du ein egoistischer Mensch bist, der seinen Partner in irgendeiner Weise im Stich lassen würde. Selbstvorwürfe machen einen nur selbst noch mehr kaputt.

Und deine Fragen:
„Wie hilflos umd hoffnungslos soll ich mich noch fühlen? Bis zu welchem Punkt muss ich immer wieder meine eigenen Bedürfnisse hinten anstellen? Muss ich mein ganzes Leben, die nächsten 40, 50 Jahre, so verbringen, weil ich andernfalls zu egoistisch bin bzw. nicht gelernt habe, mich abzugrenzen?“

...sind für dich so sehr berechtigt und ich kann sie sehr gut nachvollziehen. Du kannst nicht immer und auf alle Zeit in der Beziehung deine eigenen Bedürfnisse hinten anstellen, daran gehst du irgendwann selbst zu Grunde. Ich kann sehr gut verstehen, was du mit „ich fühle mich wie in einem Gefängnis“ meinst. Dir fehlt die Unbeschwertheit, Beständigkeit und die Perspektive in der Beziehung. Und auch die Zukunftsplanung gestaltet sich äußerst schwierig, denn wie du schreibst, kann man ja manchmal nicht bis zum nächsten Tag planen.
Und das du mit Mitte 30 die Familienplanung mit Kind (er) noch nicht ganz abgeschlossen hast ist auch sehr verständlich. Und das dir in deinem Alter natürlich auch die nicht mehr vorhandene Sexualität fehlt, kann ich sehr gut nachvollziehen. Du möchtest als Frau natürlich auch von deinem Partner begehrt werden und deine Sexualität auch ausleben. Das ist völlig normal.

Die Frage die sich mir stellt, bzgl. Kinderwunsch, inwieweit wäre dein Partner dir da eine Hilfe und Unterstützung. Ich denke da eher, du hättest da keine Unterstützung und würdest damit auf lange Sicht auch noch alleine da stehen.

„Ja, und ich weiß, dass das zweitrangige Bedürfnisse sind,mit denen ich auch wieder Druck ausübe“

Nein, und nochmal ganz klar nein, dass sind deine grundeigenen Bedürfnisse und die sind auf keinen Fall zweitrangig. Die haben genauso Priorität, wie die Bedürfnisse deines kranken Partners. Das darfst du dir auf keinen Fall einreden.

Du hast natürlich recht, dass sehe ich genau so, dass jeder krank werden kann und man ihn deswegen nicht im Stich lässt und sich auch selbst zurück nimmt und nehmen kann. Das heißt aber nicht, dass man auf all seine eigenen Bedürfnisse verzichtet oder diese vollständig aufgibt.

Sehr gut finde ich, dass du selbst einen Therapeuten hast und in einer Angehörigengruppe bist. Das ist auf jeden Fall der richtige Weg, denn oftmals schafft man es alleine nicht. Auch ich musste mir Hilfe suchen.

Und Natalia, du schreibst keineswegs destruktiv. Du schreibst das was dich bewegt und was du fühlst und das ist für mich mehr als verständlich und auch völlig legitim und ganz normal.
Das du dich schrecklich verzweifelt, tieftraurig und unzufrieden in der Situation fühlst, ist nur allzu gut zu verstehen. Fühl dich aber bitte für nichts und niemanden schuldig und denk auch nicht, du wärst nicht stark genug. Jeder empfindet es anders und jeder hat eine andere Grenze des für sich Erträglichen und Aushaltbaren.

Pass auf dich auf, dass du nicht selbst auf der Strecke bleibst. Und fühl dich auch von mir in den Arm genommen und gedrückt.

Wünsche dir und allen anderen hier einen schönen Abend.

Ganz lieben Gruß
Uwe
Von der Beziehung wie sie mal war muß man Abschied nehmen, sie kommt nie wieder so zurück.
DieNeue
Beiträge: 5551
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von DieNeue »

Hallo ihr,
diedunkle76 hat geschrieben:Und wenn ich den Post von DieNeue richtig verstehe, meinte sie, man solle nicht alles der Depression zu schieben.
Ja, so ungefähr meinte ich das. Es wird ja im Forum oft gefragt, wie man manches unverständliche Verhalten von Betroffenen einschätzen kann, ob das Verhalten von der Depression kommt oder vielleicht doch (auch noch) einen anderen Grund hat, und wie man damit umgehen soll.
Ich wollte einfach Anhaltspunkte geben, anhand deren man mal abchecken kann, was noch die Ursache für das Verhalten sein könnte.
Jemandem Schuld für irgendetwas geben wollte ich mit meinem Post auf keinen Fall.
natalia2 hat geschrieben:Ich meine damit keine einmalige Depression, sondern eine chronische Depression, die der Partner immer hat. In der es zwar schöne Stunden gibt, aber nicht einen unbeschwerten Tag. In der so etwas wie gemeinsame Unbeschwertheit nicht existiert, nie.
Ja, eine chronische Depression ist nochmal eine ganz andere Hausnummer als eine depressive Phase, die wieder vergeht. Ich weiß, wie es ist, wenn man nie unbeschwert sein kann, nie das Gefühl hat, man lebt wirklich. Ich weiß, wie es ist, wenn man sich sein Leben anders vorgestellt hat und man sich jetzt leider damit arrangieren muss, dass es jetzt eben so ist. Das ist für mich schon schwierig. Das für jemand anderen freiwillig auf sich zu nehmen und auf so vieles, so viel Leben zu verzichten ist schon eine riesige Bürde. Ich weiß nicht, ob ich das machen könnte.
natalia2 hat geschrieben:Ich bin Mitte 30 und fühle mich wie im Gefängnis.Keine Sexualität und keine Hoffnung auf eine eigene Familie. Ja, und ich weiß, dass das zweitrangige Bedürfnisse sind,mit denen ich auch wieder Druck ausübe. Und trotzdem sind sie da und werden immer lauter.
Ich habe im Moment auch keine Hoffnung auf eine Familie. Der Mann fehlt, mit Medikamenten brauche ich auch keine Kinder bekommen... Ich schreibe das nicht, um dein Problem kleinzureden, sondern ich möchte dir sagen, dass ich dich verstehen kann. Du hast dir dein Leben anders vorgestellt, ich mir meines auch.
Viele meiner Träume musste ich begraben. Eine Familie und ein unbeschwerteres Leben ist kein kleiner Traum. Und einen großen Traum für jemand Anderen zu begraben ist kein Klacks. Vor allem wenn man den Traum irgendwann auch nicht mehr nachholen kann.
Ob du in der Firma X oder der Firma Y arbeitest, macht keinen großen Unterschied im Leben, aber ob du eine eigene Familie hast und ob du glücklich bist, denke ich schon.
natalia2 hat geschrieben:Aber ich ziehe mir natürlich trotzdem den Schuh an. Dass jeder krank werden kann, dass man jemanden mit einer körperlichen Erkrankung auch nicht im Stich lassen würde und dass man sich für einen Partner, den man liebt, nun mal zurücknehmen muss,v.a. wenn er nichts für sein Verhalten kann.

Ja, so denke ich auch. Ich bin der Typ für "Ich habe mich für meinen Mann entschieden und bleibe bei ihm, bis dass der Tod uns scheidet." Ich habe immer gedacht, Trennung/Scheidung kommt für mich nie in Frage und natürlich würde ich selbst bei den schwierigsten Problemen bei meinem Mann bleiben! Ich würde mit aller Kraft kämpfen, um mit den schwierigsten Schwierigkeiten umgehen zu lernen. Ja... soweit die Theorie... war ich auch noch etwas jünger, als ich das gedacht hab...
Mittlerweile weiß ich, dass das Leben nicht schwarz-weiß ist und meine Kraft nicht unendlich.
Ehrlich gesagt, ich wüsste nicht, wie ich handeln würde. Es kann gut sein, dass irgendwann irgendetwas auch meine Kraft übersteigt. Natürlich möchte ich für meine Beziehung kämpfen und ich bin wirklich nicht der Typ, der schnell aufgibt. Aber ich habe einen Zusammenbruch hinter mir, von dem ich mich nie mehr wirklich erholt habe und das möchte ich auch nicht nochmal erleben. Meine idealistischen Vorstellungen sind vielleicht doch nicht realistisch. Ich glaube, mir würde es an deiner Stelle, Natalia, auch so gehen. Ich würde auch so mit mir hadern und Schuldgefühle haben. Ich weiß nicht wirklich, wie man es schafft, sich selbst zu verzeihen, aber ich hoffe, du kommst irgendwann (bald :) ) mit der Situation klar. Alles Liebe für dich!

Liebe Grüße,
DieNeue
Gerbera
Beiträge: 619
Registriert: 31. Mär 2013, 00:24

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von Gerbera »

Hallo Natalia2,

der Titel dieses Threads lautet: Depression versus Charakter. Und darauf hat sich meine Antwort bezogen. Die Depression verändert das Denken, Fühlen und Handeln eines Menschen, aber nicht seinen Charakter. Es tut sehr weh zu erleben, dass manche Leute denken "ha, jetzt zeigt er/sie sein wahres Gesicht" statt zu begreifen, dass es die Krankheit ist, die sich da zeigt.

Trotzdem ist die Veränderung gravierend und niemand ein Heiliger, der alles locker wegsteckt. Jeder Mensch hat Grenzen, unabhängig davon, ob er krank oder gesund ist. Bei manchen sind diese Grenzen enger gesteckt, bei anderen eher sehr weit. Das hängt mit Dingen zusammen, auf die wir keinen Einfluss haben, unserem Erbe, unserer Erziehung, unseren Erlebnissen im Lauf des Lebens. Was ich damit sagen will: objektiv gesehen hast Du wenig Grund, Dir Selbstvorwürfe zu machen. Du gibst Dein Bestes, mehr kann niemand von Dir erwarten, auch Du selbst nicht.

Ich gebe Uwe R. in so ziemlich allem Recht, was er schreibt. Natürlich darfst Du Wünsche und Träume haben - und auch leben. Deine Wünsche und Bedürfnisse sind nicht zweitrangig sondern sehr normal und sehr verständlich. Du bist noch so jung! Ich war Mitte 50, als ich depressiv wurde, mein Mann und ich waren zu diesem Zeitpunkt rund 30 Jahre verheiratet, hatten 2 Kinder großgezogen. Unsere Situation ist eine völlig andere als Deine. Zudem war der Auslöser für meine Depression eine Erkrankung der Schilddrüse, die Prognose positiv. Bei Deinem Mann sieht das wohl anders aus.

Herzliche Grüße - und fühl Dich auch von mir ganz fest gedrückt!
Gerbera
Eule12345
Beiträge: 68
Registriert: 7. Dez 2016, 17:32

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von Eule12345 »

Hallo Natalia,
Du warst 6 Jahre an seiner Seite, hast ihn unterstützt, Dich und Deine Bedürfnisse und Träume hinten an gestellt. Ich finde das eine beachtliche Zeit und sehe es wie meine Vorredner...Du hast Dir nichts vorzuwerfen!
Auch ich finde es nicht verwerflich oder egoistisch dass Du endlich eine Familie gründen , leben möchtest ohne die Schatten der Depression.
Ich wünsche Dir auf deinem Weg alles Gute!
natalia2
Beiträge: 41
Registriert: 26. Jan 2017, 20:13

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von natalia2 »

Vielen lieben Dank für eure Antworten! Es hat mir gut getan, mir meine Gedanken von der Seele schreiben zu können,einfach einen Austausch mit Menschen haben zu können, die verstehen, worum es geht und einen nicht verurteilen. Es ist schwer genug, dass man im Alltag vor so vielen Menschen die Fassade wahren muss.
Danke!
Succubus
Beiträge: 357
Registriert: 9. Aug 2016, 06:44

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von Succubus »

Hallo zusammen,

Ich selber bin auch Betroffene und kenne die Gefühle die DieNeue beim lesen empfand...mir ging es oft ähnlich und ich wurde immer wieder verunsichert.

Zum Glück habe ich seit mehreren Jahren einen Partner an meiner Seite, der mir auch ehrliche Antworten gibt. Er kennt mich ohne und mit Depression.
Ich weiß nicht wie oft ich ihn bereits gefragt habe ob ich mich verändert habe und seine Antwort bleibt immer gleich: wir haben uns beide über die Jahre verändert.
Ja, die Krankheit hat auch Veränderungen bewirkt, doch diese sind keine 180Grad-Wendung gewesen...der Charakter bleibt.

Auch ich habe mich kurzzeitig von meinem Partner getrennt...zu dieser Zeit war es in mir einfach nur dunkel, ich konnte nicht mehr sagen was ich noch für ihn empfunden hatte und wollte ihn auch nicht anlügen, nicht so tun alsob. Ich empfand einfach nurnoch Schmerz, nichts anderes. Da war kein Platz für Liebe und Zuneigung, auch wenn die Sehnsucht danach unbeschreiblich groß war. Doch der Partner den man respektiert verdient es nicht angelogen zu werden, auch wenn die Wahrheit schmerzhaft ist.
Und ja, andere Betroffene erscheinen einem in solchen Phasen irgendwie als passendere Partner weil sie einen verstehen können, sie kennen die Gefühle und Gedanken und setzen einen auch nicht unter Druck. Doch sobald die Dunkelheit wieder etwas schwindet, erkennt man wieder die Liebe die man für den Partner empfindet und dass die Schwärmerei nichts weiter als der Wunsch war verstanden zu werden.

(Fortsetzung folgt)
Don't feed the troll :-)
Succubus
Beiträge: 357
Registriert: 9. Aug 2016, 06:44

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von Succubus »

(Fortsetzung)

Seitdem ist viel passiert, mein Partner und ich haben gelernt mit meiner Krankheit umzugehen.
Wenn es mir möglich ist, sprechen wir nach meiner Therapiesitzung über diese...natürlich nicht über jede Einzelheit, doch es scheint gut zu sein ihn im groben darüber zu informieren.
Gleiches gilt im Bereich Medikamenteneinnahme. So haben wir beide ein Auge auf die Wirkung der Medis und wir besprechen auch mögliche Änderungen die nötig sind.

Ich versuche so gut es geht den Haushalt zu machen, doch in meinem Tempo...und wenn es 3 Tage dauert bis die Küche geputzt ist,dann ist das nun mal so. Mein Partner hilft mir wenn ich ihn darum bitte, doch er setzt mich nicht unter Druck. Wir gehen gemeinsam Lebensmittel einkaufen, an Tagen an denen ich das Haus nicht verlassen kann kümmert er sich alleine darum.
Das nimmt uns beiden viel Stress und bisher sind wir weder verhungert noch ertrinken wir in Müll oder ungewaschener Wäsche :-D
Ich kämpfe täglich mit meinen Dämonen, das ist unglaublich anstrengend und raubt einem an manchen Tagen auch den Verstand...als Außenstehender ist das nur schwer zu verstehen.
Selbstzweifel und Selbstvorwürfe machen sich Betroffene meist mehr als genug...oft hatte ich schon den Gedanken nicht gut genug zu sein oder nur eine Last.

Mein Partner hat natürlich auch seine eigenen Hobbys und Freunde, ich unterstütze seine Pläne und ermutige ihn welche zu machen.


Zu einer funktionierenden Beziehung gehören immer 2 Menschen die bereit sind aufeinander einzugehen und zuzugehen. Mal ist die Strecke des einen länger und mal die des anderen, doch darf man dies nicht gegeneinander aufwiegen.
Die Diagnose Depression ist ein großer Einschnitt in das Leben, doch zerstört diese alleine nicht eine Beziehung. Oft sind die Beziehungen bereits davor im Ungleichgewicht.
Natürlich muss die depressive Person bereit sein sich in Behandlung zu begeben, doch auch seitens des Partners muss eine Änderung stattfinden.
Ich habe hier schon öfter den Wunsch gelesen, dass der Partner wieder so wird wie davor...doch was ist wenn der Zustand davor denjenigen krank gemacht hat?

Von den Betroffenen wird verlangt dass sie sich ändern, denn Behandlung/Therapie bedeutet Veränderung...doch wieso gilt dies nicht für das Umfeld?
Es geht dabei ja nicht um Selbstaufopferung, man muss nur Schritte aufeinander zugehen, sich der Situation anpassen.

Liebe Grüße
Don't feed the troll :-)
Kerstin76
Beiträge: 14
Registriert: 17. Feb 2017, 20:22

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von Kerstin76 »

Guten Morgen zusammen :hello:
Was ich zu dem Thema sagen möchte...Ich würde mir WÜNSCHEN,daß ich die Möglichkeit bekommem hätte,zu kämpfen.So oft liest man hier,daß der depressive Partner bleibt-trotz allem.Als Angehörige hatte ich keine Chance,ich wurde aussortiert und kam damit nicht zurecht.Auch jetzt noch nicht.Der Kontakt besteht noch immer,allerdings mit Pausen.
So sehr ich auch überlege,ob es andere Gründe gibt,als eine Depression,ich finde keinen.Nicht einen einzigen.Sie sagt,sie möchte wieder glücklich sein.So wie früher,bevor sie alles überrollt hat,und trotzdem ist sie nicht in der Lage,auch nur einen kleinen Schritt in die Gefühlsrichtung zu gehen.Meine Rolle momentan besteht daraus,immer mal wieder zu fragen,wie es ihr geht.Ich frage nach Ergebnissen ärztlicher Untersuchungen,ob sie genug ißt,usw..
Ja,ich wollte den Kontakt abbrechen,weil ich seit Monaten nicht mehr ich selbst bin,aber ich kanns nicht.Wie gerne wäre ich der Mensch,der an ihrer Seite steht,aber sie wollte und konnte das nicht.Schwer wäre es geworden..natürlich..aber noch schwerer ist es jetzt.Trotz Trennung bin ich mittendrin.Klar,ich hab versucht,alles hinter mir zu lassen,aber wie oft soll ichs noch versuchen,ich weiß eh,daß ichs nicht wirklich will.
Die Hoffnung besteht immer noch,daß es irgendwann einen Wandel zurück gibt.Zudem auch,daß sie irgendwann doch den Schritt macht und sich professionelle Hilfe holt.
Während der ganzen Zeit habe ich zwei völlig gegensätzliche Charaktere entdeckt.Den liebevollen und fürsorglichen,und seit Monaten dann eben den Abwesenden,gleichgültigen.Trotz allem weiß ich natürlich,wer dahinter steckt,und das bringt mich eben immer dazu,Kontakt zu suchen.
Ich würde niemals sagen..Depressionen??Bloß nie wieder..Es kann IN einer Beziehung passieren,man kann jemanden kennen und lieben lernen,und es dann herausfinden-da pack ich doch nicht meine Sachen und gehe..
Ach es ist schwierig...
Allen einen schönen Sonntag!!Gruß Kerstin
Eule12345
Beiträge: 68
Registriert: 7. Dez 2016, 17:32

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von Eule12345 »

[quote="Kerstin76"]
Was ich zu dem Thema sagen möchte...Ich würde mir WÜNSCHEN,daß ich die Möglichkeit bekommem hätte,zu kämpfen.So oft liest man hier,daß der depressive Partner bleibt-trotz allem.Als Angehörige hatte ich keine Chance,ich wurde aussortiert und kam damit nicht zurecht

Hallo Kerstin,

mir geht es genauso, zusätzlich hab ich nicht die Chance bekommen auf ein Gespräch Auge in Auge. "aussortiert und im Regen stehen gelassen"
Es fällt auch mir immer noch schwer das zu akzeptieren weil ich es nicht verstehe. Aber das Leben geht weiter und auch Du hast irgendwann die Kraft dich nicht mehr regelmäßig zu melden und damit abzuschließen!

Alles Liebe
Eule
Gerbera
Beiträge: 619
Registriert: 31. Mär 2013, 00:24

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von Gerbera »

Hallo Kerstin & Eule,

die Probleme sind auf beiden Seiten die gleichen. Auch ich als Betroffene wurde von jemandem, dem ich sehr vertraut habe, "aussortiert" - aufgrund der Veränderungen in meinem Denken und Verhalten, das die Depression mit sich gebracht hat.

Ich glaube, es ist nie leicht, einen Menschen gehen zu lassen, den man liebt. Und wenn die Ursache eine Krankheit ist, mit der man nicht klar kommt, egal ob als Angehöriger oder als Betroffener, ist es noch schwieriger.

Ich versuche seit langer Zeit zu begreifen, was da passiert ist und warum. Es ist mir bis heute nicht gelungen. Ich wünsche Euch Beiden, dass Ihr es besser hinkriegt und irgendwann mit der Vergangenheit abschließen könnt.

Liebe Grüße + alles Gute,
Gerbera
Löwenzähnchen
Beiträge: 30
Registriert: 29. Apr 2017, 14:19

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von Löwenzähnchen »

Hallo Ihr alle!

Ich möchte noch einmal kurz das ursprüngliche Thema aufgreifen "Depression vs. Charakter".
Bei uns war und ist es immer noch so, dass mein Mann sich in den depressiven Phasen so grundlegend verändert, dass es eindeutig der Depression zuzuschreiben ist. In den gesunden Phasen erlebe ich ihn als sehr fürsorglich, liebevoll, interessiert und aktiv. In der Depression ist es praktisch das Gegenteil und die Veränderung passiert sehr schnell, also innerhalb weniger Tage.
Zum Thema Beziehung: ich glaube es kann gelingen, sofern der depressive Partner Hilfe annimmt und der gesunde Partner den Weg mitgehen kann ohne sich selbst aufzuopfern. Auch spielt die Schwere der Erkrankung und die persönliche Lebenssituation eine große Rolle. Ich habe gelegentlich beim Lesen den Eindruck, dass manche bereit sind ihr eigenes Lebensglück zu opfern - das halte ich genauso wenig für richtig, wie sofort die Flucht zu ergreifen und es gar nicht erst gemeinsam zu versuchen.

Liebe Grüße

Löwenzähnchen
micky2507
Beiträge: 62
Registriert: 25. Jan 2017, 21:43

Re: Depression vs. Charakter

Beitrag von micky2507 »

Löwenzähnchen schrieb:

"Zum Thema Beziehung: ich glaube es kann gelingen, sofern der depressive Partner Hilfe annimmt und der gesunde Partner den Weg mitgehen kann ohne sich selbst aufzuopfern. Auch spielt die Schwere der Erkrankung und die persönliche Lebenssituation eine große Rolle.
Ich habe gelegentlich beim Lesen den Eindruck, dass manche bereit sind ihr eigenes Lebensglück zu opfern - das halte ich genauso wenig für richtig, wie sofort die Flucht zu ergreifen und es gar nicht erst gemeinsam zu versuchen."

Da gebe ich dir vollkommen Recht. Ich glaube auch, dass es möglich ist! Es ist ein langer und harter Weg, nicht nur für den Erkrankten, sondern auch für die Angehörigen. Wenn der Erkrankte sich Hilfe holt und der Angehörige die Selbstfürsorge nicht vergisst, kann es gelingen, die Krankheit zu besiegen!

Alles Liebe für Euch!
Liebe Grüße!
Micky
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