Selbstwert

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Adler66
Beiträge: 9
Registriert: 25. Sep 2014, 15:09

Selbstwert

Beitrag von Adler66 »

Ich will heute ein neues Thema beginnen, da ich hierzu bislang im Forum nichts gefunden habe.
SELBSTWERT
Ich habe - nachdem ein "Burnout" bzw. eine Depression mich total im Griff hatte - eine langjährige Psychotherapie in Angriff genommen, die nun bald zu Ende geht.
Nun sehe ich auch klarer, was die Hintergründe meines Zustands anbetrifft. Prägende Erlebnisse aus der Kindheit mach(t)en mich zu dem, was ich heute bin ...
Doch die Erkenntnis darüber alleine reicht nicht aus: Obwohl ich weiß, warum ich manchmal ticke, wie ich ticke, falle ich immer wieder in die berühmten alten Muster zurück.
Besonders schlimm empfinde ich dies bei der Arbeit.
Ich bin nun schon seit einem Vierteljahrhundert im gleichen Betrieb - und kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dort so Einiges auf die Beine gestellt zu haben.
Trotzdem fühle ich mich immer wieder nicht gut genug; fühle mich verantwortlich für jedes Problem, das nicht gleich zu lösen ist; mache mir Vorwürfe, wenn ich nicht alles schaffe - selbst, wenn es objektiv gar nicht zu schaffen war/ist (denn manchmal sind die vorgegebenen Termine und die sich überschlagenden Projekte mit den vorhandenen Ressourcen beim besten Willen nicht wirklich "gut" zu machen ...)
Auch DAS weiß ich ... es ist nicht MEINE "Schuld" ... und trotzdem fühle ich mich schlecht ... MACHE MICH innerlich schlecht ... was zu ständiger Unruhe und einem Verlust an Lebensfreude führt.
Fast fühlt es sich so an, als ob der nächste depressive Schub kaum noch zu verhindern wäre.

Kennt Ihr Forianer das?
Und wie geht Ihr damit um?
Javanse
Beiträge: 48
Registriert: 26. Nov 2016, 08:09

Re: Selbstwert

Beitrag von Javanse »

Hallo Adler,

zuerst ja, das kenne ich auch und je nachdem wie ich drauf bin kann ich damit umgehen oder falle in alte Muster zurück.
Wie du ja schreibst hast Du erkannt wieso Du so tckst und was die Hintergründe sind. Gehe also davon aus das es Tiefenpsychologische Therapie ist, war. Ist zwar gut zu erkennen wieso und warum, jedoch nicht umbedingt hilfreich für den Rest des Lebens. Erklärt nur wieso ich so bin wie ich ticke.
Für mich war es wichtig das Leben im Hier und Heute besser anzunehmen, zu sehen, meine Wünsche für die Zukunft zu konkretisieren. Dafür machte ich im Anschluß eine Verhaltenstheraie.
Das Gefühl was UNruhe schafft ist allerdings das Alte und nicht Du, nicht das was Du in Wirklichkeit bist.
Deshalb ist es meine Strategie dann mich ins Hier und Heute zu Katapultieren. Gibt da Übungen wie zB 10 Dinge die ich gerade sehe, 10 die ich höre, 10 die ich fühle.
Dann versiuche ich mir auszudenken was ich mir wünsche und wie, schreibe es auf oder lese nach was ich aufschrieb wie ich mir mein Leben jetzt wünsche. Was ich leistete und erreicht habe. Ohne diese Dinge zu bewerten, versuche aber zu fühlen wie gut ich bin und was ich kann ohne es zu bewerten.
Schlussendlich zu genießen und zufrieden zu sein.
Zumindest für mich ist es trotz langer Übung und je nach Gemütszustand immernoch schwer das zu sehen was ich in Wirklichkeit bin und kann, altes sitzt tief und war ja ewig ein Teil von mir. Das zu verändern dauert auch aber es wird trotzdem imer besser und leichter. Zumindest schaffe ich es die abwertenten, depressimachenden alten Gefühle langsam zu minimieren.
Gib nicht auf und gehe weiter deinen Weg dich von altem zu lössen, ich wünsche dir dabei alles Liebe, es lohnt sich.
Adler66
Beiträge: 9
Registriert: 25. Sep 2014, 15:09

Re: Selbstwert

Beitrag von Adler66 »

Hallo Javanse,
Danke für die aufmunternden Worte.
Alleine die Tatsache, zu hören,dass jemand anderes die gleichen Probleme kennt und einem Mut macht, tut schon sehr gut.
Es klingt zwar immmer alles leichter, als es umgesetzt ist (Ich sage mir ja auch immer: "Lebe mehr im Hier und Jetzt" ... doch weniger schöne Gedanken - sei es an schlechte Erfahrungen aus der Vergangenheit oder aber auch im Hinblick auf Zukunftsängste - lassen sich nun mal nicht einfach so abschalten ...).
Doch wie gesagt: Es macht Mut zu hören, dass sich ein "Dranbleiben" doch früher oder später lohnen kann.
Es braucht also GEDULD (auch wenn die - leider - nicht gerade zu meinen Stärken gehört ...).
Vielleicht hast Du noch ein paar praktische Tipps für mich? Würde mich sehr freuen.
Erst mal Danke und beste Grüße!
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Selbstwert

Beitrag von Zarra »

Hallo Adler,

also allein bist Du ganz sicher nicht mit diesem Problem. Zumindest ich kann mich gut dazugesellen.

Mit den Tips ist es dann schon schwieriger ...
* Sich wie ein Mantra wiederholen, daß es nicht so ist, wie es einem der Schlecht-Teil vorgaukelt.
* Sich selbst loben (wenn es schon niemand von außen tut), wenn Sachen gut liefen; auch alltägliche und normale. (Ich glaube, ein ganz kleines bißchen hat mir das mein Therapeut beigebracht.)
* Realitätüberprüfung (siehe "selbst, wenn es objektiv gar nicht zu schaffen war/ist")
* Sich klarer machen, für was man wirklich verantwortlich ist, was machbar ist ... und für was eigentlich andere ... UND sich dann auch nicht mehr fünf Beine ausreißen, die man eh nicht hat. Du wirst weder die Welt noch ... retten.
* Es muß andere Bereiche außerhalb der Arbeit geben (!!): Familie oder Hobbys oder beides. Das relativiert!

(Unvollständig. Nicht vollständig durchdacht. Müde und ...)

Zarra
Luna1966
Beiträge: 784
Registriert: 15. Dez 2015, 09:38

Re: Selbstwert

Beitrag von Luna1966 »

Hallo Adler66,

die von dir geschilderte Arbeitssituation kenne auch ich.

Ich habe zwar nicht so sehr damit zu kämpfen, dass ich mir die Schuld für ein, sagen wir mal "Versagen bei einem Arbeitsauftrag" gebe, sondern eher weit über meine Leistungsgrenze gehe, um etwas so gut wie möglich abzuliefern. Dann kann es auch mal sein, dass ich weder esse, noch ausreichend trinke, keine Pausen einhalte, an einem Arbeitstag eine Doppelschicht mache und mich sogar die dann noch kläglich ueberbleibende freie Zeit weiter mit dem Auftrag befasse statt schlafen zu gehen.

Mein Therapeut gab mir den Tipp, mich an andere zu orientieren wenn meine eigene Einschätzung so ganz anders ist als die anderer Kollegen. Lassen diese "den Bleistift" fallen, fällt auch meiner, machen diese trotz unerledigtem Auftrag Feierabend, mache ich es auch und wenn diese argumentieren - es ging in der vorgegebenen Zeit mit den vorgegebenen Mitteln nicht besser, beruhigt mich das mittlerweile auch. Denn ich weiß ja vom Kopf her, dass meine Wahrnehmung des Machbaren und der Belastbarkeit eines Menschens nicht unbedingt der Realität entspricht.

Das fiele so in etwa unter der Rubrik "Realitätscheck". Wenn ich etwas nicht richtig einschätzen kann, dann orientiere ich mich an den Einschätzungen anderer. Klappt bei mir ganz gut um meine eigenen Recourcen besser einteilen zu können und mich nicht fuer alles verantwortlich zu fuehlen. Gut für das Selbstwertgefühl.
Vielleicht wäre diese Vorgehensweise auch etwas für dich.

Es grüßt

Luna
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