Umgang mit Therapieerfahrungen

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micky2507
Beiträge: 62
Registriert: 25. Jan 2017, 21:43

Umgang mit Therapieerfahrungen

Beitrag von micky2507 »

Hallo zusammen,

mich beschäftigt seit ein paar Tagen eine Sache, die mir ein wenig Angst macht.
Mein Partner befindet sich seit Januar in Therapie und in der Regel ist es so, dass er mir immer von den Inhalten der Therapiestunden erzählt und ich ziemlich genau weiß, worüber er mit seinem Therapeuten gesprochen hat. Ich habe den Eindruck, dass ihm meine Meinung wichtig ist und ihm sehr daran gelegen ist, meine Meinung dazu zu hören.

Auf der einen Seite fühle ich mich natürlich geschmeichelt, weil ich glaube, dass dazu sehr viel Vertrauen gehört. Das finde ich schön und es gibt mir das Gefühl, nicht ganz ausgeschlossen zu sein.
Auf der anderen Seite habe ich Sorge, dass er mich dadurch zur "Co-Therapeutin" macht und kann nicht abschätzen, was passiert, wenn meine Meinung nicht mit seiner Einschätzung oder der des Therapeuten konform geht. Ich befürchte dadurch in eine Rolle zu geraten, in der ich mich nicht nur unwohl fühle, sondern in der ich auch, als die Frau an seiner Seite nichts zu suchen habe.

Hat jemand von euch Erfahrungen mit so einem Verhalten?
Wie geht ihr damit um?
Und wie kann ich ihm am besten sagen, dass ich darüber eigentlich nicht sprechen möchte, ohne ihn zu verletzen?

Bin für jeden Rat dankbar!
Liebe Grüße
Micky
diedunkle76
Beiträge: 14
Registriert: 23. Jan 2017, 12:14

Re: Umgang mit Therapieerfahrungen

Beitrag von diedunkle76 »

Hallo liebe Micky,

mir geht es da ganz ähnlich wie Dir.

Auch sind für mich manche Aussagen des Therapeuten dann z. T. auch nicht verständlich.

Aber ich habe mich auf die Rolle "des neutralen Beobachters" zurück gezogen bei Themen bei denen ich anderer Meinung bin oder aber die sich auf mich beziehen.

Ansonsten "arbeite" ich bei diesen Gesprächen ausschließlich in der Ich-Form. Also eher nach dem Motto: In einer Therapie könnte ich wenig damit anfangen oder aber das wäre für mich schwierig. Und setzte dann hinzu wenn Ihr das für richtig haltet oder wenn es dir hilft stehe ich da voll hinter Dir.

Wichtig, denke ich, ist Unterstützung zu zeigen. Zu zeigen, dass es einem nicht egal ist, was in der Therapie passiert, aber auch das Vertrauen in den Partner und in die Therapie zu geben. Wenn ich zu sehr in die Co-Therapeuten-Rolle abgleiten sollte, löse ich mich aus dem Gespräch.

Eventuell solltet ihr vielleicht auch gemeinsame Termine bei dem Therapeuten vereinbaren. Mir hat es doch geholfen und ich habe auch neue Einblicke gewonnen. Vor Allem was ich schön fand war, nicht die Aussage man solle sich etwas gutes tun, sondern die Aussage man soll selbst Verantwortung übernehmen auch für sich selber und nicht für die Krankheit. Heißt ein Stück weit für mich, solange es mir gut geht kann ich helfen diese Therapeutengespräche zu verarbeiten. Da wo ich an Grenzen komme, sage ich das aber auch mehr oder minder offen.

Einen allgemeinen Ratschlag kann und will ich dir nicht geben, dazu kenne ich eure Situation zu wenig. Aber solange es Euch beiden damit gut geht, ist alles richtig. Und das Paare offen mit einander kommunizieren ist doch toll, welche bessere Basis kann man den haben?

Viele Grüße und ganz viel Kraft

diedunkle
Adorno
Beiträge: 42
Registriert: 21. Feb 2017, 11:10

Re: Umgang mit Therapieerfahrungen

Beitrag von Adorno »

Hallo Micky,

erstmal würde ich aus eigener Erfahrung sagen, dass es ein gutes Zeichen ist, dass dein Partner mit dir redet. Zum einen deshalb, weil es für eure Beziehung spricht. Er kann sich dir anvertrauen... das ist gerade in begonnenen Therapien nicht immer selbstverständlich. Zum anderen kann es auch ein Zeichen sein, dass er die Therapie ernst nimmt und sie ihm auch gut tut - das möchte er mit dir teilen, sicherlich auch, um dir zu zeigen, dass er bemüht ist, die Situation zu verändern.

Ich würde auch diedunkle zustimmen, dass es für dich wichtig ist, erst mal die Rolle der "teilnehmenden Beobachterin" einzunehmen. Also möglichst ohne offene Wertung. Für dich wird ja auch einiges dabei sein, was du anders siehst oder was dich auch verängstigt. Für mich war es wichtig, sich danach nochmal hinzusetzen und zu überlegen und dann vielleicht am anderen Tag darüber zu sprechen, wenn es gewollt war. Manche Therapieinhalte sind ja gerade dafür gedacht erstmal den "Klienten" aufzubauen. Da kann dann auch einiges dabei sein, was den Partner erstmal ein bisschen verschreckt. So erging es mir zumindest. Für mich war es gut, die Dinge erstmal sacken zu lassen und nicht direkt auf sie einzugehen, zumindest immer dann, wenn ich gemerkt habe, dass das nicht so ohne weiteres möglich ist.

Ich denke, dass du so deinem Partner auch zeigen kannst, dass du seine Therapie unterstützt, weil du ihn ernst nimmst. Klar, manchmal wünscht man sich unbedingte Unterstützung, aber das ist ja auch emotional nicht immer möglich. Auf der anderen Seite konnte ich damals meiner Partnerin das Gefühl vermitteln, dass es auch ok ist, Dinge nicht zu erzählen, wenn sie einfach zu belastend für die Partnerschaft sind.

Vielleicht kannst du in Situation, in denen du über Therapieinhalte nicht sprechen möchtest, sagen, dass du dir darüber nochmal Gedanken machen möchtest und ad hoc darauf gar keinen "guten" Gedanken hast. Wenn dein Partner darauf verwundert oder so reagiert, kannst du ihm vielleicht sagen, dass das für dich auch neue Sichtweisen sind, die du selbst erst mal erschließen musst. So ist es vielleicht möglich, dich abzugrenzen, ohne ihn zu verletzen und dabei dennoch Unterstützung und Interesse zu vermitteln.

Gruß

A
M1971
Beiträge: 731
Registriert: 26. Apr 2014, 17:39

Re: Umgang mit Therapieerfahrungen

Beitrag von M1971 »

Hallo Micky, nach meinen Erfahrungen mit meiner depressiven Ex rate ich Dir, Dich abzugrenzen.
Du bist sonst ganz schnell nicht nur der Co-Therapeut, sondern auch in der Gefahr, selber depressiv zu werden.
Davon abgesehen kannst Du davon ausgehen, dass alles was ihr besprecht auch wieder dem Therapeuten erzählt wird. Das ist insgesamt schon eine unschöne Situation, die sich weiter verschärft, je mehr Du in die Themen involviert bist. Denke an Dich selber: genau das wird Depressiven übrigens als Erstes von den Therapeuten geraten
Gruß
M
Luna1966
Beiträge: 784
Registriert: 15. Dez 2015, 09:38

Re: Umgang mit Therapieerfahrungen

Beitrag von Luna1966 »

Hallo M,

wie lange ist es denn schon her, dass du getrennt bist und wie lange dauerte deine Beziehung?
Du scheinst ja auch eine sehr schlechte Erfahrung gemacht zu haben.

Liebe Grüße

Luna
micky2507
Beiträge: 62
Registriert: 25. Jan 2017, 21:43

Re: Umgang mit Therapieerfahrungen

Beitrag von micky2507 »

Guten Abend alle zusammen,

erst mal ganz lieben Dank für die Antworten! Aus jeder davon nehme ich einen Teil mit und "stricke" daraus meinen Weg.

@ die dunkle
Danke für deinen Rat! Die Idee, einen gemeinsamen Termin wahrzunehmen finde ich sehr gut! Ist zwar aufgrund der Gegebenheiten (wir wohnen 250 km weit auseinander und ich habe zwei Kinder, die ich versorgen muss und bin voll berufstätig) bestimmt nicht einfach umzusetzen, aber wenn wir uns darauf verständigen und es sinnvoll erscheint, mache ich das irgendwie möglich! Es ist mir ganz wichtig zu signalisieren, dass ich ihn in seinem Wunsch, gegen die Depression zu kämpfen, unterstütze. Wenn das dazu beiträgt, wird es schon irgendwie machbar sein!

@ Adoro
Ganz lieben Dank auch dir für die aufmunternden Worte. Ich sehe es genau wie du! Er ist willens und bereit sich auf Hilfe einzulassen und dass er seine "Welt" mit mir teilt, halte ich für positiv! Er sagt immer wieder, wie wichtig es ihm ist, dass zwischen uns alles wieder gut wird und wie wichtig es für ihn ist, dass ich an seiner Seite bin und ihn unterstütze - in guten Momenten!
Bisher gehe ich mit den Dingen, die in der Therapie zur Sprache gekommen sind, völlig konform.
Der Ansatz des Therapeuten ist tatsächlich der, ihn zu stärken und aufzubauen. Ich rechne damit, dass es nicht immer so sein wird und ja, die Unsicherheit, wie er sich mit der Therapie entwickelt und was das mit unserer Beziehung macht, ist auch da. Aber grundsätzlich bin ich optimistisch, dass wir es schaffen können! Eben weil wir miteinander sprechen und gemeinsam versuchen, das Problem zu lösen. Er ist nicht in Abwehrhaltung, wie es in so vielen anderen Geschichten hier beschrieben wird und das macht mir Hoffnung!
Den Hinweis, mich nicht direkt "einzuklinken", wenn ich anderer Meinung bin, finde ich gut. Es verschafft mir Raum und Zeit, mich mit meinen Gefühlen auseinander zu setzen und mir zu überlegen, was ich dazu sagen möchte und wie ich es tue!

@ M1971
Auch deine Warnung und dein Einwand sind berechtigt. Natürlich gibt es immer die Möglichkeit, dass alles schief läuft und wir das nicht hin bekommen. Natürlich ist es auch wichtig, sich abzugrenzen und auf sich selbst zu achten. Das tue ich, indem ich hier bin und mich austausche und mir Rat und Hilfe hole, indem ich mich einer Selbsthilfegruppe angeschlossen und mir eine eigene Therapeutin gesucht habe.
Ich habe, Gott sei Dank, eine Familie und Freunde, die meine Ups und Downs, die aus seiner/unserer Situation resultieren, mitgehen, mich auffangen, aufbauen und unterstützen! Dieser Mann, diese Beziehung ist es wert, darum zu kämpfen. Es tut mir sehr leid, dass du so schlechte Erfahrungen mit deiner Ex gemacht hast, aber ich bin ein unverbesserlicher Optimist. Und genau aus diesem Grund ist trotzdem eine mahnende Stimme wie deine sehr wichtig, weil ich dazu neige euphorisch zu werden und die Bodenhaftung zu verlieren. Du hast mich ein wenig geerdet und das ist gut so. Danke für deine Ehrlichkeit!

Euch allen noch mal ein ganz herzliches Danke schön für eure Antworten!

Liebe Grüße
Micky
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