Zu Leben lernen

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Dave23
Beiträge: 36
Registriert: 24. Jan 2017, 12:51

Zu Leben lernen

Beitrag von Dave23 »

Hallo zusammen,
ich bin neu hier und schlage mich wie viele hier seit Jahren mit Depressionen rum. :hello:

Zur Zeit geht es mir beschissen, d.h. ich habe Antriebsstörungen und liege eigentlich den ganzen Tag im Bett.
Selbst Kleinigkeiten fallen mir schwer, duschen oder was zum Essen machen, kein Appetit, kein Durst, es fehlt nur noch, dass ich anfange zu schimmeln.

Parallel zu meinen Depressionen begeleitet mich das Thema Sucht.
Seit 7 Monaten bin ich abstinent, jedoch kommen die unterdrückten Themen hoch. Scheidung, Tod eines Familienangehörigen.
Ich habe eine kleine Tochter um die ich mich auch kümmern möchte, es fällt mir jedoch sehr schwer, weil ich gerade nichtmal Verantwortung für mich selbst übernehmen kann.

In letzter Zeit kommt auch sehr viel aus meiner Kindheit hoch, ständige Entwertung, du kannst nichts, dass du dies und das nicht schaffst war ja klar, usw... Ich habe quasi verinnerlicht nichts wert zu sein, nichts zu können, kein Urvertrauen.
Es macht mich wütend und ich frage mich, vor allem seit dem ich eine Tochter habe, wie Eltern ihrem Kind sowas antun können?!
Ausserdem frage ich mich wie ich jemals meinen Frieden mit diesen Umständen machen kann.
Der Schlüssel liegt für mich darin sich selber annehmen zu können, sich zu lieben mit all den Defiziten, aber nach nun schon 20Jahren der Qual, bin ich ziemlich pessimistisch.
Ich lande während jeder Episode an den gleichen Punkten, Selbsthass, Entwertung, Antriebslosigkeit, Aufgabe.

Falls sich jemand von euch da draussen angesprochen fühlt, freue ich mich über Nachrichten.

LG
Maggie+
Beiträge: 34
Registriert: 10. Dez 2016, 19:27

Re: Zu Leben lernen

Beitrag von Maggie+ »

Hallo Dave, leider kann ich dir keine Sonne am Horizont aufzeigen weil es in dieser Phase der Depression nicht sichtbar wäre, egal wie ich es schreibe.

Du schreibst du hast seit Jahren damit zu tun, bist du in ärztlicher Behandlung deswegen oder hast du schon mal eine Therapie gemacht?

Ich weiß jetzt nicht womit du Abstinent bist, aber du bist es schon seit geraumer Zeit, sei stolz darauf, das ist eine tolle Leistung.

Wie wäre eine schöne warme Wanne zu der kühlen Jahreszeit..... Setz dich nicht unter Druck das du jenes und welches jetzt aber müsstest, NIX MUSST DU.

Liebe Grüße
Maggie
Dave23
Beiträge: 36
Registriert: 24. Jan 2017, 12:51

Re: Zu Leben lernen

Beitrag von Dave23 »

Hey Maggie,
danke für Dein Interesse und die netten Worte.
Ich habe bereits alle der drei möglichen Therapieformen durch. Die Analyse habe ich auf Grund einer Suchttherapie unterbrechen müssen.
Abstinent bin ich von Alkohol, habe diesen schon immer benutzt um mich für soziale Anlässe locker zu machen, um nach einem anstrengenden Arbeitstag runter zu kommen oder um wie bereits beschrieben negative Ereignisse zu ertragen.
Dadurch habe ich mich über die Jahre immer weiter von mir entfernt. Eigentlich konnte ich auch noch nie meine Talente benennen oder eruieren was mit meinem Leben will. Wie sollte ich auch? Immer habe ich mich kleingemacht mich für einen Loser gehalten, wie soll man mit einer solchen "Programmierung" vorankommen?! Die Stärke muss von Innen kommen, doch da ist nichts...
Jetzt versuche ich das erste Mal in meinem Leben ohne Selbstmedikamentation voran zu kommen, es hat auch Jahre gebraucht bis ich mir überhaupt eingestehen konnte, dass ich ein Substanzproblem habe.
Das bringt mich an den Punkt was will ich überhaupt, wer bin ich, was kann ich und wie kann ich lernen mit diesen Defiziten umzugehen und daraus Stärke entwickeln?
Gerade war es für mich schon ein kleines Wunder überhaupt mein Bett neu zu beziehen...
knalltüte
Beiträge: 71
Registriert: 25. Dez 2016, 22:19

Re: Zu Leben lernen

Beitrag von knalltüte »

Hallo
Erstmal finde ich es toll das du schon so lange abstinent leben kannst. Das ist etwas worauf du wirklich stolz sein kannst.

Ich kann deine Gedanken gut nachvollziehen. Auch ich bin ein Meister darin mich selbst nieder zu machen.
Selbstannahme funktioniert bei mir nicht wirklich.
Ich versuche im Moment nur diese dauerhaften Gedanken ums selbst fertig zu machen zu beenden. Ich sage mir dann regelrecht STOP jetzt reichts, egal wie schlecht du dich findest es bringt nix das in einer ewigen Litanei zu wiederholen.

Auch wage ich die ersten zaghaften schritte zu schauen was kann ich überhaupt? Wenn mir also z.B. die Familienhilfe sagt das ich die Erziehung bisher gut gemacht habe, dann versuche ich das so anzunehmen. Oder wenn das Essen mal gut schmeckt (Kochen war noch nie meine Stärke) dann sage ich das auch und klopfe mir innerlich auf die Schulter.
Das ist nicht einfach, denn da kommt immer wieder das Teufelchen das mir sagt du bist nichts wert, du kannst gar nichts, das kann doch jeder und darauf willst du stolz sein?

Gerade wenn der Antrieb wieder so gar nicht vorhanden ist fällt es mir schwer etwas gutes an mir zu finden, dann bin ich einfach froh den Alltag mit Kind irgendwie zu überstehen. Stolz bin ich dann bestimmt nicht wenn der Haushalt mal wieder liegen bleibt.

Das Thema Selbstannahme ist bei mir oft Thema in der Therapie. Und ich denke auch das das ein wichtiger Schlüsselfaktor ist das die Abstürze eben nicht mehr so intensiv und so langanhaltend sind. Vor allem ist doch eigentlich ziemlich unrealistisch das ein Mensch durch und durch Looser ist. Jeder Mensch hat irgendwelche Talente und die gilt es halt zu finden.

Sorry falls ich jetzt völlig am Thema vorbeigeschossen bin, das waren nur die Ersten Gedanken dir mir zu deinem Text eingefallen sind.

Viele Grüße
Dave23
Beiträge: 36
Registriert: 24. Jan 2017, 12:51

Re: Zu Leben lernen

Beitrag von Dave23 »

Hallo Knalltüte,

erst Mal danke für die Blumen :D.

Du bist überhaupt nicht am Thema vorbeigeschossen, genau darum geht es, sich selbst Bestätigung zu geben und sich darüber anzunehmen lernen.
Ich war immer so gepolt mir alles von Aussen zu holen, d.h. ich musste immer von Menschen hören wie toll ich dies und das gemacht habe, das Lob war nach Sekunden verpufft weil ich es garnicht glauben konnte, auf Grund meines Negativen Selbstbildes.
Wenn man auf die Bestätigung von Aussen angewiesen ist läuft glaube ich schon grundsätzlich etwas schief, Enttäuschungen sind vorprogrammiert.
Ist man mit sich selbst zufrieden, kann man sich selber diese Bestätigung geben oder gewisse Enttäuschungen bringen einen nicht so leicht aus der Bahn.

Es ist gut, dass dieses Thema in Deiner Therapie angesprochen wird, ich wünsch Dir viel Kraft, auf dass die Teufelchen verschwinden, bzw., dass Du Ihnen nicht glaubst was sie Dir einreden wollen.
:hello:
Maggie+
Beiträge: 34
Registriert: 10. Dez 2016, 19:27

Re: Zu Leben lernen

Beitrag von Maggie+ »

Ja bisher war es dann eher die alkoholisierte Persönlichkeit die da present war. Dementsprechend kann ich verstehen das du nun ohne diese "Persönlichkeit" ich hoffe du verstehst wie ich es meine, schauen musst wer bin ich eigentlich. Ich bin natürlich kein Psychologe und selbst noch in der Phase der Findung, aber als Außenstehender kann ich dir nur sagen das du, wie du selber schon geschrieben hast, leider nie den nötigen Schutzraum hattest um dich mit Fehlern und Erfolgen zu dem Menschen zu entwickeln der du im Inneren wirklich bist. Du hast einen riesigen Schritt geschafft, dem Alkohol los zu sagen, jetzt musst du quasi alles "ohne enthemmende Hilfe" schaffen, sprich dich trauen, ertragen, verzweifeln und von alleine das Gute sehen, das ist wie ich finde als Erwachsener Mensch sehr schwer und bedarf viel Zeit. Deswegen mach dir als erstes keinen Druck, nimm an das du jetzt erstmal lernen musst Kleinigkeiten (Bett beziehen ;-) ) zu schaffen. Für andere ja ja, eine Kleinigkeit, ganz egal, du bist aber nicht " die anderen ".

Ein Schritt nach dem anderen :-)

Sagte die Frau die es selbst noch lernen muss.

Bis dahin wünsche ich dir weiterhin das du jeden Tag etwas mehr schaffst.

LG
Tink
Beiträge: 419
Registriert: 6. Jan 2016, 09:54

Re: Zu Leben lernen

Beitrag von Tink »

Hi Dave,
Tja wie geht man damit um? Das Gefühl alles falsch zu machen, überall anzuecken? Nur Mist zu erzählen sobald man den Mund auf macht, dem Gefühl nur zu nerven, nicht zu interessieren und sowieso fehl am Platz zu sein? Nie gut genug war für die eine Partei? An allem schuld für die andere? Wenn man sich fragt was Selbstbewusstsein eigentlich ist? Ob man es essen kann???
Ich habe das "Glück" das sich dies nur auf mein Privatleben bezieht. Auf Arbeit bin ich ein komplett anderer Mensch.
Ne Musterlösung habe ich hierfür leider auch nicht. Mittlerweile schaff ich es einigermaßen wenn ich in diesen fertigmach Kreisel gelang aktiv Stopp zu sagen, dann muss ich aber auch wirklich mich ablenken. Ne zeitlang hatte ich an einem persönlichen Ort wo sonst kaum jmd hinkam Zettel mit den Dingen die ich geschafft habe oder die gut an mir waren.
Die anerkennung anderer... Keine Ahnung da komme ich auch nicht vorwärts. Ein Buch mit sieben Siegeln.
Keine Ahnung ob was dabei ist aber die Gedanken wollten Grad raus ;)
Gruß Tink
Tink
Beiträge: 419
Registriert: 6. Jan 2016, 09:54

Re: Zu Leben lernen

Beitrag von Tink »

Achso eins noch
Ich Versuch mein Mantra zu ändern.
Bei mir ist es "ich kann nicht mehr". Ein Satz der mir ständig in Kopf kommt. Ganz unbewusst und automatisch und mich runterreist. Jedes Mal wenn ich es merke, das mir der Satz im Kopf geistert Bremse ich und sag mir statt dessen falls möglich auch laut:" doch du kannst noch" und wiederhole stattdessen das in Endlosschleife
Lieben Gruß Tink
Dave23
Beiträge: 36
Registriert: 24. Jan 2017, 12:51

Re: Zu Leben lernen

Beitrag von Dave23 »

Hey Tink,
siehste, da hatte ich doch glatt mein Mantra vergessen :).
Vorher habe ich zufällig einen Bericht über Rick Hanson gesehen, bei ihm geht es darum dem Positiven mehr Wert zu geben als dem Negativen. Ich merke dies oft bei mir selbst, dass es mir schwerfällt positive Erlebnisse aus meinem Erfahrungsschatz zu benennen, negative jedoch omnipräsent sind.
Hier mal ein Link:
https://www.youtube.com/watch?list=PLZw ... puDyGgIeh0" onclick="window.open(this.href);return false;

Wie ich am Anfang des Threads geschrieben habe, wenn man immer nur Negatives hört und das Gefühl hat um Liebe zu bekommen gefallen zu müssen, entfernt man sich von seinem wahren Selbst.
Ich meine das Selbst aus dem man Kraft schöpfen kann, das Selbst das einen positiv bestärkt und nicht nur runterzieht.
Da möchte ich hin
Tink
Beiträge: 419
Registriert: 6. Jan 2016, 09:54

Re: Zu Leben lernen

Beitrag von Tink »

Ja da möchte ich auch hin. Aber es ist nicht leicht. Trotzdem ich bin überzeugt das man es schaffen kann.und man es sich selbst schuldig ist.

LG Tink
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